Generalstreik gegen Hitler

Mössingen am 31. Januar 1933

Am 30. Januar 1933 ernannte der senile, militaristische und monarchistische Reichspräsident Paul von Hindenburg (nach dem immer noch viele Straßen in Deutschland benannt sind) den Nationalsozialisten Hitler zum neuen Reichskanzler. Diese Maßnahme stieß im Deutschen Reich kaum auf organisierten Widerstand. Von einer Ausnahme erzählt Karlheinz Lipp: Bereits einen Tag später kam es im württembergischen Mössingen zu einem Generalstreik gegen den neuen braunen Regierungschef.

Mössingen liegt am Rande der Schwäbischen Alb, südlich von Tübingen im Steinlachtal. Der Ort ist geprägt durch eine evangelisch-pietistische Tradition in einer überwiegend katholischen Region.

Die Ausgangssituation1

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Mössingen vom Handwerker- und Bauerndorf zur Industriegemeinde mit prekären Verhältnissen. Die harten Lebens- und Arbeitsbedingungen mit geringen Löhnen führten zu Auswanderungswellen bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts.

Innerhalb Mössingens konnte die Linke ihre Dominanz im örtlichen Vereinswesen zunehmend auf- und ausbauen. Beispiele hierfür sind: der Arbeiterradverein (1912), das Arbeiter-Sportkartell (1920) sowie der Arbeitergesangverein (1922). Im Jahre 1925 wurde die Langgass-Turnhalle in Eigeninitiative errichtet, in der sportliche Veranstaltungen, Theateraufführungen und politische Kundgebungen stattfanden. Innerhalb des linken Milieus stieg die KPD zur führenden Partei auf und besetzte wichtige Positionen im Sport- sowie im Konsumverein mit fünf Filialen. Besonders die Jugendlichen besuchten die kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen in der Turnhalle. Um 1930 radikalisierte sich die KPD in der politischen Auseinandersetzung mit der aufsteigenden NSDAP. So gründeten sich 1930 die Ortsgruppen des Kampfbundes gegen den Faschismus und der Roten Hilfe. Innerhalb der Antifaschistischen Aktion entstand eine Trommler- und Pfeifergruppe, an der auch Nichtkommunisten teilnahmen. Die üblichen, scharfen Auseinandersetzungen zwischen KPD und SPD blieben, zumindest in Mössingen, auf einem niedrigen Niveau. In den proletarischen Vereinen aktivierten sich auch Menschen aus dem handwerklichen Spektrum, zumal diese Personen am Rande des Existenzminimums lebten. Und die bäuerliche und pietistische Prägung gab es in Mössingen immer noch.

Verlauf des Streiks

Am 30. Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt. Seine Regierung umfasste drei Nationalsozialisten und acht Mitglieder der Deutsch-Nationalen Volkspartei (DNVP), die völlig illusionär davon ausgingen, die NSDAP und den neuen Regierungschef "zähmen" zu können.

August Thalheimer, Mitglied der Reichsleitung der KPD-O (einer oppositionellen Abspaltung von der KPD) wandte sich noch am gleichen Tag an den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund, die KPD und die SPD.

[<<!--Zitat-->>]"Werte Genossen! Hitler ist Reichskanzler. Die Nationalsozialisten haben alle ausschlaggebenden Stellungen in der Regierung besetzt. Die faschistische Diktatur ist eine Tatsache. Die Existenz aller Arbeiterorganisationen ist bedroht. Der faschistische Terror wird jetzt legalisiert. Der Staatsstreich steht nicht erst bevor, er ist mit der Bildung dieser Regierung da. Angesichts dieser Lage ist die Aufgabe der Stunde die Proklamation des Generalstreiks zur Beseitigung der Hitler-Regierung und die Niederkämpfung der faschistischen Gewaltbanden. Die Lage duldet kein Abwarten, keine Zersplitterung der Kräfte. Sie fordert sofortiges geschlossenes Handeln der gesamten Arbeiterklasse. Wir schlagen deshalb den sofortigen Zusammentritt der Leitungen der Gewerkschaften, der SPD und der KPD vor, um die Arbeiterschaft gemeinsam zum Generalstreik aufzurufen."2 Thalheimers Appell blieb unberücksichtigt und er musste schon bald ins Ausland emigrieren.

Die KPD Württembergs rief in einem Flugblatt ebenfalls vom gleichen Tage zum Generalstreik sowie zur Einheitsfront gegen die neue Regierung auf. Darin heißt es u. a.:3

"Diese Regierung wird mit allen Mitteln des faschistischen Terrors unter Einsatz der SA-Mordkolonnen und des Stahlhelm versuchen, den Widerstand der Arbeiterklasse zu brechen und den Weg der offenen faschistischen Diktatur zur Rettung des bankrotten Kapitalismus gehen. Die Grundlage der Einigung zwischen Nazis, Deutschnationalen und Stahlhelm ist: Ausnahmezustand und Verbot der Kommunistischen Partei und der revolutionären Massenorganisationen. […] Die Kommunistische Partei ruft die Arbeiterklasse, die Angestellten und Beamten, die Mittelständler, Kleinbauern zur machtvollen Entfaltung der Antifaschistischen Aktion, zum entschlossenen Widerstand. […]

Ihr SPD-Arbeiter und Klassengenossen in den Gewerkschaftsverbänden, ihr unteren Organisationen der SPD und des ADGB, in den Betrieben, in den Verbänden, in den Arbeitervierteln, in den Stadtteilen und Ortsverwaltungen! Wir sind bereit, Schulter an Schulter im engsten Klassenbündnis mit euch allen den drohenden Schlag des Faschismus durch den kühnen Gegenschlag mit der Waffe des Massenstreiks zu beantworten." (Hervorhebungen im Original)

Dieses Flugblatt wurde am 31. Januar in Mössingen vor den Betrieben verteilt.4

Hitlers Regierungsantritt wurde im Radio am 30. Januar um 12 Uhr gemeldet. Bereits zuvor informierte ein Kurier aus Reutlingen die Mössinger KPD dahingehend, dass die Partei schon für den nächsten Tag einen Generalstreik durchführen wolle und auf die Unterstützung von SPD und den Gewerkschaften hoffe. Zur Erinnerung: im Jahre 1920, also nur 13 Jahre vorher, wurde der Kapp-Putsch rechter Kräfte durch einen Generalstreik erfolgreich und gewaltfrei beendet, die Demokratie der Weimarer Republik gerettet.

Noch für den Abend des 30. Januar 1933 rief der Maler und Vorsitzende der örtlichen KPD, Martin Maier, zu einer Kundgebung in die Langgass-Turnhalle auf. Ca. 200 Männer und Frauen kamen. Der Glasermeister Jakob Stotz (KPD, Mitglied des Gemeinderats) rief zur Teilnahme am Generalstreik auf und die Versammlung verständigte sich darauf, sich am nächsten Tag um 12 Uhr wieder in der Turnhalle einzufinden. Die Versammlung zog anschließend durch das abendliche Mössingen. Lautstark unterstützt durch die trommelnden Mitglieder der Antifaschistischen Aktion wurde der Protest gegen die neue Regierung artikuliert - genau in jener Nacht, in der vielerorts in Deutschland Hitlers Regierung mit Fackelzügen gefeiert wurde.

Am 31. Januar versammelten sich um 12 Uhr ca. 100 Streikbereite auch aus den Nachbarorten Belsen und Nehring vor der Langgass-Turnhalle. Zu diesem Zeitpunkt war die Überzeugung groß, dass der Aufruf zum Generalstreik reichsweit befolgt werden würde. Der Maler Jakob Textor fertigte ein Transparent "Heraus zum Massenstreik" an. Zunächst sprachen örtliche KPD-Funktionäre sowie Fritz Wandel, der KPD-Unterbezirkschef aus Reutlingen. Danach erfolgte ein Marsch zur Weberei Pausa. In dieser Firma hatte die Abstimmung über den Streik ein Patt ergeben. Eine weitere Abstimmung sollte nach der Mittagspause erfolgen. Wandel nutzte die Zeit für eine Rede - und die zweite Abstimmung brachte eine Mehrheit für den Streik. Die jüdischen Besitzer dieser Fabrik, Arthur und Felix Löwenstein, beurlaubten sodann die Angestellten für den Nachmittag.

Die Zahl der Streikwilligen - es waren nicht nur Mitglieder der KPD, sondern auch Mitglieder der SPD und Parteilose - wuchs in der Zwischenzeit auf ca. 600 Personen und der Streikzug bewegte sich nun auf die Trikotwarenfabrik Merz, den größten Betrieb in Mössingen, zu. Skandiert wurden Parolen wie "Hitler verrecke." Viele der überwiegend weiblichen Beschäftigten bei Merz wollten sich dem Streik jedoch nicht anschließen, ernst nach längeren, heftigen Diskussionen und Tumulten ruhte die Arbeit im Kesselhaus und im Websaal. Im Nähsaal wurden die Arbeiterinnen hinausgedrängt. Fabrikbesitzer Otto Merz versuchte erfolglos die Streikenden zum Verlassen der Fabrik aufzufordern. Ein Telefonat mit dem liberalen Bürgermeister Karl Jaggy mit dem Wunsch nach dem Einsatz von Polizei endete ebenfalls ohne Erfolg. Schließlich wandte sich Merz an das Oberamt Rottenburg.

Inzwischen beteiligten sich ca. 800 Personen an dem Demonstrationszug, der sich in Richtung der Textilfirma Burkhardt, am Rande Mössingens, bewegte. Merz hatte jedoch diese Firma gewarnt und daher blieben die Fabriktore geschlossen. Die Streikenden beschlossen, zur Turnhalle zurückzukehren. Ihnen stellten sich um ca. 16 Uhr auf der Bahnhofstraße ca. 40 bewaffnete Polizisten der Reutlinger Polizei entgegen. Spätestens jetzt musste den Streikenden klar geworden sein, dass ihre Aktion isoliert gewesen war und sie keine Unterstützung in Württemberg bzw. reichsweit erwarten konnten. Der Demonstrationszug löste sich auf und die Teilnehmenden, teilweise bewaffnet, flüchteten in die Äcker.

Folgen des Streiks5

Geprägt wurden die Folgen durch Verhaftungen, Denunziationen und Gerichtsprozesse. Nach dem Ende des Generalstreiks wurde die Staatsanwaltschaft in Tübingen umgehend eingeschaltet, die wiederum die politische Abteilung des Landeskriminalamtes in Stuttgart entsprechend informierte. Bereits am Streiktag selbst, also am 31. Januar, fuhren zwei Kriminalkommissare sowie ein Polizeiwachtmeister hurtig nach Mössingen, um den Streik zu untersuchen - und möglichst ein Exempel zu statuieren. In einem überschaubaren Ort kam es auch zu Denunziationen, typisch für die NS-Volksgemeinschaft. Gegen 81 Personen erfolgte eine Anklage wegen vermeintlich leichten oder schweren Landfriedensbruchs, und 74 erhielten Haftstrafen von drei Monaten bis zu einem Jahr.

Drastischer verfuhr die Justiz gegen die Anführer des Streiks, die wegen der angeblichen "Vorbereitung zum Hochverrat" vor Gericht standen. Martin Maier wurde zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt, Hermann Ayen und Christoph Gauger zu zwei Jahren und Jakob Stotz zu zweieinhalb Jahren. Besonders hart wurde Fritz Wandel belangt. Er wurde zunächst zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, anschließend musste er bis 1943 ins Konzentrationslager Dachau und danach ins "Strafbataillon 999" an die Ostfront. In diesem speziellen Bataillon wurden Gegner des NS-Regimes gezielt an äußerst gefährlichen Abschnitten des Zweiten Weltkrieges eingesetzt. Wandel veröffentlichte einen Bericht über seine Erlebnisse im Konzentrationslager unter dem Titel Dachau - wie es wirklich war (Reutlingen 1946).

In Briefen und Karten bekundeten Menschen aus Mössingen ihre private Freundschaft und politische Solidarität mit den Inhaftierten. Auch der Bezirksvorstand der Roten Hilfe verfasste ein Schreiben. Jedoch wurde ihr Anwalt an einem Kontakt mit den Gefangenen gehindert.

Die Mössinger Hausfrau Friederike Müller wurde am 22. März 1933 wegen wiederholtem Rufen antifaschistischer Parolen von ihrer Nachbarin Emilie Maier angezeigt. Es kam jedoch nicht zu einem Prozess, Müller bekam nur eine Verwarnung.

Widerstandsaktionen im Umfeld des Streiks6

Am 30. und 31. Januar 1933 kam es auch in anderen Orten in Württemberg und Baden zu Kundgebungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen sozialistisch bzw. kommunistisch eingestellten Menschen und der NSDAP.

In Göppingen löste die Polizei eine KPD-Versammlung, die zu einem Massenstreik aufrufen wollte, gewaltsam auf. In Stuttgart versuchten ca. 40 KPD-Mitglieder ohne Erfolg, das Personal der örtlichen Straßenbahn von der Arbeit abzuhalten. In Esslingen scheiterte ebenso der Versuch, die Mitarbeitenden der Verkehrsbetriebe zu einem Streik zu bewegen. In Pforzheim kam es am 31. Januar zu einem Fackelzug von Stahlhelm und NSDAP, der in einer Schlägerei mit 30 bis 40 Anhängern der KPD endete.

Ein spektakuläres Ereignis fand am 15. Februar 1933 statt. In der Stuttgarter Stadthalle sprach Hitler auf einer Großveranstaltung vor ca. 10.000 Personen. Vier Kommunisten gelang es, das Kabel der Übertragung mit einem Beil zu durchtrennen, so dass der Schluss von Hitlers Rede nicht gesendet werden konnte. Als Urheber dieses "Kabel-Attentats" gilt Theodor Decker, der als Mitarbeiter beim Telegrafenamt beschäftigt war und am 11. März verhaftet wurde. Er starb 1940 im Konzentrationslager Mauthausen. Die vier aktiv Beteiligten wurden 1935 verhaftet und zu Gefängnisstrafen von 21 bis 24 Monaten verurteilt.

In der NSDAP-Hochburg Balingen organisierte die KPD am 18. Februar eine Demonstration und rief zur Einheitsfront gegen die neuen Machthaber auf. Im badischen Mühlacker rief der Ortsgruppenleiter der NSDAP im Februar auf einer Versammlung dazu auf, den "Saustall auszuräumen", gemeint war das proletarische Milieu. Daraufhin protestierten die örtliche KPD und SPD erfolgreich - die Versammlung der NSDAP wurde aufgelöst. Mitglieder der KPD verteilten noch im März das Organ Der Rote Sender in dieser Stadt.

In Berlin hielt die KPD am 24. Februar ihre letzte Kundgebung ab. Bereits vier Tage später erließ die neue Regierung nach dem Brand des Reichstags die "Verordnung zum Schutz von Volk und Staat", die die gezielte Verfolgung von KPD und SPD einleitete. Die braunen Machthaber inhaftierten die Verhafteten in ersten, provisorischen Konzentrationslagern. Der Wahlkampf und die Reichstagswahl am 5. März fanden unter irregulären Verhältnissen statt - dennoch erreichte die NSDAP reichsweit nur 43, 9% und verfehlte somit die absolute Mehrheit. In Mössingen bekam Hitlers Partei 41, 9%, die KPD 21,0% und die SPD 6%.

Erinnerungskultur nach 1945 7

Im Jahre 1955 rehabilitierte das Oberlandesgericht Stuttgart die Verurteilten in einem Wiedergutmachungsprozess. Ausdrücklich wies dieses Gericht darauf hin, dass ein Generalstreik sehr wohl ein geeignetes Mittel gewesen wäre, um die Regierung Hitler zum Rücktritt bewegen zu können. Die nationalsozialistische Diktatur habe eine Notstandslage geschaffen, in der ein Widerstand nicht nur ein Recht sondern sogar ein Verdienst gewesen war.

Trotz dieses beachtlichen Urteils im Zeitalter des Kalten Krieges ist der politische Umgang in Mössingen mit dem lokalhistorischen Generalstreik nicht reibungslos verlaufen. Mit der deutlichen Warnung "Wer Hitler wählt, wählt den Krieg!" (gemalt auf eine Gartenmauer im roten Ortsteil Mössingen-Hilb) hatten die kritischen Kräfte nur allzu recht behalten - und ernteten nach 1945 dafür wenig Beifall. Zum 50. Jahrestag des Generalstreikes kamen immerhin ca. 10.000 Menschen zu einer Veranstaltung, um gegen Faschismus und Krieg zu demonstrieren. Im Jahre 1985 wurde ein Platz in Jakob-Stotz-Platz umbenannt. Stotz fungierte als Organisator des Generalstreikes. Nach weiteren vier Jahren und langwierigen Diskussionen im Gemeinderat errichtete Mössingen einen Gedenkstein für Stotz - allerdings bezieht sich der Text auf seine großen Verdienste in der Gemeinde in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Stotz, der von manchen Mitgliedern der KPD als zu moderat angesehen wurde, konnte in der Tat ein beachtliches, kommunalpolitisches Engagement aufweisen: Mitglied im Feld- und Waldausschuss, Vorsitzender der Genossenschaftsbank, Vertrauensmann der Kreisbaugenossenschaft, Schulbeirat, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaftsbetriebe und der Wasserversorgung, Mitglied im Wahlprüfungsausschuss und im Fürsorgeausschuss sowie stellvertretender Standesbeamter. Stotz erhielt 1974 als erster Mössinger die Bürgermedaille der Stadt. Im Jahre 2003 errichtete Mössingen an der Langgass-Turnhalle eine Gedenktafel, die an die Frauen und Männer der mutigen Streikaktion von 1933 erinnerte.

Der Buchbinder Hans Dürr (Dußlingen) verfasste unmittelbar nach dem 31. Januar 1933 über den Generalstreik ein Gedicht, das er zunächst auswendig vortrug und nach 1945 aufschrieb.

"Der Mössinger Generalstreik am 31. Januar 1933

Als Hitler mit gierigen Händen das Volk hat der Freiheit beraubt, das Angesicht Deutschlands durft‘ schänden, da habt ihr noch fest daran geglaubt: man könnte die Völker bewahren vor drohendem Leid und Gefahren.

Ihr seid auf die Straßen gegangen und habt es kühn demonstriert! Wie machtvoll war Euer Verlangen nach Freiheit, die jedem gebührt. Ihr wolltet zum Ausdruck bringen, daß Freiheit heißt kämpfen und ringen.

Ihr waret die Rufer in Nöten, im Kampfe für Freiheit und Recht, das Hitler mit Füßen getreten, geraubt dem Menschengeschlecht. Ihr habt ihnen Rache geschworen den Henkern und Diktatoren.

Man hat euch bespieen, begeifert im braunen Naziblätterwald, da hat sich manch Schmutzfink beeifert, geschrieben, die Roten macht kalt. Ihr ließet Euch nie unterkriegen im Glauben, die Wahrheit muß siegen.

Ein leuchtendes Beispiel geblieben ist Mössingens Revolution! Wird einmal Geschichte geschrieben, so heißt es: Der Sieg war ihr Lohn! Sie wollten Verbrecher entmachten, die Deutschland das Chaos brachten.

Die Ayen, Wagner, Stotz und Maier sie sind als Führer im Streike genannt. Fritz Wandel entfachte kühn das Feuer, sein Name wurde schnell bekannt. Voll Mut, als wackre Proleten sind sie für unsere Klasse eingetreten."8

Anmerkungen

1) Vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hg.) 2015: "Heraus zum Massenstreik". Der Mössinger Generalstreik vom 31. Januar 1933 - linker Widerstand in der schwäbischen Provinz, Stuttgart; 5-10.

2) Zitiert nach: Widerstand in Deutschland 1933-1945. Ein historisches Lesebuch. Hg. von Peter Steinbach und Johannes Tuchel. München ³2000: 40.

3) Das Flugblatt ist abgedruckt in: Da ist nirgends nichts gewesen außer hier. Das "rote Mössingen" im Generalstreik gegen Hitler. Geschichte eines schwäbischen Arbeiterdorfes. Neu hg. von Bernd Jürgen Warneken und Hermann Berner. Mössingen-Thalheim 2012: 196.

4) Zum Verlauf des Streiks vgl. Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hg.) 2015 (s. Anm. 1): 10f. und 34f. sowie Bernd Jürgen Warneken und Hermann Berner 2012 (s. Anm.3): 193-228.

5) Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hg.) 2015 (s. Anm. 1): 36-39.

6) Vgl. ebd.: 12.

7) Mössinger Geschichte(n). Erzählt von Dagmar Weinberg und Hermann Berner. Tübingen 1999: 131-133, 136-139.

8) Bernd Jürgen Warneken und Hermann Berner 2012 (s. Anm.3): 227. Auch in den Bereich der Belletristik fand der Mössinger Generalstreik inzwischen Einzug. So erschien ein Jugendbuch zu dieser spektakulären Aktion: vgl. Bettina Eikemeier 2021: Da war doch nichts. Jugendroman zum Mössinger Generalstreik, Mössingen.

 

Dr. Karlheinz Lipp ist Historiker.