Therapiezentren für Folterüberlebende als Produkt der internationalen Solidarität
Keywords: torture survivors, psycho-social centre, international solidarity, human rights violations, crimes against humanity, military dictatorship, Chile, Argentine, therapy centre, impunity, liberation psychology, psycho trauma
Schlagwörter: Folterüberlebende, psychosoziales Zentrum, internationale Solidarität, Menschenrechtsverletzungen, Militärdiktatur, Chile, Argentinien, Therapiezentrum, Straflosigkeit, Befreiungspsychologie, Psychotrauma
In zahlreichen deutschen Städten existieren heute Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer. 47 von ihnen waren Ende 2022 in der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) zusammengeschlossen. Die meisten Zentren sehen sich dabei primär als multiprofessionelle Versorgungseinrichtungen und ggf. darüber hinaus auch als Teil solidarischer Netzwerke zur Unterstützung von Geflüchteten, die innerhalb Deutschlands oder Europas Schutz suchen (BAfF 2023). In vielen Zentren ist jedoch die internationale Verflechtungsgeschichte in Vergessenheit geraten, aus der heraus therapeutische Einrichtungen für Folterüberlebende weltweit entstanden sind und deren Wurzeln weit in die internationale Solidaritätsbewegung der 1970er und 1980er Jahre zurückreichen. Der seinerzeit damit in Theorie und Praxis eng verknüpfte Bezug auf gesellschaftliche Befreiung, nicht nur im globalen Süden, wird heute weitgehend ausgeblendet. Die psychosoziale Arbeit mit Geflüchteten könnte jedoch stark davon profitieren, den internationalen, menschenrechtsorientierten Bezug wieder sichtbar zu machen und ihn, in an veränderte Realitäten adaptierter Weise, wieder in das solidarische Selbstverständnis der eigenen Arbeit zu integrieren.
Repression und Folter als Antwort auf globale Befreiungskämpfe
Am 10. Dezember 1973 lud amnesty international (ai) in Paris zu einer Konferenz mit dem inhaltlichen Schwerpunkt „Kampf gegen Folter“ ein. Dort stellte die Menschenrechtsorganisation ihren ersten „Bericht gegen Folter“ der Weltöffentlichkeit vor (ai 1975: 8). Der Bericht sollte den Abschluss einer ursprünglich auf ein Jahr befristeten Kampagne bilden (Claudius & Stepan 1978: 71). Er setzte aber vielmehr den Auftakt zu einem bis heute andauernden Kampf gegen eine der schwersten Menschenrechtsverletzungen und deren seelischen Folgen.
Die späten 1960er und frühen 1970er Jahre waren weltweit geprägt durch eine Aufbruchstimmung im Streben nach sozialer Veränderung. Eckpunkte wie der Befreiungskrieg in Vietnam, die antikolonialen Kämpfe auf dem afrikanischen Kontinent, die antirassistischen Bürgerrechtsbewegungen in den USA und Südafrika, die nach dem Vorbild der kubanischen Revolution in anderen Ländern entstandenen Befreiungsbewegungen, die demokratische Wahl des Sozialisten Salvador Allende zum Präsidenten in Chile, und nicht zuletzt der Widerstand gegen die europäischen und lateinamerikanischen Militärdiktaturen oder die Monarchie im Iran, fielen zusammen mit dem Aufbegehren von oft studentisch geprägten zivilgesellschaftlichen Bewegungen in Westeuropa. Letztere solidarisierten sich nicht nur mit den Kämpfen im globalen Süden, sie wollten auch im globalen Norden die verkrusteten Strukturen aufbrechen. Bei allen objektiven Unterschieden bestand jedoch vielfach ein subjektives Einvernehmen, gemeinsame Ziele bei der Veränderung gesellschaftlicher Bedingungen zu verfolgen, sich mit den Kämpfen in anderen Teilen der Welt zu identifizieren und sie als unterschiedliche Facetten eines gemeinsamen Kampfes um sozialen Fortschritt zu interpretieren. Auch unmittelbar in Westeuropa bestimmten der Kampf gegen die Diktaturen in Griechenland, Spanien, Portugal und der Türkei sowie der Bürgerkrieg in Nordirland die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, in Osteuropa dominierten stalinistische Regime. Mit Bezug auf diese globalen Kämpfe um Befreiung entstanden vielfältige Formen praktischen solidarischen Handelns, welche den Akteur*innen oftmals auch als Projektionsfläche für die eigene Selbstwirksamkeit beim Fortschreiten von globalem sozialen Wandel dienten (Balsen & Rössel 1986).
Das globale Streben nach einem Umsturz der kolonialen Ordnung und nachfolgender Abhängigkeitsformen sowie nach einem grundlegenden sozialen Wandel blieb jedoch nicht ohne Gegenwehr. Mit allen Mitteln der Repression versuchten die jeweiligen ökonomischen wie politischen Eliten, ihre Privilegien und Machtpositionen zu sichern. „Die kolonisierte Welt ist eine zweigeteilte Welt. Die Trennungslinie, die Grenze wird durch Kasernen und Polizeiposten markiert“, charakterisierte der Arzt und antikoloniale Kämpfer Frantz Fanon (1971: 29) dieses Machtverhältnis. Dementsprechend berichtete amnesty international (1973: 109-218) auf der Pariser Konferenz von Folter in 62 Staaten aller Erdteile. Zu Folter unter der griechischen Militärdiktatur hatte amnesty international bereits 1968 einen umfangreichen Bericht gesondert veröffentlicht (ai 1977b: 131-135).
Die Pariser Konferenz, wie auch die Arbeit der damals noch verhältnismäßig jungen Menschenrechtsorganisation generell, muss im Rahmen der internationalen Solidarität mit den Opfern der aus den sozialen Kämpfen resultierenden Menschenrechtsverletzungen gesehen werden.
Pionierarbeit: Die Medical Groups bei amnesty international
Das Besondere an der Pariser Konferenz war aber nicht nur die umfangreiche Veröffentlichung systematisch eingesetzter Folterpraktiken. Erstmals beschäftigte sich dort auch eine Arbeitsgruppe mit der Fragestellung der „kurz- und langfristigen psychologischen und medizinischen Auswirkungen von Folter auf die Opfer“ (ai 1975: 5).
In der Arbeitsgruppe wurde empfohlen, weltweit reisewillige Ärzt*innen zu rekrutieren, um Gefangene medizinisch zu untersuchen. Als erste Gruppe dieser Art nahm im Oktober 1974 die Danish Medical Group ihre Arbeit auf. Zu Beginn gehörten ihr neun Ärzt*innen an, die fachlich breit aufgestellt waren. Sie dokumentierten einerseits Folterfolgen, um rechtlich gegen Täter vorgehen zu können, und sammelten andererseits Erfahrungen, um Behandlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Gründungsmitglied der Expert*innengruppe war die dänische Neurologin Inge Genefke. Sie hatte bereits als Kind ihre Erfahrungen im antifaschistischen Widerstand gegen die deutsche Okkupation gesammelt und während ihrer Ausbildung zur Fachärztin mit Überlebenden der Shoah gearbeitet. Auf ihr Betreiben wurde ein systematisches Diagnostikprogramm entwickelt. Die ersten Folterüberlebenden, die das Team untersuchte, waren politische Aktivist*innen aus Chile, Griechenland, Argentinien und Uruguay, die in Dänemark oder Frankreich Zuflucht gefunden hatten (ai 1977a: 7f; Danish Medical Group 1979: 6; Larsen 2010: 13, 19f).
Ab 1977 untersuchte und dokumentierte die Gruppe Folterfolgen auch international, z.B. im November 1977 im Baskenland und in Nordirland (Danish Medical Group 1979: 8, 25f) und lud 1978 Kolleg*innen aus anderen Ländern zu einem internationalen Austausch über Folterfolgen und ihre Nachweismethoden nach Kopenhagen ein (ai 1978: 27-29). Eine besondere Rolle beim Bestreben, Folterer vor Gericht zu bringen, spielten damals die griechischen Kolleg*innen, die zahlenmäßig nach den dänischen am stärksten vertreten waren. Sie hatten bereits 1975 in Griechenland erfolgreich den weltweit ersten Prozess gegen Folterer angestrengt, zu dem amnesty international (1977b) wesentliches Material für die Anklagen beisteuern konnte. Nun sollten weitere Prozesse folgen (Sikkink 2011: 36-50).
Doch nicht nur in Dänemark reagierten Medizinberufe auf den Aufruf, medical groups zu gründen. Schon 1975 nahmen in London ebenfalls einzelne Ärzt*innen und Psycholog*innen die Arbeit auf, auch wenn sie sich erst 1978 formell zur Medical Group der britischen Sektion von amnesty international konstituierten. Unter ihnen waren u.a. der Allgemeinmediziner und spätere Präsident von Physicians for Human Rights, Peter Kandela (1998: su7), und die Londoner Psychotherapeutin Helen Bamber, die selbst polnisch-jüdische Wurzeln und während der Shoah in London Schutz vor Verfolgung gefunden hatte. Bamber konnte auf viele Jahrzehnte der Erfahrung in der Unterstützung von Überlebenden der Shoah zurückblicken. Im Sommer 1945 hatte sich die damals Neunzehnjährige den britischen Truppen angeschlossen, um in Deutschland die Rehabilitation von KZ-Überlebenden zu unterstützen, dann bis 1947 in Bergen Belsen gearbeitet und später in London mit Kindern, die überlebt hatten. Durch ihre Mitarbeit bei amnesty international war Bamber auch bewusst, dass viele Länder Folter und andere Repressionsinstrumente weiterhin systematisch einsetzten, um Dissidenz zu unterdrücken. Persönliche Kontakte zu Folterüberlebenden aus Argentinien und dem südlichen Afrika bestätigten den Unterstützungsbedarf für Überlebende schwerer Menschenrechtsverletzungen. (Miserez 2020: 48-51)
Das chilenische Exil als Motor für erste psychosoziale Hilfsangebote
In den 1970er Jahren verwandelte sich der von Aufbruchstimmung und sozialen Auseinandersetzungen geprägte lateinamerikanische Süden in ein Schlachtfeld der Militärs auf der Jagd nach „Subversiven“. Schon ab 1970 hatte die uruguayische Zivilregierung schrittweise die Unterdrückung der Opposition verschärft, bis Präsident Juan María Bordaberry schließlich am 27. Juni 1973 die demokratischen Institutionen des Landes vollständig suspendierte. Bis 1974 wurde etwa jede*r fünfte Erwachsene in Uruguay gefoltert (Rauchfuss 2005; 2009a). Keine drei Monate später putschte der chilenische General Augusto Pinochet gegen die demokratisch gewählte Regierung. Todesschwadronen, Massenverhaftungen, Verschleppungen in geheime Folterzentren und Internierungslager sowie politischer Mord charakterisierten fortan die systematische Verfolgung der Opposition (Rauchfuss 2009b; Wright & Oñate Zúñiga 2007: 33). Im März 1976 wurde auch in Argentinien der letzte noch verbliebene Rest an Demokratie durch die Generäle zerstört. Um öffentliche internationale Entrüstung zu erschweren, vermieden sie aufsehenerregende Massenverhaftungen an politischen Gegner*innen. Die argentinische Diktatur ließ die Opposition einfach verschwinden: 30.000 Verschleppte kehrten nie wieder aus den geheimen Folterzentren zurück (Rauchfuss 2009c).
Insbesondere der Militärputsch in Chile rief die europäische Solidarität auf den Plan. Hatten doch die Militärs nicht nur den linken Traum vom demokratischen Aufbau einer sozial gerechten Gesellschaft zerstört, die Bilder massiver Menschenrechtsverletzungen verstörten auch bis weit in bürgerliche Kreise hinein. Amnesty international verzeichnete in den Folgejahren einen immensen Zuwachs. Alleine in den USA stieg die Mitgliederzahl zwischen 1974 und 1976 von 3.000 auf 50.000 an (Sikkink 2011: 41).
Auf der Flucht vor Verfolgung suchten ab 1973 viele Aktivist*innen aus Lateinamerika Schutz im Ausland, darunter auch in beiden deutschen Staaten (Süß & Torp 2021: 89ff). Alleine in Westeuropa lebte etwa ein Drittel bis die Hälfte aller chilenischen Flüchtlinge (Wright & Oñate Zúñiga 2007: 36). Aufgrund der Vielfalt der in der chilenischen Exilgemeinde vertretenen Weltanschauungen gelang ein schneller Schulterschluss zwischen Geflüchteten und kirchlichen, menschenrechtlichen, gewerkschaftlichen, revolutionären oder parteipolitischen Strukturen der Solidarität (Balsen & Rössel 1986: 301-373). In zahlreichen deutschen Städten gründeten sich weit über 1.000 Chile-Komitees (Kranz 2003: 32). Der ehemalige Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Comité pro Paz aus Santiago, Bischof Helmut Frenz, wurde 1976 gar Generalsekretär der deutschen Sektion von amnesty international (Pickert 2011). In vielen europäischen Städten gründeten Chilen*innen Vereinigungen von Familienangehörigen Verschwundener und Gefangener sowie Auslandsstrukturen ihrer politischen Organisationen. Sie schufen aber auch Institutionen, die sich der Behandlung spezifischer Probleme von Exilierten widmeten (Holtz 2012; Sznajder & Roniger 2009: 237).
Zunächst erkannten chilenische Psycholog*innen in Belgien die seelischen Probleme und Schwierigkeiten, die bei einigen Geflüchteten auftraten, und gründeten 1976 in Leuven das Colectivo Latinamericano de Trabajo Psicosocial (COLAT) (Wright & Oñate Zúñiga 2007: 38; Süß & Torp 2021: 139). COLAT verfolgte das Ziel, in Belgien soziale Hilfe und psychologische Unterstützung für politische Flüchtlinge im europäischen Exil zu leisten. Wesentlicher Motor des Kollektivs war der Chilene, Neuropsychiater, Kinderpsychiater, Psychotherapeut und Familientherapeut Jorge Barudy (1993). Barudy war selbst Überlebender der chilenischen Diktatur. Auch sein Mitstreiter, der Psychiater Luis Peebles, war lange in einem Folterlager der deutschen Colonia Dignidad gefangen gehalten und misshandelt worden (ai 1977c: 16ff).
Barudy sah in der Gründung von COLAT die „engagierte professionelle Antwort auf das psychosoziale Leid der lateinamerikanischen Gemeinschaft im Exil“ und erkannte früh den Unterschied der seelischen Folgen politischer Gewalt im Vergleich zu anderen Traumata. „Die den pathogenen Charakter erklärende Einzigartigkeit der organisierten Gewalt besteht darin, daß sie von Menschen gegen ihre Artgenossen gerichtet ist“, erklärte er später und bezog sich dabei auf die Aussage eines Klienten: „Das Schrecklichste an dem, was uns im Gefängnis passierte, war, daß es Menschen wie wir waren, die uns dies antaten.“
„Der therapeutische Prozess muß ein Aufarbeiten dieser Erfahrungen ermöglichen“, schlussfolgerte Barudy, „d.h. auf makro- wie mikrosozialer Ebene Bedingungen zu schaffen, die es den Opfern im Klima der Solidarität erlauben, Horror und Mißbrauch beim Namen zu nennen, Folterer […] als die für den Schmerz einzig Verantwortlichen zu erkennen; zur Befreiung von Vergangenheit und Unterwerfung dem erlebten Haß konstruktiven Ausdruck zu erlauben“ (Barudy 1993: 15, 21, 38, 42).
Hier erfolgte erstmals eine klar formulierte Abkehr vom traditionellen Selbstverständnis der Psychotherapie im globalen Norden, das von der Rolle des neutralen, distanzierten therapeutischen Settings geprägt war und bis heute von dieser Beziehungskonstellation zwischen Therapeut*in und Klient*in dominiert wird. Diese solidarische therapeutische Beziehung sollte später auch von anderen noch konkretisiert und eingefordert werden.
Einfluss der Befreiungspsychologie auf die Selbsthilfestrukturen im Cono Sur
Die Entwicklung therapeutischer Hilfe für Folterüberlebende verlief in Europa und Lateinamerika teilweise parallel, aber zugleich über die solidarischen Kooperationsstrukturen in einem engen sich ergänzenden Austausch. Den Anfang machten auch hier chilenische Therapeut*innen, die aber an bereits laufende Fachdiskurse anknüpfen konnten.
Es war die Zeit, in der unter den fortschrittlichen Kräften in Lateinamerika viele Lehren und Überzeugungen unter dem Begriff der „Befreiung“ neu ausgerichtet wurden. Von der Theologie der Befreiung (Gutiérrez 1984 [1973]) über die „Pädagogik der Befreiung“ (Freire 2005 [1970]) bis hin zur „Psychologie der Befreiung“ (Martín-Baró 1986) brachen verkrustete Lehrmeinungen auf und wurden durch emanzipatorische Inhalte ergänzt oder ersetzt, welche die Stärkung des Menschen als handelndes Subjekt zum Kern ihrer Interpretationen machten. Die Befreiungspsychologie wandte sich gegen eine entpolitisierte Psychologie, gegen die Privatisierung und Pathologisierung seelischen Leidens und versuchte ihm den gesellschaftlichen Kontext zurückzugeben, in dem es entstanden war: den Kontext von Armut, Ausgrenzung, Marginalisierung und Unterdrückung (Watkins & Shulman 2008; Montero & Sonn 2009).
Dementsprechend sollten sich auch therapeutische Prozesse nicht nur individuell, sondern im besten Wortsinne „psychosozial“ ereignen. Anders als Fanon (1971: 190-238), der die seelischen Auswirkungen des rassistischen und ausbeuterischen Kolonialsystems und seines Unterdrückungsapparats ebenfalls bereits erkannt und analysiert hatte, der Abhilfe aber ausschließlich im Befreiungskampf verortete, lehnten der in El Salvador tätige Sozialpsychologe Ignacio Martín-Baró und seine befreiungspsychologisch orientierten Kolleg*innen im Cono Sur Psychotherapie nicht grundsätzlich ab, sondern verpflichteten sich vor allem zur therapeutischen Berücksichtigung der sozialen Wurzeln seelischen Leids (Hollander 1997).
Sie folgten damit einer ganzheitlichen Linie, die stark durch die psychoanalytischen Diskurse in Argentinien geprägt war, die wesentlich auf die österreichische Psychoanalytikerin und Internationalistin Marie Langer zurückgingen. Langer hatte nach einem Leben im österreichischen antifaschistischen Untergrund erste medizinische Erfahrungen im spanischen Bürgerkrieg gesammelt und arbeitete ab 1939 in Uruguay und Argentinien, wo sie die Präsidentin der Argentinischen Psychologischen Vereinigung wurde. Im Vordergrund ihres therapeutischen Ansatzes stand die Ermächtigung der Klient*innen (Langer 1985: 44). Im Argentinien der Jahre 1973-1974 konnten Debatten über die gesellschaftlichen Ursachen seelischer Prozesse noch offen geführt werden und auch aus Chile geflüchtete Therapeut*innen beteiligten sich daran. 1974, noch vor dem Militärputsch, musste Langer Argentinien allerdings verlassen, als ihr Name auf den Listen einer rechtsradikalen Todesschwadron erschienen war. Im mexikanischen Exil begann sie, therapeutisch mit lateinamerikanischen Folterüberlebenden zu arbeiten, behandelte schließlich zu Beginn der 1980er Jahre Kriegstraumatisierte in Nicaragua und baute dort nach der Revolution zusammen mit argentinischen und chilenischen Kolleg*innen in Kooperation mit medico international die an der Befreiungspsychologie orientierte Gemeindepsychiatrie auf (Langer 1985; 1986).
Chile: Versorgung von Folterüberlebenden unter der Diktatur
Dies hatte wiederum Rückwirkungen nach Chile. Dort hatte sich, dem Weg des mittlerweile verbotenen Comité pro Paz folgend, am 1. April 1975 zur Unterstützung von politischen Gefangenen die Fundación de Ayuda Social de las Iglesias Cristianas (FASIC) gegründet. FASIC bot von Beginn an auch psychiatrische und psychologisch-medizinische Hilfe für politische Gefangene und später ebenfalls für Angehörige von Hingerichteten und Verschwundenen an (Garcés & Nicholls 2005: 13).
1977 stieß die Psychologin Elisabeth Lira zum FASIC Team hinzu, zwei Jahre später kehrte Eugenia Weinstein aus dem argentinischen und mexikanischen Exil, wo sie sich intensiv mit den Theorien Langers auseinandergesetzt hatte, nach Chile zurück. Weinstein und Lira trugen maßgeblich zur befreiungspsychologischen Ausrichtung von FASIC bei. Langer und andere wurden zu „Berater*innen aus der Distanz“ (Lira 2010: 18). Grenzüberschreitende Vernetzung war FASIC von Beginn an wichtig. Noch während der Diktatur veranstaltete das Team 1980 in Chile, unter dem Schutz der Kirche und finanziert durch Brot für die Welt, den ersten internationalen Erfahrungsaustausch über die seelischen Folgen schwerer Menschenrechtsverletzungen und psychosoziale Interventionsmöglichkeiten. Unter den mehr als 50 Fachleuten des fünftägigen Treffens waren aus dem Ausland auch Johanna Martens, eine Mitarbeiterin von COLAT, das im französischen Exil lebende uruguayische Analytiker*innen-Paar Marcelo und Maren Viñar sowie die US-amerikanische Psychoanalytikerin Janina Galler angereist. Jorge Barudy und Darío Páez von COLAT sowie der im niederländischen Exil lebende Psychologe Juan Carlos Carrasco schickten ihre Beiträge schriftlich. Trotz der Schutzvorkehrungen waren die Teilnehmer*innen danach starker Repression ausgesetzt (Lira 2016: 11ff). FASIC setzte seine Arbeit dennoch fort.
1982 schloss sich der deutsche Psychologe David Becker FASIC an. Durch seine Beteiligung war eine personelle Brücke zu medico international entstanden (Becker 1989), die fortan zu einer engen Zusammenarbeit führte. Becker (1992: 19ff) hatte, wie viele seiner chilenischen Kolleg*innen, einen tiefenpsychologischen Hintergrund und war geprägt von der kritischen Psychologie Klaus Holzkamps (1972), die den aktiven schöpferischen Einfluss des Individuums auf seine Wirklichkeit betont und psychologische Prozesse in ihrem sozialen Kontext betrachtet. 1988 gründeten Lira, Becker und weitere Therapeut*innen, die bei FASIC gearbeitet hatten, als Ausgliederung das Instituto Latinoamericano de Salud Mental y Derechos Humanos (ILAS). ILAS, dessen Exekutivdirektorin Lira bis 1994 war, beschäftigt sich gezielt mit den Auswirkungen von Menschenrechtsverletzungen auf Individuen und Gesellschaften (Becker u.a. 1994). Dabei spielte die Auswertung der therapeutischen Erfahrungen mit Folterüberlebenden nicht nur während, sondern auch nach der Diktatur eine wesentliche Rolle (Lira 1994; Lira u.a. 2022).
Mit zahlreichen Veröffentlichungen trugen v.a. Lira und Weinstein (1984; 1990), aber auch Becker (1989; 1992) und das gesamte Team von FASIC (1986) oder ILAS (Lira & Castillo 1991) maßgeblich dazu bei, die Frage der Unterstützung von Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen aus befreiungspsychologischer Perspektive in die internationale Fachdebatte einzubringen und ihre Positionen gemeinsam mit anderen Vertreter*innen der Befreiungspsychologie zu publizieren (Becker & Lira 1989). Nur wenige Monate nach der Ermordung von Ignacio Martín-Baró durch rechtsradikale Todesschwadronen in El Salvador im November 1989 erschien an der Universität in San Salvador unter seinem Namen ein gut 500seitiger Sammelband, den er selbst noch koordiniert und mitgestaltet hatte und dessen Beiträge maßgeblich von FASIC/ILAS, aber auch von COLAT beigesteuert worden waren (Martín-Baró 1990).
ILAS internationalisierte durch seine Aktivitäten den befreiungspsychologischen Therapieansatz, da insbesondere Becker und Lira, aber auch andere Mitarbeiter*innen in zahlreichen Ländern Lateinamerikas Nichtregierungsorganisationen in Ex-Jugoslawien und Angola, die dort Therapie für Überlebende schwerer Menschenrechtsverletzungen anboten, beratend unterstützten (Becker 1997a; 2006: 16).
1985 war außerdem noch eine weitere Einrichtung zur Unterstützung von Folterüberlebenden in Santiago de Chile gegründet worden, das Centro de Salud mental y Derechos Humanos (CINTRAS). Neben psychosozialen Angeboten hat CINTRAS auch zahlreiche Studien zu den psychischen und psychosozialen Folterfolgen, den Auswirkungen des Verschwindenlassens und der Straflosigkeit schwerer Menschenrechtsverletzungen durchgeführt und publiziert sowie Vorschläge für psychotherapeutische Interventionen erarbeitet (Brinkmann 2002; Madariaga 2002). Auch CINTRAS wurde unmittelbar nach der Gründung Projektpartner von medico international (1987), einer internationalen Akteurin, die sich in dieser Zeit als Organisation zur „Befreiungshilfe“ verstand.
Arbeit mit Überlebenden in Argentinien
In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre formierten sich in Argentinien ebenfalls engagierte Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, um Folterüberlebende zu versorgen. Hinzu kam dort die hohe Zahl an Menschen, die eine*n Angehörige*n vermissten, der oder die von den Militärs verschleppt worden war. Der unklare Verlust stellte nochmals eine besondere seelische Belastung dar. Ab 1977 hatten sich Frauen, die ihre Kinder suchten, organisiert und als Mütter der Plaza de Mayo eine eigene Protestorganisation gegründet (Rauchfuss 2009c: 23ff). Folgerichtig bildete sich das erste argentinische Team zur psychologischen Unterstützung von Überlebenden des staatlichen Terrors innerhalb der Strukturen der Mütter: als Team für psychologische Unterstützung der Mütter der Plaza de Mayo. Initiatorin der Gruppe mit psychiatrischem, psychotherapeutischem und psychoanalytischem Sachverstand war die mit Marie Langer eng verbundene Diana Kordon. Nach kurzer Zeit stießen u. a. auch Lucila Edelman, Darío Lagos und Daniel Kersner hinzu. Auf diese Gruppe, die sich ab 1990 unter dem Namen Equipo Argentino de Trabajo e Investigación Psicosocial (EATIP) selbständig machte, gehen zahlreiche wegweisende Veröffentlichungen über die seelischen Folgen schwerer Menschenrechtsverletzungen zurück (Kordon u.a. 1986; 1995; 2005; 2010; EATIP u.a. 2002).
Ein weiteres wichtiges argentinisches Netzwerk mit professionellem Bezug zur „Psychologie der Befreiung“ war die Movimiento Solidario de Salud Mental (MSSM), die ab 1982 mit der Vereinigung der Angehörigen der Verschwundenen und politischen Gefangenen arbeitete. Dem MSSM gehörten u.a. die Psychoanalytiker*innen Juan Jorge Fariña (1992), Fernando Ulloa, Eva Giberti und der auf Psychodrama spezialisierte Eduardo Pavlovsky (2004) an, die ebenfalls eng mit Marie Langer in Mexiko kooperierten und auf Langers Theorien aufbauten. Andere argentinische Menschenrechtsorganisationen arbeiteten mit kleineren Teams oder einzelnen Therapeut*innen zusammen (Sanfelippo 2022: 28).
Die Mütter und Großmütter der Plaza de Mayo waren international gut vernetzt, z.B. mit amnesty international bestanden enge Verbindungen. Sehr früh solidarisierte sich bereits der Arzt und Jurist Eric Stover, der zunächst als Wissenschaftler bei amnesty international tätig war, mit den Gegner*innen der argentinischen Militärdiktatur. Ab 1984, als er bereits Direktor des Programms für Wissenschaft und Menschenrechte der American Association for the Advancement of Science (AAAS) war, unterstützte er v.a. die Großmütter der Plaza de Mayo bei der Suche nach ihren verschwundenen Enkelkindern (Rauchfuss 2009c: 32; 69). Stover gab schließlich 1985 zusammen mit Elena O. Nightingale den ersten umfassenden Sammelband über individuelle und gesellschaftliche Folterfolgen in englischer Sprache heraus (Stover & Nightingale 1985).
Erfahrungen mit Überlebenden der Shoah
Viele der Therapeut*innen, die in den 1970er Jahren begannen, sich an die Seite von Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen aus Griechenland, dem lateinamerikanischen Süden oder anderen Ländern zu stellen, hatten entweder selbst einen jüdischen Hintergrund oder zuvor bereits mit Klient*innen gearbeitet, die den von den Deutschen organisierten Massenmord an den europäischen Juden überlebt hatten. Andere stützen sich zumindest auf Erfahrungen, die ihre meist tiefenpsychologisch orientierten Kolleg*innen in der therapeutischen Arbeit mit Shoah-Überlebenden in Europa oder Israel gemacht hatten. Den Psychoanalytiker*innen fiel es oft leichter, die Verbindung zwischen externen Ursachen und seelischen Konsequenzen herzustellen als anderen Disziplinen.[1]
Erst ab den 1960er Jahren hatten Therapeut*innen aus Israel, den USA, Schweden und den Niederlanden begonnen ihre Beobachtungen über die Folgen der Verfolgung zu publizieren. In der Anfangsphase dominierten Fallstudien über Kinder von Überlebenden die Publikationen. Später konzentrierte sich der Fachdiskurs stärker auf die Entpathologisierung des Traumas. Die Debatte stellte die gesellschaftliche Verantwortung für die Anerkennung des Erlittenen heraus und die Bedeutung, die die historischen Imperative des „Nicht-Vergessen-Dürfens“ sowie das „Nie wieder!“ auch für nachfolgende Generationen von Shoah-Überlebenden haben (Neumann 1998: 188).
Für die internationale Traumaarbeit mit Überlebenden, auch und gerade für die Arbeit mit Flüchtlingen in Europa oder mit Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen in post-conflict-Staaten, erwies sich die Arbeit von Hans Keilson als bahnbrechend. Der deutsch-jüdische Psychiater und Psychoanalytiker hatte die Shoah im niederländischen Untergrund überlebt. Später arbeitete er lebenslang therapeutisch mit Klient*innen, die als Kinder überlebt hatten. Keilson überlebte die meisten seiner Klient*innen. Er starb 2011 im Alter von 101 Jahren und schloss seine Praxis erst kurz zuvor (Keilson 2011). Auf der Basis seiner Therapieerfahrungen entwickelte er das Konzept der sequenziellen Traumatisierung (Keilson 1979), dessen Kern darin besteht, Traumatisierung nicht auf ein einzelnes Ereignis zu beziehen, sondern als Prozess zu erkennen, der sich in unterschiedlichen Sequenzen fortentwickelt. Die US-amerikanische Psychoanalytikerin Yael Danieli (1998) und der norwegische Shoah-Überlebende und Psychiater Leo Eitinger (1991) kamen zu ähnlichen Schlussfolgerungen in Bezug auf erwachsene Überlebende der Shoah.
Auch in Lateinamerika und weltweit konnten Therapeut*innen, die ab den 1970er Jahren begonnen hatten, mit Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen zu arbeiten, auf diesen Erkenntnissen aufbauen. Speziell die Konzeption Keilsons ließ sich aus der Perspektive lateinamerikanischer Therapiezentren schnell nachvollziehen, konnte man damit doch erklären, warum die Verantwortung für die Arbeit mit Überlebenden deutlich über die klinische Rehabilitation hinausgeht und das Erleben kollektiver Gewalt in einem gesellschaftlichen Zusammenhang verortet ist. In diesem Sinne kann das „psychosoziale Trauma“ nach Martín-Baró (1988) als eine Fortentwicklung der „sequenziellen Traumatisierung“ nach Keilson verstanden werden, da es die individuelle und gesellschaftliche Dimension des Traumas über die einfache Kontextualisierung hinaus als wechselseitige Durchdringung verstehbar macht.
Therapie als „Bündnis gegen die Zerstörung“ im Cono Sur
Ob in Chile, Argentinien oder Uruguay, wer im Cono Sur mit den Überlebenden des Terrors therapeutisch arbeitete, orientierte sich an den Kernprinzipien der „Psychologie der Befreiung“ und adaptierte bzw. konkretisierte diese für die Therapie mit Überlebenden.
Im Juli 1987 konstituierten sich Befreiungspsycholog*innen unterschiedlicher Länder in La Habana auf dem Kongress der Interamerikanischen Gesellschaft für Psychologie zu einem internationalen Netzwerk, zu dem neben Ignacio Martín-Baró, Paulo Freire und Elisabeth Lira (Lira u.a. 2019: 2) auch die venezolanische Sozialpsychologin Maritza Montero (1992), die beiden US-amerikanischen Psychologinnen Brinton Lykes aus Boston und Adrianne Aron aus Berkeley sowie der Psychoanalytiker Fariña von MSSM aus Buenos Aires gehörten (Fariña 1992).
Im Wesentlichen bedeutete die therapeutische Ausrichtung auf eine „Psychologie der Befreiung“ eine Abkehr von der therapeutischen Neutralität, wie es auch Barudy forderte. Die Befreiungspsycholog*innen stellten ihre Arbeit in einen parteiischen, menschenrechtlichen und emanzipatorischen Kontext, oder wie es Lira (2016: 23) formulierte:
„Ob wir Chilenen, Uruguayer oder Argentinier sind, die sich unserer Aufgabe widmen, spielt keine Rolle. Wir sind solidarisch in unserem Kampf gegen die Militärdiktaturen, die unsere Länder regieren, und in unserem Wunsch, bei der psychologischen Rehabilitation ihrer Opfer zu helfen. [...] Und diese Solidarität ist wichtig, denn ohne sie wären wir nicht in der Lage, sie zu verstehen oder ihnen wirklich nützlich zu sein, wenn wir dieses gemeinsame Ziel nicht mit unseren Patienten teilen würden.“
Hieraus entwickelte sich die Neudefinition der Beziehungsstruktur des Verhältnisses von Therapeut*innen zu Klient*innen, das fortan als „vinculo comprometido“ (Becker 2006: 46f; Regner 2003) bezeichnet wurde, eine „verpflichtende Bindung“, die in deutscher Sprache am ehesten als „Bündnis gegen die Zerstörung“ bezeichnet werden kann. Lira und Weinstein (1984) charakterisierten dies mit den Worten:
„In diesem Zusammenhang verstehen wir Psychotherapie als einen Prozess tiefen zwischenmenschlichen Committments, die dem Menschen die Fähigkeit zurückgibt, seiner Realität zu begegnen. [...] Was wirklich geschehen ist, kann man nur in seinem politischen und sozialen Kontext verstehen, dem wir nicht gleichgültig gegenüberstehen. Mit unseren Patienten teilen wir eine bestimmte Haltung gegenüber den gesellschaftlichen Verhältnissen, die wir nicht nur gemeinsam erlebt und erlitten haben, sondern die wir auch zu verändern versuchen.“ (Becker 1992: 209)
Die befreiungspsychologisch ausgerichteten Zentren folgten außerdem in ihrem Traumaverständnis nicht länger den gängigen Definitionen, sondern verbanden das Konzept der sequenziellen Traumatisierung nach Keilson (1979) mit dem psychosozialen Trauma nach Martín-Baró (1988) zu einer Theorie „sozialpolitischer Traumatisierungsprozesse“ (Becker 1997b; 2001), deren Verlauf durch gesellschaftliche Entwicklungen, auch noch lange nach den initialen traumatischen Erlebnissen beeinflusst wird (Rauchfuss 2003: 188ff).
Befreiungspsychologische Therapieansätze und Therapiezentren in anderen Teilen der Welt
Befreiungspsychologische Vorstellungen blieben nicht auf Lateinamerika beschränkt, sie entwickelten sich ebenfalls in sozialen Auseinandersetzungen in anderen Teilen der Welt, jeweils vor dem Hintergrund spezifischer kultureller und emanzipatorischer Erfahrungen (Montero & Sonn 2009). Eine wesentliche Rolle kommt dabei der südafrikanischen Befreiungspsychologie (Duncan & Bowman 2009), aber auch den in Irland (Moane 2009) oder auf den Philippinen (Montiel & Rodriguez 2009) entstandenen Varianten zu. Speziell in diesen drei Konflikten: unter der Repression des Apartheidregimes, der britischen Besatzung oder der Marcos-Diktatur, brachten massive Menschenrechtsverletzungen, v.a. auch der systematische Einsatz von Folter gegen Regimegegner*innen, jeweils Versorgungsstrukturen hervor, aus denen später ähnlich wie in Lateinamerika Therapiezentren entstanden. Dabei stand der Kampf gegen die repressiven Verhältnisse stets in einem engen Zusammenhang mit der Unterstützung derjenigen, die im Zuge dieser Auseinandersetzungen gefoltert worden waren.
Vor allem aber die Entwicklungen in Lateinamerika hatten ihre Rückwirkungen in Europa, initial vermittelt über die medical working groups von amnesty international. Die Gründung erster Therapiezentren in Europa ließ nicht lange auf sich warten. Ab 1979 durfte die Danish Medical Group am Universitätskrankenhaus in Kopenhagen Folterüberlebende untersuchen. Hieraus entwickelte sich schließlich das offiziell 1983 gegründete Rehabilitation and Research Centre for Torture Victims (RCT).[2] Das RCT gilt als das weltweit erste Therapiezentrum für Folterüberlebende, was in diesen Dimensionen sicherlich auch stimmt, obgleich bereits vorher Aktivitäten einzelner Psychosozialer Zentren (PSZ) oder Netzwerke medizinisch-psychotherapeutischer Behandlung existierten. Maßgeblich ging diese Gründung auf Inge Genefke, Bent Sørensen, und Ole Rasmussen zurück, die durch ihre Arbeit in der medical group von ai bereits stark international vernetzt waren. Mit Hilfe von Eitinger aus Oslo wurde, basierend auf dessen Erfahrungen mit Überlebenden der Shoah, ein Rehabilitationsprogramm für Folterüberlebende entwickelt. Zu Beginn der Arbeit lud RCT regelmäßig zu internationalen Seminaren in Kopenhagen ein, um einen internationalen fachlichen Austausch über die Behandlung und Dokumentation von Folterfolgen zu ermöglichen, wodurch sich das Kontaktnetz der Gründer*innen stetig erweiterte. Insbesondere Genefke und Sørensen, aber auch andere Expert*innen des RCT waren zudem weltweit an Untersuchungskommissionen in Gefängnissen und zahlreichen anderen Aktivitäten gegen Folter und Straflosigkeit beteiligt. Das RCT war über Bent Sørensen außerdem auch im Committee against Torture der UN (CAT) vertreten und an der Ausarbeitung der Antifolterkonvention mit beteiligt (Larsen 2010: 13, 18, 41, 50).
Schon bald folgten weitere Gründungen. 1983 entstand in Toronto das Canadian Centre for Victims of Torture (CCVT) und 1984 sowohl die Association des Victimes de la Répression en Exil (AVRE) in Paris als auch der Servicio de Rehabilitación Social (SERSOC) in Montevideo. In London wurde 1985 von Helen Bamber die Medical Foundation for Care of Victims of Torture ins Leben gerufen, die ähnlich arbeitete wie das RCT (Miserez 2020: 51f). In Kopenhagen entstand im selben Jahr das Center for Psyko-Socialt Arbejde for Flygtninge (CEPAR), nach dem Vorbild des belgischen Colectivo Latinamericano de Trabajo Psicosocial (COLAT) (Arenas u.a. 1987: 11). Ebenfalls 1985 wurde in Rio de Janeiro die Grupo Tortura Nunca Mais (GTNM/RJ), in Chile das Centro de Salud Mental y Derechos Humanos (CINTRAS), in Caracas das Red de Apoyo por la Justicia y la Paz (REDAPOYO), in Stockholm das Ryggkirurgiskt Centrum (RKC), in Minneapolis das Center for Victims of Torture (CVT) und auf den Philippinen das BALAY Rehabilitation Center[3] gegründet (IRCT 2006). 1986 schlossen sich Menschenrechtsaktivist*innen und Mitarbeiter*innen der psychiatrischen Versorgung in Vancouver unter dem Einfluss der bewaffneten Konflikte in Mittel- und Südamerika zusammen, um Flüchtlinge in Kanada zu unterstützen. Die Vancouver Association for Survivors of Torture (VAST) arbeitet bis heute nach der Devise „Heilung ist ein Akt des Widerstands“, die die Grundhaltung der Organisation kennzeichnet.[4] Nach dem Ende des Apartheidregimes wurden auch in Südafrika Therapiezentren gegründet, 1993 das Trauma Centre for Survivors of Violence and Torture (TCSVT), welches aus den Gesundheitsorganisationen des Widerstandes gegen die Apartheid (SAHSSO 1992) hervorgegangen war, und 1989 das Centre for the Study of Violence and Reconciliation (CSVR), das stärker auf die gesellschaftlichen Dimensionen der Gewalt orientiert ist. Beide arbeiten eng zusammen mit Überlebenden-Organisationen, wie z. B. im Kampf gegen Straflosigkeit der Apartheid-Verbrechen mit der Khulumani Support Group.
Aufgrund der weltweit hohen Nachfrage erwuchs im dänischen RCT die Überlegung, einen internationalen Dachverband der Therapiezentren zu gründen, der die internationalen Netzwerke des RCT im Kampf gegen Folter koordinieren und bei Neugründungen in unterschiedlichen Ländern solidarisch unterstützend tätig sein sollte. 1985 gründeten Genefke und ihre Kolleg*innen daher den Internationalen Rehabilitationsrat für Folteropfer (IRCT). In den Folgejahren entstanden zahlreiche weitere Zentren auf allen Erdteilen, manchmal während andauernder, meist aber nach dem formellen Ende bewaffneter Konflikte oder autoritärer Regime oder aber um Flüchtlinge zu versorgen. Ende 2022 waren 160 Therapiezentren aus 76 Ländern bei IRCT akkreditiert, darunter auch drei aus Deutschland (IRCT 2023: 12f).
Psychosoziale Zentren in Deutschland
Ab 1976 arbeiteten in Frankfurt zwei Psycholog*innen, anfangs nur privat, mit Überlebenden aus Lateinamerika. Es handelte sich um das chilenische Ehepaar Gabriela und Carlos Corvalan, die selbst nach dem Militärputsch nach Deutschland geflüchtet waren. Beide gründeten und leiteten 1979 in Frankfurt am Main das erste Psychosoziale Zentrum für ausländische Flüchtlinge in Deutschland, das sich zunächst an spanischsprachige Folterüberlebende richtete (Süß & Torp 2021: 138). „Damals wußten wir fast nichts“, erinnerte sich Corvalan später an die Anfangszeit des Zentrums: „Wir hatten nur unsere persönlichen Erfahrungen. Überall haben wir nützliches Material gesucht, um zu lernen, besser mit unseren Klienten umzugehen.“ Und sie wurden fündig bei den Kolleg*innen, die über die Arbeit mit Shoah-Überlebenden publiziert hatten sowie bei COLAT in Belgien (Corvalan 1989: 65f; Holtz 2012).
Das Frankfurter Zentrum verstand sich in seinen Gründungsjahren als Teil der Chile-Solidarität. Unterstützung erhielt es v.a. von amnesty international und der evangelischen Kirche (Kleinschmidt 2016: 211ff). Neben den individualpsychologischen Aspekten standen auch die familiäre und die weitere soziale Umgebung der Klient*innen im Mittelpunkt des psychosozialen Handelns, sowie die politische Einordnung der Gewalterlebnisse in Chile selbst (Corvalan 1989: 81f). Ab 1982 koordinierten dort auch die aus dem uruguayischen Exil nach Deutschland zurück geflüchteten jüdischen Aktivist*innen Ernesto Kroch und Eva Weil ihre Uruguay-Solidaritätsarbeit (Kroch 1990: 180f)
Während zunächst vor allem Flüchtlinge aus Lateinamerika im Frankfurter Zentrum Unterstützung fanden, kamen aber auch bald Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern hinzu (Haas 1999: 164ff). Auch das Fachpersonal internationalisierte sich weiter. Von 1980 bis 1984 arbeitete dort auch der guineische Oppositionelle Jean Claude Diallo, bevor er nach Guinea zurückkehrte und dort vorübergehend von 1984 bis 1986 Regierungsämter übernahm. Nach nur kurzer Zeit musste sich Diallo jedoch erneut ins Exil nach Deutschland begeben (Diallo 2020: 100-115). Als das Ehepaar Corvalan nach Chile zurückkehrte führte Diallo das Projekt ab 1988 fort (Süß & Torp 2021: 139).
Nach und nach entstanden weitere psychosoziale Zentren in Deutschland. Ab 1980 widmete sich das PSZ Nürnberg Kontingentflüchtlingen aus Kambodscha und Vietnam (BAfF 2016: 40). 1985 folgte in Köln das vom UNHCR ins Leben gerufene und später an die Caritas übergebene Therapiezentrum für Folteropfer (Ünal 2009: 158). 1986 wurde in Berlin Xenion gegründet sowie das PSZ in Düsseldorf, in dem Mitbegründer Jean Claude Diallo bis zu seinem Wechsel nach Frankfurt zum ersten Therapieteam gehörte. Weitere PSZ-Gründungen folgten: 1986 in Saarbrücken, 1989 Refugio in Bremen und 1991 das PSZ Greifswald (BAfF 2016).
Während die anderen PSZs bis dahin vorwiegend von Initiativen der Flüchtlingsarbeit ausgegangen waren, wurde die Gründung des Behandlungszentrums für Folteropfer (BZFO)[5] 1992 von Ärzt*innen und Journalist*innen ins Leben gerufen, die sich das RCT in Kopenhagen zum Vorbild genommen hatten. Für die Gründung spielten sowohl die Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus (Graessner u.a. 1996: 11) als auch die Giftgasangriffe auf die kurdische Bevölkerung im Irak (BZFO 2017: 7) eine wichtige Rolle. Die internationale Ausrichtung behielt das BZFO bei. In den Anfängen ließ sich das Team beraten von Expert*innen aus Chile, London, Kopenhagen, Rumänien und der Türkei, von Physicians for Human Rights aus den USA sowie von der israelischen AMCHA-Stiftung und dem ebenfalls mit Überlebenden der Shoah arbeitenden niederländischen Sinai-Zentrum (ebd.: 15). Das BZFO leistet bis heute auch international Unterstützung bei der Gründung neuer Zentren (ebd.: 16).
Anders als in den 1980er Jahren war diese internationale Zusammenarbeit aber nur noch vorwiegend humanitär ausgerichtet:
„Die Anhänger Allendes in den Gefängnissen der chilenischen Militärdiktatur wussten, wofür sie kämpften und wer ihre Gegner waren. Ihre Überzeugung gab manchen von ihnen die Kraft zum Überleben und Weiterleben nach der Folter. Woran soll sich der bosnische Patient, der im serbischen Lager seinem ehemaligen Realschullehrer und Freund in der Uniform der serbischen Schlächter gegenüberstand, halten?“,
zitiert das BZFO in seiner Festbroschüre zum 25-jährigen Bestehen einen Beitrag aus dem Jahresbericht 1993.
„Fünf Jahre nachdem das Volk auf den Straßen von Prag, Bukarest und Berlin tanzte, ist die Welt mit täglich neuen Brandherden übersät“, heißt es dort weiter. Diese „zeugen von einer Barbarei, die […] ziellos und unberechenbar wütet.“ (ebd.: 6) Hier wird deutlich, was für viele Zentren fortan eine Rolle spielte. Die Konflikte nach dem Ende des Kalten Krieges boten vielfach nur schwerlich Möglichkeiten der solidarischen Identifikation mit einer der Konfliktparteien.
Viele PSZs waren direkt aus der Flüchtlingsarbeit entstanden, andere verlagerten ihre Parteilichkeit und Solidarität auf die innenpolitische Bühne. Dies ist vor dem Hintergrund einer zunehmend aversiv und aggressiv auftretenden Aufnahmegesellschaft zunächst wenig verwunderlich. Die rassistische Zuspitzung öffentlicher Diskurse (Jäger 1992) und die Pogrome gegen Flüchtlinge in den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung (Sundermeyer 2012) einerseits sowie die daraus resultierende massive Verschärfung der Flüchtlingsgesetzgebung (Leuninger 1995) andererseits, verlangten geradezu nach dieser innenpolitischen Ausrichtung. Diese war 1996 auch wegweisend bei der Gründung der BAfF, dem deutschen Dachverband der PSZs. (BAfF 2016: 1f).
Vordergründig scheinen mit der rein innenpolitischen Orientierung sämtliche mit der „Psychologie der Befreiung“ assoziierten Erfahrungen und die therapeutischen Erkenntnisse der Zentren im Cono Sur ausgeblendet und begraben. Internationaler Austausch ist nur noch bei wenigen Zentren zu beobachten und für die gesundheitsbezogene Unterstützung emanzipatorischer Bewegungen in anderen Erdteilen steht hauptsächlich noch medico international. Betrachtet man sozialpolitische Traumatisierungsprozesse jedoch als eine Abfolge verschiedener traumatischer Sequenzen, so setzen viele Zentren durchaus sehr berechtigt ihren Schwerpunkt darauf, die gravierenden Folgen der Sequenz des Exils durch ihre Arbeit abzumildern, auch wenn sie dies in der Theorie nicht so begründen.
Allerdings reicht diese Fokussierung auf die Lebensumstände von Geflüchteten hier in Deutschland nicht aus. Ein wichtiger Teil sozialpolitischer Traumatisierungsprozesse, der vor der Ankunft in Deutschland liegt, wird dadurch abgespalten und im therapeutischen Prozess auf das individuelle Leid reduziert, als stünde er nicht in der gesellschaftlichen Dimension globalen Unrechts sowie in der gewaltsamen Abwehr von Geflüchteten durch die Festung Europa.
Für eine Renaissance der solidarischen Parteilichkeit in den deutschen PSZs
Die 1970er und die 1980er Jahre, in denen der allergrößte Teil der Pionierarbeit in der Erforschung von Folterfolgen geleistet wurde, waren stark geprägt durch die internationale Solidarität mit Befreiungskämpfen, in deren Kontext Aktivist*innen in zahlreichen Ländern weltweit verhaftet und gefoltert worden waren. In den Kämpfen vor Ort begannen Menschenrechtsaktivist*innen und Heilberufe sich den seelischen Narben der Gewalt zuzuwenden. Sie arbeiteten in enger Vernetzung mit der internationalen Menschenrechtsbewegung sowie mit Solidaritätskomitees in anderen Ländern. Auch die Unterstützung von Flüchtlingen im Exil war deutlich geprägt von den Vorstellungen der internationalen Solidarität, in denen die Exilierten Verbündete in einem gemeinsamen Kampf darstellten. Basis dieser Solidarität war die unterstellte Gemeinsamkeit in den Zielen von Befreiungskämpfen, ebenso wie eine Verwandtschaft der Wertvorstellungen und im Gegenzug natürlich ein gemeinsamer Gegner.
Diese vielfach als Nord-Süd-Einbahnstraße kritisierte Solidarität (PIZZA 1992; Fernández Huidobro 1992: 118) stellte sich im Hinblick auf den Kampf gegen Folter allerdings keineswegs als eindimensional dar. Von Beginn an traten Formen der Nord-Süd-Solidarität, der Süd-Süd-Solidarität und der Nord-Nord-Solidarität parallel zueinander auf. Und im Erfahrungstransfer hinsichtlich der Entwicklung diagnostischer und therapeutischer Verfahren zum Nachweis und zur Behandlung von Folterfolgen dominierte ein Süd-Nord-Austausch, insbesondere mit den lateinamerikanischen Expert*innen.
Bereits mit der ersten Konferenz gegen Folter 1973 etablierte sich die Gleichzeitigkeit der Nutzung dieser neuen Erkenntnisse und ihre Weiterentwicklung sowohl für die Therapie, als auch für die Dokumentation von Folterfolgen, um sie im Kampf gegen Straflosigkeit einsetzen zu können – erstmals 1975 im Prozess gegen die Folterer nach dem Ende der griechischen Militärdiktatur (ai 1977b).
Eine zentrale aus dieser Zeit stammende Erkenntnis ist bis heute die erforderliche Entprivatisierung des durch sozialpolitische Traumatisierungsprozesse zugefügten Leidens. Für das psychosoziale Setting bildet dabei der vinculo comprometido ein Kernelement der Beziehung zu den Klient*innen. Dieses Bündnis gegen die Zerstörung mit ihnen einzugehen, heißt, die Überlebenden schwerer Menschenrechtsverletzungen umfassend zu unterstützen, d.h. je nach Bedarf sowohl aufenthaltsrechtlich, individualtherapeutisch und sozialarbeiterisch, als auch im menschenrechtlichen Sinne.
Die Einheit von Solidarität im Protest gegen autoritäre Regime oder gegen Kriege mit psychosozialer Unterstützung für die Überlebenden dieser Konflikte, mit dem Kampf gegen die Straflosigkeit schwerer Menschenrechtsverletzungen und mit der Unterstützung gesellschaftlicher Veränderungsprozesse, die darauf abzielen, eine Wiederholung der Verbrechen nachhaltig zu verhindern, zählten in der Entstehungszeit der ersten Zentren zu den Selbstverständlichkeiten solidarischen Handelns. Dies fiel durch die starke Identifikationsmöglichkeit mit den Betroffenen in jenen Auseinandersetzungen leichter. Es hat jedoch bis heute nicht an Bedeutung verloren. Man muss nicht das Weltbild eines oder einer speziellen Überlebenden teilen, um die schweren Verletzungen anzuerkennen, die sozialpolitische Traumatisierungsprozesse hinterlassen. Dies gilt für die therapeutische Seite ebenso, wie für die gemeinsame Empörung über das Erlittene. Und es gilt gleichermaßen für das daraus abzuleitende menschenrechtliche Handeln, d.h. für eine kompromisslose psychosoziale Front gegen diejenigen, die die Verantwortung für die Verbrechen tragen (Rauchfuss & Schmolze 2008; Hamber 2009).
Vor allem im globalen Süden, aber nicht nur dort, sind eine umfassende Parteinahme der Therapiezentren und ihr Selbstbild als Teil einer internationalen Menschenrechtsbewegung vielfach selbstverständlich. Anders in Deutschland: Nur einige wenige Zentren haben hier den Kampf gegen die Straflosigkeit schwerer Menschenrechtsverletzungen zu einem festen Bestandteil ihrer Arbeit gemacht. Diese wenigen Zentren verbinden die gesellschaftliche und die individuelle Ebene sozialpolitischer Traumatisierungsprozesse im Sinne ihrer Klient*innen. Denn es ist durchaus machbar, sämtliche Sequenzen des traumatischen Prozesses in die psychosoziale Arbeit mit Flüchtlingen zu integrieren.
Im Behandlungszentrum für Folteropfer Ulm (BFU) wird dies durch die enge Anbindung an amnesty international ermöglicht (Fiechtner u.a. 2015). Das 1991 gegründete und mittlerweile aufgelöste Internationale Zentrum für die Menschenrechte der Kurden e.V. (IMK) in Bonn hatte 2001 nachträglich ein psychosoziales Angebot zusätzlich zur Menschenrechtsarbeit aufgenommen (IMK & MFH 2003: 247-249). Auch die 1997 gegründete Medizinische Flüchtlingshilfe, die in Bochum ein Therapiezentrum für Überlebende von Folter und Krieg unterhält, versucht seit ihrer Gründung die individuelle und die gesellschaftliche Dimension von Trauma zusammen zu denken und sowohl innenpolitisch Flüchtlingsrechte zu vertreten, als auch international mit Menschenrechtsorganisationen, Überlebendenverbänden und demokratischen Aktivist*innen solidarisch zusammenzuarbeiten (Rauchfuss 2003; 2008; 2011). Genau wie das Berliner Zentrum Überleben und das Düsseldorfer PSZ ist die Medizinische Flüchtlingshilfe Mitglied des IRCT (IRCT 2023: 12).
Im Unterschied zu 1973 sind die Grundlagen für eine strafrechtliche Verfolgung von Täter*innen heute deutlich besser, wenn auch noch immer unzureichend. Seit Einführung des deutschen Völkerstrafgesetzbuches ist es aber prinzipiell möglich, Täter*innen schwerer Menschenrechtsverletzungen hierzulande vor Gericht zu bringen, egal in welchem Land sie leben (Kaleck 2019; Johnson u.a. 2016). In anderen europäischen Ländern, den USA und v.a. in Argentinien gibt es ähnliche Möglichkeiten universeller Rechtsprechung im Hinblick auf Menschheitsverbrechen. Mit Hilfe des von den weltweiten Therapiezentren und Menschenrechtsorganisationen erarbeiteten UN Manuals Istanbul Protokoll lassen sich heute körperliche und seelische Folterfolgen auch gerichtsverwertbar dokumentieren (Rauchfuss 2006; Frewer u.a. 2009). Für die juristische Zusammenarbeit im Kampf gegen Straflosigkeit, bieten sich spezialisierte Organisationen wie das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) an.[6]
Einige Zentren haben daher mittlerweile in Zusammenarbeit mit syrischen Geflüchteten dazu beigetragen, Folterer des syrischen Regimes vor deutsche Gerichte zu bringen, sie dokumentieren Folter im Iran, Kriegsverbrechen, die in der Ukraine begangen wurden, oder europäische Verbrechen die tagtäglich an den Außengrenzen der Schengen-Staaten geschehen bzw. ausgelagert werden an folternde Milizen, z.B. in Libyen oder im Sudan.
Trotz dieser ermutigenden Entwicklung wäre es für eine große Mehrheit der deutschen PSZs ein erheblicher Fortschritt, sich wieder stärker an die internationalistische Tradition der Therapiezentren zu erinnern, klassische therapeutische Lehrmeinungen mit den Ideen und Erkenntnissen aus der „Psychologie der Befreiung“ zu konfrontieren, das Konzept der sozialpolitischen Traumatisierungsprozesse deutlicher in ihrem Bewusstsein und in ihren Praktiken zu verankern und ihre Arbeit stärker in den Focus einer internationalen Solidarität zu stellen, ohne dabei den Kampf für menschenwürdige und menschenrechtlich basierte Aufnahmebedingungen hierzulande zu vernachlässigen.
Hierzu aber bedarf es einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Menschenrechtsverteidiger*innen inner- und außerhalb der Therapiezentren sowohl im Inland als auch international und eine solidarische Interaktion der emanzipatorischen Kräfte dieser Welt.
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Anschriften der Autoren und der Autorin:
Knut Rauchfuss Christian Cleusters
k.rauchfuss@mfh-bochum.de c.cleusters@mfh-bochum.de
Bianca Schmolze
b.schmolze@gerechtigkeit-heilt.de
Dieser Beitrag wurde im „double-blind peer-review“-Verfahren begutachtet.
https://doi.org/10.3224/peripherie.v44i1.03
[1] Vgl. Shanon 1962 & 1970a-c; Trautman 1964; Niederland 1964 & 1980; Eitinger (1969); Trossman 1968; Sigal & Rakoff 1971; Matussek 1971; Barocas 1975; Keilson 1979.
[2] Ab 2012 umbenannt in „Dignity – Danish Institute Against Torture“.
[3] Balay (philip.) = Haus, Zuhause.
[4] Vgl. Webseite der Organisation: https://www.vastbc.ca, letzter Aufruf: 22.2.2024.
[5] Ab 2018: „Zentrum Überleben“.
[6] Vgl. Webseite der Organisation: https://www.ecchr.eu/., letzter Aufruf: 22.2.2024.