Begegnungen in der Entwicklungszusammenarbeit – Perspektiven sudanesischer GenderaktivistInnen

Diskurse um Gender sind, dank den Interventionen von Frauenrechtsbewegung und Gender-AktivistInnen seit den 1960er Jahren, inzwischen Teil globaler Entwicklungspolitiken geworden - mit durchaus zwiespältigen Effekten. Gerade die dadurch bedingte Verquickung von Genderdiskursen - die im Verständnis vieler ProtagonistInnen einen ursprünglich macht- und herrschaftskritischen Anspruch haben - mit Dominanzverhältnissen, wie sie durch die postkoloniale Realität der Entwicklungszusammenarbeit geprägt werden, produziert ein starkes Spannungsverhältnis, in dem sich AkteurInnen verorten müssen, ohne dieses auflösen zu können. Besonders Gender-AktivistInnen im globalen Süden werden immer wieder herausgefordert, ihre Verortung explizit zu machen und zu thematisieren, denn hier ist dieses Spannungsverhältnis vor Ort sichtbar und Teil öffentlicher Debatten.

Diskurse um Gender sind, dank den Interventionen von Frauenrechtsbewegung und Gender-AktivistInnen seit den 1960er Jahren, inzwischen Teil globaler Entwicklungspolitiken geworden - mit durchaus zwiespältigen Effekten. Gerade die dadurch bedingte Verquickung von Genderdiskursen - die im Verständnis vieler ProtagonistInnen einen ursprünglich macht- und herrschaftskritischen Anspruch haben - mit Dominanzverhältnissen, wie sie durch die postkoloniale Realität der Entwicklungszusammenarbeit geprägt werden, produziert ein starkes Spannungsverhältnis, in dem sich AkteurInnen verorten müssen, ohne dieses auflösen zu können. Besonders Gender-AktivistInnen im globalen Süden werden immer wieder herausgefordert, ihre Verortung explizit zu machen und zu thematisieren, denn hier ist dieses Spannungsverhältnis vor Ort sichtbar und Teil öffentlicher Debatten.

So sind im heutigen Sudan Diskurse und Diskussionen um Geschlechterverhältnisse untrennbar mit entwicklungspolitischen Fragen verknüpft. Nicht nur tauchen Schlagworte transnationaler Genderdiskurse wie „Violence Against Women", „Empowerment", oder eben „Gender" selbst überall dort auf, wo im Sudan Geschlechterverhältnisse diskutiert werden, sondern der überwiegende Teil öffentlich wahrnehmbarer Veranstaltungen zu Gender findet auch in Kooperation mit einer der zahlreichen im Sudan aktiven Entwicklungszusammenarbeits- oder humanitären Organisationen statt. Dies spiegelt zum einen die Verteilung von und den Zugang zu materiellen sowie infrastrukturellen Ressourcen wider - nämlich z.B. den Fakt, dass viele sudanesische Organisationen nicht über die Ressourcen verfügen, um ihre eigene Webseite zu unterhalten, zu publizieren, etc. - bedeutet aber auch, dass Geschlechterpolitik im Sudan vielschichtig mit Politiken der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) verwoben ist.

Besonders seit dem Abschluss eines Friedensvertrags und damit dem Ende des Bürgerkriegs zwischen Nord- und Südsudan im Jahr 2005 und der weltweiten Aufmerksamkeit für den Konflikt in Darfur erfährt die Aktivität internationaler Akteure im Sudan einen neuen Höhepunkt. Dies bedeutet auch, dass lokale AkteurInnen, staatliche wie nicht-staatliche, sich formieren, um sich Zugang zu neu zu verteilenden Ressourcen zu sichern und entstehende Handlungsspielräume zu nutzen. Das gilt auch, und im Besonderen, für das Feld der Geschlechterpolitik. Dabei ist die diskursive Nähe lokaler Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) zu internationalen Debatten ein Vorteil. Dagegen stehen jedoch auf der anderen Seite staatliche Institutionen, die auf vielfältige Weise die Möglichkeit haben, Strukturen vorzugeben und Zugänge zu ermöglichen oder zu blockieren. Die EZ verschiebt in dieser Situation die Kräfteverhältnisse zwischen den verschiedenen AkteurInnen. Wie also werden die Präsenz und das Wirken internationaler Organisationen im Feld der Geschlechterpolitik von lokalen AkteurInnen gesehen und wie verhalten sie sich ihnen gegenüber? Wie positionieren sie sich gegenüber den Geschlechterkonzepten internationaler Akteure? Für wen ergeben sich aus deren Präsenz neue Handlungsspielräume?

Der vorliegende Beitrag versucht sich diesen Fragen aus der Sicht lokaler Gender-AktivistInnen zu nähern und ihre Einschätzungen und Erfahrungen dazu zu beleuchten. Am Beispiel der Geschlechterpolitik im Sudan soll so das Zusammentreffen lokaler und internationaler Organisationen nachgezeichnet werden. Der Beitrag basiert auf den Ergebnissen eines Forschungsprojektes im Rahmen meiner Diplomarbeit zur Lokalisierung globaler Genderdiskurse (2009).

Im ersten Teil zeichnet der Beitrag nach, wie das Verhältnis zwischen Gebern und lokalen AkteurInnen aus unterschiedlichen Perspektiven bisher beleuchtet und bewertet wurde. Maßgeblich sind dies Beiträge der kritischen Entwicklungstheorie, insbesondere feministischer KritikerInnen, Beiträge der transnationalen Bewegungsforschung, auch hier wieder besonders der transnationalen Frauenbewegung, sowie der genderbasierten Regionalforschung. Im zweiten Teil werden die zentralen AkteurInnen sudanesischer Geschlechterpolitik, nämlich staatliche, nicht-staatliche und internationale und ihre Bedingungen und Agenden vorgestellt. Der dritte Teil widmet sich dann den Perspektiven lokaler Nicht-RegierungsakteurInnen auf die Rolle von und das Verhältnis zu internationalen Organisationen und Gebern. Im Fazit greife ich die Frage nach der Lokalisierung bzw. Entlokalisierung von Konzepten und Formaten noch einmal auf.

Das Spiel zwischen Gebern und Nehmern

Eine Reihe von Debatten hat die Frage nach dem Verhältnis zwischen Gebern und lokalen Akteuren (staatlichen wie nicht-staatlichen) auf unterschiedliche Weise gestellt und beantwortet. So verweist z.B. die kritische Entwicklungstheorie mit dem Konzept des „development apparatus" (Ferguson 1994: 255) darauf, dass die EZ als ein Ensemble von Diskursen und institutionalisierten Vorgängen funktioniert, in dem ein bestimmtes Wissen und bestimmte Normen produziert werden, und welches sich selbst immer wieder außerhalb der politischen Arena verortet. Das Verhältnis zu lokalen AkteurInnen wie auch die Intervention selbst werden dadurch entpolitisiert und die Rolle der EZ als „zentrales Machtelement" (Mitchell 2002: 233) ausgeblendet. Ein Problem dieser Ansätze liegt darin, dass sie zum einen dazu tendieren, den Diskurs der EZ lediglich als eine Verschleierung „eigentlicher" Interessen wie Dominanz und bürokratischer Macht zu sehen (Mosse 2004), und zum anderen oft in der problematischen Position verbleiben, Macht sowie das Potential, Machtverhältnisse zu beeinflussen ausschließlich in den Institutionen der EZ zu verorten (Ziai 2003: 415). Macht wird damit als ausgehend von den Institutionen der internationalen EZ gedacht, während „Dritte-Welt-Subjekte" dazu konditioniert werden, dominante Paradigmen als ihre eigenen Interessen zu akzeptieren und somit keine eigene Handlungsfähigkeit zugesprochen bekommen.

In weitgehender Übereinstimmung mit diesen Kritiken beklagen feministische KritikerInnen, dass auch dort, wo Kritik von den Institutionen der EZ aufgegriffen wird, selbst die radikalsten Forderungen im Prozess der Integration in den Mainstream depolitisiert und zu harmlosen Schlagworten transformiert werden - exemplarisch sind dafür Konzepte, die dem Zentrum feministischer Kritik entspringen (Hark 2008), wie Empowerment und das zumindest rhetorisch allgegenwärtige Gender. Amina Mama formuliert die Kritik am dem, was sie „Entwicklungsfeminismus" nennt, besonders scharf:

„Das Zusammentreffen von Feminismus und Entwicklungshilfe hat [...] einen Bedarf für Gender-Expertise hervorgebracht - eine Art Wanderzirkus für Experten, Gendertechnokraten, die ein neues Exportprodukt anpreisen, dessen Markenname sich im Laufe der Jahrzehnte mehrfach geändert hat: von ‘Women in Development' (WID) über ‘Women and Development' (WAD) und ‘Gender and Development' (GAD) bis hin zu ‘Gender-Mainstreaming'" (Mama 2004: 121; Übers.: AM).

Durch solche Prozesse kommt es anscheinend zu einer wachsenden Opposition von Feminismus und Gender, wobei im Falle von Gender die Vorstellung von Geschlechterverhältnissen als umkämpften Feld zugunsten einer technischen Anwendung von Konzepten aufgegeben wird - Stichworte sind hier Professionalisierung, NGOisierung, Advocacy, Lobbying etc. (Wichterich 2004: 128). Die Transnationalisierung der Frauenbewegung umfasst jedoch nicht nur ideologische, sondern auch prozedurale Konzepte - wie z.B. das Projektformat (Wichterich 2004). Sonia Alvarez bemerkt, dass der höhere Level an Transnationalisierung einhergehe mit weniger Einsatz für Graswurzel-Mobilisierung und kulturellem Wandel. Es komme damit zu einer Schwächung der Frauenbewegung, und sie konstatiert sarkastisch: „Je kleiner die Bewegung, desto größer die Bedeutung internationaler Dokumente" (Alvarez 2000: 45). Christa Wichterich (2004: 128) argumentiert ähnlich und verweist darauf, dass sich das Gleichgewicht zwischen „Passion" und „Profession" seit den 1990er Jahren stark zugunsten des letzteren verändert hat. Eine noch grundlegendere Kritik weist darauf hin, dass der Feminismus der EZ alte formal-liberale Forderungen eines besseren Zugangs für Frauen wieder aufgreife, jedoch nicht die EZ-Agenda als solche in Frage stelle oder anstrebe, existierende Institutionen zu transformieren.

Eine ganz andere Perspektive nimmt die Literatur um transnationale Zivilgesellschaft - und dabei insbesondere die über transnationale Frauenbewegungen - ein. Sie thematisiert, auf welche Weise Informationen, Personal, Ressourcen und nicht zuletzt Ideen in transnationalen Netzwerken zirkulieren (Keck & Sikkink 1998; Pollack Petchesky 2003; Hulme & Edwards 1997) - und welche Rolle dabei im Fall der transnationalen Frauenbewegung UN-Frauen-Konferenzen und Konventionen als Plattformen zur Herstellung von Kommunikation und Diskussion sowie als strategische Orientierungsziele spielen. Aus dieser Perspektive werden Fragen nach Dominanz und Repräsentation ganz anders beantwortet: So postuliert zum Beispiel Valentine Moghadam (2005: 9), dass die zurzeit der ersten beiden UN-Frauenkonferenzen vorhandene Spaltung zwischen AktivistInnen aus dem Süden und aus dem Norden sich bereits während der Nairobi Konferenz schloss und zurzeit von Peking 1995 ganz überbrückt war. Viele (Süd-)AktivistInnen und AkademikerInnen vertreten die Position, dass globale Bezugsrahmen wie CEDAW (Convention on the Elimination of all Forms of Discrimination against Women), die Pekinger Aktionsplattform oder die im Jahr 2000 verabschiedete UN-Resolution 1325 über Frauen, Frieden und Sicherheit mindestens genauso von Stimmen aus dem globalen Süden wie aus dem Norden geprägt sind (Tripp 2006; Antrobus 2004). Sie argumentieren, dass die Anschuldigungen, bei diesen handele es sich um „westliche" Konzepte, von konservativen Kräften gemacht werden, die diese Agenden darüber zu delegitimieren versuchen (Yuval-Davis 2006). Selbst Chandra T. Mohanty, deren Artikel „Under Western Eyes" (1988) zu den schärfsten und meist-rezipierten Kritiken eines Universalgültigkeit beanspruchenden westlichen Feminismus zählt, modifiziert ihre Position Anfang des Millenniums. Sie spricht nun von „Süden" und „Norden", um die Spaltung zwischen transnationalem Kapital und marginalisierten Armen unter den Bedingungen eines globalen Kapitalismus zu markieren. Unter diesen Bedingungen plädiert sie nicht nur für transnationale Solidarität, sondern macht schon die Anfänge einer transnationalen feministischen Praxis aus (Mohanty 2003). Besonders AutorInnen aus muslimischen Kontexten warnen davor, in die von konservativen Kräften aufgestellte Authentizitäts-Falle zu tappen, die, wenn auch unbewusst, auf einem kolonial geprägten Begriff von separierten Kulturen baut (Abu-Lughod 1998: 16).

Bedeutung und Bewertung der Transnationalisierung der Frauenbewegung sind also stark umstritten (Basu 2003). Jenseits der Diskussion um die Dominanz westlicher Konzepte innerhalb einer transnationalen Frauenbewegung spielt die Frage der Abhängigkeit von finanziellen Zuwendungen externer Geldgeber und damit deren Einfluss auf Aktivitäten und Organisationsformen eine wichtige Rolle in der Debatte. Die anscheinend klare Unterscheidung zwischen „Gebern" und „Empfängern" ist jedoch oft viel komplizierter, wie Aida Bagic in einer Studie zur post-jugoslawischen Region beschreibt:

„eine Unterscheidung, die auf den ersten Blick einfach scheint - ‘Geber' als diejenigen, die Unterstützung finanzieller oder anderer Art leisten, und ‘Empfänger' als diejenigen, die ‘Geber'-Ressourcen nutzen - entpuppt sich in Wirklichkeit als nicht ganz so einfach. Die Gegenüberstellung ‘Geber'-‘Empfänger' erweist sich als nur eine von vielen Eigenschaften, die im Verlauf der Beziehung zum Vorschein treten. Die Beziehungen zwischen Gebern und Empfängern setzen sich also aus gleichzeitigen Begegnungen zwischen dem Lokalen, dem Regionalen und dem Globalen, zwischen Rändern und Mitte, und zwischen Schnittpunkten nicht-übersetzbarer und multipler Sprachen und Codes zusammen." (Bagic 2006: 142; Übers.: AM).

Wer von Gebern als „lokal" angesehen wird, erscheint anderen als eine Organisation, die mit regionalen oder globalen Perspektiven arbeitet. Ebenso können internationale Geber in gewisser Weise als lokal empfunden werden, wenn lokale AktivistInnen dort arbeiten, die der gleichen Sache verschrieben sind wie die „Empfänger" (Bagic 2006: 148). Das Verhältnis zwischen Gebern und lokalen AkteurInnen ist nicht immer eindeutig und ist mehr als ein finanzielles. Zudem können die gegenseitig zugeschriebenen Rollen stark voneinander abweichen.

Im Sudan geriet die Rolle der EZ erst in den letzten Jahren ins Blickfeld wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Wie AktivistInnen in den meisten muslimisch geprägten Kontexten (u.a. Abu-Lughod 1998; Moghadam 2004; Al-Ali 2006), so verhandeln auch jene im Sudan das Spannungsfeld dessen, was als Kultur und Tradition kolportiert wird, und der Beförderung von Frauenrechten. Alle sudanesischen Publikationen zu Genderthemen der letzten Jahre beschäftigen sich auf die eine oder andere Weise mit diesem Thema. Auffällig ist, dass in den Arbeiten zu Geschlechterverhältnissen im Sudan bis Anfang des Millenniums die Präsenz von Geberorganisationen keine Rolle spielte und praktisch nicht erwähnt wurde, obwohl die Frage nach der Relevanz transnationaler Normen und Konzepte schon lange gestellt wurde ( u.a. Hale 1996; Al-Ahmadi 2003; Nageeb 2004). Nur wenige Jahre später macht Salma Nageeb die transnationalen Verknüpfungen und Interventionen zum zentralen Thema ihrer Arbeiten (Nageeb 2008a; Nageeb 2008b; Nageeb 2008c). Nageeb stellt fest, dass lokale Gender-AktivistInnen die lokale Agenda für Frieden und Demokratisierung durch intensives Netzwerken mit globalen Agenden verknüpfen. Am Beispiel des von ihr untersuchten Feldes der Agenda rund um Violence Against Women (VAW) konstatiert sie, dass die Frage finanzieller Ressourcen und die Verbindung zwischen Frauenrechts-/Gender-NGOs und internationalen EZ-Agenturen und Gebern in dem von ihr untersuchten Feld der VAW-Agenda eine zentrale Rolle spielen (Nageeb 2008b: 196). Eine eindeutig wertendere Position wird in einem Artikel zur Feminisierung des Friedens im (Süd-)Sudan bezogen. Hier geben die AutorInnen an, dass angesichts der Verfügbarkeit von Geldern für Genderprojekte NGOs dazu tendieren sich und ihre Agenden in Abwägung von Geberinteressen zu präsentieren, was wiederum zu schwachen Konzeptionalisierungen und oberflächlichen Umsetzungsstrategien führt (Hilhorst & Leeuwen 2005: 99f).

Kontext: Sudan post-CPA

Seit 1989 wird der Sudan von einer durch einen Putsch an die Macht gekommenen militärisch-islamistischen Regierung unter der Führung von Omar Bashir regiert. Die Politik dieses Regimes, die durch die Repression weiter Teile der Gesellschaft, eine weitgehende Militarisierung im Zuge des erneut verschärften Bürgerkriegs, massive Verarmung der Bevölkerung durch eine harte Wirtschaftspolitik mit Strukturellen Anpassungsprogrammen unter Regie von Weltbank und IWF und später ökonomischen Sanktionen gekennzeichnet ist, hinterließ tiefe Risse im Gewebe der Gesellschaft. Besonders Frauen gerieten in den Fokus einer Politik, die über eine restriktive Geschlechterpolitik versuchte die neue Regierung zu legitimieren. Mit den Argumenten „un-islamisch" oder „un-sudanesisch" wurden ihre Möglichkeiten sich im öffentlichen Raum zu bewegen, einem Beruf nach zu gehen, oder ohne Zustimmung eines männlichen Verwandten bestimmte Entscheidungen zu treffen, massiv eingeschränkt und kontrolliert. Die Alltagspraktiken der Bevölkerung führten diese Politik jedoch zu großen Teilen bald ad absurdum.

Bestimmend für jegliches politische und zivilgesellschaftliche Engagement im Sudan sind heute zwei Faktoren: ein 2005 geschlossenes Friedensabkommen zwischen Nord- und Südsudan sowie ein offener und mit viel Gewalt geführter Konflikt in Darfur. Der Bürgerkrieg zwischen Norden und Süden, der ca. zwei Millionen Tote und etwa vier Millionen Vertriebene forderte (International Crisis Group 2006: 2), bestimmte das Land - mit einer kurzen Unterbrechung zwischen 1972 und 1983 - seit seiner Unabhängigkeit von den Anglo-Ägyptischen Kolonisatoren im Jahr 1956 - als Ausnahme unter den Kolonialstaaten hatte der Sudan bis dahin einem sog. Kondominium von Briten und Ägyptern unterstanden, da Ägypten in der Nachfolge des ottomanischen Imperiums bereits Kolonialmacht im Sudan war, als es 1881 von den Briten kolonisiert wurde (s. Woodward 1990). 2005 unterzeichneten die beiden Haupt-Kriegsparteien SPLA/M (Sudanese People's Liberation Army/Movement) und NCP (National Congress Party) ein sogenanntes „umfassendes Friedensabkommen", das Comprehensive Peace Agreement (CPA), und die SPLM wurde zur Koalitionspartnerin in der Regierung. Der Konflikt wird jedoch von Stellvertretern an verschiedenen Orten gewaltförmig weitergeführt und auch die Regierungskoalition NCP/SPLM stand schon mehrere Male kurz vor dem Scheitern - am deutlichsten ganz aktuell vor dem Referendum über die Separation des Südens, das im Januar 2011 stattgefunden hat. Während noch über Frieden zwischen Nord und Süd verhandelt wurde, brach 2003 im in Darfur ein schon lange schwelender Konflikt aus, der bisher wiederum ca. 200.000 Menschen das Leben gekostet hat.

Bei beiden Konflikten (wie auch bei einem weniger intensiv geführten Konflikt im Ostsudan) geht es um die Marginalisierung und Ausbeutung bestimmter Regionen durch Nord-/Zentralsudan, die Verteilung von Ressourcen und den Zugang zu politischer Macht. Artikuliert werden die Konflikte jedoch häufig entlang von kulturellen, religiösen und ethnischen Demarkationslinien[1].

Schon in den späten 1990er Jahren kam es zu einigen Verbesserungen der politischen Situation für zivilgesellschaftliche Organisationen und insbesondere einer Lockerung der Geschlechterpolitik - was im Falle der Frauenrechtsbewegung mit der dynamischen Atmosphäre nach der Pekinger Weltfrauenkonferenz zusammenfiel. Mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens 2005 setzte dann ein - wenn auch unvollständiger - Wandel ein. Das Abkommen sowie die kurz darauf verabschiedete Interimsverfassung schreiben sowohl Bürgerrechte, politische, soziale und ökonomische Rechte als auch Frauenrechte sowie Pressefreiheit und institutionalisierte Macht- und Ressourcenteilung zwischen NCP und SPLM fest. Außerdem wurde ein Zeitplan für allgemeine Wahlen Anfang 2010 festgelegt. Obwohl die Implementierung enttäuschend langsam vorangeht und angesichts des unbedingten Machtwillens der NCP die Reichweite von Reformen fraglich ist, wurden CPA und Interimsverfassung zu wichtigen Argumenten für zivilgesellschaftliche Organisationen, politische AktivistInnen, Gender-AktivistInnen und JournalistInnen. Ein weiterer, vielleicht ebenso wichtiger Effekt des Friedensabkommens ist jedoch auch, dass damit eine lange Periode politischer und kultureller Isolation sowie ökonomischer Sanktionen zu Ende ging. Nachdem der Sudan sich nach der Kuwait-Invasion 1991 auf die Seite des Irak gestellt hatte, hatten die USA ihn 1993 als „state sponsor of terrorism" deklariert und 1997 ökonomische, finanzielle und Handelssanktionen verhängt, die das Land besonders hart trafen, da Entwicklungshilfe in den 1980er Jahren bis zu einem Drittel des Jahreshaushaltes ausgemacht hatte. Mit dem Friedensabkommen fand der Sudan nun von neuem internationales Interesse, internationale Organisationen kehrten zurück und es floss wieder Geld nach Khartum.

Der zweite maßgebliche Faktor für das derzeitige politische Leben im Sudan, der 2003 eskalierte Darfur-Konflikt, hat weltweit Aufmerksamkeit erregt, mit einem doppelten und widersprüchlichen Effekt für zivilgesellschaftliche Organisationen, besonders Gender-Organisationen. Zum einen kann dadurch der Druck auf die Regierung, bestimmte Themen in die Agenda aufzunehmen, erhöht werden, wie es z.B. im Falle von VAW geschehen ist (s. dazu weiter unten). Zum anderen führt, wie ich im folgenden Kapitel erläutern werde, der erhöhte Druck zu einer Verschärfung des Kontrollsystems durch die Regierung, die ihre Position bedroht sieht. Im folgenden Kapitel werde ich darstellen, wie sich drei zentrale Akteure sudanesischer Geschlechterpolitik, nämlich Staat, lokale NGOs und internationale Organisationen, vor diesem politischen Hintergrund positionieren.

Akteure sudanesischer Geschlechterpolitik

Der Staat

Obwohl es hier um das Verhältnis von lokalen NGOs zu internationalen Organisationen und Gebern geht, spielt der Staat in doppelter Hinsicht eine Rolle: Zum einen ist er nach wie vor eines der Hauptziele und Adressaten zivilgesellschaftlicher wie internationaler Interventionen, zum anderen setzt er die rechtlichen, verfahrenstechnischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen, unter denen diese (zusammen-)arbeiten können.

Unter der Regierung von Bashir spielt der sudanesische Staat eine zwiespältige, aber sehr präsente Rolle in der Geschlechterpolitik. Nach dem Putsch 1989 wurden zunächst die Rechte von Frauen stark beschnitten und NGOs, die für Frauen- und Menschenrechte oder Geschlechtergleichheit arbeiteten, als „un-islamisch" oder „un-sudanesisch" aufgelöst bzw. scharf kontrolliert und schikaniert (Nageeb 2008a: 102). Stattdessen wurden vom Staat eigene Institutionen an deren Stelle gegründet. So trat z.B. die General Union of Sudanese Women (GUSW) 1990 an die Stelle der 1989 aufgelösten, ehemals sehr aktiven, mitgliederstarken und der sudanesischen kommunistischen Partei nahestehenden Sudanese Women's Union, und vertritt bis heute Sudan offiziell bei vielen internationalen Konferenzen (Nouh & B. Badri 2008: 172). Die GUSW sowie eine Vielzahl weiterer regierungsnaher Organisationen fungieren zwar als NGOs, sind aber nahezu vollständig von der Regierung finanziert. Sie arbeiten mit einem islamischen Bezugssystem und ihre Aktivitäten folgen einem Wohlfahrtsansatz, womit sie oft die vom Staat hinterlassenen Lücken im Gesundheits- und Sozial- und Bildungssystem füllen. Ausgestattet mit finanziellen und materiellen Ressourcen vom Staat übernehmen sie so dessen Funktionen, mit dem intendierten Effekt, den Staat einerseits aus der Verantwortung zu ziehen, während gleichzeitig Lebenshaltungskosten subventioniert werden (Al-Ahmadi 2003: 106). Dieser „Sozialvertrag der Informalität" (Harders 2008) stellt sicher, dass zwar keine Rechte in Anspruch genommen werden können, der soziale Frieden aber dennoch gewahrt bleibt.

Des weiteren wurden und werden vom Staat eine Vielzahl von Institutionen auf föderaler und nationaler Ebene gegründet, die mit Frauen- und Genderthemen befasst sind. So wurde z.B. das frühere Büro für Frauen- und Familienangelegenheiten am Ministerium für Soziale Entwicklung zum Ministerium für soziale Wohlfahrt, Frauen- und Kinderangelegenheiten befördert. 2008 legte das Ministerium einen vom Präsidenten unterzeichneten „National Women's Empowerment Plan" vor, der weithin als zwar schönes aber nutzloses Dokument angesehen und für seine ökonomische Engführung kritisiert wird (B. Badri 2008b: 58). In Reaktion auf internationalen Druck bezüglich geschlechtsbasierter Gewalt in Darfur etablierte die Regierung 2005 eine VAW-Einheit am Justizministerium und erst kürzlich wurde eine Kinder- und Familieneinheit bei der Polizei ins Leben gerufen, um geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt besser bearbeiten zu können. Diese Entwicklungen können weitgehend als Antworten auf internationalen Druck und als Versuch der Regierung, ihre affirmative Position bezüglich Menschen- und Frauenrechten gegenüber der internationalen Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen, gesehen werden (Nageeb 2008a: 105). Dabei ist bemerkenswert, dass diese Institutionen zu einem großen Teil extern kofinanziert werden und damit die Prestigegewinne für die Regierung zwar hoch, die Kosten jedoch relativ gering sind. So besteht der sudanesische Beitrag zur VAW-Einheit des Justizministeriums in der Anstellung von 20 Polizistinnen für die IDP-Camps in Darfur, während der Rest der Kosten hauptsächlich von UNFPA (United Nations Fund for Population Activities) und AMIS (African Union Mission to Darfur) getragen wird. Amina Mama bemerkt dazu, dass „diese nationalen Strukturen und Genderpolitiken mit inadäquaten Budgets ausgestattet sind, da sie in der Annahme eingerichtet wurden, dass sie Gebergelder anlocken" (Mama 2004: 16, Übers.: AM). Die Liste von Institutionen, die unter solchen Vorzeichen gegründet wurden und nach kurzem Verlauf ihre Aktivitäten wieder einstellten oder bis heute ruhen, ist lang[2]. Interessant ist, dass „alle für diese Posten verantwortlichen Frauen von internationalen Akteuren wie der UN oder der niederländischen Botschaft weitergebildet wurden" (B. Badri 2008b: 58; Übers.: AM).

Trotz solcher Beteuerungen seitens der Regierung ist wichtig festzuhalten, dass alle Organisationen, die mit einem islamistischer Politik gegenüber kritischen Ansatz arbeiten, weiterhin mit einer Sicherheitsmentalität behandelt und ihre Aktivitäten eng überwacht bis eingeschränkt werden. So wurde z.B. kürzlich ein neuer „Voluntary Work Act" erlassen, der nationalen NGOs gebietet, erst nach Prüfung und Erlaubnis durch das Humanitarian Affairs Council Projektanträge bei internationalen Organisationen einzureichen. Die oben beschriebene Etablierung regierungsnaher bzw. regierungseigener Organisationen sowie die Kontrolle regierungskritischer Organisationen sind Strategien, kritische NGOs zu marginalisieren und die Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft für die Regierung zu monopolisieren. Der Staat, durch das Friedensabkommen dazu verpflichtet, autonome Organisationen zu akzeptieren, „gewährt diesen keinen Spielraum" (L. Badri 2005: 6). Dennoch ist es Genderorganisationen während des Friedensprozesses gelungen, Räume zu kreieren, in denen sie ihre Perspektiven ausarbeiten können.

Internationale Organisationen

Für internationale Akteure bietet die derzeitige Situation, wie schon beschrieben, zwei Eintrittstore für Interventionen, die über das übliche Maß an EZ hinausgehen: zum einen der Friedensprozess und die daraus folgenden politischen Transformationen, zum anderen die Krise in Darfur. Beide Prozesse markieren eine Szenerie, in der internationale EZ-Agenturen, deren Rolle zuvor durch das islamistische Regime systematisch marginalisiert wurde, versuchen sich wieder zu positionieren. Die dabei verfolgten Strategien variieren zwischen finanzieller Unterstützung und technischer bzw. operationaler Unterstützung, und richten sich sowohl an staatliche Stellen wie auch an NGOs. Aida Bagic hat drei verschiedene Logiken ausgemacht, denen externe Interventionen folgen können, und die sich auch im Sudan finden: 1) Unterstützung existierender Strukturen ohne die Intention, diese zu verändern; 2) Unterstützung existierender Strukturen mit der Intention, diese zu verändern; 3) Initiierung neuer Strukturen (Bagic 2006: 106).

Da Gender inzwischen zum Mainstream des EZ-Apparates gehört, haben alle im Sudan tätigen internationalen Organisationen auch eine Genderpolicy in irgendeiner Form. Da jedoch die Ansicht vorherrscht, Gender sei inzwischen als Querschnittsaufgabe in alle Abteilungen und Programme dieser Institutionen integriert, ist insgesamt ein Abbau von Genderabteilungen und ein Rückgang der spezifisch für Projekte aus dem Genderbereich reservierten Gelder zu verzeichnen; genderbezogene Projekte müssen ihre Anträge nun meist aus allgemeinen Töpfen finanzieren lassen. Neben der Mehrzahl an Geberorganisationen, die erst kürzlich (wieder) in den Sudan gekommen sind, ist besonders die niederländische Botschaft hervorzuheben, die schon seit fast 30 Jahren eine wichtige Rolle für die Frauenrechts- und Genderszene spielt. So ist z.B. auffällig, dass eine ganze Reihe von GenderaktivistInnen in den Niederlanden und mit finanzieller Unterstützung der niederländischen Botschaft studiert oder promoviert hat. Neben der niederländischen Botschaft sind besonders UNIFEM (United Nations Development Fund for Women) - sowie UNFPA und UNDP (United Nations Development Programme) -, die norwegische Botschaft, Cordaid (Catholic Organisation for Relief & Development Aid), Christian Aid und ACCORD (African Centre for the Constructive Resolution of Disputes) für ihre rege Aktivität im Genderbereich hervorzuheben.

Lokaler Genderaktivismus

Wenn in diesem Text von Genderorganisationen, GenderaktivistInnen etc. die Rede ist, könnte aus einer europäisch-akademischen Perspektive dies auch durch die Bezeichnung Frauenorganisationen ersetzt werden, da es sich um Aktivitäten handelt, die fast ausschließlich auf die Verbesserung der Situation von Frauen zielen. Im Anschluss an sudanesische AktivistInnen verwende ich jedoch „Gender", da es sich hier um Organisationen handelt, die - im Unterschied und in Abgrenzung zu jenen mit einem islamischen Rahmensystem arbeitenden - sich an Diskursen der transnationalen Frauenbewegung orientieren. Im sudanesischen Kontext ist daher diese Bezeichnung zur Abgrenzung von auch mit Frauenfragen beschäftigten Organisationen mit religiösem Hintergrund sinnvoll. Dennoch ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass auch die Ansätze von GenderaktivistInnen von „Women and Development" über „Gender and Development" bis hin zu „feministischen" Ansätzen variieren, während der Schwerpunkt der Arbeit bei allen auf Frauenrechten liegt. Vielmehr als ihr ideologischer Hintergrund eint diese Organisationen und AktivistIinnen daher ihr kritischer Standpunkt gegenüber dem Staat und islamistischen Diskursen (Nageeb 2008a: 117).

Ähnlich wie bei den internationalen Organisationen ist auch auf der Seite der lokalen Organisationen die Zahl derer, die im Genderbereich aktiv sind, in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Im Sudanese Council of Voluntary Associations, in dem sich alle NGOs registrieren müssen, waren 2003 bereits 34 Frauenrechtsorganisationen verzeichnet - verglichen mit einer knappen Handvoll kurz nach dem islamistischen Putsch (Nouh & B. Badri 2008: 171). Da hier jedoch nicht nach dem Verhältnis zum Staat, und ideologischer Ausrichtung unterschieden wird, können andere Zahlen ein vielleicht adäquateres und aktuelleres Bild geben: So finden jedes Jahr in Khartum drei Großveranstaltungen zur Begehung des Frauentages am 8. März statt. Eine wird von der Gattin des Präsidenten ausgerichtet und versammelt VertreterInnen regierungsnaher Organisationen. Die zweite Feier findet auf dem Campus der Ahfad Universität für Frauen statt. Eine weitere Veranstaltung wird seit vielen Jahren im Nubian Club, einem repräsentativen Ort im Zentrum von Khartum gehalten. Hier präsentieren sich mit Ständen all jene Organisationen, die im Bereich Frauenrechte und Gender arbeiten, und nicht unbedingt regierungsnah sind. Die Anzahl der teilnehmenden Organisationen, die während vieler Jahre konstant leichten Zuwachs hatte, stieg von 24 in 2008 auf 62 in 2009 (SuWEP 2009) sprunghaft an. Dieser Anstieg ist zum einen auf das für NGOs bessere Klima seit dem Friedensvertrag und die seither verfügbaren Ressourcen zurückzuführen. Andererseits boten der Friedensprozess und die ihn begleitenden Ereignisse zahlreiche Gelegenheiten für AktivistInnen sich zu organisieren und zu vernetzen. Nicht nur der Friedensvertrag und die Interimsverfassung, sondern auch die sog. Joint Assessment Mission (JAM), eine im Rahmen des Friedensvertrages unter der Ägide von UN und Weltbank erstellte detaillierte Einschätzung der für den Wiederaufbau und die Entwicklung Sudans notwendigen Mittel und Ressourcen, trugen dazu bei. Das Ergebnis wurde bei der ersten Osloer Geber-Konferenz 2005 vorgestellt, verbunden mit einem Gesuch nach finanzieller Unterstützung. Die folgende Geberkonferenz bot Gelegenheit für FrauenrechtsaktivistInnen sicherzustellen, dass auch ihre Perspektive in die Dokumente eingehen würde. Sie „boten den Frauen die großartige Gelegenheit, sich zu organisieren, miteinander zu kollaborieren und sich politisch weiterzuentwickeln" (L. Badri 2005: 7).

Internationale Organisationen bieten nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch physische Räume um sich zu treffen und zu vernetzen, und ihre Unterstützung verleiht Konferenzen und Papieren ein größeres politisches Gewicht (Nageeb 2008a: 111). Außerdem kann über die Kooperation mit internationalen Organisationen teilweise Zugang zu andernfalls unerreichbaren Regionen wie ländlichen Gebieten oder Krisengebieten geschaffen werden. Neben internationalen Organisationen sind es vor allem Universitäten und Forschungseinrichtungen, die Gender-AktivistInnen besonders in politisch schwierigen Zeiten unter dem Mantel der Wissenschaft einen relativ sicheren Schutzraum sowie Räume für Austausch und Diskussion boten. Bis heute besteht eine enge und sichtbare Verbindung zwischen Gender-Aktivismus und akademischen Zirkeln.

Das Tätigkeitsfeld solcher regierungskritischer Organisationen ist insgesamt durch die weiterhin herrschende Sicherheitsmentalität der Regierung äußerst beschränkt. Besonders die Möglichkeiten des Zugangs zu ländlichen Gebieten oder Konfliktzonen wird massiv eingeengt, so dass ihre Aktivitäten hauptsächlich auf der Ebene politischer Lobbyarbeit ausgeübt werden (Nageeb 2008a: 113).

Gender und das Spiel vom Nehmen und Geben

Die von mir interviewten AktivistInnen arbeiten in verschiedenen maßgeblich an der Produktion von Genderwissen beteiligten sudanesischen Institutionen - NGOs sowie privaten und öffentlichen Universitäten - und z.T. deren internationalen Partnerorganisationen. Alle sind maßgebliche Stimmen in der Produktion von Genderwissen im heutigen Sudan, spielen wichtige Rollen in ihren respektiven Gemeinschaften und sind darüber hinaus meist international gut vernetzt. Damit bilden sie gewissermaßen eine „Gender-Elite". Sie verfügen meist über jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit oder in internationalen Organisationen und sind teilweise seit den 1960er Jahren aktiv im Einsatz für Frauenrechte. Sie sind damit Teil einer epistemischen Gemeinschaft, deren Wissen und Expertise die lokale Agenda mit internationalen Diskursen verknüpft. Im folgenden Teil werden ihre Erfahrungen, Kritiken und Strategien im Umgang mit der Begegnung zwischen internationalen und lokalen Organisationen dargestellt. Die thematische Strukturierung wurde dabei von mir nachträglich bei der Auswertung eingeführt.

Für die meisten mit globalen Konzepten arbeitenden Organisationen kommt aufgrund ihrer regierungskritischen Haltung eine Finanzierung durch staatliche Stellen nicht in Frage. Bis in die 1980er Jahre hinein hatten lokale Organisationen eigene, durch Mitgliedsbeiträge und Spenden gesammelte Mittel, um Projekte zu finanzieren und wurden außerdem teilweise von Partnerorganisationen in anderen Ländern unterstützt. Dies ermöglichte eine Fokussierung der Arbeit auf politische Auseinandersetzungen. Diese Strukturen brachen durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch in Folge von Strukturanpassungsmaßnahmen und islamistischem Putsch zusammen, so dass die Funktionsweise sich von eigener zu externer Finanzierung verlagerte. Damit einher ging eine Verschiebung von politischem Fokus auf Entwicklungsthemen, da dies dem Ansatz der neuen Geldgeber entsprach. Die einzige alternative Finanzierungsmöglichkeit gibt es für an Universitäten angesiedelte Institutionen. Auch hier beschränkt sich die Finanzierung jedoch meist auf Infrastruktur (Räumlichkeiten) und wenige Stellen. Mittel für Projekte müssen ebenfalls extern beantragt werden.

Professionalisierungsdruck

Wie auch die Literatur zeigt, zielen die wichtigsten Kritikpunkte an internationalen Organisationen im Sudan auf die durch sie induzierten Prozesse der NGOisierung, auch wenn dies nicht unbedingt so benannt wird. Dazu gehört u.a. ihre Distanz zum tatsächlichen Geschehenen vor Ort, was der Größe und den bürokratischen Strukturen dieser Organisationen zugeschrieben wird, die dadurch bedingte Technisierung und der Druck zur Professionalisierung. So berichtet Fawaz[3], Direktor einer NGO, die seit 1997 genderbezogene Forschung und Fortbildungen durchführt, dass Geberorganisationen „eher Wert legen auf die Qualität des Reports als auf die Ergebnisse. Am Ende wollen sie ihren Job einfach so sauber wie möglich erledigen, ohne sich mit der Situation oder dem Kontext zu befassen. Den Großteil unserer Zeit verbringen wir mit technischen Angelegenheiten". Anstelle der Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten oder Widersprüchen der eigentlichen Arbeit steht also die Qualität der abgelieferten Berichte im Vordergrund des Geberinteresses. Diese Technisierung der Zusammenarbeit verlangt von lokalen Organisationen ein hohes Maß an Professionalität, das nur wenige erfüllen können und das viele Ressourcen bindet. Versinnbildlicht werden Professionalisierungsdruck und thematische Engführung durch die zunehmende Verbreitung von Ausschreibungsverfahren:

„die EU gibt die Themen vor, und dann bewerben wir uns. Das Ausfüllen der Bewerbung ist sehr schwierig. Nicht viele Organisationen haben die Fähigkeiten dazu. Sie leisten gute Arbeit, aber mit der Bewerbung haben sie Probleme. Das gilt zurzeit für viele internationale Organisationen. Auch UNIFEM übernimmt jetzt die Vorgehensweise der EU, und macht Bewerbungen dadurch sehr schwierig. Und UNIFEM arbeitet mit Frauenorganisationen!" (Fadia).

Diese Ausschreibungsverfahren, sogenannte Calls for Proposals, die sowohl thematische als auch zeitliche Vorgaben enthalten, treten an Stelle der früher üblichen freien Projektvorschläge. Dieser Prozess wurde im Sudan durch die EU (deren Ausschreibungen zentral in Brüssel verfasst werden) eingeläutet und wird von immer mehr anderen Akteuren übernommen. Ausschreibungsverfahren setzen nicht nur thematische Grenzen, sondern verlangen von sich bewerbenden Organisation auch ein hohes (finanz-)technisches Knowhow. Dies sowie die für die Anträge vorgeschriebenen Mindestsummen machen es kleineren Organisationen schwer, sich zu bewerben.

Ausschreibungsverfahren werden jedoch nicht ausschließlich negativ bewertet. So heben einige AktivistInnen hervor, dass diese auch ein Instrument seien, um weniger vernetzte Akteure mit globalen Diskursen bekannt zu machen und sie anzuregen, mit neuen Konzepten zu arbeiten:

„Sie sind unerlässlich, nicht nur wegen des Geldes, sondern auch wegen der Heranführung an die Themen, um diese lokalen Organisationen dazu zu bewegen, auf globaler Ebene zu arbeiten." (Fadia)

Dies gilt auch und insbesondere für staatliche Akteure, die dadurch gezwungen sind, sich mit anderen Konzepten auseinander zu setzen.

Ein direkt von Gebern eingesetztes Instrument zur Professionalisierung „ihrer" Organisationen ist das sogenannte Upgrading. Das Personal wird in organisatorischen, inhaltlichen und Verwaltungsarbeiten geschult, was bis zur Veränderung der Personalstrukturen führen kann. Bei einer Organisation kam es z.B. im Verlauf eines Upgradings in Kooperation mit dem DED zur Aufspaltung des Leitungsbereiches in inhaltliche Konzeptionsarbeit und den neugeschaffenen Posten eines geschäftsführenden Direktors, der, selber ohne Wurzeln in der Frauenbewegung, als professioneller Manager eingestellt wurde. Damit einher geht eine sich zuspitzende Spaltung des Teams in eine „feministische" und eine „Gender"-Fraktion, wobei der sich selbst als feministisch bezeichnende Flügel scheinbar der Ausrichtung an den Prinzipien des Managements entgegensteht. Das auch in anderen Kontexten beschriebene Auseinanderdriften von „Gender" und „Feminismus" manifestiert sich hier ganz konkret innerhalb einer Organisation, ausgelöst durch die Intervention der Geberseite.

Upgrading zielt also weniger auf die Verbesserung der Beziehungen zu „Graswurzeln" als dahin, Abläufe und technisches Know-How zu verbessern und damit die Beziehungen zwischen Geber und lokaler Organisation zu glätten - es ist also ein Vehikel jener von Wichterich (2004) ausgemachten Bewegung „From Passion to Profession". Da Professionalisierung einhergeht mit bestimmten managementorientierten Umstrukturierungen, Zunahme von Hierarchien und Technisierung, entsteht die Dichotomie nun nicht mehr zwischen internationalen und lokalen Organisationen, sondern zwischen jenen mit einer Arbeitsweise im globalen Projektformat und den Graswurzeln - eine Linie, die auch innerhalb einer Organisation selbst verlaufen kann. Das Zurechtstutzen lokaler Aktivitäten auf das vielfach für seine mangelnde Nachhaltigkeit kritisierte Projektformat macht aus „capacity building" allzu oft ein „compliancy building".

Die Rolle internationaler Organisationen
für das Verhältnis zwischen NGOs und Regierung

AktivistInnen schätzen internationale Organisationen für ihre diskursive Macht, bestimmte Debatten zu setzen, wenn diese in ihrem Interesse liegen, besonders gegenüber der Regierung: „Gender wurde der Regierung durch das CPA und die internationale Gemeinschaft aufgezwungen, und nun müssen sie es akzeptieren", argumentiert Asma, Mitarbeitern der Arbeitsstelle für Gender und Entwicklung in derselben Universität wie Fadia. Nicht nur durch den Friedensvertrag, sondern auch dort, wo die Regierung mit der UN oder anderen internationalen Organisationen kooperieren will, ist sie gezwungen, Genderkomponenten in die Projekte mit aufzunehmen und sich mit internationalen Debatten und Fragen zu befassen. Wie nachhaltig eine solche Heranführung an Genderkonzepte ist, ist jedoch fragwürdig.

Zum einen verleiht die Arbeit mit oder in internationalen Organisationen lokalen AktivistInnen gegenüber staatlichen Institutionen und BeamtInnen mehr Gewicht, während sie sonst von Regierungskreisen eher gemieden werden. Salma, die einen hohen Posten im neu eröffneten UNIFEM-Büro bekleidet und jetzt auch Fortbildungen für RegierungsmitarbeiterInnen durchführt, berichtet: „ohne meine Arbeit bei der UN wäre ich nie akzeptiert worden, um mit der Regierung zu arbeiten". In ihrer neuen Position ist es dieser Aktivistin gelungen, ein Netzwerk zu installieren, in dem sowohl zivilgesellschaftliche als auch staatliche Institutionen, die zu VAW arbeiten, engagiert sind. Diese beiden Seiten zusammenzubringen, war nur aufgrund ihrer doppelten Rolle als Aktivistin, was ihr Glaubwürdigkeit gegenüber den zivilgesellschaftlichen Akteuren verschafft, und durch den Zugang zu staatlichen Stellen durch ihre Arbeit bei UNIFEM möglich. In der Tat nutzen NGOs die Kooperation mit internationalen Organisationen, u.a. deren Schirmherrschaft oder auch nur Räumlichkeiten wenn sie das Interesse von und die Zusammenarbeit mit RegierungsvertreterInnen suchen (s.a. Nageeb 2008a: 96).

Ein weiterer Effekt internationalen Engagements ist die verbesserte Weitergabe von Informationen zwischen Regierungs- und Nicht-Regierungskreisen. Von internationalen Organisationen einberufene Treffen sind daher willkommene Foren „um zu wissen, was passiert, woran zurzeit gearbeitet wird im Süden, Osten [des Sudan]... und wenn die Regierung teilnimmt, dann erfüllt sie ihren Teil des Informationsaustausches. Aber sie riefe niemals die NGOs zusammen, um zu informieren, was sie tut", erklärt Fadia ihre regelmäßige Teilnahme an solchen Treffen. Zum einen kommen in international geprägten Räumen AkteurInnen aus verschiedenen Regionen, mit unterschiedlichen ideologischen Hintergründen und verschiedenen Haltungen der Regierung gegenüber zusammen. In einem Land weiter Entfernungen, schlechter Transportmöglichkeiten und teilweise geringen Zugangsmöglichkeiten zu Kommunikationsmitteln ermöglicht allein dies einen enormen Zugewinn an Informationsaustausch. Zum anderen sorgt die Autorität der Anwesenheit internationaler Organisationen dafür, dass auch die Regierung Informationen über ihre Aktivitäten weitergibt, die sie sonst nicht preisgeben würde. Regierungsaktivitäten, sonst für lokale NGOs nur schwer einsehbar, werden transparenter. Darüber hinaus erstreckt sich die vermittelnde Rolle Internationaler auch auf das Kommunikations- und Diskussionsverhalten lokaler AkteurInnen. Wenn beide Seiten Interesse an einer Weiterarbeit mit der internationalen Organisation haben, ist das Bemühen, eine gemeinsame Basis für die Arbeit zu schaffen, groß. Besonders staatliche Organisationen bemühen sich in solchen Fällen, kritischen Fragen nicht zu sehr auszuweichen und die Situation insgesamt nicht eskalieren zu lassen. Von AktivistInnen wird in diesem Kontext von einer durch die Internationalen geschaffenen „gesunden Umgebung" oder einem Klima der Diskussion gesprochen.

Dennoch wird das Engagement internationaler Organisationen mit Regierungsinstitutionen auch kritisch gesehen. So gehört es zum Beispiel zum UN-Mandat, dort, wo staatliche Strukturen existieren, mit diesen zusammenzuarbeiten. Da die Regierung kein Interesse daran hat, dass regierungskritische Organisationen von internationalen Organisationen unterstützt werden, bemüht sie sich, möglichst eigene Strukturen aufzubauen, mit denen die UN dann kooperieren muss. „Staatliche Organisationen erhalten viel Unterstützung, besonders vom UN-System, denn das müssen sie. Das geschieht auf unsere Kosten", stellt Fawaz fest. AktivistInnen bezweifeln, dass staatliche Institutionen angesichts ihrer ideologischen Ausrichtung tatsächlich Geschlechtergerechtigkeit fördern können, und fühlen sich trotz ihrer oft längeren und breiteren Expertise beiseitegeschoben.

Darüber hinaus artikulieren einige AktivistInnen wie Marwa, Genderaktivistin und Leiterin eines internationalen NGO-Büros in Khartum, dass sie über die nachlassende Vehemenz, mit der internationale Akteure bestimmte Themen vorantreiben, enttäuscht sind.

„Sie [die internationalen Akteure] sind wegen dieses Kulturthemas oder, weil sie nicht von der Regierung herausgeworfen werden wollen, sehr konservativ geworden. Aber wenn es um soziale Veränderungen geht, kann man es nicht vermeiden, die Kultur herauszufordern. [...] Wenn man in der Absicht kommt, die Kultur nicht zu stören, schaufelt man sein eigenes Grab."

Die kulturrelativistischen Debatten der letzten Jahre wirken sich trotz des Vorteils ihrer diskursiven Nähe zu internationalen Diskursen hemmend auf lokale NGOs aus. Lokale Organisationen mit zu kritischen Ansätzen geraten leicht in den Verdacht, entweder nicht authentisch oder nicht gesellschaftlich anschlussfähig und damit auch nicht förderungswürdig zu sein. Sie werden damit zum Opfer eines Authentizitätsbegriffes, der eine Separiertheit der Kulturen impliziert (Abu-Lughod 1998:16) und nicht zur Kenntnis nimmt, dass auch islamische Genderkonzepte, die sich als gegen-hegemoniales Projekt zu jenen der EZ verstehen mögen, Merkmale gegenwärtiger Globalisierung sind, so verfolgt auch der Diskurs des islamischen Fundamentalismus mit seinem spezifischen Set von Geschlechterideologien durch Aufbau und Unterstützung von lokalen Strukturen ein hegemoniales Projekt (Moghadam 2005: 3). Stehen AktivistInnen den Genderideologien des islamischen Fundamentalismus (und der sudanesischen Regierung) kritisch gegenüber, so sind es häufig die Strukturen der EZ, die ihnen alternative Diskurse und Handlungsspielräume sowie Ressourcen zur Verfügung stellen.

Festzuhalten ist, dass die Veränderung des Gleichgewichts lokaler AkteurInnen und ihres Verhältnis zueinander ein zentraler und intendierter Effekt internationaler Interventionen ist. Das trifft sowohl auf das Verhältnis lokaler NGOs zueinander zu als auch auf das Verhältnis zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen. Lokale NGOs unterliegen hier z.T. globalen Konjunkturen: Sie profitieren zwar zum einen seit den 1980er Jahren von ihrer Stellung als „Lieblinge" der EZ, bekommen aber andererseits zu spüren, dass seit Beginn des Millenniums auch wieder eine ‘intrusivere' EZ in Form von Regierung-zu-Regierung-Assistenz Aufwind erhalten hat. Im Kontext von post-Konflikt-Wiederaufbau und ‘states of disorder' - wie dem Sudan - bleiben NGOs jedoch weiterhin bedeutend. Dem zugrunde liegt die weitverbreitete Ansicht, dass Zivilgesellschaft den autoritären Staat eindämmen kann und ein „gesundes Zeichen wirklicher ‘bottom-up'-Demokratie ist" (Jad 2007: 179).

Ideologische Beeinflussung?

Da viele Gender-Organisationen und -AktivistInnen selbst Teil internationaler Netzwerke im Sinne von Margaret E. Keck und Kathryn Sikkink (1998) sind, haben sie einen direkten Zugang zu globalen Debatten und beteiligen sich daran. Darüber hinaus haben auch viele der AktivistInnen selbst einige Zeit im Ausland gelebt - während der Studienzeit, aus beruflichen Gründen oder im temporären Exil während der Zeit der starken Repressionen im Sudan. Ihre eigenen Kanäle, Nord-Süd- oder Süd-Süd-Netzwerke sowie häufige Teilnahme an internationalen Konferenzen bieten also eine weit stärkere Verbindung zu sich entwickelnden Debatten und Konzepten im Genderbereich als das, was durch Geber transportiert wird - zumindest im Falle dieser spezifischen, aber sichtbaren und wichtigen, Klasse von AktivistInnen. Sie sehen sich selber als aktiven Teil internationaler Gender- und Entwicklungsdiskurse und empfinden dementsprechend eine konzeptionelle Nähe zu internationalen Gebern. Dass diese lokale Organisationen bevorzugen, „die in ihren Diskursen eine westliche Agenda vertreten" (Khamisa, langjährige Frauenrechtsaktivistin und in einer leitenden Stellung an einer Privatuniversität) scheint gerechtfertigt. In dieser Perspektive erscheinen Geber in der Rolle von „Wächtern über das von uns Erreichte" (Fawaz) und weniger als Vermittler von Ideen und Konzepten:

„In Bezug auf Gender zwingen sie hier nichts auf. Genderthemen und Frauenunionen haben sehr starke Wurzeln im Sudan, das ist hier eine starke Bewegung." (Marwa)

Das Verdienst für die Einführung und Etablierung von Gender-Konzepten im Sudan liegt überwiegend bei lokalen AktivistInnen, während internationalen Organisationen lediglich die Rolle zukommt, das Erreichte zu bewahren.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie eine Thematisierung des Geber-Empfänger-Verhältnisses als machtvoll strukturiertes Nord-Süd-Verhältnis stattfindet. Ein Bewusstsein für die Problematik der Abhängigkeit und daraus resultierenden Ungleichheit gibt es durchaus, wie aus den im vorigen Abschnitt zitierten Aussagen hervorgeht. Noch deutlicher sagt es Fawaz: „Ohne ihre Unterstützung könnte keiner von uns hier arbeiten. Ich meine, wir existieren nur, weil es sie gibt." Allerdings variiert der Umgang mit dieser Ungleichheit bzw. die Konzeptionalisierung des daraus entstehenden Verhältnisses deutlich. Marwa z.B. deutet das Ungleichheitsverhältnis um in ein „Verhältnis der Solidarität zwischen Menschen, [...] ein Teil unserer Verantwortung als Menschen, die auf demselben Planeten leben." So sehr diese Motivation auf einige MitarbeiterInnen internationaler Organisationen auch zutreffen mag, so sprechen doch die engen und harten Vorgaben für lokale Projektpartner, sowie die Relevanz sicherheitspolitischer Diskurse in der Legitimation von EZ eine andere Sprache[4]. Ein weniger romantisierender Blick scheint der von Khamisa zu sein, für die klar ist „dass es Agenden des Westens gibt, um Länder des Südens zu beeinflussen". Ihre Perspektive geht also nicht nur von einer materiellen Ungleichheit, sondern auch von einer möglichen Ungleichheit der Interessen aus.

Um noch einmal zu dem oben genannten Punkt der konzeptionellen Nähe zurückzukommen, so gibt es auch hier zwei Perspektiven, wie die Partizipation an globalen Diskursen von lokalen AktivistInnen erfahren und thematisiert wird. Auf der einen Seite steht die Perspektive von Khamisa, die den sudanesischen Genderdiskurs durchaus als Import aus dem Westen begreift, allerdings als einen berechtigten und willkommenen. Sie berichtet wie sie in den 1970er und 1980er durch westliche ExpertInnen zuerst in Kontakt mit Konzepten von „Women in Development" bzw. „Women and Development" kam und schlussfolgert:

„Die Geschichte erzählt uns also von einem westlichen Einfluss, im Kontakt mit westlichen Angestellten, westlicher Unterstützung und westlicher Finanzierung. Wenn also Leute sagen, dies sei ein ‘Baby des Westens', dann sag ich: ‘Ja, es ist ein Baby des Westens, und wir selber sind auch Babys des Westens'. [...] Für mich ist das ganz normal und akzeptabel."

Obwohl auch Khamisa bestens international vernetzt und regelmäßige Teilnehmerin und Rednerin auf internationalen Treffen ist, steht für sie die Anwendung anderswo entwickelter Konzepte im Sudan im Vordergrund. Eine entgegengesetzte Perspektive nimmt wiederum Marwa ein, die die Rolle sudanesischer AktivistInnen bei der Formulierung dieser Konzepte betont:

„Wir haben sogar einige zusätzliche Einsichten bezüglich des Konzeptes geliefert, denn Gender ist immer abhängig vom Kontext. [...] Ich erinnere mich an eine Diskussion um VAW in Kanada, wo unser Beitrag die Konferenz in eine andere Richtung lenkte [...] und das hat unsere gesamte Arbeit auch im Nachhinein beeinflusst".

Auch Marwa ist natürlich die Tatsache bewusst, dass ein Großteil der Literatur und der akademischen Debatten zu Gender im Norden produziert wird. Für sie drückt sich hier eine Aufteilung in Hand- und Kopfarbeit aus, bei der die Theoretisierung zwar im Norden stattfindet, jedoch von dem Erfahrungen und Praktiken „of us in the South" beeinflusst ist. Dieses Ungleichgewicht, so argumentiert sie, liegt an den überwältigenden Aufgaben und Herausforderungen, denen sich die AktivistInnen im Süden gegenüber sehen und die ihnen weder „time nor peace of mind" für theoretische Reflexion lassen.

Neben dem Ungleichgewicht bei der Aufbereitung von Wissen für den akademischen Kanon und direkt oder indirekt auch für die Konzepte der internationalen Institutionen und Organisationen, gibt es jedoch auch jenes der finanziellen und institutionellen Macht vor Ort. Selbst dort, wo lokale Organisationen die gleiche ideologisch-konzeptionelle Basis mit Gebern teilen, ist es letzteren möglich, einige Themen voranzutreiben, während andere vernachlässigt werden. Prioritäten werden meist entlang weniger „hot issues" gesetzt, erläutert Zakina, langjährige Genderaktivistin und leitende Mitarbeiterin einer NGO:

„Wenn man über die Partizipation von Frauen bei den kommenden Wahlen spricht, über Quotierungen, irgendein Thema im Zusammenhang mit den Wahlen... das liegt im Interesse der Geber. [...] Und auch wenn man zu Darfur arbeitet, gibt es viele Gelder. Das Thema ist zurzeit heiß. Da gibt es einen Konflikt, Leute sterben."

Wenn jedoch, so fährt sie fort, die Interessen sich nicht treffen, gibt es auch keine Gelder.

Trotz des Bewusstseins lokaler AkteurInnen ob ihrer finanziellen Abhängigkeit ist es schwer, eine klare Linie zwischen pragmatischem Umgang mit den finanziellen Gegebenheiten - unter Ausnutzung der vorhandenen Optionen - und konzeptioneller Anpassung an potentielle Geldgeber zu ziehen. Dies zeigt die Beschreibung von Fadia, einer seit den 1960er Jahren aktiven Mitarbeiterin an der Arbeitsstelle für Gender und Entwicklung einer öffentlichen Universität:

„Wir sind zu XY gegangen, um den Direktor zu treffen. Er sagte, er wolle zu Themen arbeiten wie Führungsstärke, Konflikt... Und dann haben wir geguckt, wo wir reinpassen. [...] Wir schauen, welches die Themen einer Organisation sind, und wenn es passt, dann bewerben wir uns. Das funktioniert sehr viel besser als wenn wir einen Antrag entwickeln und dann anfangen, nach Geldern zu ‘shoppen'."

Diese Praxis des Zuschneidens von Projekten auf die zuvor abgefragten Interessen von Geldgebern ist natürlich auch in anderen Teilen der Welt üblich. Gerade für Genderorganisationen im Süden und besonders in muslimischen Ländern jedoch ist die Frage nach dem Verhältnis von finanzieller Abhängigkeit und ideologischer (Un-)Abhängigkeit extrem sensibel. Besonders Organisationen, die mit als „westlich" wahrgenommenen Konzepten arbeiten, müssen ihre Ansätze legitimieren und sich ständig des - von der Regierung geschürten - Verdachts erwehren, geberorientiert zu sein.

GenderaktivistInnen großer und kleiner Organisationen fordern schon seit längerer Zeit einen „Runden Tisch" auf regelmäßiger Basis, bei dem Ideen ausgetauscht, akute Probleme diskutiert und Interessen und Prioritäten abgeglichen werden könnten. So soll einerseits ein besserer Zugang zu den Gebern sicher gestellt, andererseits eine bessere Vernetzung unter den lokalen Organisationen erreicht werden. Es bleibt allerdings offen, warum dieser Vorschlag an die Geber gerichtet wird - von denen er bisher nicht aufgegriffen wurde. Eine Vernetzung unter lokalen Organisationen selbst, vielleicht gerade mit dem Fokus auf die Frage nach praktikablen und erfolgreichen Strategien in Umgang mit Gebern und zur Behauptung der eigenen Unabhängigkeit, wäre hier sicher ein wichtiger Schritt und auch ohne Unterstützung der Geberseite gangbar. Angesichts des Fehlens einer solchen Vernetzung bleibt vorerst nur der individuelle Weg der Einflussnahme.

Strategien zur Beeinflussung der Geber-Agenda

Da nur solche Projekte Aussicht auf Finanzierung haben, die auf das Interesse von Gebern stoßen, bleiben AktivistInnen zwei Möglichkeiten des Umgangs mit dieser Situation: entweder sie konzeptionieren und formulieren ihre Projekte so, dass sie in die Geber-Agenda fallen, oder sie versuchen, diese Agenda zu beeinflussen. Für Letzteres verfolgen sie verschiedene Strategien. Der direkteste Weg ist es, Geber über wichtige Themen aufzuklären und zu informieren, in der Hoffnung, Eingang in deren Prioritäten und Pläne zu finden. Diese Strategie steht hauptsächlich jenen Organisationen offen, die bereits eine lange Geschichte in der Arbeit mit Genderthemen und daher ein gewisses Ansehen auf diesem Gebiet haben, sowie auch schon einige persönliche Verbindungen mit Gebern aufbauen konnten. Dort, wo die bürokratischen Strukturen nicht allzu verkrustet sind - also v.a. bei kleineren Geberorganisationen -, können sie das Interesse auf ein bestimmtes Thema lenken. Die Voraussetzung ist hier also schon eine gewisse diskursive Macht auf Seiten der lokalen Organisation.

Daran ansetzend ist es eine weitere Strategie, das Bild einer Organisation gegenüber Gebern aufzuwerten. Dies geschieht zum einen dadurch, die Organisation stärker international bekannt zu machen und so das Geberinteresse auf sich zu lenken, zum anderen geschieht dies durch Professionalisierung. Die Verbesserung der internationalen Präsenz einer Organisation als Aufwertungsstrategie kann zusätzlich den Vorteil haben, dass auf internationalen Konferenzen oder bei Netzwerktreffen unter Umständen Repräsentanten von Geberorganisationen in einem anderen Kontext getroffen werden können. Auf „gleicher Augenhöhe" können dort Beziehungen über das „rein geschäftliche" hinaus geknüpft und Abkürzungen für lange bürokratische Wege gefunden werden.

Eine dritte auf den ersten Blick weniger erkennbare, jedoch umso effektivere Strategie ist es für lokale AktivistInnen, strategische Posten in internationalen Organisationen zu besetzen. Aus dieser Position heraus können sie sowohl die Agenda der internationalen Organisationen „von Innen" beeinflussen als auch lokale Agenden mit den nun zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Salma beschreibt dies so:

„Durch meine Arbeit kann ich vieles im Sinne einer Beeinflussung der Politik usw. erreichen. Als Aktivistin steht man auf der Empfängerseite. Aber hier kann ich meine Arbeit als Aktivistin nutzen, um die Politik zu beeinflussen. Ohne diese Arbeit hier bei der UN hätte ich nicht all diese Themen einbringen können."

In nahezu allen internationalen Organisationen, die Genderthemen im Sudan finanzieren, gibt es Frauen (und einige Männer), die solche Posten besetzen und ihre Wurzeln in oder starke Verbindungen zur sudanesischen Frauenbewegung haben[5].

Sudanesische AktivistInnen finden also Möglichkeiten, sich Zugang und Einfluss auf die Geber-Agenda zu verschaffen. Man könnte jedoch sagen, dass die Voraussetzung dafür in gewisser Weise eine „Entlokalisierung" der AkteurInnen ist. Wenn eine Organisation oder eine Person ein globales Format bzw. einen globalisierten Habitus annimmt - globales Projektformat, internationale Netzwerke etc. - verbessern sich die Einflussmöglichkeiten. Handlungsspielräume für lokale AktivistInnen sind also vorhanden, die Regeln nach denen gespielt wird, werden aber vorgegeben.

Fazit

Durch die Intervention internationaler Akteure und die von ihnen bereitgestellten Ressourcen und besonders forciert durch das Friedensabkommen von 2005 kam es in den letzten Jahren zur Etablierung eines „Gendermarktes" (Nageeb 2008a) im Sudan. In einer Situation intensiver Transformationsprozesse - auch im Bereich der Geschlechterpolitik - werden politische Spiel- und Einflussräume zwischen lokalen AkteurInnen neu verhandelt. Internationale Normen und konzeptionelle Bezugssysteme sind wichtige Einsätze in dieser Auseinandersetzung, genau wie finanzielle und politische Ressourcen, die internationale Organisation anbieten können. Lokale Akteure versuchen so, internationale Interventionen zu ihrem Vorteil zu nutzen, und ihre diskursive Nähe ist dabei ein potentieller Vorteil für Gender-Organisationen. Auf der anderen Seite haben sie gegenüber staatlichen Strukturen z.T. den Nachteil eines Subsidiaritätsprinzips und enger Kontrollen durch staatliche Stellen.

Obwohl einige AkteurInnen und Organisationen stark international vernetzt sind, Zugang zu globalen Debatten haben und daran partizipieren und diese Konzepte und Ideen auch im Sudan umzusetzen versuchen, ist die Präsenz und die Unterstützung internationaler Organisationen im Sudan wichtig. Sie stellen die finanziellen Voraussetzungen für die Arbeit dieser lokalen AkteurInnen und haben aufgrund ihrer finanziellen Macht die Möglichkeit, Konzepte weiter zu verbreiten und sogar gegen Widerstände durchzusetzen. Für diejenigen NGOs, die die konzeptionelle Basis internationaler Organisationen teilen, macht sich deren Einfluss nicht so sehr auf ideologischer Ebene, sondern auf der Ebene dessen, was gerade ein „hot issue" und damit förderungswürdig ist, bemerkbar. Wiederum ist das Format der Calls for Proposal ein zentrales Instrument hierin.

Die finanzielle Abhängigkeit von internationalen Gebern wird von lokalen Organisationen gesehen und als Dilemma problematisiert. Vor allem die Notwendigkeit, eigene Strukturen und Arbeitsweisen an die Erwartungen und das spezifische Projektformat mit all seinen Modalitäten und zeitlichen Eingrenzungen - versinnbildlicht in den neu eingeführten Calls for Proposals - anzupassen, wird kritisch kommentiert. Interessanterweise jedoch wird diese Problematik auf die spezifische Situation im Sudan, nicht aber auf die Arbeitsweise des EZ-Apparates an sich zurückgeführt, eine Auseinandersetzung mit den Bedingungen und Strukturen dieses Apparates findet daher ebensowenig wie eine Vernetzung bezüglich der Erfahrungen und Strategien im Umgang mit Gebern kaum statt.

Angesichts ihrer Kritik an islamistischen Genderdiskursen bietet die EZ lokalen AktivistInnen nicht nur Konzepte an, sondern auch Möglichkeiten der Vernetzung, Ressourcen und berufliche Chancen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Abwesenheit (bzw. Zerstörung) transnationaler Vernetzungen entlang sozialer Bewegungen zu sehen. Es sind somit die Strukturen der EZ, die AktivistInnen eine Sprache und Handlungsspielräume zur Verfügung stellen. Aufgrund der Machtstrukturen im EZ-Apparat kommt es dabei notwendigerweise zu Ungleichgewichten und strategischem Umgang mit diesen Strukturen.

Um die Agenda von Gebern zu beeinflussen, folgen NGOs einer Reihe von Strategien: von der Etablierung guter Beziehungen zur Verbesserung der Kommunikationswege über die Professionalisierung ihrer Organisation bis hin zur Besetzung von strategisch günstigen MitarbeiterInnenposten in internationalen Organisationen. Dies ermöglicht auch einen verbesserten Zugang zu staatlichen Institutionen. Insgesamt verändert sich das Verhältnis von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, da auswärtige Institutionen einen positiven Einfluss auf Informationsaustausch, Transparenz von Regierungsaktivitäten und Kooperationswilligkeit beider Seiten haben können. Dennoch wird die Kooperation internationaler Organisationen mit staatlichen Stellen von NGO-Seite kritisch gesehen, da Ressourcen hier zu ihren Ungunsten verteilt werden.

Die Effekte internationaler Interventionen für lokale Gender-Organisationen sind somit widersprüchlich und variieren mit der Struktur und dem Selbstverständnis der Geberorganisation. Genauso wenig wie es ein einheitliches Set von Agenden der Gender-Organisationen gibt, gibt es eine einheitliche Agenda auf der Seite der Geber. Je fester Hierarchien Teil der Struktur der Geberorganisation sind und je weniger diese reflektiert werden, desto eher wird dies als Erwartung auf die Kooperationspartner übertragen und Maßnahmen wie „capacity building" werden zum „compliancy building", bei dem lokalen Organisationen eine Umstrukturierung ihrer Organisationsform nahegelegt wird. Nur mit wenigen, meist kleineren Geberorganisationen gelingt es, das Verhältnis und die Rollenverteilung „Geber" und „Empfänger" zu thematisieren und zu hinterfragen. Diese Ausnahmen bilden jedoch einen wichtigen Erfahrungsschatz für lokale AktivistInnen und stärken das Selbstbewusstsein auch gegenüber großen Organisationen. Ein wichtiger Schritt wäre auch die Vernetzung lokaler AktivistInnen untereinander und der Austausch darüber, wie sie ihre Rolle gegenüber Gebern verhandeln und welche Strategien zur Agendabeeinflussung erfolgreich sind. Dann wäre vielleicht auch die Problematisierung dieses Verhältnisses als eines, das durch die Vorzeichen einer globalen Wirtschafts- und Machtpolitik geprägt ist, und vielleicht sogar auch eine Auseinandersetzung um die von Kandiyoti (2007: 193) im afghanischen Kontext formulierte und im Sudan hoch aktuelle Frage, wie damit umgegangen werden kann, dass Gender in dominante Diskurse integriert wurde, möglich. Ohne zu problematisieren beantworten die meisten Gender-Organisationen im Sudan diese Frage bisher tendenziell positiv und begrüßen die Integration von Genderkonzepten seitens der Regierung, auch wenn dies nur unter internationalem Druck geschieht.

Wichtig und interessant ist darüber hinaus die Rolle der „Gender-Elite", einer global vernetzten und kommunizierenden Klasse, die in dem Spannungsfeld zwischen international und lokal, „Geber" und „Empfänger" agiert und Teile beider Seiten und ihrer Widersprüche in einer Person vereinigt. Durch Organisationsformate, (Berufs-)Biographien und personelle Überschneidungen verwischt die Demarkationslinie zwischen lokal und international und es entsteht eine Zwischenebene, die einerseits lokal ist, andererseits entlokalisiert, da sie einem globalisierten Habitus folgt und sich an globalen Formaten orientiert. Der Bewegung der Lokalisierung von Konzepten und Formaten entspricht also eine Gegenbewegung der Entlokalisierung von Organisationsform und Habitus. Während Beeinflussung durchaus in beide Richtungen stattfindet und lokale AkteurInnen sich Handlungsspielräume sichern, werden die Kriterien unter denen dies stattfindet, von den Institutionen der internationalen EZ durch ein globales Format bzw. einen globalisierten Habitus gesetzt.

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Woodward, Peter (1990): Sudan 1898-1989. The Unstable State. Boulder, CO.

Yuval-Davis, Nira (2006): „Human/ Women's Rights and Feminist Transversal Politics". In: Marx Ferree & Tripp 2006, S. 275-295.

Ziai, Aram (2003): „Foucault in der Entwicklungstheorie". In: Peripherie, Nr. 92, S. 406-429.

Anschrift der Autorin:
Anna Müssener
am@kein.org

 

Peripherie Nr. 121, 31. Jg. 2011, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster, S. 27-54
Bestelladresse: info@zeitschrift-peripherie.de



[1] Hier spielte auch die von den Briten postulierte und instrumentalisierte Hierarchie zwischen ‘zivilisierterem' monotheistischen (muslimischen) Norden und überwiegend animistischem Süden sowie der Ressourcenreichtum (besonders Erdöl) in den umstrittenen Regionen eine große Rolle.

[2] U.a. das Nationale Komitee für den Fortschritt von Frauen (1996), die präsidentielle Beraterin für Frauenangelegenheiten (2002, im selben Jahr wieder abgeschafft), das „Center for Women, Peace and Development" (2004) und das „Women Rights Center" (2007), letztere zwei am Ministerium für Soziale Wohlfahrt, Frauen- und Kinderangelegenheiten.

[3] Alle Namen sind von der Autorin geändert worden. Die Interviewzitate wurden von der Autorin aus dem Englischen übersetzt.

[4] Interessant ist hier eine Anekdote aus dem post-jugoslawischen Kontext: In der Anfangszeit wurden dortige Frauengruppen „durch kleine Geldbeträge [unterstützt], unter Umständen extremer Bedürftigkeit, und vor allem als Ausdruck von Frauensolidarität. Weder eine Dienstleistung noch irgendetwas anderes wurde als Gegenleistung erwartet" (Bagic 2006: 146; Übers.: AM).

[5] Jedoch darf nicht vergessen werden, und dies wird auch von Salma erwähnt, dass es sich hierbei auch um berufliche und finanzielle Entscheidungen handelt: der Einkommensunterschied zwischen lokalen und internationalen Organisationen ist so groß, dass es ein Job bei einem lokalen Träger allein kaum ermöglicht, den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, geschweige denn eine (Groß-)Familie zu ernähren. Die dadurch in internationale Organisationen abgezogenen Kapazitäten gerade von gut ausgebildeten und engagierten AktivistInnen fehlen wiederum in den lokalen NGOs.