Wetterwechsel

Hefteditorial iz3w 394 (Januar/Februar 2023)

Die Novembersonne wirft ein warmes Licht auf den Schwarzwald. Bestes Wetter für die samstägliche Kundgebung zu den Iran-Protesten. Dunkle Wolken ziehen auf und bald steht ein Regenbogen über Freiburg. Zu Beginn der Protestaktion fällt kalter Regen herab. Der Deutsch-Iranische Kulturverein zeigt eine Performance über staatlich ermordete Jugendliche in Iran. Der Regen strömt wie ein Tränenmeer über die Stadt.

Zwischen diesen Wettern oszilliert die aktuelle iranische Revolution: Die Sonne zeigt auf einen neuen Iran. Die Losung »Frauen Leben Freiheit!« – »Jin, Jiyan, Azadî!« ist revolutionär. Die Kundgebungen in Iran zelebrieren die Sehnsucht nach Freiheit (Seite 4). Die Proteste werden maßgeblich von jungen Frauen angeführt. Der Regenbogen bedeutet die Diversität, die der Mullah-Diktatur diametral entgegensteht. Die Aufstandsbewegung schließt die queere Bewegung mit ein und die kurdische Bevölkerung trägt die Kämpfe maßgeblich mit. Zudem verbündet man sich mit der ukrainischen Community gegen Putins Despotie. Man bezieht die kurdische Bevölkerungsgruppe ein; und bei einer Kundgebung wird die Gemeinsamkeit mit den deutschen Sozialprotesten gegen die Preiserhöhungen betont. Zuletzt lässt der kalte Regen an die mörderische Repression denken, welche die iranische Theokratie der Revolte entgegensetzt.

                Im Inneren der Islamischen Republik Iran droht eine Katastrophe. Die Mullahs haben es fest auf der Rechnung, dass sie alle paar Jahre die Opposition in Blut ersticken. Und auch international produziert das Regime Katastrophen: Die Region Westasien wäre mit den Hegemonialmächten Saudi-Arabien und der Türkei gestraft genug. Doch Iran unterbietet alles: Es ist bezeichnend, dass die iranischen Islamischen Revolutionsgarden anlässlich der aktuellen Proteste kurdische Gebiete im Irak beschießen. Nahe der Provinzhauptstadt Erbil schlugen Raketen in Wohngebieten ein. Schon die Gründungsphase der Islamischen Republik Iran ist mit einem Krieg gegen den Irak ab 1980 verbunden. Nachbarstaaten Irans werden zu Milizenstaaten umgebaut: durch die Förderung der Hisbollah im Libanon; oder durch die Förderung schiitischer Milizen im Irak. Die syrische Folterdiktatur wird durch die Kriegsbeteiligung der iranisch dominierten Hisbollah gerettet. Ein Staatsziel der Islamischen Republik Iran ist es, Israel auszulöschen. Dafür werden sowohl die eigenen Streitkräfte wie auch die libanesische Hisbollah mit Raketen hochgerüstet. In den palästinensischen Gebieten unterstützt das Regime die Terrororganisationen Hamas und Islamischer Dschihad. Im Jemen ist Iran eine maßgeblich kriegstreibende Partei.

In der iz3w verfolgen wir die iranische Politik seit Zeiten des Schah-Regimes. In unseren Artikeln zeigten wir auf, warum die Islamische Republik Iran eine wasserdichte Diktatur ist. Warum der Begriff ‚Reformer‘ in Iran in die Irre führt. Und wir benennen, dass es auch Linke gibt, die dem Kerkerregime die Steigbügel halten. Ein Beispiel: Die Vereinten Nationen lassen nun das gewaltsame Vorgehen der iranischen Führung untersuchen. Dafür hat eine Mehrheit im UN-Menschenrechtsrat gestimmt. Aber es gibt Staaten, die gegen die Untersuchung votierten. Zur Hälfte sind sie nominell links, das macht uns als Linke wahnsinnig. Diese sechs, Pardon, Mistregierungen sind: Pakistan, Armenien, Eritrea, China, Venezuela und Kuba.

                Zurück nach Freiburg. Die Solidaritätsbekundungen mit der iranischen Revolution stehen für uns ganz weit oben. Der Regimesturz wäre ein befreiender Impuls für Westasien. Eine neue iranische Republik ist zu sehen. Musik ist ein wichtiger Bestandteil der Kundgebungen. Es wird getanzt und die Aktiven präsentieren sich als junge Menschen, die ihr Recht auf Glück einfordern. Ein Kontrastbild zur Mullah-Diktatur. Eine Freundin sagt: »Sie sind so schön!«

Was hierzulande gefragt ist, heißt Solidarität. Die iranischen Proteste zeigen es jede Woche auf: Dieses Regime hat nur den Tod zu bieten. Es gibt etwas Besseres, als den Mullah-Staat.

 

Mit dem Gruß dieser Zeit:

Frauen, Leben, Freiheit! – Jin, Jiyan, Azadî!

 

die redaktion

P.S.: Wir werden weiter über Iran berichten. Damit das so bleibt, entwickeln wir uns fort: Zusätzlich zur Printzeitschrift startet mit dieser Ausgabe unser neuer Webauftritt. Anschauen kann man sich das hier: iz3w.org. Neben unseren Print-Texten wird es zukünftig zusätzliche Online-Inhalte geben und wir können zeitnäher berichten.

Damit das online wie offline gut klappt, brauchen wir eure Unterstützung! Abonniert die iz3w (egal ob Print oder jetzt neu online), werbt für sie & spendet.

Vielleicht, weil Weihnachten ist, vielleicht, weil wir Euch den »Horror« so schön nahebringen, vielleicht weil es unseren engagierten Journalismus braucht!