Über die Konstrukte "Volk", "Nation", "Stämme" und die Demokratie
Dass hinter Begriffen wie "Volk" und "Nation" gesellschaftliche Konstruktionen stehen, ist wissenschaftlich längst anerkannt. Dennoch erleben wir derzeit eine Renaissance völkisch-nationaler Tendenzen im öffentlichen Diskurs. Welche Beiträge die Kulturwisenschaft bei der Bekämpfung dieser Neuauflage leisten kann, begründet Dieter Kramer.
Das deutsche Volk, einig in seinen Stämmen …" So beginnt die Weimarer Verfassung vom 11. August 1919, mit der sich der erste deutsche demokratische und soziale Rechtsstaat definiert. Mit dieser Eingangsformel leistet die Verfassung ihren Tribut an ein "völkisches" Milieu, dem die regionalen "Stämme" besonders wichtig sind. Für das Bonner Grundgesetz geht alle Staatsgewalt vom Volke aus, und da ist "Volk" als Staatsvolk aller Bürger zu begreifen, egal woher sie kommen. In Deutschland, dessen Bevölkerung geprägt ist von jahrhunderte-, ja jahrtausendelangen Wanderungsbewegungen und das aufgrund der Wachstumswünsche seiner Wirtschaftspolitik seit Jahrzehnten auf Zuzug angewiesen ist, reden Politiker nur noch sehr selten von "Stämmen", wohl aber ist "völkisches Denken", mit dem Konstrukte wie "Volk" und "Nation" zu handlungsleitenden Kategorien der Politik gemacht werden sollen, 2015/16 wieder häufiger anzutreffen.
"Stämme" und Volkskunde
Die "Stämme", auf deren Kontinuität die völkischen Theoretiker so großen Wert legten, verflüchtigten sich schon bei dem Historiker Franz Steinbach in der Analyse der Kulturraumforschung der 1920er Jahre zu historischen Gebilden, zu "rassische[n] und kulturelle[n] Einheiten, die aus Lebensgemeinschaften durch politischen Zusammenschluss sich entwickelt haben" und damit keine biologischen Einheiten sind; vielmehr sind sie "ihrem ganzen Inhalte und ihrer Form nach eine Schöpfung der politischen Verbände und nicht irgendwelcher mystischer Bluts-, Kult- und Lebensgemeinschaften"1. Die Grenzen von Machtbezirken, später von Kirchen- und Staatsverwaltung sowie die Verkehrsströme werden so von der historischen Kulturraumforschung als Faktoren der Ethnogenese, der Herausbildung von Gemeinschaften, gewichtet. Nur mit Hilfe einer unterstellten Teleologie können die Ergebnisse der Kulturraumforschung in das "völkische" Denken integriert werden. Die Stämme sind 1936 für den Volkskundler Paul Zaunert "Sonderbildungen, zu denen sich das germanische Wesen in bestimmten Zeiten und Räumen, unter bestimmten Einwirkungen und Voraussetzungen, unter Aufnahme bestimmter zusätzlicher Elemente vervielfältigte."2 Das ist ein voluntaristisches Konstrukt. Aus dem "prozessualen Charakter" der Stammesbildung, den Franz Steinbach herausgearbeitet hat, wird so eine dynamische Zielgerichtetheit auf den nationalen Einheitsstaat hin, der mit Hitler verwirklicht wird.3
Bei den Linken gab es gelegentlich den Versuch, deutsche Geschichte in das Verhängnis des Nationalsozialismus münden zu lassen.4 In der Geschichtsinterpretation der Neuen Rechten gibt es in der Gegenwart wieder den Versuch, die deutsche Geschichte als notwendigen Weg in den Einheitsstaat zu konstruieren, wenn in einem von der rechtskonservativen Jungen Freiheit beworbenen Buch "vom Anfang der Geschichte unseres Volkes" und nicht von den Menschen in diesem Gebiet gehandelt wird.5
Paul Zaunert, dessen Märchen- und Sagensammlungen heute noch bekannt sind, ist ein wichtiger Autor des Diederichs-Verlages. Es ist dies ein Verlag der Neuromantik6, der eine konstruierte "Volkskultur" als "gesellschaftspolitisch zu aktivierendes Potenzial"7 für einen antirepublikanischen und antidemokratischen Nationalkonservativismus nutzte. Der Verleger Eugen Diederichs hat die Zeitschrift Die Tat herausgegeben, Sammelpunkt des "Tatkreises", in dem sich "Verfechter der ›konservativen Revolution‹ und entschiedene Republikfeinde" als Mitarbeiter zusammenfanden.8 Zur gleichen Zeit gibt es andere Interpretationen: Georg Lukács und seine Darstellung Die Zerstörung der Vernunft. Der Weg des Irrationalismus von Schelling zu Hitler9 kann als Kommentar zu dem Programm des Diederichs-Verlages gelesen werden. Ernst Niekisch veröffentlicht zwar in frühen Jahrgängen der von Diederichs verlegten Tat, hat aber 1931 Hitler - ein deutsches Verhängnis geschrieben und rechnet in seinem Buch Das Reich der niederen Dämonen mit dem Nationalsozialismus ab.10
Hans Naumann, von Diederichs geförderter Autor, setzt sich an der Bonner Universität gegen die Nationalsozialisten für Thomas Mann ein, hält aber dennoch am 10. Mai 1933 dort die Rede zur Bücherverbrennung. Für die Volkskunde einflussreich war er mit der Vorstellung von der "primitiven, d. h. der noch individualismuslosen Gemeinschaft", deren Wesen zu bestimmen er hofft und "deren Verhältnis zur höheren Kultur, die zu Individualismus und Differenzierung fortgeschritten ist," er klären will. Deswegen fragt er: Handelt "es sich bei jeder noch so geringfügigen Einzelheit um von unten gekommenes primitives Gemeinschaftsgut oder von oben gekommenes gesunkenes Kulturgut?"11. Das "gesunkene[s] Kulturgut" wird, angeblich oft mit zeitlichen Abständen von dreißig und mehr Jahren, in die Alltagskultur aufgenommen.12 Seine Thesen, vermittelt mit den Vorstellungen eines von den Eliten deutlich geschiedenen "Volkes", werden zwar viel kritisiert13, bleiben aber lange Zeit einflussreich. Sie werden nach 1933 in einem Spagat wieder aufgewertet durch das Programm einer Kulturerneuerung durch Rückgriff (Re-Enactment würde man heute sagen)14, und gegen die Hochschätzung der individuumsfreundlichen Renaissance gewendet.15 Naumann selbst fällt trotz seiner Anbiederung an die Nazis später wegen seines elitären Denkens bei ihnen in Ungnade.
Völkerkundler sind zur gleichen Zeit dabei, Individualität und Kreativität bei den "Naturvölkern" zu würdigen. Damit wird ein "altes Unrecht […] wieder gutgemacht", "denn einem Menschen die Individualität absprechen, heißt schließlich doch nichts anderes, als ihm das spezifisch Menschliche nehmen."16 Zeitgleich wird durch Carl Einstein und Ernst Vatter das "Primitive" in der Ethnokunst rehabilitiert. Das lebensphilosophisch sensibilisierte marxistische Denken von Georg Lukács und die Entdeckung der Bedeutung des "lokalen Wissens" in den damals nicht öffentlich zugänglichen Überlegungen von Antonio Gramsci gehören in die gleiche Zeit.
Nation und kulturelle Vielfalt
Wenn es um Begriffe wie "Volk", "Stämme" und "Nation" geht, spielt die ehemalige Volkskunde, heute Teil der Europäischen Ethnologie, als Kulturwissenschaft eine bedeutende Rolle.17 Wolfgang Emmerich (1968) hat die "germanistische Volkstumsideologie" in ihrer Entstehung seit der Romantik verfolgt.18 Johann Gottfried Herder setzt sich auseinander mit dem seit Ludwig XIV. erhobenen französischen Anspruch, Vorbild für Europa zu sein, und begründet damit sein Interesse an den historisch und prozesshaft interpretierten "nationalen" Besonderheiten. Gegen den kulturellen Universalismus seines Lehrers Immanuel Kant verteidigt Herder das Eigenrecht der verschiedenen Kulturen. Heute gehört das Recht auf die eigene Kultur zu den Menschenrechten; die Praxis der kulturellen Vielfalt wird freilich gleichzeitig auf die gemeinsame Verantwortung für die "Eine Welt" verpflichtet.19 Auch der sowjetische Ethnologie Julian Bromlej registriert als "ethnisches Paradoxon" seiner Gegenwart der 1970er Jahre eine "Tendenz zur Verstärkung des ethnischen Selbstbewusstseins, ungeachtet der Abschwächung ethnischer Eigenschaften"20 und warnt vor einem "ethnischen Nihilismus", der solche Unterschiede missachtet.
"Nationen sind die Artefakte menschlicher Überzeugungen, Loyalitäten und Solidaritätsbeziehungen."21 "Wer in unserer Zeit statt Volk Bevölkerung und statt Boden Landbesitz sagt, unterstützt schon viele Lügen nicht. Er nimmt den Worten ihre faule Mystik".22
Die "Allgemeine Erklärung zur kulturellen Vielfalt" der 31. Generalkonferenz der UNESCO von 2001 "bekräftigt, dass Kultur als Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften angesehen werden sollte, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen, und dass sie über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen umfasst".23 Diese Definition schließt Ethnizität als kulturelle Differenzierung ein, öffnet sich aber auch für die Subkulturen spezifischer (z.B. sexueller) Lebenspraxen der vergesellschafteten Individuen.
Ethnische Gruppen in der Tradition der Ethnologie/Völkerkunde sind generationenübergreifende Lebensgemeinschaften, die aufgrund von selbst-, aber auch fremdzugeschriebenen Eigenschaften und Traditionen ein sie von anderen Lebensgemeinschaften unterscheidendes Selbstverständnis aufweisen. Seit dem "aufgeklärten Absolutismus" und dem Nationalismus des 19. Jahrhunderts zielt Politik auf eine homogene Nationalkultur. Ideologische Mittel zu deren Gestaltung sind Ursprungsmythen, "Wurzel"-Phantasien, Nationalhelden und (modern gesprochen) Identitätsmanagement.24 Der Nationalismus strebt danach, "demos und ethnos, Staatsvolk und Abstammungsgemeinschaft deckungsgleich zu machen - wenn nötig mit Gewalt".25
Standard der Europäischen Ethnologie, in der die ehemalige Volkskunde sich mit vielen Inhalten, aber nicht mit den Ideologien wiederfindet, ist wie in der Ethnologie (Völkerkunde) ein dynamisches Modell von "Kulturprozessen". Der Streit zwischen Primordialisten oder Objektivisten, die "ethnische Gruppen als weitgehend stabile und klar abgrenzbare Einheiten" sehen (einem "Container"-Modell), und den Situationalisten oder Subjektivisten, von denen "die Idee einer flexiblen, kontextabhängigen Grenzziehung, und damit die Idee einer dynamischen Definition von Identität und ethnischer Gruppe"26 vertreten wird, ist längst zugunsten des dynamischen Ethnos-Begriffes der letzten Art entschieden.
Aufklärung hilft wenig gegen völkisches Denken
Ihr seid noch immer da! nein, das ist unerhört!
Verschwindet doch! Wir haben ja aufgeklärt!
Das Teufelspack, es fragt nach keiner Regel!
Wir sind so klug, und dennoch spukts in Tegel.
Wie lange hab ich nicht am Wahn hinausgekehrt,
Und nie wird’s rein! das ist doch unerhört!
J. W. Goethe: Faust 1. Teil, Walpurgisnacht, Proktophantasmist (zu den Schönen und Geistern)
Argumentationsresistenten Denkwelten ist allein mit Aufklärung nicht zu begegnen.27 Die Europäische Ethnologie versucht in sie einzudringen mit ethnographischer Feldforschung. Dabei treten die Forscher den behandelten Gruppen in der Rolle von "Partnern, Sympathisanten oder Lernenden" mit "ethnologischem Respekt" und mit Akzeptanz des "Eigensinns" der anderen Kultur gegenüber.28 Die "Rehabilitierung popularer Kulturen" vermeidet dabei "Romantisierung oder Idealisierung". Warneken formuliert: "Als ethnographisch bezeichne ich eine Forschung, die Lebensweisen (nicht nur Lebenslagen) von Gruppen oder einzelne Momente ihres Alltagsdenkens und -handelns möglichst konkret zu beschreiben sucht und dabei, wie man eingrenzend hinzufügen sollte, auch an der ›Innenperspektive‹ der Akteure und nicht nur den objektiven sozialen Funktionen ihres Handelns interessiert ist."29 Sie wird dabei freilich diese "Innenperspektive" nicht einfach affirmieren, sondern in den Kontext materieller gesellschaftlicher Verhältnisse stellen. Aber die Voraussetzung für ein Gespräch auf Augenhöhe unter Anerkennung einer gemeinsamen Verantwortung kann so am ehesten geschaffen werden.
Wenn es um die Kontinuität von rechtsradikalem, rassistischem und nationalistischem (auch antisemitischem) Denken in Teilen der Bevölkerung geht, kann man auf die Studien zum autoritären Charakter und zu "Autorität und Familie"30 der Frankfurter Schule verweisen. Fließend sind auch die Übergänge vom elitären, die Abgrenzung von der konstruierten "Masse" pflegendem Denken zu nationalistischen und sonstigen "blickdichten Parallelwelten" und "Verschwörungstheorien".
Immer wieder wird seit den 1950er Jahren auf rechtskonservative, völkische oder rassistische, auch antisemitische Haltungen in der Bevölkerung hingewiesen. Wilhelm Heitmeyer hat mit seinen Studien schon "jahrelang gezeigt, dass ein Fünftel zu autoritären Mustern bis hin zu rassistischen Vorurteilen neigt"31. Parolen, Klischees und Vorurteile ähnlich denen der Alternative für Deutschland von 2015 werden auch an Stammtischen geäußert. Aber nur in besonderen Fällen wird daraus Gewalt.
1982 wurden mehr als 10 Prozent ideologisch geschlossene rechtsextreme Weltbilder, noch mehr autoritäre Tendenzen festgestellt32, und solche Erfahrungen bestätigen sich über viele Jahrzehnte. Rechtsnationales "völkisches" Denken ist eine "schichtenübergreifende Erscheinung, die in erster Linie durch gemeinsame Wertorientierungen zusammengehalten wird"33. "Fremdenfeindliche und wohlfahrtschauvinistische Gesinnungen"34 werden durch die Ereignisse des Sommers 2015 stark zunehmen. Sie sind jedoch keine automatische Folge von Flüchtlingsbewegungen oder eines gleichsam naturwüchsigen unaufhaltsamen Prozesses von Globalisierung und Modernisierung, wie die Argumentation von Decker nahelegt, sondern Resultate einer Politik, die soziale Desintegration billigend in Kauf nimmt und in deren Folge die "freiheitssichernden Schutzvorkehrungen des Verfassungsstaates"35 vernachlässigt und von Justiz und öffentlichem Handeln nicht mehr genügend gestützt werden. Die Suche nach autoritären Lösungen ist [i]auch[/i] eine Reaktion der sprach- und begriffslosen Hilflosigkeit, wenn Menschen erleben müssen, wie sich in Banken und Industrie eine Art von organisiertem Verbrechen in legaler Form etabliert, dessen Repräsentanten es nicht einmal schadet, wenn sie sich vor Gericht verantworten müssen.
Werner A. Perger sieht die Gefahr des "autoritären Themendrifts", der den Brückenkopf für einen Einstieg in ein Denken des "Weniger Demokratie wagen"36 bedeutet, und in deren Folge plebiszitäre Elemente sowie weniger Rechtsstaat und Liberalität favorisiert werden wie bei Putin und seiner "geordneten Demokratie" in Russland oder in osteuropäischen Staaten.
Marc Jongen aus der Schule von Peter Sloterdijk will eine "Synthese aus Aufklärung und Spiritualität" mit dem, was dem "durchschnittlich getrübten Bewußtsein" nicht zugänglich ist, und einem "Esoterik-Kondensat spiritueller Erkenntnis"37. Ähnlich wurde einst die Lebensphilosophie im Nationalsozialismus nutzbar gemacht. Vertreten wird auch ein "territorialer Imperativ" der Abgrenzung statt Souveränitätsverzicht (ebd.). Aber auf welche Territorien bezieht sich das? Sollte man statt der Nation nicht eher eine global wirkungsfähige Einheit wie Europa zugrundlegen?
Gudrun Hentges erinnert daran, dass Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab 2010 mit 1,5 Mio Exemplaren das meistverkaufte Buch in Deutschland war (ähnlichen Erfolg hatte einst Günter Wallraff: Ganz unten). 2016 vertritt Sarrazin einen Sozialdarwinismus und antimuslimischen Rassismus; die Südländer bezeichnet er als ökonomisch schwach "wegen der Mentalität der Völker und Gesellschaften". Peter Sloterdijk spricht von "Überrollung" und meint: "Es gibt schließlich keine moralische Pflicht zur Selbstzerstörung."38. Es wird vom "links-rot-grün versifften 68er Deutschland" gesprochen.39
Widerspruch mit Hilfe der Kulturwissenschaften
Die "völkischen" Milieus entkoppeln sich zunehmend vom "kritischen Diskurs" einer kulturellen Öffentlichkeit und suchen in eigenen Netzwerken Orientierung. Dennoch dürfen die verwendeten Begriffe in der Öffentlichkeit nicht unwidersprochen bleiben. Diejenigen, die sie vertreten, müssen sicher mit Einspruch rechnen, und andere sollen sehen, dass es Widerspruch gibt. Das gilt z.B. auch für die leichtfertig verwendeten Kollektivbegriffe wie "Volk" oder "die Leute" oder "die Menschen": Nie sind es alle und es muss immer wieder betont werden, dass es auch viele Andere gibt. Dann kann man auch den angeblichen "Volkswillen" relativieren und einen "mehrheitsdemokratischen Darwinismus" zurückweisen. Ins Leere laufen wird dann auch jene gern genutzte Strategie: "Erst mal Ressentiments zu bedienen, Leute aufzuheizen und sich anschließend hinzustellen und zu behaupten, das wäre nicht so gemeint gewesen."
Für die Auseinandersetzung mit den Parolen der "Völkischen" und "Identitären" wird u.a. empfohlen, die "Nazikeule" wegzustellen, inhaltlich zu diskutieren und differenziert zu argumentieren statt die plumpen Provokationen der AfD zum Hauptgegenstand von Diskussionen zu machen. Man soll politische Profile schärfen und Rassismus und andere Ideologien nie unwidersprochen zu lassen.40 Dabei können, wie gezeigt, die Kulturwissenschaften helfen.
Anmerkungen
1) Franz Steinbach 1962 Nachdruck; 1. Aufl. Jena 1926: Studien zur westdeutschen Stammes- und Volksgeschichte, Darmstadt: 3; der Autor verwendet dem Sprachgebrauch seiner Zeit folgend noch das Attribut "rassisch", vgl. auch Franz Steinbach 1955: West-Ostdeutsche Forschungsaufgaben. Die Wechselbeziehungen zwischen West- und Ostdeutschland als Forschungsaufgabe der Geschichtlichen Landeskunde Bonn, Bonn (Der Wegweiser): 7, vgl. ders. in: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 155/1954.
2) Paul Zaunert 1936: "Die Stämme und das Reich", in: Das Werdende Reich. Almanach zum 40. Jahr des Verlages Eugen Diederichs in Jena 1936: 52-58, hier: 52f.
3) Zaunert 1939, zit. n. Christina Niem 2015: Eugen Diederichs und die Volkskunde. Ein Verleger und seine Bedeutung für die Wissenschaftsentwicklung, Münster u. a., (Mainzer Beiträge zur Kulturanthropologie/Volkskunde, hg. von der Gesellschaft für Volkskunde in Rheinland-Pfalz e.V. Bd. 10): 252.
4) Alexander Abusch 1947: Der Irrweg einer Nation, Berlin.
5) Karlheinz Weißmann 2015: Deutsche Geschichte für junge Leser. JF Junge Freiheit-Edition.
6) Niem 2015 (siehe Fn. 3): 16.
7) Ebd.: 383.
8) Hans-Ulrich Wehler 2003: Deutsche Gesellschaftsgeschichte 1914-1949, München: 390.
9) Georg Lukács 1955: Die Zerstörung der Vernunft. Der Weg des Irrationalismus von Schelling zu Hitler, Berlin; Auszug: Ders. 1966: Von Nietzsche zu Hitler oder der Irrationalismus und die deutsche Politik. Frankfurt am Main.
10) Ernst Niekisch 1953: Das Reich der niederen Dämonen, Hamburg.
11) Hans Naumann 1922: Grundzüge der deutschen Volkskunde, Leipzig; zit. n. Gerhard Lutz (Hg.) 1958: Volkskunde. Ein Handbuch zur Geschichte ihrer Probleme, Berlin: 102-108, hier: 103.
12) Hans Naumann 1921: Primitive Gemeinschaftskultur. Beiträge zur Volkskunde und Mythologie, Jena; Naumann 1922 (siehe Fn. 12); Niem 2015 (siehe Fn. 3): 291.
13) Adolf Spamer 1924: "Um die Prinzipien der Volkskunde. Anmerkungen zu Hans Naumanns Grundzügen der deutschen Volkskunde", in: Hessische Blätter für Volkskunde 23/1924: 67-108. zit. n. Gerhard Lutz (Hg.) 1958 (siehe Fn. 11): 126-143.
14) Niem 2015 (siehe Fn. 3): 295; 307; 381.
15) Ebd.: 296f.
16) W. Koppers 1928: "Individualforschung unter den Primitiven, im besonderen unter den Yamana auf Feuerland", in: W. Koppers (Hg.): Festschrift Publication d´Hommage offerte au P.W.Schmidt, Wien: 349-365, hier: 364.
17) Rolf W. Brednich (Hg.) 2001(3. überarb. u. erw. Aufl.): Grundriß der Volkskunde, Berlin.
18) Wolfgang Emmerich 1968: Germanistische Volkstumsideologie, Tübingen.
19) Dieter Kramer 2013: Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaften, Marburg (Grazer Beiträge zur Europäischen Ethnologie 15): 72.
20) Julian Bromlej: 1977: 98.
21) Ernest Gellner 1991: Nationalismus und Moderne, Berlin: 16.
22) Bertolt Brecht 1967: "Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit", in: Bertolt Brecht: Gesammelte Werke 18: Schriften zur Literatur und Kunst I (Werkausgabe in 20 Bänden) Frankfurt/M.: 231f.
23) Röbke 1993: 55.
24) Gellner 1991.
25) Michael Mann 2007: Die dunkle Seite der Demokratie. Eine Theorie der ethnischen Säuberung. Aus dem Englischen von Werner Roller, Hamburg.
26) Erwin Orywal / Katharina Hackstein 1993: "Ethnizität: Die Konstruktion ethnischer Wirklichkeiten", in: Handbuch der Ethnologie: Festschrift für Ulla Johansen, hg. v. Thomas Schweizer, Margarete Schweizer und Waltraud Kokot. Berlin: 593-609, hier: 595/596; s. auch Kramer 2013 (siehe Fn. 19).
27) Dieter Kramer 2016: Fremde gehören immer dazu. Fremde, Flüchtlinge, Migranten im Alltag von Gestern und Heute. Vorwort: Peter Feldmann, Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, Marburg: 140f.
28) Bernd Jürgen Warneken 2006: Die Ethnographie popularer Kulturen. Eine Einführung, Wien u. a.: 10.
29) Ebd.: 9f (Fn. 2).
30) Rolf Wiggershaus 1988: Die Frankfurter Schule, München: 171.
31) Stefan Reinecke: "Ein grauer Traum. Essay", in: taz v. 15. März 2016: 3.
32) Gewalt von rechts. Beiträge aus Wissenschaft und Publizistik. Bonn: Referat Öffentlichkeitsarbeit gegen Terrorismus im BMI, Bonn 1982: 114.
33) Frank Decker (Hg.) 2006: Populismus in Europa, Wiesbaden; Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung: 19.
34) Ebd.: 16.
35) Ebd.: 27.
36) Werner A. Perger 2015: Der Geist von Pegida ist längst aus der Flasche. Friedrich Ebert Stiftung im Wortlaut 1/2015: 6.
37) Walther 2016.
38) Zit. ebd.
39) Meuthen, s. Sabine am Orde 2016: "Die Mär von Mitte-rechts", in: taz 11./12. 06.2016.
40) Orde 2016: 12.
Dr. Dieter Kramer, Jg. 1940 ao. Prof. Europäische Ethnologie, Universität Wien, Studium in Marburg, Habilitation in Wien. Im Dezernat Kultur und Freizeit der Stadt Frankfurt am Main, dann Museum für Völkerkunde, 2006/2007 Sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland" des Deutschen Bundestages. http://kramer.doerscheid@web.de