

Igor Levit gilt schon jetzt als einer der ganz großen Pianisten dieses Jahrhunderts und hat zahlreiche Preise für sein musikalisches Schaffen erhalten. Einen davon, den „Echo Klassik“ gab er nach der Auszeichnung zweier durch antisemitische Ausfälle aufgefallene Musiker zurück. Vor unserem Gespräch ist er gerade erst gelandet, zurück aus den USA. Wer ihm bei Twitter folgt, konnte bereits daran Anteil nehmen, wie die US-Einreisebehörde 500 Fluggäste stundenlang warten ließ, weil von 20 Schaltern nur einer funktionierte.
Es gab keinen »rechten Mob« in Chemnitz, erklärte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in seiner Regierungserklärung, es gab auch keine Hetzjagden auf Menschen »nichtdeutschen Aussehens«. Damit lenkte er von dem Problem ab, dass sich eine inzwischen breit verankerte rechtsextreme Szene immer mehr ausweitet.
Zweierlei muss man den Hetzern von der CSU lassen: Sie täuschen niemanden über ihre menschenverachtenden Ansichten hinweg, und sie bleiben sich treu. Bundesinnenminister Horst Seehofer wählte die Bühne einer Pressekonferenz, um an seinem 69. Geburtstag über 69 Abschiebungen nach Afghanistan zu feixen. Als Geflüchtete die Abschiebung eines Togoers verhindern wollten, sprach er von einem »Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung«.
Der von den Medien als schicksalhaft beschworene europäische Wahlzyklus seit 2015 neigt sich mit den Wahlen in Italien 2018 seinem vorläufigen Ende zu. 2015 drohte Schäuble der von Syriza geführten Koalition in Griechenland mit einem Grexit. Dann kam 2016 die Brexit-Entscheidung in Großbritannien – würde die Europäische Union künftig auseinander brechen? Es folgte der Wahlsieg Donald Trumps in den USA – würde die NATO obsolet, das Ende des Westens, des Freihandels und der transatlantischen Partnerschaft eingeleitet?
Donald Trumps Wahlsieg in den USA, der relative Erfolg der AfD hierzulande, das Votum für den britischen Brexit, die Entwicklungen in Frankreich, den Niederlanden und Österreich sprechen eine deutliche Sprache: Emanzipatorische Politikmodelle und die linke Kritik neoliberaler Hegemonie sind, von Ausnahmen abgesehen, in der Defensive. Angesichts dessen stellt sich die Frage nach Erklärungen, und so tobt in Feuilletons und Zeitschriften eine Debatte darüber, warum die (neoliberalen) Verhältnisse gegenwärtig vorrangig von rechts kritisiert werden.
Die Ereignisse und Probleme, die tagesaktuelle Aufmerksamkeit verlangen und diskutiert werden, lösen sich in immer schnellerem Rhythmus ab: Wahlerfolg von Syriza und große Mehrheit des „OXI“, des „Nein!“ beim Referendum gegen die Austeritätspolitik in Griechenland – und dennoch Unterzeichnung eines dritten „Memorandums“ zur Fortsetzung der Umverteilung zulasten der Lohnabhängigen; die schwelende Staatskrise in Spanien; Krise des europäischen Grenzregimes durch die Ankunft von Hunderttausenden von Geflüchteten und deren Unterstützung durch die Vielen – gleichzeitig die Militarisierung der EU
Während die extreme Rechte in verschiedenen Ländern deutlich an Einfluss gewinnt, selbst wenn sie hinter den von Medien spekulierten Ergebnissen bei Wahlen zurückblieb, ist eine gesamteuropäische Antwort auf diese Entwicklung noch nicht in Sicht. Dafür gibt es zwei zentrale Ursachen. Selbst wenn die Entwicklungen europaweit registriert werden können, so sind doch die Gründe für den politischen Aufstieg sehr stark von
Populismus gibt sich anti-elitär und er ist immer anti-pluralistisch. Das populus, das Volk, in dessen Namen er sich aufschwingt zu sprechen, ist im Diskurs des Populismus immer nur ein Teil der Bevölkerung. Exklusion ist damit sein konstitutives Geschäft. So weit, so scharfsinnig sind die einleitenden Unterscheidungen von Jan-Werner Müller. Neben den Populismus-Konzeptionen geht es auch um die Praxis der PopulistInnen. Und hier scheitert das Buch, weil es zwischen Links- und Rechtspopulismus nicht grundlegend unterscheiden will.