Die Demokratie ist seit Jahren durch eine eher negative Entwicklung gekennzeichnet. Im Zusammenhang mit der Zurechenbarkeit von Entscheidungen und Verantwortlichkeit von demokratischen Instanzen, Korruption und Rechtsstaatlichkeit, Partizipation, Menschen- und Bürgerrechte oder Freiheit der Medien lassen sich Defizite und Erosionsprozesse feststellen. Diese Ansicht teilen viele Publizisten und Wissenschaftler, auch wenn es durchaus positive Bewertungen der Stabilität der parlamentarischen Institutionen und der Zunahme von Bürgerpartizipation gibt. Die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise hat die Demokratie weiter geschwächt und zu einer Krise der Demokratie geführt (vgl. Schneider-Wilkes 1997; Brie 2007; Crouch 2008; Nolte 2012; Economist Intelligence Unit Limited 2013; Demirović 2009, 2011; Streeck 2013). Dies wirft Fragen nach dem Verlauf, der Dynamik und den Gründen demokratischer Krisenprozesse auf. Notwendig wäre eine empirische Analyse der Zyklen von Demokratie im Kontext einer Konjunkturanalyse der Formen staatlicher Herrschaft und sozialer Proteste. Viel bescheidener, wähle ich im Folgenden eine indirekte Herangehensweise, nämlich die einer Analyse der Diskurse über Demokratie. Demokratie ist eine soziale Praxis, die Diskurse über sie sind ein Moment ihrer Praxis, denn ein großer Teil dieser Praxis besteht in der Selbstvergewisserung der Demokratie und der Kritik am Grad ihrer Verwirklichung. Meines Erachtens bewegen wir uns innerhalb von drei diskursiven Verhältnissen die Demokratie betreffend. Verschieden sind sie, weil sie performativ auf drei ganz unterschiedlichen Realitätsebenen der Demokratie zielen. Da ist zunächst die Ebene der gegenwärtigen Bedrohung der Demokratie durch die Finanzmarktakteure und die Diagnose einer Krise der Demokratie (1). Da ist zweitens die Ebene der Institutionen der Demokratie und der Diskurs über ihre Defizite und ihr Scheitern in den uns historisch bekannten Formen (2). Schließlich ist da die Ebene der Demokratietheorie, die sich bemüht, mit ihren Diskursen die Demokratie nicht nur zu verteidigen. Aber mehr noch: aus dieser Krise erwächst ein neues Demokratieverständnis, das auch die radikale Demokratietheorie selbst noch radikalisiert und über sich hinaustreibt. Soziale Bewegungen fordern in der Demokratie nicht lediglich deren Verwirklichung und Ausdehnung, sondern drängen die Demokratie selbst auf eine neue Entwicklungsstufe (3).
1. Die Multiple Krise und die Krise der Demokratie
Wir stehen aktuell unter dem Bann einer multiplen Krise. Sie betrifft die Ausbildung und Bildung, das Verhältnis von Stadt und Land, das Geschlechter- und Generationenverhältnis, das gesellschaftliche Naturverhältnis, die Ökonomie oder die Politik. Das sind nur die allgemeinen Titel für eine Vielzahl von damit angesprochenen krisenhaften Dynamiken. Darunter sind gegenwärtig insbesondere drei große, bestimmende Krisendynamiken. Da ist zum ersten die seit langem beobachtete Veränderung des Klimas, die sich allmählich dem Punkt nähert, von dem an von einer Unumkehrbarkeit gesprochen wird. Die Kohlendioxidemissionen sind seit 1992, dem Jahr der Weltumweltkonferenz in Rio, um 40% gestiegen, den Anstieg der Temperaturen bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf 2 Grad zu begrenzen, gilt unter Wissenschaftlern als fast nicht mehr möglich. Als wahrscheinlicher gilt eine Zunahme der Erwärmung um 6 Grad. Um eine entsprechende Wende herbeizuführen, müsste der Energie- und Ressourcenverbrauch bis 2050 auf 10 Prozent gesenkt werden. Bei sonst gleich bleibenden Bedingungen und Nullwachstum müsste die Ressourcenproduktivität um das 10fache steigen; bei einem Wachstum von 1,5 Prozent um den Faktor 22 (vgl. Dieter Klein 2011). Am besten wäre eine nachhaltigkeitsorientierte Transformation der kapitalistisch dominierenden Lebensweise auf dem Planeten. Ein solcher sozialer, ökologischer, demokratischer Entwicklungspfad hat viele FürsprecherInnen, aber die Gravitationsgesetze der gesellschaftlichen Verhältnisse erschweren es seit Jahrzehnten, ihn zu wählen und zu gehen. Die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse blockieren die Entfaltung der Produktivkräfte und die Umsetzung der schon längst erkannten Lösungen. Dies schließt ein, dass auch die seit der Rio-Konferenz von 1992 geführten Diskussionen über globalisierte demokratische Verfahren und Beteiligungen zur Bewältigung dieser Krisendynamiken im gesellschaftlichen Naturverhältnis blockiert sind.
Zweitens ist die 2007 ausgebrochene Wirtschafts- und Finanzkrise keineswegs zu Ende. Für Vermögende ist die Krise nur im Einzelfall und kurzzeitig eine Bedrohung. Die Vermögen sind 2011 weltweit um 2% auf 122 Billionen US-Dollar gestiegen. Die Zahl der Haushalte mit über 100 Mio. US Dollar nahm ebenfalls um 2% zu auf 12.200 (NZZ, 1.6.2012). In Deutschland sind das 807 Haushalte. Hier wuchs 2010 das private Geldvermögen um 149 Mrd. Euro auf insgesamt 4,7 Billionen Euro (taz, 25.5.2012). Diese Steigerung konnten insbesondere einzelne Vermögensbesitzer nutzen: so vergrößerte der reichste Mann Deutschlands, Karl Albrecht, sein Vermögen von geschätzt 17,5 Mrd. Euro im Oktober 2008 auf 25,4 Mrd. im März 2012; Susanne Klattens Vermögen stieg im selben Zeitraum von 7,8 auf 13 Mrd. Euro.(1) Die Anlagen in Immobilien, in Rohstoffe oder Aktien bewegen sich angesichts der Niedrigzinspolitik und der fortbestehenden Überakkumulation auf hohem Niveau – im Mai 2013 erreichten DAX und Dow-Jones-Index ein Allzeithoch.
Für viele hat die Krise jedoch drastische wirtschaftliche Verluste mit sich gebracht. Menschen büßten Ersparnisse oder Rentenansprüche ein, in den USA verloren ca. 1,5 Mio. Haushalte ihr Haus oder ihre Wohnung, bei weiteren 4 bis 6 Mio. wird dies erwartet. Etwa 70 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland hatten 2009 ein Einkommen unter der nationalen Armutsgrenze (taz, 25.5.2012). Unter dem Druck vor allem der deutschen Regierung soll den Mitgliedstaaten der Euro-Zone eine strikte Sparpolitik mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung verordnet werden. Die Maßnahmen sollen die Zahlungsfähigkeit der Staaten garantieren und die Anleger in ihrer Erwartung bestätigen, dass die Schulden zu hohen Zinsen beglichen werden und die Euro-Anlagen wertbeständig bleiben. Doch gerade solche Austeritätsmaßnahmen tragen paradoxerweise zur Beunruhigung der Anleger bei, da sie die Rezession vertiefen und die Sanierung der Staatshaushalte erschweren. Der Fall Spanien lässt dies erkennen. Spanien wollte 2012 mit Einsparungen von 27 Mrd. Euro sein Defizit auf 5,3 Prozent senken. Mit einer solchen Politik wird die hohe Arbeitslosigkeit verstärkt, die 2012 bei ca. 25 Prozent lag, bei den Jugendlichen sogar bei 53 Prozent. In 1,7 Millionen Haushalten waren alle Mitglieder ohne Erwerbseinkommen. Die Anleger erwarten nun, dass mit den öffentlichen Einsparungen und dem Verlust von Arbeitsplätzen ein Einbruch bei der Nachfrage und ein hoher Ausfall bei der privaten Schuldentilgung einhergeht. Aufgrund von Rezessionsängsten verloren einige Euro-Staaten bereits im Januar 2012 ihr Triple-A-Rating, Spaniens wurde trotz der rigiden Austeritätspolitik Ende April 2012 weiter herabgestuft. Aus Italien, aus Griechenland, aus Spanien haben Sparer und Anleger mittlerweile mehrere hundert Milliarden Euro abgezogen. Die Lösung wird von vielen Politikern in einer neuen Wachstumspolitik gesehen. Für die einen – wie die Regierungen von Hollande und Letta - steht der Fiskalpakt in einem gewissen Umfang zur Disposition, indem sie das Ziel der Haushaltssanierung zeitlich verschieben sowie die Wirtschaft durch staatliche Nachfrage oder durch Infrastrukturinvestitionen stimulieren wollen. Andere, wie EZB-Präsident Draghi und die EU-Kommission, vertreten die Ansicht, es sollten die Arbeitsmärkte weiter liberalisiert, der Binnenmarkt weiter dereguliert und die Rentenreform vorangetrieben werden. Diese Politik wird bislang verfolgt, eine Wachstumspolitik im Rahmen der EU gilt als wenig aussichtsreich (Streeck 2013). Insgesamt nehmen solche Überlegungen weder das Problem der sozialen Polarisierung noch die Notwendigkeiten des sozial-ökologischen Umbaus in den Blick. Die Strategien zur Lösung der Wirtschaftskrise nehmen auch keinen Bezug auf die demokratischen Beteiligungsrechte der Bevölkerung. Dies lenkt die Aufmerksamkeit auf die dritten Aspekt der multiplen Krise: die Krise der Politik und der Demokratie.
Angesichts der Krisenentwicklung und der technokratischen Austeritätspolitik nehmen viele in kritischer Absicht die Norm der Demokratie in Anspruch und hoffen, damit an das vorherrschende Selbstverständnis der Gesellschaft appellieren zu können. Der Begriff der Demokratie beinhaltet, dass ein Kollektiv sich auf sich selbst als eine Gesamtheit bezieht und unter Beteiligung aller Mitglieder einen gemeinsamen Willen ausbildet, um mittels einer kollektiv bindenden Entscheidung das Handeln aller und damit die Entwicklung der Gesamtheit in eine bestimmte Richtung zu lenken. Aber kann die Demokratie dies in ihrer gegenwärtigen Gestalt leisten?
Was nach dem Ausbruch der Finanzkrise im September 2008 von David Harvey als Finanzstaatsstreich bezeichnet wurde, hat seine Fortsetzung bei der Bewältigung der Staatsschulden- und Eurokrise auf EU-Ebene seit 2010 gefunden durch die Einsetzung von technokratischen Regierungen, Haushaltskontrollen durch die EU und erzwungene nationale Gesetze, die die Gläubiger schützen, neuen Verträgen und Instrumenten wie Steuerbremse, Fiskalpakt oder Pakt für Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz. In der FAZ wurde diese Art der politischen Krisenbewältigung unter der Überschrift „Wieviel Demokratie darf es noch sein?“ ganz zutreffend beschrieben: „Auf europäischer Ebene verabschieden Ad-hoc-Gremien und undurchsichtige Institutionen, die morgen schon verschwunden sein können, Milliardensummen in Nachtsitzungen. In Italien und Griechenland amtieren zu diesem Zweck berufene Expertenkabinette mit fraglicher politischer Legitimität. Wahlen oder Referenden werden nirgends so gern gesehen, denn Demokratie braucht Zeit, und die ist Geld, und das ist nie genug.“ (FAZ, 5.3.2012) Diese Regierungstechnologien der Governance haben mit Demokratie nichts mehr zu tun. Schon längst ist auch die Rede vom Staatsstreich nicht mehr auf die Linke beschränkt. So wurde in einer Sendung des Deutschlandfunks vom 20.4.2012 davon gesprochen, dass wir es als Ergebnis der Finanzkrise mit einem Terror der Finanzwelt gegen die Weltbevölkerung zu tun hätten. Es handele sich um einen ökonomischen Putsch. „Die Akteure aus Wirtschaft und Finanzwelt benötigen keine Militärs, um ihre Politik durchzusetzen, oder unliebsame beziehungsweise ausgediente Politiker auszutauschen, wie Papandreou, Zapatero oder Berlusconi. Mit abgesprochenen, gezielten Spekulationsattacken auf ganze Volkswirtschaften und auf Währungen wie den Euro bringen sie heute Regierungen zu Fall und hebeln die Demokratien aus.“(2) Schon längst hätten wir es nicht mehr nur mit einer Krise der Demokratie zu tun, sondern mit ihrer Abschaffung. Die Troika drängte auf die Einrichtung von technokratischen Notstandsregierungen, darauf, dass es, wie in Spanien, Vorrangregelungen für Gläubiger gibt, die festlegen, dass staatliche Einnahmen zuallererst für die Zinszahlungen und Schuldentilgungen zu verwenden seien und deswegen auch staatliche Leistungen und öffentliche Beschäftigung eingeschränkt werden. Diese Praxis wird auch als „Fiskaldiktatur“ bezeichnet. Angesichts dieser jüngeren und beinahe reibungslosen Entwicklung kann die These vertreten werden, dass die Politik nicht von der Wirtschaft und den Finanzmärkten getrieben wird. Sie leistet nicht nur keinen Widerstand und sucht auch kaum Bündnisse gegen die Finanzmarktakteure, sondern treibt ihrerseits die Dominanz der Vermögensbesitzer und der Finanzmarktindustrie voran und sichert sie. Die zahlreichen Proteste in der Krise haben bislang wenig ausgerichtet, die umfassende neoliberale Zerstörung sozialer Rechte der Mehrheit der Menschen geht weiter: Verlängerung der Lebensarbeitszeit, Einschnitte bei öffentlicher Beschäftigung und Dienstleitungen, Verschlechterung der Bildungssituation, bei Renten, im Krankheitsfall oder Arbeitslosigkeit. Das Lebenshaltungsniveau vieler Menschen wird an die Finanzmarktindustrie verpfändet. Dies geschieht nicht mit autoritär-staatlichen Mitteln, auch wenn deren Anwendung nicht unterschätzt werden soll. Weder wird eine Strategie der Gewalt zur Lösung der Krise gesucht, also Militärdiktatur oder Faschismus, noch kann die Konjunktur als autoritärer Etatismus beschrieben werden, also als eine Form der Herrschaftsausübung, in der vor allem die Verwaltung des Nationalstaats zum organisierenden Apparat der dominanten Kräfte im bürgerlichen Machtblock und ihrer Hegemonie geworden ist (vgl. Poulantzas 2002: 246ff., insbesondere 258f.). Manche Phänomene ähneln sich: Krise der Politik und des Staates, Bedeutungsverlust des Parlaments und der Abgeordneten, der Parteien und eine Krise ihrer Repräsentation. Aber im Machtblock herrscht relative Stabilität, die Verwaltung wird in vielen Hinsichten geschwächt (durch neue Steuerungsinstrumente, Personalkürzungen, Privatisierungen). Es kommt in der Krise zu einer neuen Form von bürgerlicher Ausnahmeherrschaft, der transnationale Netzwerkstaat nimmt die Form eines gouvernementalen Unsicherheits- und Austeritätsstaates an. Die bestimmende Politik wird in transnationalen Governance-Netzwerken zwischen einigen wenigen nationalen Finanzministerien und Nationalbanken sowie EZB, IWF, EU-Kommission, Repräsentanten der Finanzmarktindustrie und Ratingagenturen ausgehandelt und festgelegt (vgl. Demirović 2010).
2. Die Krise der Demokratie als Scheitern der Demokratie
Dies führt mich auf eine zweite Ebene, nämlich zu einem Diskurs, der die parlamentarische Demokratie seit langem begleitet. Warnungen vor einer Krise der Demokratie, vor ihrem Verfall oder sogar vor einem autoritären demokratischen Staat gibt es seit langem. Es ist ein eigenes Diskursgenre mit seiner Empirie, seinen Begriffen, seinen Äußerungsregeln und damit verbundenen strategischen Interessen. Die Kriterien für die Bestimmung einer Krise sind unklar und umstritten. Allein parlamentarische Wahlverfahren, Wahlbeteiligung oder Parteimitgliedschaft sind nur bedingt aussagekräftig. Eine Krise festzustellen oder zu bestreiten ist ein Akt politischer Performativität, hängt also von den Akteuren und ihren Zielen selbst ab. Die Wirkungen der Krisenfeststellung sind demnach unklar und hängen offensichtlich von der politischen Konjunktur ab, er kann alarmieren und mobilisieren, er kann aber auch langweilen und vielleicht sogar abstumpfen gegenüber realen Gefährdungen.
Der Diskurs durchläuft auch in gesellschaftskritischen Kräften verschiedene Phasen. Er hat seine Grundlagen in einer grundsätzlichen Überlegung, die vom linken Flügel der Französischen Revolution erstmals geäußert und dann immer weiter vertieft wurde. Die Trennung der politischen Demokratie von der Gesellschaft führt dazu, dass die von Kapitaleignern getroffenen allgemeinen Entscheidungen über die Lebensführung, die Arbeit, den Lebensunterhalt, die Produkte als private gelten. Wenige bestimmen mit ihren privaten Interessen das, was als allgemein gilt. Immer wieder wurde in der sozialistischen Tradition der Sachverhalt benannt, dass die Form der politischen Demokratie dem Inhalt sozialer Ungleichheit gegenüber gleichgültig bleiben muss. Die Demokratie, so Willi Münzenberg nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 (1972: 341), konnte nicht verhindern, „daß auf der einen Seite die Armut der Massen unerträglich wurde, während auf der anderen Seite die Reichtümer der wenigen sich häuften und sich als Hindernis einer notwendig gewordenen sozialen Umgestaltung erwiesen.“ Dieser Einwand wird auch angesichts der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise wieder formuliert: die Demokratie als eine leere Hülle ohne soziale Substanz. In der Nachkriegsordnung der Bundesrepublik etablierte sich eine parlamentarische Demokratie, die vielen als restaurativ und paternalistisch galt (vgl. Pirker 1977). Die Gelegenheit, die Verhältnisse nach emanzipatorischen Gesichtspunkten neu zu ordnen, war vertan. Da die Menschen eher verwaltet und Abweichungen nicht geduldet wurden, sie sich wenig real beteiligen konnten, galt die Demokratie als bedroht. Das Phänomen der Politikverdrossenheit wurde beobachtet. „Aber Demokratie hat nicht derart sich eingebürgert, daß sie die Menschen wirklich als ihre eigene Sache erfahren, sich selbst als Subjekte der politischen Prozesse wissen. Sie wird als ein System unter anderen empfunden … nicht aber als identisch mit dem Volk selber, als Ausdruck seiner Mündigkeit, nicht als Einheit des eigenen Interesses mit dem Gesamtinteresse.“ (Adorno 1977 [1959]: 559) In den 1960er Jahren bestand nach einer Welle antisemitischer Anschläge, der Wahlerfolge der NPD und der Notstandgesetzgebung und der Resonanzfähigkeit der autoritären Boulevardpresse die große Sorge um den weiteren Bestand der Demokratie in der Bundesrepublik. Johannes Agnoli sprach von einer Involution der Demokratie. Berufsverbote, das rechtsstaatwidrige Vorgehen gegen Linke im Zusammenhang der Bekämpfung des Terrorismus, das allgemeine repressive Klima, das Linksregierungen verhindern oder schwächen sollte, ließen Befürchtungen zu einer schleichenden Faschisierung aufkommen. Um solche substanzialistischen Vorstellungen von der Dynamik des Staates hin zu seiner vermeintlichen wesentlichen Bestimmung als autoritärer Staat zurückzuweisen, wurde theoretisch genauer die politische Formation als autoritärer Etatismus (Poulantzas 2002 [1978]) oder „Sicherheitsstaat“ (Hirsch 1980) bestimmt.
In gewisser Weise hat Colin Crouch diese kritischen Diagnosen einige Jahre vor dem offenen Ausbruch der jüngsten großen Krise des Kapitalismus wiederholt, wenn er auf dem Hintergrund der Globalisierung und dem Gewicht transnational operierender Unternehmen seine These von der Postdemokratie entwickelte. Diese besagt, dass dem äußeren Anschein nach die parlamentarische Demokratie mit ihren Institutionen wie Parteien, Wahlen, parlamentarischen Verfahren und öffentlichen Diskussionen zwar intakt ist, dass aber im Schatten der politischen Inszenierung die reale Politik hinter verschlossenen Türen gemacht werde (vgl. Crouch 2008). Doch die Aushöhlung der Demokratie geht darüber hinaus: Abbau des erreichten Standes der sozialen Demokratie durch Einschränkung des Sozialstaats, Bedrohung der Gewerkschaften durch Erosion des Tarifvertragssystems, durch Verschlechterung der Gesundheitsvorsorge oder der Bildungsbedingungen. Darüber hinaus kommt es zur langfristigen Speicherung von Telefon-, Email- und Fluggastdaten, zum Ausbau des Gefängnisarchipels und der Ausdehnung überlegaler Sicherheitsverwahrung, zur zunehmenden Überwachung des öffentlichen Raums und der privaten Kommunikation, zu Geheimgefängnissen, Folter, Entrechtung von Gefängnisinsassen oder staatlich praktizierter Mord mittels Drohnen oder gar, mit einem der jüngsten Gesetze in den USA, zur Möglichkeit der unbegrenzten und richterlich unkontrollierten Inhaftierung von US-BürgerInnen. Neue Sicherheitsstrategien erlauben es, Individuen polizeilich Risikogruppen zuzurechnen und ihnen präventiv die Grundrechte zu entziehen, sie von Orten zu bannen und ihnen die Teilnahme an Demonstrationen zu verbieten (vgl. Krasmann 2010).
Die theoretischen Begriffe und Beschreibungen dieses kritischen Diskurses zur Erosion der parlamentarischen Demokratie erwiesen sich vielfach als einseitig und unzulänglich. Es gab immer wieder Gegentendenzen, die von Dissens, einem rebellischen Willen zur Demokratie getragen waren. An einem Tiefpunkt der bundesdeutschen Demokratie fand 1966 in Bonn der Kongress Notstand der Demokratie statt, der linksliberale Bürgerrechtler, Gewerkschaften und den Sozialistischen Studentenbund zusammenführte und ein Katalysator der großen Protestwelle von 1967 und 1968 wurde, die einen großen Bewegungszyklus in den 1970er Jahren eröffnete. Auf die bedrohlichen Anzeichen des autoritären Etatismus und Sicherheitsstaates reagierten die heftigen Proteste gegen Flughafenausbau oder Atomkraftwerke. Die neuen sozialen Bewegungen und für einige Jahre auch die Grünen gaben der Diskussion über Demokratie enorme Impulse: direkte Demokratie, Basisdemokratie, zeitlich befristete und rotierende Mandate, Trennung von Amt und Mandat, offene Wahllisten, stärkere Beteiligung der Mitglieder. Frauenfeindlichen und homophoben Tendenzen, die bis in das Straf- oder Familienrecht reichten, traten seit den 1970er Jahren die Frauen- und Schwulenbewegung und zahlreiche Initiativen entgegen, die für neue Lebensformen eintraten. Die mangelnde demokratische Selbstbestimmung im Zuge der Vereinigung Deutschlands und die darauf folgende Marginalisierung oder Ausgrenzung sozialistischer Tendenzen hat zur Bildung der Linkspartei beigetragen. Die Pogrome und die Morde an Migranten haben den Anstoß zu einer antirassistischen und Antifa-Bewegung gegeben. Die technokratische Bewältigung ökologischer Probleme führte in Reaktion darauf zu einer Vielzahl von Beteiligungsformen: konsultative Gespräche, Mediationen, Schlichtungen, Bürgerinitiativen, Bürgerforen, Runde Tische oder Planzellen. Großbauprojekte wie Endlagerung, S21, neue Überlandleitungen oder Fracking provozieren Widerstände.
Diese vielen unkonventionellen Partizipationsformen, die oft unerwartet und doch regelmäßig immer wieder entstehen, können sich auf eine breite zivilgesellschaftliche Infrastruktur von Bürgerinitiativen, linken oder feministischen Gruppen, auf Zeitschriftenprojekte, Gewerkschaften oder Bewegungsorganisationen stützen. Auch Parteien und Stiftungen können mitunter in der Unterstützung und Förderung dieser Zusammenhänge eine wichtige Rolle übernehmen. Diese Proteste und ihre Organisationsformen unterstützen einen optimistischen Demokratiediskurs, der den Kritikdiskurs seit langem begleitet, korrigiert und selbst oftmals affirmative Züge annimmt. Denn er legt nahe, dass die demokratischen Institutionen die Kraft haben, sich von innen heraus immer wieder zu erneuern. Einige Stichworte sollen dies andeuten. Mit den NGOs wurden in den 1990er Jahre neue Akteure identifiziert, die eine Zeit lang als Träger einer kosmopolitischen Demokratie angesehen wurden. Gegen die These von der Individualisierung und Isolierung („Bowling alone“) wurde ein breites und vielleicht sogar zunehmendes Bürgerengagement und Partizipationsverhalten festgestellt, die dann auch die sozial-moralische Grundlage für Bürgerproteste bilden können.
Befürchtungen, denen zufolge ein linearer Erosionsprozess der Demokratie zu erwarten sei, an dessen Ende der autoritäre Staat stünde, haben sich nicht bestätigt. Es ist wohl auch nicht richtig, positiv progressive Wellen von zunehmender Demokratisierung zu unterstellen. Eher lassen sich Zyklen der Demokratie feststellen, die geprägt sind von Phasen des Aufschwungs und Phasen der großen und der kleinen Krisen der Demokratie. Große Krisen der Demokratie führen zum Umschlag in den Ausnahmestaat, wie das vor allem in Europa nach der Französischen Revolution mit einer langen Restaurationsperiode, nach den revolutionären Demokratiebewegungen nach 1848 mit dem Bonapartismus oder der konservativen Revolution Bismarcks, nach den revolutionären Rätebewegungen mit der faschistischen Gegenrevolution der Fall war. Auch die Militärdiktaturen in der Türkei, in Griechenland oder Chile wären als Ausnahmestaatsformen zu nennen. Im Unterschied dazu gibt es die kleinen, endemischen Krisen, die sich in der Demokratie entfalten und nicht in autoritäre Formen übergehen. Dazu können der Mitgliederschwund von Parteien, die Politikdistanz, die Unzufriedenheit mit Regierungen, aber auch der McCarthyismus in den USA, die bleiernen Jahre in der BRD und in Italien in den 1970er Jahre oder die zahlreichen Maßnahmen im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ gezählt werden.
Diese Zyklen lassen sich mit der bürgerlichen Form von Herrschaft, Kräfteverhältnissen und Kompromissen erklären. Von eher sozialdemokratischen Theoretikern wird behauptet, Kapitalismus und Demokratie folgten zwei verschiedenen Logiken: der des Stimmrechts des Geldes und der Verfügung über Kapital auf der einen und der der gleichen Rechte der BürgerInnen und ihrer demokratischen Beteiligung. Diese beiden Logiken können sich phasenweise in einem Gleichgewicht miteinander befinden und zusammengehen, oder eines von ihnen dominiert und dann treten sie auseinander. In diesem Sinn wird die Ansicht vertreten, dass in der aktuellen Phase des neoliberalen Kapitalismus die Kapitaleigner sich durch demokratische Mehrheiten und Entscheidungen nicht mehr begrenzen lassen wollen, ihr Vertrauen in den Staat verlieren und deswegen den Kompromiss und deswegen die Bindung an diesen demokratischen Staat aufgeben (vgl. Streeck 2013). Dies legt den Schluss nahe, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Interessen der Kapitaleigner, dem Marktsouverän, und denen der BürgerInnen, die den Volkssouverän bilden, gefunden werden muss: zu viel Markt zerstört die Beteiligung und Demokratie, zu viel Demokratie stört das Vertrauen der Kapitalbesitzer, nagt an der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und zerrüttet in der Folge den ökonomischen Wohlstand.
Demgegenüber stellen der kapitalistische Staat und die Regierung, Gramsci zufolge, einen Prozess der Herausbildung immer neuer, instabiler Gleichgewichte und Kompromissen zwischen den sozialen Klassen dar (vgl. Gramsci 1992, 496). Die parlamentarische Demokratie ist demnach den Kapitalinteressen, der systematischen Erzeugung von Armut durch Ausbeutung oder der Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen keineswegs eine äußerliche und gleichgültige Form dar, die es erlaubte, alles auch anders zu machen, wenn es nur andere Mehrheiten gäbe. Vielmehr stellt sie die Form dar, in der im idealen Durchschnitt der kapitalistischen Reproduktion die konfliktreichen Interessen der Kapitaleigentümer am besten miteinander koordiniert werden können. Um solche Kompromisse ermöglichen und ausarbeiten zu können, erlangen die Politik und die Staatsapparate eine relative Autonomie. Aber sie bleiben organisch mit den Kapitaleigentümern und bestimmten ihrer Fraktionen verbunden. Dies hat unmittelbare Auswirkung auf die Praxis der Demokratie. Die öffentliche Meinungs- und Willensbildung als ein wesentlicher Mechanismus der Demokratie ist hochgradig vermachtet. In den öffentlichen Diskussionen in Zeitungen, Rundfunk oder Fernsehen kommen kritische Informationen oder Meinungen, politische Positionen, die grundsätzliche Alternativen markieren sowie die Lebenswirklichkeit vieler Menschen nicht zur Geltung. In den Parteien ist die Willensbildung von unten nach oben vielfach blockiert, wenn sie nicht der Regierungsfähigkeit dient. Auch die Parlamente und Fraktionen lassen sich kaum als Orte einer deliberativen Entscheidungsfindung betrachten. Die Abgeordneten kennen die konkreten Lebensverhältnisse derer, die sie angeblich repräsentieren, also die Angehörigen des Volkssouveräns, kaum. Mit etwas Geschick und Anpassung können sie über Jahrzehnte im Parlament verbleiben und können für diesen Positionserhalt öffentliche Mittel einsetzen, die sie als Abgeordnete erhalten. Sie leben von der Politik, nicht für die Politik, und sie sind deswegen vielfach von den Entscheidungen der Fraktions- und Parteispitzen abhängig (vgl. Arnim 2009). Die Parlamentsvertreter befinden sich immer in dem spezifischen Widerspruch, dass sie als Vertreter von Parteien Interessen vertreten sollen, während sie durch den sakralisierenden Akt repräsentativer Wahlen zu Vertretern des gesamten Volkes geweiht werden und nun durch eine mystische Verdichtung der Allgemeinen des Staates im Besonderen des Abgeordneten das Allgemeinwohl vertreten. Parteien sind durch das Parteiensystem genötigt, ihre Meinungskonflikte immer zu begrenzen, denn sie müssen antizipieren, dass sie trotz eines heutigen Dissenses morgen schon wieder in einer Koalitionsregierung mit einander regieren müssen. Am Ende setzt sich die Rationalität der parlamentarischen Demokratie durch, die – wie Niklas Luhmann (1987: 126ff) affirmativ betont hat – im Wesentlichen im Wechsel der Parteien zwischen Regierung und Opposition besteht; und die Opposition hat nur Chancen, wenn sie verspricht, die Entscheidungen der Regierung zu akzeptieren und ihre Politik fortzusetzen, also vom demokratischen Recht auf Revision vorangegangener Entscheidungen keinen Gebrauch zu machen. Erschwert oder verunmöglicht wird die Reversibilität von Entscheidungen auch dadurch, dass politische Konzeptionen (wie der Schutz der Familie) oder Politikprogrammierungen wie die Schuldenbremse der einfachen demokratischen Mehrheitsbildung entzogen und im Grundgesetz verankert werden. Faktisch werden viele Staaten von Allparteienkoalitionen regiert. Eine Perspektive darüber hinaus eröffnet sich nicht. Die Diagnose von Johannes Agnoli, der kritisch von der pluralen Fassung der Einheitspartei sprach, gilt in mancher Hinsicht bis heute (vgl. Agnoli 1990: 53). In vielen EU-Staaten stehen sich Parteien oder Parteilager gegenüber, die sich hinsichtlich der von ihnen verfolgten finanzmarktorientierten neoliberalen Politik nur graduell unterscheiden. Alternative Parteien oder Strömungen werden weitgehend marginalisiert.
Die Form des kapitalistischen Staates und insbesondere die Form des Parlamentarismus (Wahlen, Parteien) ermöglichen es den Herrschenden, jeweils Bündnisse mit den unteren Klassen einzugehen, die sich auf einen aktiven Konsens von unten stützen können. In einem solchen Fall werden ihnen die zunächst durch den Staat enteigneten Möglichkeiten der gesellschaftlichen Selbstbestimmung in der Form demokratischer Teilnahmerechte und der Vertretung durch eigene Parteien partiell zurück gegeben, die Staatsapparate nehmen bis zu einem bestimmten Maß auch entsprechende Interessen der subalternen Klassen wahr: durch eine ausgedehnte Beschäftigung im öffentlichen Dienst und damit verbundenen Privilegien, durch soziale Rechte und entsprechende Politiken in Bereichen wie Soziales, Bildung oder Gesundheit. Es kann sich dann um einen weit über die engere Politik und die Staatsapparate hinausreichenden Kompromiss handeln, der die gesellschaftlichen Verhältnisse selbst reorganisiert und durchaus auch – wie in den 1970er Jahren – die Tendenz zur Vergesellschaftung der Demokratisierung zur Geltung bringt. Allerdings bleiben auch in einer solchen Phase Kapitalverwertung und Herrschaft bestimmende Momente des demokratischen Kompromisses, weitergehende demokratische Gestaltung der Wirtschaft und der Lebensverhältnisse wird stark bekämpft. Der wirtschaftliche Erfolg einzelner Kapitalfraktionen muss gesichert sein, erst dann darf es in einem gewissen Umfang materielle Teilhabe und demokratische Beteiligung geben, die selbst wiederum unter dem Gesichtspunkt ihres Beitrags zur Gewinnmaximierung (Marktkonformität, Innovation, Effektivität, Modernisierung, Wettbewerbsfähigkeit) bewertet werden. Die Dynamik der kapitalistischen Akkumulation dehnt den Geltungsbereich des wirklichen Gemeinwesens der kooperierenden Individuen, von dem Marx spricht, immer weiter aus, und damit auch die Möglichkeit der Selbstbestimmung. Entsprechend muss in den Formen der Herrschaft auch ein immer umfassenderer Enteignungsprozess organisiert werden, der auch Krisen in einem größeren Maßstab impliziert.
Die Zyklen ergeben sich also aus der Dynamik der Kompromisse zwischen den sozialen Klassen. In der Phase seit den 1980er Jahren gingen die Herrschenden dazu über, sich aus eingespielten wohlfahrtsstaatlichen Kompromissen herauszulösen. Seit den 1990er Jahren hat sich dieser Prozess radikalisiert, und es gibt von Seiten der herrschenden Gruppen die Strategie, das Muster des demokratischen Kompromisses mit den subalternen Klassen aufzugeben. Allenfalls selektiv werden den unteren Gruppen und Teilen des Kleinbürgertums materielle Zugeständnisse gemacht, die eingebettet sind in eine neoliberale Strategie (Bauförderung, Steuererleichterungen, Familienzulagen). Colin Crouch beschreibt eine neue Phase, wenn er von Postdemokratie spricht. Zwar wiederholt er nur viele der bereits in früheren Phasen vorgebrachten skeptischen Beobachtungen der Demokratieentwicklung, aber gelangt zu einer düsteren geschichtsphilosophischen Diagnose. Die Demokratie habe ihren historischen Schwung verloren, mit der Globalisierung habe sie nicht Schritt halten können. Wir seien am anderen Ende der „Parabel der Demokratie“ angelangt (Crouch 2008: 30).
In Crouchs Analyse entspricht die Dramatik der Warnung keiner Erwartung auf eine demokratische Gegenwehr mehr. Seinen Pessimismus drückt Crouch in Interviews durchaus offen aus, Alternativen, die über den Kapitalismus hinausweisen, sieht er nicht, also gesellschaftliche Bedingungen, unter denen die Demokratie nicht nur geschützt wäre, sondern unter denen sie sogar die Gesellschaft bestimmt (vgl. taz, 23.6.2012). Erstaunlicherweise und eher inkonsequent verbindet er jedoch Hoffnung mit zwei Beobachtungen. Zum einen erwartet er von Parteien, einer lebendigen Zivilgesellschaft, von Bürgerinitiativen und NGOs die Verteidigung und Erneuerung der Demokratie. Zum zweiten nimmt er an, dass das Bürgertum nicht völlig auf Demokratie verzichten mag, weil sie bequem ist: Entscheidungen sind zurechenbar, Gesetze werden eingehalten, Protest absorbiert und Unruhen vermieden. Doch in beiden Hinsichten gibt es Hinweise auf problematische Tendenzen:
a) Es lässt sich feststellen, dass viele der zivilgesellschaftlichen Organisationen, Aktivitäten und Beteiligungspraktiken zu einem Bestandteil einer neuen Herrschaftsarchitektonik und deswegen auch immer wieder zum Gegenstand der Kritik werden. Obwohl diese als Governance bezeichneten Formen der Willensbildung und des Entscheidens viele BürgerInnengruppen ebenso wie organisierte Interessen einbeziehen kann, wurden die Erwartungen an eine daraus hervorgehende Demokratisierung doch immer wieder enttäuscht. Getröstet wird man in politischen Diskussionen gelegentlich mit dem gottergebenen Bild des Sisyphos: so sei der Mensch nun mal, er erreiche das Ziel der Emanzipation nicht, müsse es aber versuchen und sich bescheiden. Aber problematisch ist eben doch, dass das, was für Partizipation gehalten wird, sich vielfach als eine Regierungstechnologie herausstellt, die auch partizipatorische Prozesse vereinnahmt, um in informellen Gremien mit formal nicht legitimierten Akteuren weit reichende bindende Entscheidungen zu treffen. Auf diese Weise hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein umfassendes zivilgesellschaftliches Regierungsdispositiv gebildet, in dem Think Tanks, Lobbyisten, NGOs, oder partizipationsbereite Gruppen neben den formellen politischen Gremien in den politischen Prozess einbezogen sind bei der Willensbildung, bei den Entscheidungen und bei der Ausführung (vgl. Brand u.a. 2001; Demirović 2011). Das begünstigt Akteure mit Geld, mit Wissen, mit sozialen Kontakten, die einen privilegierten Zugang zu informellen und schnell sich ändernden Gremien erhalten; der Protest wird in Verfahren hingehalten, ermüdet, delegitimiert und aufgespalten in die, die in Verhandlungen eintreten, und die, die weiter dagegen halten. Doch demokratische Beteiligung ist kein leeres Spiel, sondern es wird die Zeit verloren, in der die gesellschaftlichen Probleme, die zu den genannten Krisen führen, gelöst werden könnten.
b) Im bürgerlichen Lager haben die Globalisierung, die Wirtschafts- und die ökologische Krise einen Streit um das Selbstverständnis Europas und um die Bedeutung der Demokratie ausgelöst. Aufgrund der Dekolonisierung und dem Ende der Spaltung in zwei gesellschaftspolitische Systeme ist Europa seit wenigen Jahrzehnten erstmals seit Jahrhunderten mit sich selbst konfrontiert und macht die Erfahrung, dass seine ökonomische, politische und kulturelle Vormachtstellung stark bedroht ist. Europa und die USA konnten noch bis vor wenige Jahre glauben, das Ende der Geschichte sei erreicht, Markt und parlamentarische Demokratie der Endpunkt jeder möglichen Entwicklung. Die Notwendigkeit zur Transformation, die 1992 in Rio de Janeiro noch im Zentrum der Diskussion stand, sollte nur noch für die osteuropäischen Gesellschaften, nicht für die OECD-Staaten gelten (vgl. Klein 2010; Reißig 2009). Der Kampf um Selbsterhaltung stellt die Demokratie zur Disposition. Schon in einer 2008 im Spiegel publizierten Serie über Demokratie wird festgestellt, dass Wirtschaftsführer Menschenrechte und demokratische Verfahren als lästiges Wettbewerbshindernis ansehen und dass sie Staaten wie China, Singapur oder die Staaten am arabischen Golf um ihre Wachstumsraten und schnellen und effektiven Entscheidungsmechanismen beneideten. Angela Merkel scheint dies zu meinen, wenn sie in Reden der vergangenen Monate mehrfach betont hat, dass die Europäische Union nur sieben Prozent der Weltbevölkerung repräsentiere. Es gehe darum, angesichts stärkerer außereuropäischer Wettbewerber und einer älteren Bevölkerung für Europa gute Arbeitsplätze, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder zu steigern. Die entscheidende Frage ist, ob und in welcher Weise in einer solchen Strategie der Selbstbehauptung Demokratie überhaupt noch ihren Platz hat. Offensichtlich nur als Relais von Marktprozessen. Bundeskanzlerin Merkel hat sich im September 2011 dazu geäußert. „Wir leben ja in einer Demokratie und sind auch froh darüber. Das ist eine parlamentarische Demokratie. Deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments. Insofern werden wir Wege finden, die parlamentarische Mitbestimmung so zu gestalten, dass sie trotzdem auch marktkonform ist, also dass sich auf den Märkten die entsprechenden Signale ergeben.“ Demokratie besteht aus entkernten Institutionen, das Parlament wird auf ein Mitbestimmungsgremium heruntergestuft –: ein weiter Mechanismus in der Governance-Architektur von politischen Steuerungsinstrumenten.
Colin Crouch spricht also eine zentrale Entwicklungstendenz an. Kompromisse setzen voraus, dass es Kräfte gibt, die Kompromisse erzwingen können. Die Herausbildung des finanzmarktdominierten Akkumulationsregimes mit seinen global operierenden Unternehmen macht es solchen Kräfte vorläufig schwieriger. Dies führt seit längerem schon zu Diskussionen über neue Formen der staatsübergreifenden Demokratie auf europäischer oder gar globaler Ebene, ohne dass dies bislang zu befriedigenden oder gar politikrelevanten Ergebnissen geführt hat. Deutlich jedoch wird, dass die Demokratie gegen und ohne den Staat gedacht werden muss (Abensour 2012; Badiou 2012). Die Wirtschaftskrise hat solche Diskussion in den Hintergrund treten lassen. Der Vergesellschaftungsprozess ist soweit fortgeschritten, dass er durch die klassische Form der politischen Demokratie, die ja vor allem eine Form des Überbaus ist, immer weniger mehr bewältigt werden kann. Das müssen wider Willen auch diejenigen einräumen, die eigentlich gern positiv über den Stand der Demokratieentwicklung sprechen würden, sich aber dennoch den Fakten stellen: „Was schon schmerzvoll in der Europäischen Union sichtbar wird, gilt aber umso mehr auf globaler Ebene. Das Regieren jenseits des Nationalstaats wird nicht nur anders und komplexer, sondern auch weniger demokratisch sein.“ (Merkel 2013) Diese Form der politischen Demokratie, die als Überbau den Kompromiss zwischen den Bürgertum und ArbeiterInnen organisiert hat, war historisch vor allem das Projekt der Sozialdemokratie – darin besteht die Überverallgemeinerung Crouchs, dass er eine bestimmte Form der Demokratie, die politische Demokratie, mit Demokratie insgesamt gleichsetzt. Es steht vor einer tiefen Krise, die sich ergibt, weil das Bürgertum selbst aus der Logik des Kompromisses heraus will, in dieser Kompromissform selbst aber auch gleichzeitig zu viele Probleme nicht gelöst werden. Das sollte nicht zu dem Pessimismus von Crouch führen, denn die bürgerlichen Kräfte können die Probleme mit autoritären Mitteln ebenso wenig lösen, die Gesellschaft ist für ihre Methoden der Reichtumsaneignung und politischen Herrschaftsausübung zu komplex geworden. Es bedarf historisch ganz neuer Formen der Vergesellschaftung, um diese Formen tückischer Komplexität zu bewältigen.
3. Demokratietheoretische Verschiebungen
Ich komme zu einem dritten Diskurstyp, der mit einer weiteren Ebene demokratischer Wirklichkeit korreliert, der Demokratietheorie und der Demokratie als einer begrifflichen und normativen Realität, also dem Feld von Begriffen, Institutionen und intellektuellen Praktiken. Dieses Feld umfasst vieles: die mehr oder weniger elaborierten Demokratietheorien von Philosophen, WissenschaftlerInnen oder Bewegungsakteuren, die Verfassungen, die ständigen publizistischen Kommentare, die Richter oder die Parlamentsabgeordneten. Es gibt einen ständigen und umfassenden Konflikt darüber, was Demokratie ist und auf welche Weise sie gelebt werden kann.
Ein Ergebnis der obigen Analyse der multiplen Krise ist, dass die gegenwärtige Demokratie selbst durch eine Krise gekennzeichnet und ein Moment der multiplen Krise ist. Es wäre deswegen naiv zu erwarten, die gegenwärtigen Institutionen würden die Verfahren und Entscheidungsmechanismen zur Verfügung stellen, die eine gesellschaftliche Bearbeitung der vielfachen Krisen erlauben würde. Notwendig ist eine Transformation. Darüber sind sich viele einig. Häufig wird angenommen, die parlamentarische Demokratie mit ihren Formen und Verfahren böte schon den Hebel für diese Transformation. Doch auch die Politik muss transformiert werden; keineswegs kann angenommen werden, dass die demokratischen Institutionen gegenwärtig einer solchen Herausforderung gemäß sind.
Das Management der multiplen Krise ist selbst in die Krise geraten. Es hat große und länderübergreifende demokratische Reaktionen hervorgebracht. Es gibt die Proteste der Studierenden und SchülerInnen in Chile, in England, in Kanada gegen Studiengebühren und für Demokratie, die arabischen Revolutionsbestrebungen gegen das sozialen Elend, die Korruption, die autoritären Regime, die Proteste in Japan gegen die Atomenergie, die Proteste der Empörten in Italien, Griechenland, Spanien oder Israel, die Occupy-Bewegung in den USA oder die Antikrisenmobilisierung in Europa bis hin zu Blockupy in Frankfurt Mitte Mai 2012. Aber die Politik der Gesellschaft erscheint postdemokratisch blockiert, alle diese Proteste wirken auf die Politik doch nur in einem geringen Maße ein. Wurde die Demokratie einmal als institutionalisierte Revolution verstanden, durch die sich die herrschaftlichen Institutionen in geregelten Verfahren kontinuierlich erneuern und Fortschritt und Ordnung miteinander vereinbart werden können, so ist die Demokratie heute ein Normalisierungsdispositiv, in dem Alternativen kaum ein Ort eingeräumt wird. Sie ist blockiert, sie grenzt aus, sie leugnet die Wirklichkeit. Alle müssen pluralistisch sein, niemand darf eine radikale Position vertreten. Es ist vielleicht nicht überraschend, dass Ulrich Beck, der immer wieder pointierte Zeitdiagnosen vorgetragen hat, in einem Fernsehinterview am 24.5.2012 äußerte, wir befänden uns in einer vorrevolutionären Situation, die funktionierenden Fassaden verdeckten, dass viele Menschen dafür seien, das kapitalistische System abzuschaffen. Vielleicht ist diese Einschätzung übertrieben. Aber sie ist ein Hinweis auf eine Polarisierungsdynamik, die von den parlamentarisch-demokratischen Prozessen selbst nicht mehr überbrückt wird.
Die sozialen Proteste kommen schnell an den Punkt, an dem es um eine Transformation auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene geht. Die Proteste wollen vielfach den demokratischen Prozess nicht nur ergänzen, sondern zielen darauf, die bestehenden politischen Koordinaten zu verschieben, neue politische Räume zu konstituieren oder die Politik überhaupt zu restituieren. Sie wollen etwas sichtbar und hörbar machen gegenüber einer Politik, die den Protest verbietet, die Einwände nicht hört, das Wissen nicht zur Kenntnis nimmt, das Elend nicht sieht. Wird von den Herrschenden Zukunft als Gefahr entworfen, die mittels Sicherheitstechnologien zur Kontingenzbewältigung schon die Gegenwart festlegen, so geht es den demokratiepolitischen Akteuren darum, den Zukunftshorizont demokratisch zu öffnen und langfristige Perspektiven herzustellen.
Demokratie ist eine sehr junge historische Erfahrung. Zwar wird seit über 2000 Jahren von Demokratie gesprochen, doch diese Rede war überwiegend ablehnend. Demokratie galt seit Platon und Aristoteles als eine bloße Regierungsform des Gemeinwesens. Die Demokratie wurde als Herrschaft der Mehrheit bestimmt, und diese bestand aus den Armen. Dieses Volk könne von Demagogen und Reichen leicht verführt und für politische Ziele missbraucht werden, weil es arm sei, auf der Straße lebe und arbeite sowie die Zeit habe, auf Versammlungen zu gehen. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurde von Seiten der Herrschenden mit solchen Argumenten gegen die Demokratie, die Gleichheit, das allgemeine Wahlrecht und die vermeintliche Diktatur der Mehrheit argumentiert, die die Freiheiten, die der Rechtsstaat gewähre, zwangsläufig einschränken würde. Nur unter dem großen Druck der „Massen“ und in tiefen Krisenphasen nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg konnten demokratische Institutionen eingerichtet werden, also Parlament und allgemeines, gleiches Wahlrecht. Demokratie wurde im Regelfall als die Wahl benevolenter politischer Eliten verstanden, die mit ihren Führungskompetenzen die staatliche Autorität zum Zwecke von Sicherheit, Stabilität, Ordnung und wirtschaftlichem Wohlstand einsetzen würden. Das Ergebnis sollte ein Output sein, der die Mächtigen ebenso wie die Armen zufrieden stellen konnte und letzteren den Grund dafür gab, sich ersteren zu unterwerfen. Darüber hinaus gehend konnte in der Demokratie noch das Recht der Armen auf Mitsprache an den herrschaftlichen Entscheidungen gesehen werden. Doch auch diese Partizipation wurde als herrschaftsrational verstanden; es ging nicht um Gestaltung durch alle, sondern darum, den Frieden zu wahren und die Effektivität von Herrschaft zu erhöhen. Die Argumentationsfigur findet sich schon bei Machiavelli. Demokratische Beteiligung soll die Rationalität und Stabilität eines Staates stärken, da alle Unzufriedenheiten in der Form einer institutionalisierten Kritik ausgedrückt werden könnten. Nicht nur würde damit der einmal errichtete Staat nicht von innen heraus zerstört werden, sondern darüber hinaus würde er sich ständig erneuern können und damit in eine stabile, wenn nicht sogar ewige Herrschaft übergehen.
Demokratie ist demnach seit langem einem etatistischen Herrschaftskalkül untergeordnet. Es ging nicht um Beseitigung der Armut und die Gestaltung des gemeinsamen Lebenszusammenhangs. Der erste, der dies ansprach, war Robespierre. Er trat nicht nur als einer der Ersten dafür ein, dass die Republik ein durch allgemeine Gesetze bestimmtes Gemeinwesen auch demokratisch sein sollte; sondern er formulierte auch als einer der Ersten den Grundgedanken der sozialen Demokratie: dass nämlich aus Gründen der politischen Gleichheit und demokratischen Beteiligung das Eigentum der Bürger nicht zu ungleich sein dürfe, um damit nicht den einen Macht über andere zu geben. Nur durch eine relative Gleichverteilung der Güter konnten jene Defizite der Demokratie vermieden werden, die die Klassiker immer wieder hervorgehoben hatten. Die linken Revolutionäre lehnten Robespierres sozialdemokratisches Argument ab, das jeder einzelnen Person einen Anteil vom gesellschaftlichen Reichtum geben wollte; sie verfolgten vielmehr das Ziel der gemeinsamen Teilhabe am gemeinsamen Reichtum und wendeten sich gegen die individualisierende Spaltung. Marx radikalisierte diese Kritik und warf Robespierre vor, ‚totalitär‘ zu sein: an den einzelnen Individuen sollte mit politischen Mitteln autoritär soziale Gleichheit hergestellt werden, wo es eigentlich um die Veränderung der gesellschaftlichen Eigentumsverhältnisse ging. Nur mit deren Veränderung war gewährleistet, dass Ungleichheit vermieden werden konnte und Individuen in den Genuss von Freiheit kämen.
Diese verschiedenen Perspektiven prägen die kritischen Diskussionen über Demokratie bis heute: Im einen Fall wird gilt als Ziel, dass die Menschen, um ihre demokratischen Rechte wahrnehmen zu können, auch ökonomisch annähernd gleich gestellt werden müssten. Diese Forderung nach sozialer Demokratie mündet in einem wohlfahrtsstaatlich-demokratischen Kompromiss zwischen den Reichen und den Armen. Demokratie als asymmetrischer Kompromiss, in dem die Armen arm, die Subalternen subaltern bleiben, – das ist die eine Bedeutung von Demokratie geworden. Ein solcher Kompromiss bleibt zwangsläufig ein instabiles Gleichgewicht, von den Reichen wird er als Einschränkung ihrer Freiheitsrechte verstanden, auch die Armen können niemals zufrieden sein. Das treibt beide Seiten aus dem Kompromiss heraus, gleichzeitig scheinen beide Seiten aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit genötigt, diesen Kompromiss nicht nur einzugehen, sondern ihn auch zu reproduzieren. Doch gerade die grundlegende Asymmetrie mit ihren fatalen autoritären Folgen treibt alle diejenigen an, die mehr wollen, als ein immer subaltern bleibendes Mitspracherecht an den von anderen getroffenen Entscheidungen wahrzunehmen, denen es vielmehr um ein konstituierendes Handeln geht, durch das ein Gemeinwesen gegründet wird, das dem realen Gemeinwesen entspricht: in dem das Gemeinsame von allen gemeinsam erzeugt, geregelt und verwaltet wird. Demokratie als konstituierendes Handeln, als ein Handeln, das Institutionen einsetzt – das ist die andere Bedeutung von Demokratie (vgl. Hardt, Negri 2002; Lorey 2012). Die erste Bedeutung wird in vielen radikalen Demokratietheorien verworfen, Demokratie gilt aus dieser kritischen Sicht als Polizei, als Verwaltung, als etwas, dass das Politische ruhig stellt. Allerdings wird dabei ausgeblendet, dass auch die vermeintlich unpolitische, sich technisch vollziehende Verwaltung des wohlfahrtsstaatlichen Kompromisses eine politische Aktivität ist (vgl. Žižek 2001, 327). Demgegenüber wird das konstituierende Handeln als der eigentliche demokratische Gründungsakt verstanden, ohne die Fortsetzung des Vorgangs zu bedenken: auch konstituierendes Handeln muss irgendwann einmal in die Bahnen geregelter Verfahren übergeleitet werden, die den Individuen Gewähr geben, dass sie sich wirklich an der Koordination des gemeinsamen Handelns ohne Gefahr des Ausschlusses beteiligen können und dass sie mit ihren Interessen eine Revision vorangegangener Entscheidungen anstoßen können. Wenn man erwarten muss, dass politische Institutionen sich immer wieder abschließen und ausgrenzen, also befürchten muss, übergangen zu werden, mit den eigenen Interessen und Lebensformen nicht präsent zu sein, man also immer alarmiert und bereit sein muss, von neuem Politik zu machen, Institutionen zu schützen oder neue zu schöpfen, um sich zur Geltung zu bringen, dann kommt man letztlich aus der Logik der sozialen Demokratie als Kompromiss mit ihrer grundlegenden Herrschaftsasymmetrie und Erzeugung von Subalternität nicht heraus.
Mein Eindruck ist, dass in den Krisenprozessen und durch sie hindurch etwas Neues geschieht, was sich auch oder vielleicht im besonderen Maße an den demokratietheoretischen Diskussionen ablesen lässt, die im Kontext der Protestbewegungen geführt werden. In einem besonderen Maße in den Theorien deswegen, weil diese durch die praktischen Initiativen und Argumente neue Impulse erhalten, aber dann auch Indikatoren für die Veränderung bilden und ein bleibendes, systematisches Moment des Demokratieverständnisses festhalten.
Beteiligung und Erneuerung der Demokratie gehören zum modernen Demokratieverständnis. Die Institutionen der parlamentarischen Demokratie und ihre Verfahren wurden in den vergangenen Jahrzehnten vielfach durch radikaldemokratische Gesichtspunkte erweitert. Gegen eine paternalistisch-etatistische Vorstellung wurde die Ansicht zur Geltung gebracht, dass das Allgemeinwohl nicht allein im Parlament und im Zusammenspiel mit Regierung und Verwaltung festgelegt wird. Der Volkssouverän besteht danach nicht allein aus den einmal gewählten Parlamentsabgeordneten, die alle Ansprüche aus der Gesellschaft berechtigt sind abzuwehren. Vielmehr wird – zumindest in der Theorie – der Volkssouverän selbst verflüssigt und nimmt die Gestalt einer diskutierenden Öffentlichkeit an. In dieser Öffentlichkeit mit ihrer breiten zivilgesellschaftlichen Infrastruktur bringt eine Vielzahl von nicht-formellen Akteuren ihre Themen auf unkonventionelle Weise zur Geltung und gewinnt Einfluss auf die Agenda und die Entscheidungen des parlamentarischen Gesetzgebers.
Diese Position, die einflussreich von Jürgen Habermas (1992) ausgearbeitet wurde, stieß auf Vorbehalte noch radikalerer Ansätze der Demokratietheorie. Kritisiert wurde, dass die demokratische Beteiligung allein die Gestalt einer gemeinsamen Kommunikation an einem verallgemeinerungsfähigen Konsens annehmen können sollte. Diese öffentliche Kommunikation ist durchaus konfliktreich. Auch Formen des unkonventionellen Protests wie Demonstrationen, Sitzblockaden oder andere Praktiken zivilen Ungehorsams werden von Habermas als Beiträge zu einer öffentlichen Diskussion und Willensbildung betrachtet. Doch in allen Fällen geht es darum, dass die Akteure aus der Perspektive des verallgemeinerten Anderen handeln, also letztlich immer ein Allgemeininteresse in Anspruch nehmen, für das sie öffentlich und mit vernünftigen Argumenten eintreten. Partikularinteressen, Dissens, gegensätzliche Interessen, Konflikt wurden demgegenüber marginalisiert, weil ihnen die Qualität der Allgemeinheit abgesprochen wird; und allenfalls können öffentliche Diskurse dazu beitragen, solche Partikularinteressen und individuellen Leidenserfahrungen unter dem Gesichtspunkt ihrer Verallgemeinerungsfähigkeit zu prüfen.
Es ist zwar durchaus falsch, wenn Chantal Mouffe die Ansicht vertritt, die Theorie von Habermas kenne wie die von John Rawls nur den Konsens, nicht den Konflikt. Ihrer Einschätzung nach ist ein Demokratieverständnis, dem es nur um die Sicherung von Konsens geht, gefährlich, da sich auf diese Weise an den Rändern und in den Poren des Konsenses Partikularinteressen und Unzufriedenheiten entwickeln können. Daraus können Antagonismen hervorgehen, auf die eine politisch-demokratische Praxis der Orientierung am Konsens gar nicht reagieren kann. Aber aus dieser Kritik entwickelt Mouffe eine weiterführende Überlegung Mouffe und plädiert für ein radikaldemokratisches Verständnis, in dessen Zentrum die Begriffe Antagonismus und Agonismus stehen. Die Gesellschaft wird durch Antagonismen konstituiert. Jede Gesellschaft stellt eine Totalisierung dar und bemüht sich, alternative Sinnzusammenhänge auszugrenzen. Die Identitäten scheinen in dieser Gesamtheit aufzugehen und ihren präzisen Ort einzunehmen und dadurch ihren Sinn zu erhalten. Faktisch ist dies jedoch nicht der Fall, es gibt Erfahrungen, Bedürfnisse, Sinnerwartungen, die über diese konkrete Gesellschaft hinausweisen. So wird die Gesellschaft immer wieder von neuem durch Antagonismen bedroht, die ihre Identität und Einheit bedrohen. Die Gesellschaft würde zerreißen, wenn es nicht gelänge, im Rahmen der politischen Verfassung die durchaus explosiven Antagonismen in die Form wohl temperierter Agonismen zu transformieren, in denen sich dann in einer jeweils vorläufigen Form durchaus besondere Interessen zur Geltung bringen können. Entscheidend ist demnach, dass das Allgemeine sich immer nur in der Gestalt eines Besonderen zur Geltung bringen kann, dem es für einen gewissen Moment in einem demokratisch ausgetragenen Kampf gelingt, als Allgemeinheit zu gelten. Doch wird diese Allgemeinheit selbst durch die Dynamik der Diskurse und neue Antagonismen aufgelöst (vgl. Mouffe 2008).
Ich möchte beide Ansätze kritisch vergleichen, um zu zeigen, wo bei allen Differenzen gemeinsame Unzulänglichkeiten bestehen: 1) Demokratie ist im Verständnis beider Ansätze ein durch die Verfassung auf Dauer gestellter Streit um die demokratische Allgemeinheit. Im Fall von Habermas bewegen sich die Individuen in der Spannung zwischen dem Allgemeinen und Partikularen und müssen versuchen, jeweils für sich schon den Standpunkt der Allgemeinheit zu erlangen; im Fall von Mouffe nimmt in einer besonderen Diskurskonstellation ein Besonderes die Position des Allgemeinen ein. 2) Bei Habermas bewegen sich die Konflikte immer im Rahmen der öffentlichen Sphäre und haben die argumentative Herausarbeitung des vernünftigen Allgemeinen zum Ziel; bei Mouffe sollen die Konflikte den Antagonismus in einen Agonismus umwandeln, der es ermöglicht, sie im Rahmen der Verfassung auszutragen und einer sinnhaften Identität den Charakter einer temporären Totalität zu geben. Das Moment des Nicht-Allgemeinen und Irrationalen und damit ein Moment des konstituierenden Handelns bleiben erhalten. Allerdings wird es durch das Fundament der Verfassung derart moderiert, dass es eben diesen von ihr definierten konsensuellen Rahmen nicht sprengt. Bei Habermas hat die öffentliche Diskussion von vornherein keine solche konstituierende Bedeutung, lässt aber einen diskursiv vermittelten, deliberativen Umbau von politischen Institutionen, Verfahren und Verfahrensbeteiligungsrechten durchaus zu. 3) Für Mouffe lösen sich Gesellschaften als Totalisierungsprojekte ab, und der Übergang wird durch Demokratie herbeigeführt; ob die internen Verhältnisse demokratisch sind oder nicht, interessiert Mouffe nicht in besonderer Weise, solange die Konflikte im Rahmen der Verfassung ausgetragen werden können. Der alltägliche demokratische Konflikt über allgemein bindende Entscheidungen, die möglicherweise die Interessen von Individuen oder Gruppen verletzen, spielt in ihrem Ansatz keine Rolle. Demgegenüber skizziert Habermas einen von demokratischen Verfahren getragenen evolutionären Prozess der stetigen Demokratisierung der Demokratie. 4) Beide bleiben aber liberal im Sinne der Tradition der sozialen Demokratie. Denn die Demokratie ist bestimmt als die Sphäre des Allgemeinen; der konflikthafte Prozess der Durchsetzung und Konstitution dieses Allgemeinen wird per se in positiven Begriffen gedacht. Über die Opfer und die Kosten wird nicht nachgedacht, ebenso wenig über die gesellschaftlichen Bedingungen, die ein solches konflikthaftes Handeln überhaupt erforderlich machen. Die Sorge gilt allein der Gefahr der Schließung möglicher demokratischer Verallgemeinerungsprozesse in der politischen Sphäre. Die Sphäre der Wirtschaft, die Eigentums-, die Lohnverhältnisse bleiben außer Betracht, also jene Verhältnisse, unter denen die Individuen notwendigerweise nicht Gleiche sein können, weil die einen das lebendige Arbeitsvermögen der anderen unter ihre Kontrolle bringen und aneignen. Demokratie bleibt immer noch an den Staat gebunden. Insofern bewegen sich diese Ansätze der radikalen Demokratie in der Tradition des asymmetrischen Kompromisses, auch wenn sie dessen Konturen sehr aufgeweicht haben.
Die radikale Demokratie hat sich über diese beiden Positionen hinaus entwickelt. Die globalen ökologischen Probleme, die ökonomische Globalisierung, die europäische Integration, die Wirtschaftskrise und die soziale Polarisierung haben dazu beigetragen, diese bisherigen Antworten als unbefriedigend zu sehen. Denn in beiden Fällen wird die Demokratie weiterhin im Sinne des politischen Denkens als eine Form des Staates verstanden. Auch wenn der Volkssouverän verflüssigt wird und immer wieder in den öffentlichen Diskussionen und agonalen Auseinandersetzungen seine Gestalt ändert, bleibt das Volk letztlich ein identitäres und repräsentierbares Kollektivsubjekt, das politisch im Nationalstaat verfasst ist und gegen jede Form von globaler Selbstbestimmung ausgespielt wird (so bei Streeck 2013, 240ff). Dem werden von der radikalen Demokratie die Gleichheit und die Multiplizität der Vielen entgegengehalten. Die Teilnahme wird nicht mehr auf ein künstlich und etatistisch begrenztes Staatsvolk beschränkt. Nicht allein können die MigrantInnen einbezogen werden, sondern auch alle diejenigen, die global von den Entscheidungen oder machtvollen Nicht-Entscheidungen der Staaten betroffen sind, weil sie in das Leben der Menschen auch jenseits der Grenzen eingreifen. Der Konsum, das Spar- und Anlageverhalten, die Investitionen, die Produkte, die Wissenspraxis oder Fortbewegungsformen einer Gesellschaft – das alles ist das Ergebnis subpolitischer Entscheidungen, die nicht nur die lokale Bevölkerung, sondern auf verschiedenen, konkreten Wegen die Menschheit insgesamt betreffen. Deswegen ist es undemokratisch, die Meinungs- und Willensbildung und die kollektive Selbstbestimmung staatlich und nationalstaatlich zu begrenzen.
Demokratie bedeutet Alain Badiou (2003) zufolge Gleichheit. So eigenartig dies angesichts der Selbstverständlichkeit einer Norm wie Gleichheit in modernen Gesellschaften klingen mag, bedeutet dies historisch etwas Neues in der radikaldemokratischen Diskussion, wenn damit die Asymmetrie im Verhältnis der Beteiligung an Entscheidungen angesprochen wird. Bislang wurde Gleichheit als politische Gleichheit der StaatsbürgerInnen verstanden, während die soziale Lage allenfalls jakobinisch als materielle Bedingung der Beteiligung an der Demokratie einbezogen wurde. Ganz im Sinne der Tradition bestand die bisherige politische Demokratie demnach aus der Beteiligung der Armen an der staatlich verfassten Herrschaftsausübung und ihrer paternalistischen Förderung zur Teilhabe. Wenn jedoch alle gleich sind und mithin in einer reflexiven Anwendung der Demokratie auch auf sich selbst darüber entscheiden, welche Entscheidungen für alle verbindlich nicht nur politische, sondern auch gesellschaftlichen Entscheidungen sind, dann hat dies eine radikale demokratische Folge. Dies hatte Marx (1871: 544) in seiner Analyse der Praktiken der Pariser Kommune vor Augen, die aus seiner Sicht mit dem allgemeinen, gleichen Wahlrecht Ernst machte, indem sie es aus der Begrenzung auf Parlamentswahlen befreite und auf zahlreiche gesellschaftlichen Lebensbereiche ausdehnte. Radikale Demokratie geht damit über die liberale Trennung von Politik und Ökonomie hinaus, die es bislang immer noch erlaubt hat, dass sich gegenüber der Freiheit demokratischer Selbstbestimmung die gesellschaftlichen Naturgesetze der Ökonomie und des Marktes behauptet haben, in deren Namen die Gesellschaft von Wenigen usurpiert und angeeignet wird, die vorgeben, allein sie könnten diese Naturgesetze beherrschen und die Vielen verwalten. Radikale Demokratie will auch mehr als nur die Anwendung von Formen der repräsentativen Demokratie auch in der Wirtschaft. Vielmehr zielt radikale Demokratie darauf, die Grenzlinien, die von mächtigen Interessen zwischen Wirtschaft und Politik immer wieder errichtet werden, selbst in einer reflexiven Anwendung der Demokratie auf ihre eigenen politischen Grenzen zum Gegenstand kollektiver Selbstbestimmung zu machen. Dabei geht es nicht um Entdifferenzierung an sich, sondern darum: über die Gliederung des komplex gegliederten Ganzen der Gesellschaft selbst demokratisch zu entscheiden. Alle haben das gleiche Recht, die Koordinaten des gesellschaftlichen Zusammenlebens festzulegen. Sie alle entscheiden dann mit gleicher Stimme über die Anordnung, den Zuschnitt, die räumliche und zeitliche, sachliche und soziale Reichweite von demokratischen Praktiken der kollektiven Koordination, Verfahren und Entscheidungen. Dies setzt einen demokratisch getragenen, umfassenden Transformationsprozess in Gang, der sich nicht auf Politik, die Gestalt des Volkssouveräns und den Nationalstaat beschränkt, sondern perspektivisch alle Bereiche des Zusammenlebens einbezieht. Gleichheit im radikaldemokratischen Sinn verstanden ermöglicht die demokratische Selbstbestimmung durch die Freiheit aller und damit eine Neuvermessung des Raums des Sozialen selbst. Das ist die einzige Möglichkeit, die Krisendynamiken im gesellschaftlichen Naturverhältnis und in den materiellen Lebensbedingungen zu stoppen und zu versöhnten Formen der globalen Koordination des gemeinsamen Lebens auf dem Planeten zu gelangen.
Fußnoten
1) Der New Yorker Hedge-Fund-Manager John Paulson vermehrte sein Vermögen in der Krise seit 2007 von 2,5 Mrd. US-Dollar auf 12 Mrd. im Jahr 2010, allein in diesem letztgenannten Jahr verdiente er geschätzte 5 Mrd. US-Dollar.Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/John_Paulson.
2) http://www.wdr5.de/fileadmin/user_upload/Sendungen/Dok5_das_Feature/2012/August/Manuskripte/08_26_Der_oekonomische_Putsch.pdf; Zugriff 17.5.2013.
Literatur
Abensour, Miguel (2012): Demokratie gegen den Staat, Frankfurt/M.
Adorno, Theodor W. (1977): Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit, in: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 10.2, Frankfurt/M.
Agnoli, Johannes (1990): Die Transformation der Demokratie und andere Schriften zur Kritik der Politik, Freiburg im Breisgau.
Arnim, Hans Herbert von (2009): Volksparteien ohne Volk. Das Versagen der Politik, München.
Badiou, Alain (2003): Über Metapolitik, Zürich-Berlin.
Badiou, Alain (2012): Das demokratische Wahrzeichen, in: Demokratie? Eine Debatte, Frankfurt/M.
Brand, Ulrich; Demirović, Alex; Görg, Christoph; Hirsch, Joachim (Hrsg.) (2001): Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates, Münster.
Brie, Michael (Hrsg.) (2007): Schöne neue Demokratie. Elemente totaler Herrschaft, Berlin.
Crouch, Colin (2008): Postdemokratie, Frankfurt/M.
Demirović, Alex (2009): Kehrt der Staat zurück? Wirtschaftskrise und Demokratie, in: PROKLA 157.
Demirović, Alex (2010): Materialistische Staatstheorie und die Transnationalisierung des kapitalistischen Staates, in: Alex Demirović, Stephan Adolphs, Serhat Karakayali (Hrsg.): Das Staatsverständnis von Nicos Poulantzas, Baden-Baden.
Demirović, Alex (2011): Ökonomische Krise – Krise der Politik? in: Alex Demirović, Julia Dück, Florian Becker, Pauline Bader (Hrsg.): Vielfachkrise. Im finanzdominierten Kapitalismus, Hamburg.
Demirović, Alex (2011): Governance – eine neue Stufe staatlicher Herrschaft, in: Alex Demirović, Heike Walk (Hrsg.): Demokratie und Governance. Kritische Perspektiven auf neue Formen politischer Herrschaft, Münster.
Economist Intelligence Unit Limited (2013): Democracy index 2012. Democracy at a standstill, https://portoncv.gov.cv/dhub/porton.por_global.open_file?p_doc_id=1034 [Zugriff: 12.5.2013].
Gramsci, Antonio (1992): Gefängnishefte, Bd. 3, Hamburg.
Habermas, Jürgen (1992): Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt/M.
Hardt, Michael, Negri, Antonio (2002): Globalisierung und Demokratie, in: Okwui Enwezor u.a. (Hg.): Demokratie als unvollendeter Prozeß. Documenta 11_Plattform 1, Kassel.
Hirsch, Joachim (1980): Der Sicherheitsstaat. Das »Modell Deutschland«, seine Krise und die neuen sozialen Bewegungen, Frankfurt/M.
Klein, Dieter (2010): Eine zweite große Transformation und die Linke, Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hrsg.), Kontrovers 01/2010, Berlin.
Klein, Dieter (2011): Kein Wachstum – der schwierige Fortschritt künftiger Transformation, Rosa-Luxemburg-Stiftung (Hrsg.), Standpunkte 16/2011, Berlin.
Krasmann, Susanne (2010): Der Präventionsstaat im Einvernehmen. Wie Sichtbarkeitsregime stillschweigende Akzeptanz produzieren, in: Leon Hempel, Susanne Krasmann, Ulrich Bröckling (Hrsg.): Sichtbarkeitsregime. Überwachung, Sicherheit und Privatheit im 21. Jahrhundert, Leviathan, Sonderheft 25, Wiesbaden.
Lorey, Isabell (2012): Demokratie statt Repräsentation. Zur konstituierenden Macht der Besetzungsbewegungen, in: Isabell Lorey, Jens Kastner, Gerald Raunig, Tom Waibel: Occupy! Die aktuellen Kämpfe um die Besetzung des Politischen, Wien-Berlin.
Luhmann, Niklas (1987): Die Zukunft der Demokratie, in: ders.: Soziologische Aufklärung 4. Beiträge zur funktionalen Differenzierung der Gesellschaft, Opladen.
Marx, Karl (1871): Erster Entwurf zum „Bürgerkrieg in Frankreich“, in: MEW 17, Berlin 1973.
Merkel, Wolfgang (2013): Krise? Krise!, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 104, 6. Mai 2013.
Mouffe, Chantal (2008): Das demokratische Paradox, Wien.
Münzenberg, Willi (1972): Propaganda als Waffe. Ausgewählte Schriften 1919-1940, hrsg. von Til Schulz, Frankfurt/M.
Nolte, Paul (2012): Was ist Demokratie? Geschichte und Gegenwart, München.
Pirker, Theo (1977): Die verordnete Demokratie. Grundlagen und Erscheinungen der „Restauration“, Berlin.
Poulantzas, Nicos (2002): Staatstheorie, Hamburg.
Reißig, Rolf (2009): Gesellschafts-Transformation im 21. Jahrhundert. Ein neues Konzept sozialen Wandels, Wiesbaden.
Schneider-Wilkes, Rainer (Hrsg.) (1997): Demokratie in Gefahr? Zum Zustand der deutschen Republik, Münster.
Streeck, Wolfgang (2013): Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus, Berlin.
Žižek, Slavoj (2001): Die Tücke des Subjekts, Frankfurt/M.
---
Dieser Beitrag erschien zuerst in PROKLA Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft, Heft 171, 43. Jg., 2013, Nr. 2