Das Deutsche Atomforum ist sich für nichts zu schade, um der gefährlichen Energie ein bessere Image zu verpassen. „Willst du wirklich mit mir Schluss machen?" In weißer Handschrift
ist die Frage auf rotem Hintergrund zu lesen. Die Postkarte ist wie
geschaffen für junge Menschen, die gerade verlassen wurden, tief im
Liebesschmerz versunken. So fühlt sich anscheinend auch die deutsche
Atomindustrie, denn das Postkartenmotiv wurde erdacht vom Deutschen
Atomforum, dem Lobbyverein der Atomfans.
Die Postkarte findet man vor allem in Kneipen und Bars. Vertrieben
werden sie von der „publicity werbung gmbh", die sich damit rühmt, dass
ihre „City Cards" in 100 Städten an über 6.000 Stellen ausliegen. Die
Atomindustrie hat wieder einmal viel Geld verwendet, um die junge
Generation mit ihrer Propaganda zu beeinflussen. Auf der Rückseite der
Postkarte wird damit geworben, dass die deutschen Atomkraftwerke seit
fast 50 Jahren sicheren und klimafreundlichen Strom geliefert hätten.
„Wir hatten doch so eine gute Zeit..."
Angst vor dem Ende
Die Atomlobby befürchtet, dass diese Zeit nun ablaufen könnte. Denn im
Herbst sind Bundestagswahlen und in den nächsten vier Jahren müssten
eigentlich sieben Atomreaktoren abgeschaltet werden. Wenn aber eine
atomfreundliche Regierung an die Macht kommt, könnte der so genannte
Atomausstieg aus dem Jahre 2000 rückgängig gemacht werden.
Für die großen Energiekonzerne würde das zusätzliche Milliardenprofite
bedeuten: Ein Atomkraftwerk erwirtschaftet täglich einen Zusatzgewinn
von etwa einer Millionen Euro. Das liegt daran, dass die Kosten für den
Brennstoff Uran und für das Personal relativ gering sind. Den hohen
Preis für den Bau eines Atomreaktors haben die Unternehmen durch ihre
bisherigen Gewinne bereits abbezahlt. Unberücksichtigt sind jedoch die
Kosten für die Gesellschaft: Sollte es zu einem Unfall kommen, zahlen
die Betreiber der Atomkraftwerke nur einen Bruchteil der entstehen
Schäden. Und für die Endlagerung des Atommülls kommen ohnehin die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf.
„Deutschlands ungeliebte Klimaschützer"
All das wird in den Werbekampagnen des Deutschen Atomforums gerne
übergangen. Hier gelten die Atommeiler als Heilsbringer der Menschheit.
Als „Klimaschützer der Woche" wurden sie im Sommer 2007 angepriesen. In
zahlreichen Zeitungen und Berliner U-Bahn-Stationen waren idyllische
Landschaftsaufnahmen zu sehen. Mittendrin: Jeweils ein Atomkraftwerk.
Dazu die Botschaft: „CO2-Ausstoß: Null". Der Wirklichkeit entspricht
das nicht. Auch bei der Atomstrom-Erzeugung wird Kohlendioxid in die
Luft gepustet - beim Abbau oder Transports des Urans zum Beispiel.
„Greenwashing" nennt man das, was das Atomforum da veranstaltet:
Grünfärberei. Dafür wurde der Werbefeldzug sogar ausgezeichnet. Der
europäische „Greenwashing Award 2007" ging an die deutschen
Atomlobbyisten. Besonders peinlich: Angeblich soll das Plakat mit dem
Atomkraftwerk Brunsbüttel nicht mehr verklebt worden sein, nachdem es
wegen eines Zwischenfalls - ein Kurzschluss in einer Schaltanlage -
abgeschaltet werden musste.
Bürgerinnen fragen, Lobbyisten antworten
Aber dem Atomforum gehen die Ideen nicht aus: Die neue Kampagne heißt
„Zeit für Energieverantwortung". Deutschland solle über die Zukunft
diskutieren. Doch die Fragen bestimmen die AtomlobbyistInnen: „Wohin
führt der energiepolitische Sonderweg Deutschlands?" Und die Antwort
wird auch auf der entsprechenden Internetseite gleich mitgeliefert: Es
gebe bislang „keine überzeugenden Konzepte für eine sichere,
wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung nach dem
Ausstieg" aus der Risikotechnologie Atomkraft.
Von einem „energiepolitischen Sonderweg" kann übrigens keinesfalls die
Rede sein. Nur in Frankreich und Finnland wird jeweils ein neues
Atomkraftwerk gebaut. Spanien und Belgien wollen wie Deutschland
aussteigen, Griechenland, Österreich, Irland, Dänemark, Norwegen und
Portugal besitzen erst gar keine Reaktoren - und wollen auch keine.
Weltweit gewinnen gerade einmal 31 Länder ihren Strom teilweise aus der
Risikotechnologie - insgesamt gibt es 193.
Noch kämpft das Deutsche Atomforum darum, dass Deutschland weiterhin
bei den 31 Ländern mit Kernenergie bleibt. Ein paar Jahre wird das
sicherlich noch so bleiben. Doch wenn bald die gefährlichen Reaktoren
einer nach dem anderen abgeschaltet werden - dann ist der Weg frei für
die erneuerbaren Energien. AtomkraftgegnerInnen haben schon eine
entsprechende Antwort auf die Postkarte des Atomforums. Auf der
elektronischen Postkarte heißt es: „Wir wollen wirklich mit euch
Schluss machen! ...denn unser Neuer ist viel sauberer als ihr!"
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