"Atomkraft? Ja bitte!"

in (03.09.2009)

Das Deutsche Atomforum ist sich für nichts zu schade, um der gefährlichen Energie ein bessere Image zu verpassen. „Willst du wirklich mit mir Schluss machen?" In weißer Handschrift ist die Frage auf rotem Hintergrund zu lesen. Die Postkarte ist wie geschaffen für junge Menschen, die gerade verlassen wurden, tief im Liebesschmerz versunken. So fühlt sich anscheinend auch die deutsche Atomindustrie, denn das Postkartenmotiv wurde erdacht vom Deutschen Atomforum, dem Lobbyverein der Atomfans.

Die Postkarte findet man vor allem in Kneipen und Bars. Vertrieben werden sie von der „publicity werbung gmbh", die sich damit rühmt, dass ihre „City Cards" in 100 Städten an über 6.000 Stellen ausliegen. Die Atomindustrie hat wieder einmal viel Geld verwendet, um die junge Generation mit ihrer Propaganda zu beeinflussen. Auf der Rückseite der Postkarte wird damit geworben, dass die deutschen Atomkraftwerke seit fast 50 Jahren sicheren und klimafreundlichen Strom geliefert hätten. „Wir hatten doch so eine gute Zeit..."

Angst vor dem Ende
Die Atomlobby befürchtet, dass diese Zeit nun ablaufen könnte. Denn im Herbst sind Bundestagswahlen und in den nächsten vier Jahren müssten eigentlich sieben Atomreaktoren abgeschaltet werden. Wenn aber eine atomfreundliche Regierung an die Macht kommt, könnte der so genannte Atomausstieg aus dem Jahre 2000 rückgängig gemacht werden.
Für die großen Energiekonzerne würde das zusätzliche Milliardenprofite bedeuten: Ein Atomkraftwerk erwirtschaftet täglich einen Zusatzgewinn von etwa einer Millionen Euro. Das liegt daran, dass die Kosten für den Brennstoff Uran und für das Personal relativ gering sind. Den hohen Preis für den Bau eines Atomreaktors haben die Unternehmen durch ihre bisherigen Gewinne bereits abbezahlt. Unberücksichtigt sind jedoch die Kosten für die Gesellschaft: Sollte es zu einem Unfall kommen, zahlen die Betreiber der Atomkraftwerke nur einen Bruchteil der entstehen Schäden. Und für die Endlagerung des Atommülls kommen ohnehin die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auf.

„Deutschlands ungeliebte Klimaschützer"
All das wird in den Werbekampagnen des Deutschen Atomforums gerne übergangen. Hier gelten die Atommeiler als Heilsbringer der Menschheit. Als „Klimaschützer der Woche" wurden sie im Sommer 2007 angepriesen. In zahlreichen Zeitungen und Berliner U-Bahn-Stationen waren idyllische Landschaftsaufnahmen zu sehen. Mittendrin: Jeweils ein Atomkraftwerk. Dazu die Botschaft: „CO2-Ausstoß: Null". Der Wirklichkeit entspricht das nicht. Auch bei der Atomstrom-Erzeugung wird Kohlendioxid in die Luft gepustet - beim Abbau oder Transports des Urans zum Beispiel.
„Greenwashing" nennt man das, was das Atomforum da veranstaltet: Grünfärberei. Dafür wurde der Werbefeldzug sogar ausgezeichnet. Der europäische „Greenwashing Award 2007" ging an die deutschen Atomlobbyisten. Besonders peinlich: Angeblich soll das Plakat mit dem Atomkraftwerk Brunsbüttel nicht mehr verklebt worden sein, nachdem es wegen eines Zwischenfalls - ein Kurzschluss in einer Schaltanlage - abgeschaltet werden musste.

Bürgerinnen fragen, Lobbyisten antworten
Aber dem Atomforum gehen die Ideen nicht aus: Die neue Kampagne heißt „Zeit für Energieverantwortung". Deutschland solle über die Zukunft diskutieren. Doch die Fragen bestimmen die AtomlobbyistInnen: „Wohin führt der energiepolitische Sonderweg Deutschlands?" Und die Antwort wird auch auf der entsprechenden Internetseite gleich mitgeliefert: Es gebe bislang „keine überzeugenden Konzepte für eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung nach dem Ausstieg" aus der Risikotechnologie Atomkraft.
Von einem „energiepolitischen Sonderweg" kann übrigens keinesfalls die Rede sein. Nur in Frankreich und Finnland wird jeweils ein neues Atomkraftwerk gebaut. Spanien und Belgien wollen wie Deutschland aussteigen, Griechenland, Österreich, Irland, Dänemark, Norwegen und Portugal besitzen erst gar keine Reaktoren - und wollen auch keine. Weltweit gewinnen gerade einmal 31 Länder ihren Strom teilweise aus der Risikotechnologie - insgesamt gibt es 193.
Noch kämpft das Deutsche Atomforum darum, dass Deutschland weiterhin bei den 31 Ländern mit Kernenergie bleibt. Ein paar Jahre wird das sicherlich noch so bleiben. Doch wenn bald die gefährlichen Reaktoren einer nach dem anderen abgeschaltet werden - dann ist der Weg frei für die erneuerbaren Energien. AtomkraftgegnerInnen haben schon eine entsprechende Antwort auf die Postkarte des Atomforums. Auf der elektronischen Postkarte heißt es: „Wir wollen wirklich mit euch Schluss machen! ...denn unser Neuer ist viel sauberer als ihr!"

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