Übergriffe, Bedrohungen, Morde und
rechtliche Schikanierungen - das müssen etliche Bauern und Bäuerinnen
auf der Halbinsel Bondoc in den Philippinen erleiden. Der Grund: Sie
setzen sich für ihr Recht auf ein eigenes Stück Land ein. David W.
versucht durch seine Mitarbeit bei der Organisation IPON durch
internationale Menschenrechtsbeobachtung Sicherheit zu gewährleisten.
Nachdem in der graswurzelrevolution 336 bereits ein Artikel zum Thema
erschienen ist, berichtet er von den Philippinen für die utopia.
Viele Probleme der philippinischen Landwirte und Landwirtinnen haben
ihren Ursprung in der Frage nach der Landverteilung, die sich quer
durch die philippinische Geschichte zieht. Seit der Kolonialzeit
befindet sich ein Großteil der landwirtschaftlichen Flächen in der Hand
weniger wechselnder Großgrundbesitzer und -besitzerinnen, die sich
heute teilweise bis zu 60 Prozent der von den Pächtern und Pächterinnen
erarbeiteten Ernte einstecken.
Vor über 20 Jahren ist ein Landumverteilungsprogramm, das Comprehensive
Agrarian Reform Programm (CARP), in Kraft getreten, das im wesentlichen
besagt, dass Großgrundbesitzer und -besitzerinnen, die so genannten
Landlords, Teile ihres Landes abgeben müssen. Letztes Jahr ist das
Programm ausgelaufen, wurde jedoch inzwischen zweimal um sechs Monate
verlängert. Bei der letzten Verlängerung gab es jedoch eine „kleine"
Änderung: Die Landlords können nicht mehr gezwungen werden, ihr Land
abzugeben. Kritiker und Kritikerinnen sehen darin eine faktische
Abschaffung der Agrarreform, die Verfassungsstatus hat. Dabei sei die
Landumverteilung in den letzten 20 Jahren keineswegs ausreichend
umgesetzt worden.
Das liegt zum einen an Einschüchterungen gegenüber Antragsstellerinnen
und Antragsstellern, zum anderen an zahlreiche Lücken im Gesetz, die
die Landlords nutzen, um ihr Land zu verteidigen. So können sie
beispielsweise Teile des Landes an Familienangehörige übertragen oder
es als Weidefläche ausgeben, um es dem Reformprogramm zu entziehen. Ein
weiterer Kritikpunkt ist, dass das Land nicht kostenfrei umverteilt
wird, sondern die Kleinbauern- und bäuerinnen dafür zahlen müssen.
Die Kritikpunkte spalten die philippinische Linke: Während die Einen,
die sogenannten Radikaldemokraten und -demokratinnen, versuchen das
Programm so gut es geht zu nutzen, lehnen die Anderen, insbesondere die
kommunistische Miliz „New Peopels Army" (NPA) und ihr ziviler Arm, die
„National Democratic Front" (NDF), das Gesetz prinzipiell ab. Das geht
soweit, dass Bäuerinnen und Bauern, die die Agrarreform nutzen wollen,
von der NPA eingeschüchtert und angegriffen werden.
Auf der Halbinsel Bondoc wird sogar vermutet, dass die NPA mit den
Landlords und ihren Mitarbeitern, den Goons, zusammenarbeitet, um
Antragssteller und -stellerinnen zu bekämpfen. Der Verdacht ist, dass
die Landlords der Guerilla die sogenannte „Revolutionssteuer" zahlen,
und diese im Gegenzug Einschüchterungsversuche unternimmt und Anschläge
verübt. Erst Anfang letzten Jahres wurde ein Bauernführer, der sich für
die Umsetzung des CARPs eingesetzt hat, von einem mutmaßlichen
NPA-Mitglied entführt, gefoltert und ermordet.
In diesem und in anderen Fällen wird das International Peace Observers
Network (IPON) aus Deutschland aktiv. Die Mitarbeiter beobachten Fälle,
dokumentieren diese und leiten Informationen an staatliche Stellen
sowie an die nationale und internationale Öffentlichkeit weiter. Im
Fall des ermordeten Bauernführers ist IPONs Hauptanliegen, dass der
philippinische Staat, seinen menschenrechtlichen Pflichten nachgeht,
und deshalb ausreichend nach den Tätern oder Täterinnen sowie nach
potenziellen Auftraggebern oder -geberinnen ermittelt sowie der Familie
des Ermordeten ein Zeugenschutzprogramm ermöglicht. Durch das Zeigen
von Präsenz und das Begleiten von Bauern und Bäuerinnen zu Treffen,
Gerichtsverhandlungen oder Demonstrationen, wird außerdem versucht,
Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen.
Um auch in Zukunft einen Beitrag zur Verbesserung der
Menschenrechtssituation auf den Philippinen leisten zu können sucht
IPON noch für dieses Jahr Freiwillige, die für sechs Monate oder länger
auf die Philippinen reisen wollen.
David W., Mulanay (Philippinen)
Der Blog von David und seinem Team:
http://menschenrechtsbeobachtung.wordpress.com
Das International Peace Observers Network:
http://www.ipon-philippines.org
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