Philippinen: Menschenrechtsverletzungen statt Landreform

in (16.05.2009)

Übergriffe, Bedrohungen, Morde und rechtliche Schikanierungen - das müssen etliche Bauern und Bäuerinnen auf der Halbinsel Bondoc in den Philippinen erleiden. Der Grund: Sie setzen sich für ihr Recht auf ein eigenes Stück Land ein. David W. versucht durch seine Mitarbeit bei der Organisation IPON durch internationale Menschenrechtsbeobachtung Sicherheit zu gewährleisten. Nachdem in der graswurzelrevolution 336 bereits ein Artikel zum Thema erschienen ist, berichtet er von den Philippinen für die utopia.

Viele Probleme der philippinischen Landwirte und Landwirtinnen haben ihren Ursprung in der Frage nach der Landverteilung, die sich quer durch die philippinische Geschichte zieht. Seit der Kolonialzeit befindet sich ein Großteil der landwirtschaftlichen Flächen in der Hand weniger wechselnder Großgrundbesitzer und -besitzerinnen, die sich heute teilweise bis zu 60 Prozent der von den Pächtern und Pächterinnen erarbeiteten Ernte einstecken.


Vor über 20 Jahren ist ein Landumverteilungsprogramm, das Comprehensive Agrarian Reform Programm (CARP), in Kraft getreten, das im wesentlichen besagt, dass Großgrundbesitzer und -besitzerinnen, die so genannten Landlords, Teile ihres Landes abgeben müssen. Letztes Jahr ist das Programm ausgelaufen, wurde jedoch inzwischen zweimal um sechs Monate verlängert. Bei der letzten Verlängerung gab es jedoch eine „kleine" Änderung: Die Landlords können nicht mehr gezwungen werden, ihr Land abzugeben. Kritiker und Kritikerinnen sehen darin eine faktische Abschaffung der Agrarreform, die Verfassungsstatus hat. Dabei sei die Landumverteilung in den letzten 20 Jahren keineswegs ausreichend umgesetzt worden.


Das liegt zum einen an Einschüchterungen gegenüber Antragsstellerinnen und Antragsstellern, zum anderen an zahlreiche Lücken im Gesetz, die die Landlords nutzen, um ihr Land zu verteidigen. So können sie beispielsweise Teile des Landes an Familienangehörige übertragen oder es als Weidefläche ausgeben, um es dem Reformprogramm zu entziehen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Land nicht kostenfrei umverteilt wird, sondern die Kleinbauern- und bäuerinnen dafür zahlen müssen.


Die Kritikpunkte spalten die philippinische Linke: Während die Einen, die sogenannten Radikaldemokraten und -demokratinnen, versuchen das Programm so gut es geht zu nutzen, lehnen die Anderen, insbesondere die kommunistische Miliz „New Peopels Army" (NPA) und ihr ziviler Arm, die „National Democratic Front" (NDF), das Gesetz prinzipiell ab. Das geht soweit, dass Bäuerinnen und Bauern, die die Agrarreform nutzen wollen, von der NPA eingeschüchtert und angegriffen werden.


Auf der Halbinsel Bondoc wird sogar vermutet, dass die NPA mit den Landlords und ihren Mitarbeitern, den Goons, zusammenarbeitet, um Antragssteller und -stellerinnen zu bekämpfen. Der Verdacht ist, dass die Landlords der Guerilla die sogenannte „Revolutionssteuer" zahlen, und diese im Gegenzug Einschüchterungsversuche unternimmt und Anschläge verübt. Erst Anfang letzten Jahres wurde ein Bauernführer, der sich für die Umsetzung des CARPs eingesetzt hat, von einem mutmaßlichen NPA-Mitglied entführt, gefoltert und ermordet.


In diesem und in anderen Fällen wird das International Peace Observers Network (IPON) aus Deutschland aktiv. Die Mitarbeiter beobachten Fälle, dokumentieren diese und leiten Informationen an staatliche Stellen sowie an die nationale und internationale Öffentlichkeit weiter. Im Fall des ermordeten Bauernführers ist IPONs Hauptanliegen, dass der philippinische Staat, seinen menschenrechtlichen Pflichten nachgeht, und deshalb ausreichend nach den Tätern oder Täterinnen sowie nach potenziellen Auftraggebern oder -geberinnen ermittelt sowie der Familie des Ermordeten ein Zeugenschutzprogramm ermöglicht. Durch das Zeigen von Präsenz und das Begleiten von Bauern und Bäuerinnen zu Treffen, Gerichtsverhandlungen oder Demonstrationen, wird außerdem versucht, Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen.


Um auch in Zukunft einen Beitrag zur Verbesserung der Menschenrechtssituation auf den Philippinen leisten zu können sucht IPON noch für dieses Jahr Freiwillige, die für sechs Monate oder länger auf die Philippinen reisen wollen.

David W., Mulanay (Philippinen)

Der Blog von David und seinem Team:
http://menschenrechtsbeobachtung.wordpress.com
Das International Peace Observers Network:
http://www.ipon-philippines.org

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