Wie deutsche Firmen Kriegsgerät in alle Welt exportieren
Egal wie es um die Wirtschaft steht, eine Branche boomt immer: Die
Rüstungsindustrie. Die Bundesregierung redet dennoch nicht gern über
die boomende Branche und versucht sie kleinzureden - in ihrem Bericht
für das Jahr 2007 schreibt sie sogar, die Ausfuhr von Kriegswaffen sei
um 15 Prozent zurückgegangen. Doch wie lautet ein altbekanntes
Sprichwort: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.
Wahr ist, dass der Wert der so genannten Einzelausfuhrgenehmigungen
2007 um rund 500 Millionen Euro zurückgegangen sind. Darunter versteht
man den Export kompletter, fertiger Kriegsgeräte, wie zum Beispiel
Panzer, aber auch kleinerer Waffen. Zu diesen Waffenexporten kommen
allerdings noch die Exporte von einzelnen Komponenten, die für den Bau
von Rüstungsgütern gebraucht werden. Für solche Exporte werden so
genannte Sammelausfuhrgenehmigungen benötigt. Die sind 2007 um über 1,5
Milliarden Euro gestiegen. Der Wert der erteilten Ausfuhrgenehmigungen
ist damit der zweithöchste in der Geschichte der Bundesrepublik
Deutschland und der höchste seit etwa zehn Jahren.
Deutschland mischt ganz vorne mit
Mit solchen Zahlen ist Deutschland nicht „irgendein" Land, das
Tötungsmaschinen exportiert. Die Bundesrepublik liegt vielmehr auf dem
dritten Platz der wenig rühmlichen Weltrangliste der
Rüstungsexporteure. Vor ihr liegen nur noch Russland und die USA. In
dieser vom schwedischen Friedensforschungsinstitut SIPRI (Stockholm
International Peace Research Institute) veröffentlichten „Topliste"
werden zwar nur „Großwaffensysteme" wie Panzer, Kriegsschiffe oder
Flugzeuge beachtet. Allerdings ist auch die Menge an aus Deutschland
exportierten Kleinwaffen, wie beispielsweise Maschinengewehren oder
Granaten, insbesondere in so genannte Drittländer beachtlich. Als
Drittländer werden Staaten außerhalb der EU und dem Kriegsbündnis NATO
bezeichnet. So gelangen deutsche Waffen auch an internationale
Konfliktherde und in Staaten mit miserabelsten
Menschenrechtssituationen. Darunter sind zum Beispiel Länder wie
Pakistan, Georgien, Jemen, oder Thailand. Laut dem Internationalen
Komitee vom Roten Kreuz sind rund 95 Prozent aller Opfer in den
heutigen Kriegen auf solche Kleinwaffen zurückzuführen.
In den Richtlinien für den Export von Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000
verpflichtet sich die Bundesregierung, bei der Ausfuhr von Waffen ein
besonderes Augenmerk auf die Menschenrechtssituation im „Bestimmungs-
und Endverbleibsland" zu legen. Beachtung schenkt sie diesen eigenen
Richtlinien offenbar nicht. Wie sonst ist es zu erklären, dass
beispielsweise Pakistan und Indien mit deutschen Waffen beliefert
werden. Der schon lange andauernde Konflikt zwischen den beiden Staaten
drohte in den letzten Jahren zu eskalieren und ist von andauernden
Menschenrechtsverletzungen geprägt. Ähnliche Situationen finden sich
bei vielen „Kunden" der deutschen Rüstungsindustrie wieder. Solche
Ausfuhrgenehmigungen werden nicht öffentlich vergeben, nicht einmal
unter Einbeziehung der Oppositionsparteien im Bundestag. Denn im so
genannten Bundessicherheitsrat, der solche tödlichen Entscheidungen
trifft, sitzen lediglich Vertreter der Bundesregierung.
Der Antrieb des Exports und damit der Konjunktur scheint wichtiger zu
sein als die Demokratie und der Tod von Menschen durch deutsche Waffen
in den Krisen- und Kriegsregionen der Welt.
Felix Huesmann
Weitere Informationen: http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden
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