Globale Ungleichheiten avant la lettre

Theoretische Genealogien und radikale Kritik

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Keywords: global inequalities, critique of Eurocentrism, unit of analysis, epistemology, (de)coloniality

Schlagwörter: globale Ungleichheiten, Eurozentrismus-Kritik, Analyseeinheit, Epistemologie, (De)Kolonialität

Globale Ungleichheiten sind als Forschungsthema erst seit Beginn des 21. Jahrhunderts in akademischen Debatten explizit präsent. Zwar thematisierten in den 1970er Jahren sozialwissenschaftliche Debatten die internationale Arbeitsteilung, Zentrum-Peripherie-Abhängigkeiten, Imperialismus und die Weltwirtschaft – und damit implizit auch globale Ungleichheiten. Sie verliefen jedoch parallel zu und unabhängig von Studien zu Einkommens- und Bildungsungleichheit, die sich fast ausschließlich auf nationale Kontexte bezogen.

Erst als die Kluft zwischen Arm und Reich in vielen Ländern des Globalen Nordens, vor allem in den Vereinigten Staaten und Großbritannien, in den 1980er Jahren immer größer wurde, avancierten globale Ungleichheiten zum neuen Stichwort, unter dem die Weltwirtschaft zusammen mit strukturellen Ungleichheiten in den Blick genommen werden sollen. Zunächst drehten sich die Debatten weitgehend um die Ergebnisse der Weltbank, die das Verhältnis zwischen Ungleichheit und Wirtschaftswachstum in den vorangegangenen Jahrzehnten untersuchten. Egal, ob sie zu dem Ergebnis kamen, dass „Wachstum gut für die Armen“ (Dollar & Kraay 2002) oder zu dem, dass „Ungleichheit schlecht für die Armen“ ist (Ravallion 2005), konzentrierten sie sich dabei vorrangig auf Armut als entscheidendes Problem in armen Ländern, das folglich als erstes behandelt werden müsste. Die Weltbank argumentierte anfangs, dass die mittleren Einkommen zwischen den Staaten sich annäherten, und dass globale Ungleichheiten abnähmen. Doch schon bald wurden diese Aussagen durch zunehmende Belege für einen steilen Anstieg des Einkommensverhältnisses zwischen den reichsten und den ärmsten Menschen der Welt sowie durch immer mehr Daten über die zunehmende Ungleichheit innerhalb der größten und am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Chinas und Indiens in Frage gestellt. Als Thomas Piketty (2014 [2013]) Capital in the Twenty-First Century (Das Kapital im 21. Jahrhundert) publizierte und Oxfam als erste berichtete, dass das reichste 1 % nun mehr Vermögen besaß als der Rest des Planeten (Oxfam 2016), hatten sich die globalen Ungleichheiten sowohl als Forschungsthema wie als Fokus der Medien fest etabliert. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Weltsystemanalyse jedoch bereits seit mehr als vierzig Jahren mit globalen Ungleichheiten befasst – mit einer komplexeren und differenzierteren Terminologie und einer umfassenderen historischen Perspektive. Dabei hatte sie viele der jüngsten Argumente vorweggenommen und sogar einige der heutigen Länderentwicklungen weit im Voraus prognostiziert.

Warum also mussten die Sozialwissenschaften allgemein und die Soziologie im Besonderen das Rad der globalen Ungleichheiten im 21. Jahrhundert neu erfinden? Der vorliegende Aufsatz verweist auf einige der Beiträge zur Untersuchung globaler Ungleichheiten, die der von Immanuel Wallerstein, Terence Hopkins und Giovanni Arrighi begründete Ansatz der Weltsystemanalyse ermöglicht hat, um dieses scheinbare Paradox zu erklären. Es wird argumentiert, dass der Weltsystemansatz globale Ungleichheiten nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in politischer, kultureller und epistemischer Hinsicht untersucht und dabei (1) die Trennung dieser Sphären als künstlich und (2) die daraus resultierende akademische Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Fachgebieten als Ausdruck globaler Ungleichheiten in der Wissensproduktion kritisiert. Diese Konzeptualisierung trug wesentlich dazu bei, die theoretischen und methodologischen blinden Flecken der Soziologie aufzudecken und einen umfassenden Rahmen für die Untersuchung globaler Ungleichheiten zu formulieren.

Allerdings erforderte die Implementierung des letzteren – des analytischen Rahmens – die Anerkennung des ersteren – der theoretischen und methodischen blinden Flecken der Soziologie. Daraus folgte, dass zwei Bedingungen erfüllt sein mussten, bevor globale Ungleichheiten ein vorrangiges Thema der Sozialwissenschaften werden konnten: Erstens mussten globale Ungleichheiten das Zentrum des Weltsystems treffen, nicht nur allein die Peripherie („die Armen“) oder die Zentrum-Peripherie-Struktur insgesamt. Zweitens musste eine radikalere Kritik des für die meisten Sozialwissenschaften charakteristischen Eurozentrismus verbreitete Legitimität und Sichtbarkeit in der Soziologie selbst erlangen, wie sie Wallerstein sowohl in seiner Forderung, die Sozialwissenschaften „kaputt-zu-denken“ (Wallerstein 1991b), als auch gemeinsam mit anderen im Bericht der Gulbenkian-Kommission „Open the Social Sciences“ (Wallerstein 1996) formuliert hatte. Beide Bedingungen wurden in den 1980er Jahren erfüllt, als die Einkommensungleichheiten in den Vereinigten Staaten und Großbritannien ihren beispiellosen Anstieg verzeichneten und die Kritik am Eurozentrismus in den Mittelpunkt postkolonialer und dekolonialer Ansätze rückte.

Ausgehend von diesen Argumenten befasst sich der Artikel mit den anhaltenden Auswirkungen der akademischen Arbeitsteilung des neunzehnten Jahrhunderts auf die soziologische Analyse von Ungleichheiten und verweist auf einige ihrer frühesten Formulierungen. Dies geschieht in drei Schritten: Zunächst macht der Artikel deutlich, dass die methodologische Wende vom Nationalstaat hin zur gesamten kapitalistischen Weltwirtschaft, die die Dependenztheorie und die Weltsystemanalyse als analytischen Zugang vorschlagen, ein Kennzeichen einer globalen Soziologie darstellt. Zweitens setzt er diese methodologische Wende mit der epistemologischen Kritik in Beziehung, die in den 1990ern prominent wurde, und hebt die Rolle hervor, die beide Elemente in Wallersteins frühem Zugang zu globalen Ungleichheiten spielten. Drittens beleuchtet der Artikel die Beziehung zwischen der Selbstdefinition der Weltsystemanalyse als einer Form des Protests gegen die Mainstream-Sozialwissenschaften (und nicht als eine Theorie) und den theoretischen und politischen Verflechtungen mit postkolonialen und dekolonialen Ansätzen, die – so das Argument – in hohem Maße zur Prominenz globaler Ungleichheiten als Thema beigetragen haben.

1.  Die methodologische Wende: die Analyseeinheit einer globalen Soziologie

Anders, als oft in den aktuellen Debatten dargestellt und entgegen den Ansichten vieler ihrer Kritiker*innen hat die Weltsystemanalyse globale Ungleichheiten nie als ausschließlich ökonomische Phänomene verstanden. In einem biographischen Essay hat Walter Goldfrank 1988 Immanuel Wallersteins Analyse des modernen Weltsystems charakterisiert als

„die Verbindung von drei großen Traditionen der westlichen Sozialwissenschaft, die alle in Opposition zum vorherrschenden anglo-amerikanischen Liberalismus und Positivismus stehen, mit einer Sensibilität, die vom Radikalismus der ‚Dritten Welt‘ geprägt ist. Diese Traditionen sind die deutsche historische Ökonomie, die Annales-Schule in der französischen Historiographie und der Marxismus.“ (Goldfrank 1988: 216)

In der Tat hatte die Nichtübereinstimmung mit dem Marx‘schen Verständnis der ursprünglichen Akkumulation im Weltmaßstab zunächst sowohl die Dependenztheoretiker*innen als auch die Weltsystemanalytiker*innen zu einer Rekonzeptualisierung der ungleichen Entwicklung auf globaler Ebene geführt. Für die dependentistas bedeutete Kapitalismus eine asymmetrische Machtbeziehung zwischen dem entwickelten, industrialisierten Westen, der das Zentrum des Systems bildete, und der unterentwickelten agrarischen Dritten Welt, welche vom Zentrum ökonomisch ausgebeutet wurde und die Peripherie des Systems bildete (Cardoso & Faletto 1969). Ausgangspunkt der Dependenztheorien war die Tatsache, dass die seit der europäischen Kolonialexpansion im 16. Jahrhundert etablierte internationale Arbeitsteilung die Wirtschaft der Kolonien allmählich nach den Bedürfnissen der europäischen Kolonialzentren umgestaltet hatte (z. B. Abbau von Rohstoffen im Austausch gegen Industriegüter). Andre Gunder Frank bezeichnete daher den Prozess, der aktiv und systematisch Rückständigkeit in der Peripherie produzierte, als „Entwicklung der Unterentwicklung“ (Frank 1966). Seiner Ansicht nach waren Entwicklung und Unterentwicklung keine unterschiedlichen „Stufen“ in einem Kontinuum, sondern, wie Zentrum und Peripherie, relationale Begriffe, die zeitlich nebeneinander bestehen und sich gegenseitig verstärken. Folglich war die Unterentwicklung Lateinamerikas nicht eine Frage des „semifeudalen“ oder „vorkapitalistischen“ Charakters der Region, sondern die Folge ihrer Einbindung in das kapitalistische System als rohstoffproduzierende Region seit der Kolonialzeit (Frank 1967). Die Dependenztheoretiker*innen ersetzten die vorherrschende Vorstellung von verschiedenen kapitalistischen Systemen (deren Grenzen bestimmten Nationalstaaten entsprechen) durch ein einziges kapitalistisches Weltsystem, das durch die Aneignung des Mehrwerts mittels einer Vielzahl von Produktionsprozessen gekennzeichnet ist, von denen nur einer die Lohnarbeit ist (ebd.: 256ff).

Trotz der globalen Reichweite ihrer Analysen bevorzugten die meisten dependentistas weiterhin nationale Lösungen. Sie argumentierten, dass eine autonome Entwicklung auf nationaler Ebene möglich sei, wenn das nationale Kräfteverhältnis bzw. das interne Herrschaftssystem von einer kapitalistisch dominierten Klassenallianz zu einem Arbeiter*innenstaat werde (Cardoso & Faletto 1979), oder wenn ihm eine Revolution wie in Kuba vorausgegangen sei (Frank 1966; Marini 1974). Immanuel Wallerstein, der sich bei der Analyse der Wirtschaftsstrukturen peripherer Staaten teilweise auf die Dependenztheorie und insbesondere auf Franks Begriff der „Entwicklung der Unterentwicklung“ stützte, vertrat stattdessen die Auffassung, dass die Transformation einer kapitalistischen Weltwirtschaft, die auf der Unterentwicklung der Peripherien (und Semiperipherien) zugunsten des Zentrums beruht, nur auf der Ebene des gesamten Systems – mit anderen Worten als globale Transformation – erfolgen kann:

„Die Erlangung von Macht innerhalb eines souveränen Staates, der durch ein zwischenstaatliches System, das auf einer funktionierenden Arbeitsteilung beruht, eingeschränkt ist, bedeutete [...] nicht die Möglichkeit, aus der kapitalistischen Weltwirtschaft auszusteigen. Es bedeutete stattdessen die begrenzte Reallokation des Weltüberschusses [...], ohne notwendigerweise das System als solches zu untergraben.“ (Wallerstein 1991b: 166)

Auch sollten wir uns nicht um die heutigen souveränen Staaten und ihre „Grade“ des Kapitalismus kümmern, mahnt Wallerstein, denn

„der Kapitalismus war von Anfang an eine Angelegenheit der Weltwirtschaft und nicht der Nationalstaaten. Es ist eine Fehlinterpretation der Situation zu behaupten, der Kapitalismus sei erst im zwanzigsten Jahrhundert ‚weltweit‘ geworden.“ (Wallerstein 2000b [1974]: 87)

Für die Weltsystemtheoretiker ist Marx‘ wechselnder Fokus auf dem Universalismus der abstrakten Theorie und der Besonderheit der empirischen Realität des Kapitalismus als historisches System von Bedeutung, denn dadurch kamen widersprüchliche und koexistierende Historiographien sowie unterschiedliche Zukunftsszenarien zu Stande (Arrighi u.a. 2012 [1989]; Wallerstein 1991a; 1996). Aus dieser Perspektive ist die marxistische Klassenanalyse, wenn sie als Klassenpolarisierung auf der Ebene der kapitalistischen Weltwirtschaft verstanden wird, nicht nur im einundzwanzigsten Jahrhundert gültig, sondern auch in historischer Hinsicht soziologisch korrekt. Ein solches Verständnis erfordert jedoch den Fokus des an einzelnen historischen Prozessen und an der Kritik der politischen Ökonomie interessierten Marx, und nicht desjenigen Marx, der sich primär den Marktinteressen in nationalen Kontexten widmet und sich damit in die klassische politische Ökonomie zurückzieht, die er eigentlich zu überwinden suchte.

In einer Weltsystemperspektive sollten deshalb Theorien sozialen Wandels sich mit der „langen Dauer“ oder der longue durée, beschäftigen, ein Konzept, das Wallerstein von Braudel und der Annales-Schule übernommen hatte. Eine Kapitalismustheorie, die sowohl die Entwicklung der Unterentwicklung in der Peripherie als auch die von ihr erzeugten globalen Ungleichheitsstrukturen berücksichtigt, müsste daher nicht nur die Lohnarbeit, sondern auch die Arbeit von Versklavten und Leibeigenen, die Hausarbeit und andere Formen der Subsistenzarbeit in ihre Definition einbeziehen, anstatt sie zu Anomalien des westlichen Modells industrieller Entwicklung einerseits und der Proletarisierung andererseits zu erklären. Die Vielfalt der Phänomene, die die orthodoxe marxistische Theorie zu Anomalien oder „feudalen“ Überbleibseln in einer sich industrialisierenden Welt erklärt hatte, wurde folglich zur Basis einer Rekonzeptualisierung von globalem Kapitalismus wie von globaler Ungleichheit.

Indem er feststellte, dass die Schlüsselrolle, die der Marxismus den städtischen Industrieproletariern zuschrieb, bedeutete, die Existenz von Bauern, Minderheiten, Frauen und der gesamten Peripherie weg zu erklären, so dass „neun Zehntel der Welt zu ‚Fragen‘, ‚Anomalien‘, ‚Überbleibseln‘ wurden“ (Wallerstein 1991a: 160), gehörte Immanuel Wallerstein zu den ersten Autor*innen, die darauf hinwiesen, dass die notwendigen Korrekturen methodologischer Natur sein müssten.

Er plädierte deshalb dafür, den Begriff „Gesellschaft“ durch „historisches System“ zu ersetzen, der sowohl keinerlei Konnotationen zu Staaten hat, als auch die Einheit der historischen Sozialwissenschaften dadurch aufzeigt, dass er sowohl systemisch als auch historisch ist. Deswegen ist die Analyseeinheit für Muster kapitalistischer Entwicklung und von Prozessen der Klassenbildung nicht der Nationalstaat oder irgendeine andere kulturelle Einheit, sondern das historische System, das der kapitalistischen Weltwirtschaft entspricht. Anders als historische Systeme, in denen verschiedene Gebiete durch Wirtschaftsaustausch und eine gemeinsame politische Struktur in einer Arbeitsteilung vereint werden, wie z. B. Weltreiche, ist eine Weltwirtschaft politisch nicht einheitlich. Ihr akkumulierter Mehrwert kann also nur ungleich, über den Markt, verteilt werden – hauptsächlich zugunsten derer, die ein zeitweiliges Monopol erreichen können. Die Produktionsweise eines Weltsystems ist deshalb notwendig kapitalistisch, und strukturelle Ungleichheiten sind ihr bestimmendes Merkmal. Die kapitalistische Weltwirtschaft, die durch die koloniale Expansion Europas ab dem 16. Jahrhundert entstanden ist,

„basiert auf einer Arbeitsteilung zwischen Zentrum, Semiperipherie und Peripherie, die einen ungleichen Austausch zwischen den Sektoren ermöglicht, wobei alle Sektoren wirtschaftlich und politisch von der Aufrechterhaltung dieses ungleichen Austauschs abhängig sind. Eine der vielen Folgen dieses Systems findet sich im Staatsgefüge, wobei die Staaten an der Peripherie durch den ständigen Austauschprozess geschwächt und die Zentrumsstaaten gestärkt werden. Eine zweite Folge ist, dass jeder Sektor unterschiedliche Formen der Arbeitskontrolle entwickelt, die mit dem Prinzip übereinstimmen, dass die höchsten relativen Löhne in den Zentrumsektoren und die niedrigsten relativen Löhne in der Peripherie gezahlt werden.“ (Wallerstein 2000a [1973]: 56)

In einer kapitalistischen Weltwirtschaft, die auf ungleichem Austausch und ungleicher Arbeitsteilung beruht, konzentriert sich die freie Arbeit tendenziell im Zentrum und die erzwungene Arbeit in der Peripherie. Freie Arbeit als das bestimmende Merkmal einer kapitalistischen Produktionsweise zu betrachten, so Wallerstein, sei eine unangemessene Verallgemeinerung von Marx‘ Analyse des englischen Falles und damit ein unzulässiger methodischer Engpass:

„Die Situation der freien Arbeiter, die in den Betrieben freier Produzenten für Lohn arbeiten, ist eine Minderheitssituation in der modernen Welt. Das ist sicherlich richtig, wenn unsere Analyseeinheit die Weltwirtschaft ist. Es ist wahrscheinlich wahr, oder weitgehend wahr, auch wenn wir die Analyse im Rahmen einzelner hochindustrialisierter Staaten im zwanzigsten Jahrhundert vornehmen. Wenn sich herausstellt, dass eine abgeleitete ‚Norm‘ nicht die statistische Norm ist, d.h. wenn die Situation vor Ausnahmen (Anomalien, Überbleibseln) strotzt, dann sollten wir uns fragen, ob die Definition der Norm irgendeine nützliche Funktion erfüllt.“ (Wallerstein 2000c [1987]: 142f)

Der Wechsel der Analyseeinheit von einzelnen Nationalstaaten auf die Ebene der gesamten Weltwirtschaft ermöglichte es, gerade die Mischung von freien und unfreien Formen der Arbeitskontrolle statt der freien Arbeit allein als bestimmend für ein strukturell ungleiches kapitalistisches System anzusehen: freie Arbeit für qualifizierte Arbeit in den Zentren, Zwangsarbeit für weniger qualifizierte Arbeit in den Peripherien (Wallerstein 1974: 127). In der kapitalistischen Weltwirtschaft, die mit der Gründung der europäischen Kolonien in Übersee im 16. Jahrhundert entstand, waren Sklaverei, Leibeigenschaft, Teil- und Arbeitspacht alternative kapitalistische Formen der Arbeitskontrolle, die alle die Arbeitskraft als Ware einsetzten. Sie als Ausdruck verschiedener Produktionsverhältnisse innerhalb eines globalen kapitalistischen Systems zu verstehen, macht aus angeblichen Anomalien wie kapitalistischen Plantagenbesitzer*innen oder Versklavten „nicht weg zu erklärende Ausnahmen, sondern zu analysierende Muster“ (Wallerstein 2000c [1987]: 143).

Gleichzeitig bedeutete die Betrachtung des Kapitalismus als Produktionsweise des gesamten Weltsystems, dass seine Hauptakteur*innen nicht mehr mit den idealtypischen Mitgliedern der kapitalistischen Klassen der industrialisierten Zentren, den Bourgeois und den Proletarier*innen, übereinstimmten; auch die entsprechenden Prozesse – von der bürgerlichen Revolution über die Industrialisierung bis zur Proletarisierung – waren keine adäquate Beschreibung der Realität.

Sowohl in der marxistischen als auch in liberalen Geschichtstheorien entsprach die Rolle jeder Bourgeoisie, unabhängig von ihrem geohistorischen Entstehungskontext, derjenigen, die sie im Großbritannien des neunzehnten Jahrhunderts gespielt haben sollte, nämlich die Aristokratie zu stürzen, die Staatsmacht zu übernehmen und das Land zu industrialisieren. Vermeintlich untypische Phänomene wie die „Aristokratisierung des Bürgertums“ im Europa des 16. bis 18. Jahrhunderts, der „Verrat der Bourgeoisie“ in außereuropäischen Kontexten im 20. Jahrhundert oder die „administrativen Bourgeoisien“ im Afrika nach der Dekolonisierung hatten die dieser Konzeptualisierung zugrunde liegenden entwicklungspolitischen Annahmen nicht erschüttert, sondern wurden als weitere Anomalien behandelt. Die Verschiebung des Fokus von der reifizierten Vorstellung der Bourgeoisie als „ungeprüfte Essenz“ (Wallerstein 2000e [1988]: 334) hin zur Bourgeoisifizierung als historischem Prozess des gesamten Weltsystems offenbarte zwei ansonsten unklare globale Muster: Zum einen, dass es mehr historische Beispiele für den ökonomischen und politischen Aufstieg des „Bürgertums“ gab, die nicht dem britischen Modell entsprachen, als solche, die das taten; zum anderen, dass es in der Geschichte des kapitalistischen Systems auch immer weniger Möglichkeiten für Bourgeoisien gab, zu Aristokratien zu werden, indem sie den kapitalistischen Profit in Rente verwandelten, und damit weniger faktische Kontrolle über die Produktionsmittel als im Falle der klassischen Bourgeoisie hatten. Die zunehmende Bourgeoisifizierung war „das Ende der Möglichkeit der Aristokratisierung“ (ebd.: 340) bzw. der Möglichkeit, Profit in Monopol zu verwandeln. Die allgemeine Tendenz ging also in Richtung der Entstehung von immer mehr Verwaltungs- oder Angestelltenbourgeoisien, die ihrerseits von Löhnen leben. Nach Wallersteins Ansicht war dies das Ergebnis der Konzentration des Kapitals in immer weniger Händen im Laufe der 500-jährigen Geschichte des Systems – und nicht eine beispiellose, plötzliche Entwicklung, wie Jahrzehnte nach seiner Analyse von den Mainstream-Medien angenommen und in den sozialwissenschaftlichen Debatten über globale Ungleichheiten thematisiert wurde.

„Im Laufe der Zeit [...] hat sich das Kapital tendenziell konzentriert. [...] Die Unternehmensstrukturen wurden allmählich größer und führten zur Trennung von Eigentum und Kontrolle und damit zur Entstehung neuer Mittelschichten. Wo die ‚Unternehmen‘ tatsächlich staatlich und nicht nur nominell privat sind, wie es in schwächeren Staaten in peripheren und vor allem semiperipheren Zonen der Fall ist, nehmen die neuen Mittelschichten zum großen Teil die Form einer Verwaltungsbourgeoisie an.“ (Wallerstein 2000e [1988]: 340)

Sieht man sie in der longue durée, sind Proletarisierung und Bourgeoisifizierung auffallend analoge Prozesse, die beide eine Transformation sozialer Akteur*innen beinhalten: von Individuen, welche Produktionsmittel kontrollieren und Ressourcen verbrauchen, die in der Vergangenheit akkumuliert wurden – Land oder Maschinen im Fall von Bauern, Bäuerinnen und Handwerker*innen, Renten im Fall der Aristokratie – zu sozialen Akteur*innen, die weder Kapital noch Produktionsmittel kontrollieren und von täglichem Verdienst leben.

Indem sie das Phänomen der Bourgeoisifizierung betonten, verwarfen Weltsystemanalytiker*innen die Proletarisierung als vorherrschende Tendenz und folglich als Hauptinstanz der Klassenbildung im derzeitigen kapitalistischen System. Das verlangte wiederum eine methodologische Wende. Auch die zentrale Rolle von freier Arbeit für die Definition des Kapitalismus hatte eine Differenzierung ökonomischer Aktivitäten nach dem Grad ihrer Produktivität nach sich gezogen. Dementsprechend wurden produktive Formen von Industriearbeit routinemäßig als besser vereinbar mit der kapitalistischen Produktionsweise angesehen als Arbeitsformen, die als weniger oder gar nicht produktiv galten. Die „enorme und sehr nützliche Lücke in der Definition des Kapitalismus“ (Wallerstein 2000c [1987]: 142), die auf diese Weise entstand, machte Hausarbeit und andere Arten von Subsistenztätigkeiten zu vor- bzw. nichtkapitalistischen Arbeitsverhältnissen.

Dies hatte sowohl eine theoretische Rekonzeptualisierung als auch methodologische Konsequenzen zur Folge. Als Alternative zur Messung der Position des Einzelnen in der Ungleichheitsstruktur einer Gesellschaft hatten britische Theoretiker*innen Anfang der 1980er Jahre vorgeschlagen, die Muster der sozialen Stratifizierung von der sozioökonomischen Stellung des männlichen Verdieners abzuleiten, von dem man annahm, dass er einen Familienlohn erhalte. Die folgende Diskussion um das Verhältnis von Gender und Klasse brachte Argumente für und gegen die Berücksichtigung der Position von Frauen bei der Messung der Klassenposition einer Familie, indem der Haushalt als Analyseeinheit herangezogen wurde (Goldthorpe 1983; Britten & Heath 1983). Gegen beide Seiten in der Diskussion argumentierten Immanuel Wallerstein und Joan Smith, dass die Analyseeinheit zur Bestimmung der Eingliederung der Menschen in die Erwerbsbevölkerung zwar tatsächlich der Haushalt und nicht das Individuum sei, dass das Konzept aber nicht mit der auf Lohn angewiesenen Kernfamilie verwechselt werden dürfe (Wallerstein & Smith 1992: 13). Letzteres würde nicht nur die falsche Prämisse verstärken, dass der Kapitalismus einen Übergang von traditionellen Subsistenzhaushalten zu lohnabhängigen Kernhaushalten mit sich bringt, sondern auch eine transhistorische Sichtweise des Haushalts als Institution fördern. Für Weltsystemtheoretiker*innen waren die Haushalte jedoch keine ursprünglichen, transhistorischen Strukturen, sondern wesentliche Institutionen der kapitalistischen Weltwirtschaft, die sich als solche auf fünf unterschiedliche Formen von Einkommen stützte – von denen Lohn nur eine war.

Marktverkäufe von selbst hergestellten Produkten (d.h. Gewinne aus der Produktion von Kleinwaren), Renteneinnahmen aus Zinsen, Dividenden und Pachtzahlungen, staatliche oder private Transfers von Wohlfahrts- und Versicherungsleistungen oder substanzielle Schenkungen von Verwandten sowie Subsistenzarbeit (von der Produktion von Nahrungsmitteln bis zur Selbstherstellung und Instandhaltung) waren weitere Strategien zur systematischen Gewinnung oder Aufstockung des jährlichen Haushaltseinkommens, die heute in den meisten Haushalten der Weltwirtschaft die Lohneinkommen ergänzen (ebd. 8f).

Diese methodologische Verschiebung vom Individuum zum einkommensbündelnden Haushalt als Analyseeinheit, sowohl für die Beteiligung am Arbeitsmarkt als auch für die Klassenzugehörigkeit, trug dazu bei, die vielfältigen Prozesse, die die Reproduktion innerhalb solcher Einheiten sicherstellen, als „householding“ zu konzeptualisieren (ebd.: 13). Die theoretischen Implikationen waren erheblich: Einerseits stimmten Weltsystemanalytiker*innen mit einer deutschen Subsistenztheoretikerin wie Maria Mies darin überein, dass die Hausarbeit als eine geschlechtsspezifische Tätigkeit ein Produkt der kapitalistischen Entwicklung und kein Überbleibsel aus einer vorkapitalistischen Vergangenheit war, indem sie die Subsistenzarbeit als integralen Bestandteil der Haushaltsprozesse im Kapitalismus betrachteten. Andererseits wurde durch den Nachweis, dass scheinbar „nicht-kapitalistische“ Beziehungen und Prozesse wie Kurzzeit- und Saisonarbeit oder informelle Ökonomien sowohl im Zentrum als auch in der Peripherie für einen beträchtlichen Teil der weltweiten Arbeitskräfte verantwortlich waren, die bis dahin akzeptierte Verbindung zwischen Lohnarbeit und (rassischem und ethnischem) Weiß-Sein aufgehoben. So argumentierte Wallerstein, dass bestimmte Kombinationen von Haushaltseinkommen erst durch die Ethnisierung der Arbeitskräfte innerhalb der Grenzen eines bestimmten Staates möglich geworden seien (Wallerstein 2000f [1988]: 350). Das Ausmaß der Neuinterpretation des Weltkapitalismus und der globalen Ungleichheitsverhältnisse, die die Theorie hinter dem Begriff der Ethnisierung der Arbeitskräfte ermöglichte, sollte in späteren Arbeiten zur Kolonialität in den Amerikas sowie zur Ungleichheit selbst deutlicher werden (Quijano & Wallerstein 1992; Balibar & Wallerstein 1996).

Kurz gesagt zeigte die analytische Verlagerung vom Nationalstaat zum Weltsystem, dass die Tendenzen der kapitalistischen Polarisierung eher zwischen dem Zentrum und der Peripherie der Weltwirtschaft als zwischen nationalen Bourgeoisien und nationalen Proletariaten stattfanden. Die damit verbundene Verlagerung der Untersuchung von Ungleichheitsstrukturen vom Individuum auf den Haushalt bedeutete, dass bestehende Kombinationen von Einkommensformen in Arbeiter*innenhaushalten entweder mit Strukturen im Zentrum oder in der Peripherie in einer Weise korrelierten, die die Polarisierung auf der Ebene der gesamten Weltwirtschaft widerspiegelte. Ungleichheiten im Kapitalismus konnten also ohne welthistorische Perspektive nicht erklärt werden; sie waren seit der Entstehung des modernen Weltsystems global.

2.  Epistemologische Kritik: globale Ungleichheiten der Wissens-(Re)produktion

Weder die methodologische Wende auf die Weltwirtschaft als Analyseeinheit noch die globale und historische Perspektive auf die sozioökonomische Polarisierung wurden in den Jahrzehnten nach Wallersteins anfänglicher Formulierung – und deren Weiterentwicklung mit und durch Terence Hopkins, Giovanni Arrighi, Joan Smith – zur gängigen soziologischen Praxis. Außerhalb eines relativ kleinen Kreises von Sozialwissenschaftler*innen (s. z.B. Korzeniewicz 2017; O’Hearn & Cicantell 2021; Hugot und Dufoix 2021) sind sie das immer noch nicht. Bereits 1989, als die Auffassung der Weltbank, die Globalisierung verringere die Ungleichheit zwischen den Ländern, noch vorherrschend war, stellte Wallerstein fest:

„In der kapitalistischen Weltwirtschaft gibt es nicht nur eine ungleiche Verteilung der Gewinne. Sie ist der Schauplatz einer zunehmenden Polarisierung des Lohns im Laufe der Geschichte. Hier besteht jedoch eine Asymmetrie zwischen der Situation auf der Ebene der Weltwirtschaft als Ganzes und derjenigen auf der Ebene der einzelnen souveränen Staaten, die das zwischenstaatliche System bilden. Während es auf der Ebene des Weltsystems klar zu sein scheint, dass das Einkommensgefälle zwischen den Staaten an der Spitze und am unteren Ende der Hierarchie gewachsen ist, und zwar im Laufe der Zeit beträchtlich, folgt daraus nicht notwendigerweise, dass dies auch innerhalb der einzelnen Staatsstrukturen gilt.“ (Wallerstein 2000d [1989]: 281)

Um dem vorherrschenden Diskurs entgegenzutreten, der behauptete, dass „die Ungleichheiten bei der Entlohnung im Laufe der Zeit abgenommen haben“ oder dass sie „flüchtige und vorübergehende Phänomene auf dem Weg zu einer wohlhabenderen, egalitäreren Zukunft sind“ (ebd.), musste der methodologische Wandel mit einer ebenso weitreichenden epistemologischen Kritik verbunden werden.

Ihr Ausgangspunkt war die Kritik an der universalistischen Ideologie und ihrer partikularistischen Kehrseite. Im Gegensatz zum statischen Bild der Gesellschaft, das bis zum späten 18. Jahrhundert vorherrschte, gelang es der Französischen Revolution, so Wallerstein, die neue Vorstellung durchzusetzen, dass politischer Wandel normal sei. Darin erwies sie sich als viel erfolgreicher als die englische Revolution oder die Reformation und Gegenreformation, die, global gesehen, eher begrenzte, lokale Auswirkungen gehabt hatten. Der durch die Französische Revolution ausgelöste, fundamentale kulturelle Wandel fand seinen Widerhall in der kapitalistischen Weltwirtschaft in der Revolution der Versklavten in Haiti, in den (gescheiterten) Unabhängigkeitsbewegungen Irlands und Ägyptens gegen England bzw. das Osmanische Reich sowie in der ersten Welle der Dekolonisierung in den Amerikas (Wallerstein 1991a: 13ff). Entsprechend wurde die Normalität des Wandels – wie sie für die Länder des Zentrums als real angenommen wurde – in die Praxis übersetzt als „die zunehmende Homogenisierung der Welt, bei der die Harmonie aus dem Verschwinden der realen Differenz hervorgehen würde“ (ebd.: 22). Auf diese Art entwickelte sich, wie Wallerstein bemerkte, die universalistische Ideologie, die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit für alle Bürger*innen forderte, im 19. Jahrhundert zusammen mit Rassismus und Sexismus, die dafür verantwortlich waren, dass dieselben Rechte für Nicht-Bürger*innen sowie für diejenigen, die als weniger entwickelt, modern oder zivilisiert als die Norm angesehen wurden, eingeschränkt wurden. Während die Extrapolation von den sozialen Realitäten der Zentrumsländer der meist verbreitete Trick universalistischer Ideologie ist, mahnte Wallerstein, dass es der Einsatz nationaler statt globaler Maßnahmen ist, der zu dem führt, was er eine „doppelte Täuschung“ nennt:

„Erstens gibt es in einem ungleichen und polarisierenden Weltsystem eine geographische Streuung. Daher ist es durchaus möglich, dass das Realeinkommen, gemessen etwa am Bruttosozialprodukt pro Kopf, in einigen Ländern steigt, während es in anderen und im System insgesamt sinkt. Da aber die Länder, in denen der Anstieg stattfindet, auch diejenigen sind, die am ausführlichsten untersucht, beobachtet und gemessen werden, ist es leicht zu verstehen, wie leichtfertige, aber falsche Verallgemeinerungen zustande kommen. Darüber hinaus [...] wird der Anteil der Nicht-Staatsbürger an der Bevölkerung (der sich oft illegal aufhält) nicht angemessen berechnet. Und da dies die ärmste Komponente darstellt, ist die Verzerrung offensichtlich.“ (Wallerstein 2000d [1989]: 282, Hervorhebung M.B.)

Die konventionelle sozialwissenschaftliche Untersuchung von Einkommensungleichheiten spiegelt also tiefere epistemologische Risse des globalen Wissenssystems wider. Ebenso wie die universalistische Ideologie, so Wallerstein, sei die Sozialwissenschaft des Establishments ein Produkt des eurozentrischen liberalistischen Denkens und des entsprechenden Bruchs zwischen Naturwissenschaft und Philosophie, der im späten achtzehnten Jahrhundert entstand und bis heute nachwirkt. Bereits 1988 hatte Samir Amin die eurozentrische Dimension der herrschenden universalistischen Ideologie als „ein regelrechtes Paradigma der westlichen Sozialwissenschaft“ kritisiert, das so sehr verinnerlicht wurde, dass es unbemerkt operiert (Amin 1988: 186). Zwischen 1994 und 1995 leitete Wallerstein die internationale und interdisziplinäre Gulbenkian-Kommission für die Sozialwissenschaften, die die historische Entwicklung und den gegenwärtigen Stand der Sozialwissenschaften untersuchte, um zu überwinden, was die Kommission für Hindernisse auf dem Weg intellektueller Entwicklung hielt, und um Möglichkeiten für eine zukünftige Neustrukturierung zu finden (Wallerstein u.a. 1996).

Der Bericht über die Arbeit der Kommission wurde 1996 veröffentlicht und unmittelbar in 25 Sprachen übersetzt. Darin argumentierte die Kommission, dass die intellektuelle Arbeitsteilung, die sich im 19. Jahrhundert zwischen den Sozialwissenschaften herausgebildet hatte, eine entsprechende Geopolitik der Wissensproduktion und -reproduktion in Bezug auf unterschiedliche Positionen in den globalen Strukturen der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Macht widerspiegelte. In seiner Zusammenfassung der Kommissionsergebnisse, die er dem Social Science Research Council nach der Veröffentlichung des Berichts vorstellte, betonte Wallerstein die geopolitische Verteilung der Wissenschaftskulturen. Er stellte fest, dass von 1850 bis 1914 und wahrscheinlich bis 1945 der größte Teil der Wissenschaft in fünf Ländern entstanden ist und sich mit ihnen befasst hat:

„Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Italien und die Vereinigten Staaten. Es gibt auch einige wenige andere Länder, aber im Grunde stammt die Wissenschaft nicht nur aus diesen fünf Ländern, sondern die meisten Wissenschaftler*innen befassen sich mit ihrem eigenen Land. Der größte Teil der Forschung bezieht sich also auf diese fünf Länder. Das hat zum Teil pragmatische Gründe, zum Teil sozialen Druck und zum Teil ideologische Gründe: Dies sind die wichtigen Länder, darauf kommt es an, das sollten wir untersuchen, um zu verstehen, wie die Welt funktioniert.“ (Wallerstein 1996: 3)

Dieses eng gefasste westliche Zentrum wurde allmählich zur einzig legitimen Domäne von Soziolog*innen, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler*innen. Der Rest der Welt wurde entweder in die Anthropologie oder in die Orientalistik verwiesen – die Disziplinen, die erklären sollten, warum die nicht-westlichen Länder nicht modern waren oder nicht modern werden konnten. Nach 1945 wurde der „Nicht-Westen“ zum Studienobjekt der neuen Disziplin der Area Studies, die ihrerseits die traditionellen disziplinären Grenzen so weit untergruben, dass sie, in Wallersteins Worten, einen „Zustand professioneller Anomie“ erzeugten (Wallerstein 1995: 180).

Ähnliche Kritiken an der intellektuellen Arbeitsteilung folgten bald, verbunden mit Kritiken am soziologischen Kanon, der zunehmend mit dem Vorwurf des Eurozentrismus und mit Forderungen nach Dekolonisierung konfrontiert wurde (Connell 1997; Randeria 1999; Gutiérrez Rodríguez u.a. 2010). Heute sind Arbeiten, die den vermeintlichen Universalismus von Theorien und Methoden aus westlichen Kontexten in Frage stellen und sich stattdessen mit Süd-Süd-Forschungskooperationen und Beiträgen aus dem Süden befassen, in der kritischen Soziologie und Anthropologie fest etabliert.[1] Gleichzeitig ist die Historisierung unseres soziologischen Verständnisses davon, wie Ungleichheiten im Kapitalismus global entstanden sind, eine noch ausstehende Aufgabe. Für die Soziologie als Disziplin der westlichen Moderne erforderte der Anspruch auf universelle Relevanz die massive Tilgung ihrer kolonialen Kehrseite aus der Ausarbeitung ihrer Analysekategorien: der besonderen historischen Umstände der europäischen Kolonialexpansion in die Amerikas, der kolonialen und imperialen Eroberung der außereuropäischen Welt sowie der Auswirkungen von Sklav*innenarbeit auf den kolonialen Plantagen auf die Entwicklung westlicher Gesellschaften. Die Verankerung zentraler Theorie- und Forschungsfelder in den erkenntnistheoretischen Prämissen des westeuropäischen Kontexts erzeugte dadurch systematisch dauerhafte blinde Flecken methodologischer und geopolitischer Art, die die Weltsystemanalyse bis heute angemessen beleuchten kann (Boatcă 2015).

3.  Von der Peripherie lernen: Auf dem Weg zu einer globalen Soziologie

Immanuel Wallersteins Formulierung der Grundsätze der Weltsystemanalyse aus dem Jahr 1974 war ein radikaler Schritt. Seine Position war die eines Dissidenten – nicht nur, weil sie klassische Annahmen der Sozialwissenschaften kritisierte, sondern vor allem, weil sie nicht damit endete, dass man diese revidieren solle. Die Position beinhaltete die Forderung, dass es nötig war, diese Annahmen „kaputt-zu-denken“ (Wallerstein 1991a). Er betonte, dass die Kategorien, die wir zur Durchführung von Sozialforschung verwendeten, historisch geformt und ideologisch voreingenommen waren, und dass wir die meisten von ihnen nicht revidieren, sondern verwerfen sollten. Wallerstein bestand also darauf, dass die Weltsystemanalyse keine neue Theorie sei, sondern „ein Protest gegen die Art und Weise, wie die sozialwissenschaftliche Forschung seit ihren Anfängen in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts für uns alle strukturiert war“, kein neues Paradigma der historischen Sozialwissenschaft, sondern „ein Aufruf zu einer Debatte über das [bestehende] Paradigma“ (Wallerstein 2000c [1987]: 129, 148).

Es überrascht also nicht, dass die Vorzüge dieser Herangehensweise von Wissenschaftler*innen in der Peripherie des Weltsystems bereitwilliger anerkannt wurden als von solchen aus dem Zentrum (Goldfrank 1988: 208). Angesichts der großen Rolle, die die Dependenztheorien – ein „peripherer“ Ansatz – bei der Entstehung der Weltsystemanalyse gespielt haben, bringt diese auch ein geschärftes Bewusstsein für die Bedeutung struktureller Positionen innerhalb des Systems mit sich, ja, sie beruht darauf. Dies ermöglichte auch spätere Anknüpfungen und Synergien mit Theoretiker*innen aus der dependencia-Tradition. Gemeinsam mit dem ehemaligen Dependenztheoretiker Aníbal Quijano arbeitete Wallerstein heraus, wie die Eingliederung der Amerikas in das entstehende Weltsystem die Umwandlung imperialer Differenzen in koloniale Differenzen sowie die Erfindung von Europäität, Ethnizität und Rasse mit sich brachte (Quijano & Wallerstein 1992). Sie zeigten damit, dass das, was Walter Mignolo bald darauf als „modernes/koloniales Weltsystem“ (Mignolo 2000) bezeichnen würde – und damit die Komponente der Kolonialität einschließt – auf frühere Formen der Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung aufbaute und diese sich als Teil der Logik der endlosen Akkumulation zu eigen gemacht hat, so wie es auch ältere Regime der Arbeitskontrolle wie Sklaverei, Leibeigenschaft und Pacht in dieselbe Logik integriert hat.

Trotz der theoretischen Verflechtungen und politischen Synergien mit der Weltsystemanalyse haben dekoloniale Theoretiker*innen Wallersteins Modell auch vorgeworfen, eine eurozentrische Kritik am Eurozentrismus zu sein, weil es aus dem Zentrum heraus formuliert wurde (Mignolo 2000: 314). Aber auch deshalb, weil es die Rolle der kulturellen Dimension in der kapitalistischen Weltwirtschaft nur unzureichend erklärt (Grosfoguel 2000). In einer der ersten Formulierungen dieser dekolonialen Kritik an der Weltsystemanalyse bemerkte Mignolo, dass Wallersteins Ansatz die Tatsache nicht berücksichtigt, dass die „planetarische Reartikulation des sechzehnten Jahrhunderts“ (Mignolo 2000: 55), die Westeuropa als Zentrum des modernen Weltsystems etablierte, gleichzeitig eine mächtige Maschine zur Subalternisierung von Wissen war – dass also die universalistische Ideologie nicht erst mit der Französischen Revolution entstand, sondern klare Vorläufer in den okzidentalistischen Perspektiven hatte, die der Kolonisierung zugrunde lagen (Coronil 1996) – zwei Jahrhunderte vor der Französischen Revolution und der Entstehung des Orientalismus. Auch die Vorstellung – die Wallerstein ebenfalls vertrat – dass die Haitianische Revolution nur ein Widerhall der Französischen Revolution gewesen war und ihrer bedurfte, ist inzwischen als eurozentrisch kritisiert worden (Casimir 2020; Gaffield 2021).

Okzidentalismus, so dekoloniale Theoretiker*innen, ist die Wissensperspektive, die durch die Etablierung der westlichen Hegemonie als globales Machtmodell entstanden sei. Bei der Aufteilung der Welt in Kontinente war nicht nur die Konsolidierung und Expansion der kapitalistischen Weltwirtschaft am Werk. Parallel dazu erzwang die fortschreitende Kolonisierung neuer Gebiete eine Klassifizierung des Planeten nach Graden an Okzidentalismus, deren Ziel es war, „Unterschiede in Werte zu verwandeln“ (Mignolo 2000: 13). In dem Maße, in dem das Weltsystem modern wurde, wurde es auch zunehmend kolonial und artikulierte „koloniale Unterschiede“ wie rassische, ethnische und Klassenhierarchien als Teil seiner Selbstdefinition. Erkenntnistheoretisch spiegelte das Ergebnis dieser kategorialen Umschichtung die neue internationale Arbeitsteilung zwischen Zentrum und Peripherie wider: Ersteres wurde zum Ort der Moderne, von dem aus die Welt klassifiziert, beschrieben und erforscht wurde, während Letzteres Kolonialität hervorbrachte, wo die epistemologische Macht der modernen Welt ausgeübt werden konnte.

Der wichtigste Beitrag der dekolonialen Kritik zur Erweiterung der Weltsystemanalyse ist die Einsicht, dass die langanhaltende globale Hegemonie des Okzidentalismus nicht allein durch das Wirken des Kapitalismus erklärt werden kann, wie es bei den wirtschaftlichen und politischen Dimensionen des modernen Weltsystems der Fall ist, und dass es einer Erfahrung wie der des Kolonialismus bedurfte, um diese Wissensperspektive zu etablieren und zu erhalten.

Kolonialität als Kehrseite der Modernität des Weltsystems ist ein entscheidender Punkt, den neuere Arbeiten in einem Weltsystemrahmen gebührend anerkennen und nahtlos in eine Weltsystemlogik einbinden (Komlosy u.a. 2016). Das liegt vor allem daran, dass die Wahlverwandtschaften zwischen post- und dekolonialen Ansätzen und der Weltsystemanalyse, insbesondere die Kritik an Eurozentrismus und kolonialer Herrschaft sowie die globale und historische Perspektive, zahlreicher sind als die Unterschiede. Das ist auch mit ihrem heterodoxen Verständnis von Marx‘ globalen Analysen verbunden. Für Enrique Dussel, der mehrere Bände zu Marx aus dekolonialer Perspektive verfasst hat, ist die Frage zentral, inwieweit die philosophische und ökonomische Analyse in Marx‘ Werk integrale Bestandteile seiner Ontologie des Kapitals sind, die sich nicht gegenseitig ausschließen oder aufeinander reduzierbar sind – seine „dialektische Originalität“ (Dussel 2004: 348). Eine herausragende Rolle spielt für ihn auch die epistemische Perspektive, aus der Marx seine radikale Kritik an der kapitalistischen Ontologie formulierte – was Dussel seine „analektische Transzendenz“ nennt (ebd.: 366).

Beide Interpretationen – die weltsystemanalytische und die dekoloniale – stützen sich auf den kritischen Marx im Gegensatz zu demjenigen, dessen Denken der Aufklärungsphilosophie und den Grundgedanken des Liberalismus nahekommt. Indem man die Beiträge dieser Ansätze zur Neuinterpretation und Weiterentwicklung der marxistischen Theorie im Lichte der Entwicklungen des 21. Jahrhunderts zurückverfolgt, könnte eine Soziologie globaler Ungleichheiten skizziert werden, die die langfristigen Konsequenzen einer spezifischen marxistischen Kritik der historischen politischen Ökonomie und ihrer gegenwärtigen Varianten reflektiert.

Jedoch sind die Mainstream-Debatten über Ungleichheit noch nicht global und historisch geworden. Noch im Jahr 2011 hat Branko Milanović in einem Strategiepapier der Weltbank mit dem vielsagenden Titel Global Inequality: From Class to Location, from Proletarians to Migrants (Von der Klasse zum Standort, von Proletarier*innen zu Migrant*innen) erklärt, dass wir heute in einer grundlegend anderen Welt leben als der, die Marx und Engels im Kommunistischen Manifest beschrieben hatten: anders als in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als Ungleichheit weithin mit Einkommensunterschieden zwischen Arbeiter*innen und Kapitalbesitzer*innen innerhalb einzelner Länder erklärt werden konnte, stammen die meisten globalen Einkommensunterschiede im 21. Jahrhundert aus großen Unterschieden im Durchschnittseinkommen zwischen den Ländern. Infolgedessen, so Milanović, wird die internationale Migration zum wirksamsten Instrument zur Verringerung der weltweiten Armut und Ungleichheit und ersetzt den Klassenkampf als soziales und politisches Thema (Milanović 2011). Ein Jahr später stellte er fest, dass „die globale Ungleichheit dabei ist, wichtig zu werden“ („global inequality begins to matter“) (Milanović 2012; Hervorhebung M.B.).

Dieser nur sehr langsame Wandel in der Vorstellung, dass Ungleichheiten im Kapitalismus etwas grundlegend Neues seien, hebt sich stark von den Arbeiten ab, die sich seit den 1970ern bis heute auf Wallersteins welthistorische Perspektive zu globalen Ungleichheiten beziehen, auch wenn sie grundlegende Kritik daran üben. Prominente Beispiele sind Roberto Patricio Korzeniewicz und Timothy Patrick Morans 2009 erschienenes Buch Unveiling Inequality. A World-Historical Perspective, in dem argumentiert wird, dass die Institutionalisierung der Staatsbürger*innenschaft historisch gesehen die relative soziale und politische Inklusion der Bevölkerung westeuropäischer Nationalstaaten sicherstellte, jedoch auch für den selektiven Ausschluss kolonisierter oder außereuropäischer Bevölkerungsgruppen von denselben sozialen und politischen Rechten verantwortlich war (Korzeniewicz & Moran 2009). Die These der Autor*innen, dass die nationale Staatsbürgerschaft heute die wichtigste Variable zur Bestimmung der Stellung einer Person innerhalb der globalen Einkommensverteilung darstellt und durch umfassende empirische Belege gestützt wird, legt die Schlussfolgerung nahe, dass die internationale Migration für die Bevölkerungen in den meisten Ländern der Welt zum „unmittelbarsten und effektivsten Mittel der globalen sozialen Mobilität“ wird (ebd.: 107). Somit stellt die Migration nicht nur eine Strategie der Aufwärtsmobilität für die Bevölkerung ehemaliger Kolonialländer dar, die über die Staatsbürger*innenschaft eines Staates im Zentrum des Weltsystems verfügen, sondern auch ein Mittel, aus der durch die nationale Staatsbürger*innenschaft eines armen Landes zugewiesenen Position zu entkommen, soweit man bereit und willens ist, einen illegalen, undokumentierten oder Nicht-Bürger*innen-Status in einem reichen Staat zu riskieren. Aus globaler und historischer Perspektive ist Migration im 21. Jahrhundert also nicht an die Stelle des nationalen Klassenkampfs getreten, sondern war bereits ein Instrument globaler sozialer Mobilität für Bevölkerungen von Peripherien lange bevor die Mainstream-Sozialwissenschaften durch die Realität globaler Ungleichheiten eingeholt wurden.

Um zu der eingangs gestellten Frage zurückzukehren: Die Sozialwissenschaften hätten das Rad der globalen Ungleichheiten im 21. Jahrhundert nicht neu erfinden müssen – der globale Charakter von Ungleichheitsverhältnissen war bereits Gegenstand von Dependenztheorien und der Weltsystemanalyse in den 1960er und 1970er Jahren. Ihn als berechtigten Gegenstand westlicher Sozialwissenschaften zuzulassen, erforderte jedoch erstens eine strukturelle Kritik der Ungleichheiten von Wissensproduktion selbst, die als Selbstreflexion erfolgen musste; und zweitens eine nachhaltige Okzidentalismus-Kritik vor dem Hintergrund eines gewaltigen Anstiegs von Einkommensungleichheiten in westlichen Ländern. Mit anderen Worten, es brauchte einen Vorgeschmack auf die historische Erfahrung der Peripherie im Zentrum, damit Ungleichheiten auch sozialwissenschaftlich als global verstanden und untersucht werden.

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Anschrift der Autorin:
Manuela Boatcă
manuela.boatca@soziologie.uni-freiburg.de

https://doi.org/10.3224/peripherie.v42i2.02

 

*       Dieser Artikel basiert auf einem 2021 in der Zeitschrift Socio erschienenen Text, der von Hans-Heinrich Nolte aus dem Englischen übersetzt worden ist.

[1]       Connell 2007; Patel 2010; Keim u.a. 2014; Fiddian-Qasmiyeh & Daley 2019; Sitas u.a. 2022.