Kreativ gegen Nazis

Solidarisch gegen Rassismus und Sexismus

In den auflagenstarken Westfälische Nachrichten hat der WN-Redakteur Elmar Ries am 10. Januar 2012 die Ankündigung von Neonazis, am 3. März 2012 einen nationalen Aufmarsch in Münster zu machen, kommentiert: „... obwohl bislang noch gar nicht entschieden ist, ob die Veranstaltung genehmigt wird, laufen bei der Polizei die Vorbereitungen. Schließ­lich steht immer dann, wenn Rechtsextreme aufmarschieren, handfester Ärger ins Haus, der – das lehrt die Erfahrung – in der Regel von linksradikalen Gegendemonstranten ausgeht.“

 

Unglaublich! Wie blind kann man eigentlich auf dem rechten Auge sein, Herr Ries?!

Seit 1990 wurden nach Angaben des Spiegel mindestens 182 Menschen in Deutschland Todesopfer rechter Gewalt. Täglich werden Menschen hierzulande aus rassistischen Motiven bedroht, geschlagen und erniedrigt. Aber selbst angesichts der jetzt bekannt gewordenen Morde durch die Zwickauer Terrorgruppe NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“) verharmlosen Ver­fassungsschutz, Polizei, PolitikerInnen und Journalisten wie Elmar Ries den Neofaschismus. Es ist zum an die Decke fahren.

Angesichts der bisher schwachen gesellschaftlichen und politischen Reaktionen auf den braunen Terror und vor dem Hintergrund des seit dem sozialdarwinistischen Sarrazin-Hype zunehmenden Rassismus, kann es nicht verwundern, dass die Neonazis sich gestärkt fühlen und versuchen, weiter Fuß zu fassen.

Es gibt gute Gründe, warum sie seit 2006 nicht mehr versucht haben, in Münster zu marschieren. Damals demonstrierten 5.000 AntifaschistIn­nen gegen den Aufmarsch von 170 „autonomen Nationalisten“. Obwohl die Polizei das betroffene Hansaviertel abriegelte, konnten rund 2.000 AnwohnerInnen und AktivistInnen durch eine Blockade die im „autonomen Outfit“ auftretenden FaschistInnen nach wenigen Metern stoppen. An den angrenzenden Häusern hingen An­tifa-Transparente, es flogen Eier auf die Faschis­tInnen und am nächsten Tag erschien in den Lokalzeitungen ein Foto, auf dem zu sehen war, wie Hausbewohner den Nazis aus Protest vom Balkon aus den nackten Hintern präsentierten. Ein weiterer Aufmarschversuch der „Autonomen Nationalisten“ wenige Wochen später in Münster-Hiltrup endete auf ähnliche Weise.

Anders als z.B. in Dortmund, wo die Neonazis in der Vergangenheit geschützt von der Polizei Aufmärsche durchführen konnten, konnte die kleine Gruppe der „Nationalen Sozialisten Münster“ bislang keine Erfolge feiern. „In Münster haben es Nazis schwer, öffentlich aufzutreten. Hier gibt es viele antifaschistische und zivilgesellschaft­liche Initiativen und Menschen, so dass die Neonazis im Alltag auf Widerstand stoßen. Wir wol­len erst gar nicht, dass sich in Münster eine Nazi-Szene etabliert. Dort, wo sich Nazis erst einmal breit gemacht haben, stellen sie eine konkrete Gefahr für all jene dar, die nicht in ihr Weltbild passen“, so heißt es in einem Antifa-Aufruf. 

Der geplante Naziaufmarsch im März soll wieder durch eine Blockade gestoppt werden. „Bei dieser Gelegenheit gilt es an den antifaschistischen Erfolg von 2006 anzuknüpfen und den Nazis zu zeigen, dass es auch zukünftig eine verdammt schlechte Idee ist, zu versuchen, Nazi-Propaganda in Münster zu verbreiten, denn Faschismus ist keine Meinung sondern, ein Verbrechen! ... Am 3. März wollen wir gemeinsam mit vielen Menschen dafür sorgen, dass die Neonazis keinen Meter laufen. Wir wollen dieses Ziel in gemeinsamen Aktionen erreichen. Wir sind solidarisch mit allen, die sich den Neonazis und ihrer rassistischen Hetze entgegen stellen. Wir werden den Neonazis zeigen, dass wir sie weder in Münster noch anderswo dulden.“

Seit Februar 1999 befindet sich das Redaktionsbüro der Graswurzelrevolution in Münster. Wir werden uns an den direkten ge­waltfreien Aktionen gegen den Naziaufmarsch beteiligen. Ich würde mich freuen, wenn viele GWR-LeserInnen am 3. März nach Münster kommen und uns dabei helfen.

 

Bernd Drücke (GWR-Koordinationsredakteur)

 

Weitere Informationen:

www.keinenmeter.de.ms

 

Kommentar aus: Graswurzelrevolution Nr. 366, Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft, 41. Jahrgang, Februar 2012, www.graswurzel.net