Rubrik Recht Kurz
Familienrecht ist bei vielen Studenten und Studentinnen sowie Anwälten und Anwältinnen eher unbeliebt. In den praktisch zu lösenden Fällen müssen verworrene Familienkonflikte juristisch bewertet und höchst private Bereiche ausgeforscht werden; letztendlich sind oft Kinder die Leidtragenden. Genau solch einen brisanten Fall fanden die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) auf ihren Schreibtischen.
Geklagt hatte ein vermeintlicher Familienvater: Erst auf Anfechtung der Vaterschaft, da er nach 15 Jahren herausfand, dass „sein“ Sohn nicht von ihm abstammt, sondern das Ergebnis einer Affäre war. Auch wenn die erste Gewissheit durch einen der umstrittenen heimlichen DNS-Tests erlangt worden war, setzte er sich vor Gericht durch. Fortan galt er nicht mehr als „rechtlicher Vater“. Im zweiten Schritt versuchte er nun, den jahrelang „ohne Rechtsgrund“ geleisteten Unterhalt zurückzuforden. Genüsslich warf die BILD-Zeitung die Zahl von abgezockten 25.000 Euro in den Raum und präsentierte auch gleich unverfremdete Bilder aller Beteiligten: Mutter, „Kuckuckskind Patrick“ und „Nicht-mehr“-Vater.
Um seinen Regress gegen den biologischen Vater geltend zu machen, begehrte der Kläger nun Auskunft von der Mutter, welche sich jedoch weigerte einen Namen zu nennen. Es folgte eine rechtskräftige Verurteilung, den Namen des Erzeugers preiszugeben. Als Druckmittel wurden 1.000 Euro Zwangsgeld sowie ersatzweise 10 Tage Zwangshaft angeordnet. Als eine Beitreibung des Zwangsgeldes bei der mittellosen Mutter durch den Gerichtsvollzieher scheiterte, beantragte der „Scheinvater“ Haftbefehl. Und über den hat nun der BGH entschieden: So sei es durchaus mit den Grundrechten der Mutter vereinbar, sie zur Nennung eines solch intimen Details aus ihrem Privatleben zu zwingen – notfalls sogar per Inhaftierung. Denn mit der damaligen Benennung des Klägers als Vater habe sie schließlich die Ursache für die jetzige Situation gesetzt. Kurzum: Selber schuld, Grundrechte verspielt.
Sofort brach in den zahlreichen sog. „Väterforen“ im Internet Jubel aus. Unter den freudigen Usern auch ein „papi74“, welcher „Arbeitslager statt Gefängnis für eine sinnvolle Einrichtung“ hält. Nach der Diskussion um heimliche Vaterschaftstest ist mit diesem Urteil ein weiterer Bereich des familiären Lebens juristisch durchdrungen worden. Ob allerdings das Recht überhaupt adäquate Mittel bereithält, Sachverhalte wie den hiesigen zu lösen, bleibt fraglich. Mama im Knast – wohl kaum eine vernünftige Lösung, mögen einige schreibwütige Internetnutzer das auch fordern.