Das - wofür immer es auch da sei -"Menschenrechtszentrum" der Universität Potsdam hatte eine famose Idee. Es plante eine vierteilige Vortragsreihe
zu dem drängenden Thema: "Die Siedlungsgeschichte der Deutschen in Ostmitteleuropa". Was war gemeint? Die Geschichte der Blutspur, die der Deutschritterorden durch die eroberten Ostlande zog, der Massaker, die er unter den unterworfenen Slawen anrichtete? Kaum.
Denn die wissenschaftliche Referentin für alle vier Vortragsabende sollte Erika Steinbach sein, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Diese Vertriebenenpräsidentin ist eine Fälschung. Sie ist keine Vertriebene. Sie ist vielmehr Teil der neueren deutschen Siedlungsgeschichte im Osten. Ihre Eltern - ein Feldwebel aus Hanau und eine Wehrmachtshelferin aus Bremen - waren in Polen stationiert und zeugten Erika, die 1943 am Besatzungsstandort Rumia in die Welt gesetzt und dann auf dem Rückzug vor der Roten Armee in die Heimat der Eltern mitgenommen wurde.
Das Menschenrechtszentrum der Universität Potsdam hat nun diese Fälschung als alleinige Expertin zum vierteiligen Vortrag eingeladen. Doch schon der erste Versuch scheiterte. Studenten blockierten den Vortragssaal in der Universität und warfen Wasserbeutel, eine Studentin wurde von der alsbald eingesetzten Polizei verletzt.
Ein Professor animierte nach Berichten der Studenten die Polizei, kräftig zuzuschlagen: der aus Westdeutschland importierte Gründer und Leiter des erwähnten Menschenrechtszentrums, Eckart Klein. Er arbeitet seit Jahren auch für die "Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen". In einem dort erschienen Gutachten "Diplomatischer Schutz im Hinblick auf Konfiskationen deutschen Vermögens durch Polen" klagte er 1992, "die deutsche Regierung" mißachte "die menschenrechtlichen Interessen deutscher Vertriebener" und verletze so ihre "verfassungsrechtliche Pflicht", für die "Rechte deutscher Bürger" - das Rittergut in Polen - gegenüber anderen Staaten einzutreten.
Und erst kürzlich erarbeitete der Menschenrechtszentrist ein gegen die Bundeskanzlerin gerichtetes Gutachten, in dem er Angela Merkel davor warnte, deutsche Vermögensansprüche gegen Polen zu bestreiten. In Übereinstimmung mit der "Preußischen Treuhand" bekräftigte der Professor seine wissenschaftliche Erkenntnis: Die deutschen Eigentumsansprüche seien nicht erloschen.
Er macht sich allerdings auch einen Kopf, was an seinen Wiedergutmachungsforderungen falsch sein könnte: "Eine vorstellbare Argumentation könnte die Sorge sein, Deutschland öffne damit den Weg für erhebliche Gegenforderungen ehemaliger Kriegsgegner." Gilt nicht, ätsch. Gerade Polen, sagt Klein, habe bereits 1953 "unzweideutig auf Reparationsforderungen verzichtet". Was heute die "Preußische Treuhand" darf, Wiedergutmachung für deutsche "Konfiskationsopfer" fordern, darf Polen nicht. Keine Entschädigung für die Opfer von Hitlers Haupttreuhandstelle Ost, die das gesamte polnische und besonders jüdische Vermögen unter tatkräftiger Beteiligung des späteren Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Hermann Höpker Aschoff beschlagnahmte. Aber dessen Opfer sind ja ohnedies fast alle tot.
Jetzt ist Polen wieder offen. Der deutsche Menschenrechtler: "Angesichts des schweren Unrechts, das sich durch die Zeitdauer ständig intensiviert, darf sich die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr mit einer Offenhaltungspolitik zufriedengeben."
Bleibt die Frage, wie kommt die Universität Potsdam dazu, einem erklärten Revanchisten mit seinem akademischen "Menschenrechtszentrum" eine Agitationsbasis mitten im Wissenschaftsbetrieb zu schaffen?
Das gehört zu den Selbstverständlichkeiten der Wende, zur Unterwerfung der ostdeutschen Universitäten durch westdeutsche Kommissare, die endlich auf- oder höhersteigen wollten. Es gehörte zum westdeutschen Beutezug nach der friedlichen Revolution, und kein ostdeutscher Bürgerrechtler, der das aus Freude über seine errungene Freiheit hinnahm, darf sich darüber beschweren. Der westdeutschen Landnahme im Osten Deutschlands muß konsequent die Landnahme in Polen folgen - Polen ist wieder offen. Auch dieses Land wird von uns noch zum Blühen gezwungen werden.