Das Ende des Neoliberalismus und die Zukunft der Wirtschaftsdemokratie

Die kapitaldominierte Marktwirtschaft besticht auf den ersten Blick durch ihre Effizienz. Im Allgemeinen zeichnet sie sich durch Flexibilität und Dynamik aus, sie fordert die Eigeninitiative der Subjekte und erreicht über die Motivation der Unternehmer eine beeindruckende Vielfalt in der Versorgung mit Konsumgütern und Dienstleistungen. Allerdings können die Mängel dieser Wirtschaftsordnung auch von ihren entschiedensten Verfechtern nicht geleugnet werden: Die kapitalistische Marktwirtschaft ist seit der großen Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre durch mehr oder minder weitreichende sozialstaatliche Absicherungen ergänzt worden. Diese Regulierungen wurden in den letzten Jahrzehnten in allen kapitalistischen Hauptländern wieder aufgehoben. Die wichtigsten Konsequenzen dieser Entfesselung des Kapitalismus sind die relative Verselbständigung der Finanzmärkte, die Verschiebung der Machtbalance zwischen Lohnarbeit und Kapital in den Unternehmen und der Gesellschaft, eine wachsende Zerstörung der Lohnarbeitsgesellschaft sowie die Rückkehr von Massenarbeitslosigkeit und heftigen Finanzkrisen. Durch diese Entwicklung werden zwei Fragen in das Zentrum der politischen Debatte gerückt: Wie konnte es zu dieser folgenreichen Veränderung der Machtverhältnisse zwischen Lohnarbeit und Kapital kommen und mit welcher wirtschaftspolitischen Reformkonzeption kann ein umfassender Politikwechsel angestrebt und durchgesetzt werden?

Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft

Die entfesselte kapitalistische Marktwirtschaft ist gegenwärtig nicht in der Lage, die arbeitsuchenden Menschen und die unausgelasteten Produktionskapazitäten so zu kombinieren, dass diese Menschen durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft eigenständig und unter Achtung ihrer Würde ihre Existenz gestalten können. Seit Ende der 1970er Jahre erleben vor allem die europäischen Hauptländer des Kapitals eine beständig radikalisierte Politik der "Zumutungen" im Kampf gegen ein unzureichendes Wirtschaftswachstum, Massenarbeitslosigkeit und eine um sich greifende Auswucherung von prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen. Seit dieser Zeit wird die Politik der Konjunktur- und Globalsteuerung durch Stimulierung der Massenkaufkraft und öffentliche Investitionen mehr und mehr stigmatisiert, stattdessen beherrscht das neoliberale Paradigma der Deregulierung, Flexibilisierung und Privatisierung alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenhanges. Seit dieser Zeit dominiert die Politik der "Verbesserung der Angebotsseite": Die Unternehmenssteuern wurden mehrfach abgesenkt und die Spitzensteuersätze drastisch reduziert. Vom Ladenschluss über die Arbeitszeiten bis zum Kündigungsschutz blieb kaum eine gesellschaftliche Regulierung unverändert. Die Reallöhne und damit die Masseneinkommen blieben - wie von den neoliberalen Vordenkern und Politikstrategen gefordert - deutlich hinter der Entwicklung der Produktivität zurück. Vor allem der öffentliche Sektor und der Sozialstaat wurden dereguliert und privatisiert. Eine Trendwende im Wirtschaftswachstum und der Arbeitslosigkeit hat sich gleichwohl nicht eingestellt. Die politische Antwort: "Es sei noch nicht genug reformiert worden, sagen die Verfechter der seit zwanzig Jahren tonangebenden Richtung. Deutschland sei erstarrt und verkrustet, es gäbe ein hartnäckiges Strukturproblem, kein Konjunkturproblem. Weiter reformieren und entstaatlichen, den Arbeitsmarkt flexibler machen, die sozialen Sicherungssysteme weiter privatisieren, die gesamte Reformagenda konsequent abarbeiten."1 Es ist immer noch keine Ende dieses kollektiven Marsches in die gesellschaftspolitische Sackgasse absehbar. Ohne Zweifel hat diese Politik Effekte hervorgebracht: Die soziale Sicherung ist in vielfacher Weise durchlöchert worden. Zwar überwiegt, wenn man den Bestand der Beschäftigungsverhältnisse betrachtet, immer noch das auf geringerem Niveau geschützte Lohnarbeitsverhältnis, doch unter dem Druck der Massenarbeitslosigkeit und der politisch gewollten Deregulierung nehmen die ungeregelten, atypischen und prekären Arbeitsverhältnisse massiv zu. Diese Entwicklung markiert zusammen mit den vielfältigen Formen gesellschaftlicher Ausgrenzung und einer enormen Verunsicherung und Verängstigung eines Großteils der Bevölkerung die Herausforderung des 21. Jahrhunderts.2

Der Sozial- oder Wohlfahrtsstaat war kein sozialistisches Projekt. Er war der Höhepunkt eines langen Prozesses, in dessen Verlauf der Kapitalismus zivilisiert und zu einem gewissen Maß mit der Demokratie versöhnt wurde. "Marxistisch gesprochen handelt es sich beim ›Wohlfahrtsstaat‹ um einen asymmetrischen Klassenkompromiss und eine Teilintegration der Arbeiterbewegung in die kapitalistische Gesellschaft. ›Asymmetrisch‹, weil die gesellschaftliche Interessenvertretung der Arbeiterklasse strukturell überlegen ist; ›Teilintegration‹, weil die Arbeiterbewegung selbst unter einer betont nicht ›revolutionären‹ ideellen Führung dennoch immer auch über die kapitalistische Gesellschaft hinausstrebt."3 Der institutionalisierte Klassenkompromiss stützte sich auf eine "mixed economy", mehr oder minder bewusst praktizierte Globalsteuerung (Fiskal- und Geldpolitik) und kollektive Sicherungssysteme mit begrenzten Umverteilungseffekten. Er brachte eine asymmetrische Machtverteilung zwischen Lohnarbeit und Kapital in den Unternehmen und in gesamtgesellschaftlichen Steuerungsinstitutionen. Dieses je nach national-historischen Besonderheiten moderierte "System des regulierten Kapitalismus" schlug sich in einer Erweiterung von sozialen Rechten und der Einrichtung eines sozialen Eigentums (Sicherungssysteme mit Ansprüchen) nieder; eine Außerkraftsetzung der kapitalistischen Akkumulationsdynamik und der Verteilungsprozeduren war damit nicht verbunden.4 Während bis Anfang der 1970er Jahre in wechselnden gesellschaftlichen Konstellationen Versuche unternommen wurden, die bis dahin fixierte Machtverteilung zwischen Lohnarbeit und Kapital zugunsten der subalternen Schichten zu verändern, setzte sich Mitte der 1970er Jahre international wie in den Hauptländern des Kapitals ein neoliberales Rollback durch.

Der Neoliberalismus ist die herrschende Ideologie des entfesselten Kapitalismus. Neoliberale Politik zielt auf eine politisch gewollte Veränderung der Einkommensverteilung. Mit jedem Schritt dieser Einkommensverteilung verstärkt sich der Verdrängungswettbewerb des Kapitals, der Versuch der Behauptung und Erweiterung des individuellen Raumanteils. Durch die einsetzende Abwärtsspirale radikalisieren sich die Vertreter neoliberaler Politik. Gleichzeitig wird die Hegemonie brüchig: Faktisch verharren große Teile der Bevölkerung in Resignation bei wachsendem Vertrauensverlust in die gesellschaftlichen Institutionen und Formen demokratischer Willensbildung.

Die Formen dieser Zerstörung und des Zerfalls der Lohnarbeitsgesellschaft sind hinreichend bekannt. Die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse haben sich so verschoben, dass die ökonomischen und politischen Eliten alle Elemente des Statuts der Lohnarbeit (Einkommen, Arbeitszeit, tarifvertragliche Regelungen, soziale Sicherheit) zur Disposition stellen. In den letzten 25 Jahren wurde der von den Beschäftigten maßgeblich miterarbeitete Produktivitätsfortschritt zum größten Teil den Unternehmen überlassen in der Hoffnung, dass dadurch Arbeitsplätze entstehen.

Übergang zum finanzgetriebenen Kapitalismus

Selbstverständlich hat sich in der Folge dieser Politik die Gewinnsituation für die Unternehmen, die den gnadenlosen Konkurrenzkampf überleben, deutlich verbessert. Aber der Aufstieg der Macht der Finanzmärkte und die neue Ära der Profitabilität sollte eben nicht dazu führen, den tief greifenden Strukturwandel und die Krisen in den modernen kapitalistischen Unternehmen zu ignorieren. "The rise to power of market finance since the mid-1970s has radically altered the characteristic traits of contemporary capitalism Â… Market financeÂ’s rise to power not only overturned the business environment, it also transformed firmsÂ’ internal structures and objectives. The balance of power of the corporate hierarchy of the ›Fordist‹ era was destroyed, while the figure of the shareholder was vaulted to the pinnacle of the firm by the doctrine of shareholder sovereignty and the demands of profitability."5

Das im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts entstandene Akkumulationsmodell des Kapitals basiert darauf, aus dem eingesetzten Kapital eine maximale Rentabilität herauszuholen, was unbeschadet der kurzzeitigen Erfolge auf eine Ablösung der Unternehmermentalität durch die Dominanz der Finanzansprüche hinausläuft. In der Logik dieses Modells gewinnt der Blick auf die Wertzuwächse des Portefeuille das Übergewicht gegenüber einer Revolutionierung von Produkt und Produktionsprozess. Gleichwohl werden darüber durchaus Produktivitätspotenziale und Verwertungsspielräume erschlossen. Das Übergewicht der institutionellen Kapitalanleger (Fonds, Versicherungsgesellschaften, Rentenfonds etc.) führt unternehmensspezifisch zu einer Steigerung der Kernkompetenzen, dem Abstoßen von Geschäftsfeldern mit geringeren Verwertungsaussichten. Die Reduktion der Innovationspotenziale soll durch Aufkauf und Eingliederung von kleineren Unternehmen kompensiert werden. Auf makroökonomischer Ebene führt die Hegemonie der Finanzmärkte zur Verstärkung von spekulativen Bewegungen (irrationellem Überschwang), was sich in Finanzblasen und entsprechenden Krisenreaktionen niederschlägt.

Die unzureichende Regulierung des Kapitalismus eröffnete im Verlauf der 1970er Jahre den gegenläufigen Prozess. Eine wachsende Entdemokratisierung führt zur Rückverlagerung der Macht auf die Seite der Kapitaleigner. Die Distribution der gesellschaftlichen Ergebnisse der kapitaldominierten Marktwirtschaft wurde immer stärker in Richtung der leistungslosen Vermögenseinkommen verschoben. Jetzt treiben wir nach langem Rollback auf einen historischen Tiefpunkt zu, wo die wirtschaftliche Macht ungeniert in politische Hebel zur Zerstörung des Sozialstaates umgesetzt wird.

Das Bedrohungspotenzial liegt zum einen in der Möglichkeit von gewaltigen Finanzkrisen, die nationale Ökonomien in kürzester Zeit vor immense Herausforderung stellen können. Zum anderen sind über die Politik der Deregulierung, Flexibilisierung und Privatisierung die Wachstumspotenziale in den reifen kapitalistischen Gesellschaften nicht zu aktivieren. In der Konsequenz stellen Massenarbeitslosigkeit, andere Formen der sozialen Ausgrenzung und Spaltung alle Qualitäten der entwickelten Zivilgesellschaft in Frage. Es droht die Gefahr, dass der Prozess der Entdemokratisierung erneut in eine Zerstörung der demokratischen Grundlagen der Gesellschaft umschlägt: "There is no doubt that if there is not a profound change in governance, financial disturbances will continue to erupt, misappropriation of funds to prosper, social inequalities to increase and democracy to decline. The poor control of collective risks and the disengagement of citizens are two evils undermining democracy; the only way to lessen their impact is to further implicate democracy in the collective entity at the heart of contemporary societies: the firm."6

Demokratisierung des Shareholder value Kapitalismus? Schon Joan Robinson hatte darauf hingewiesen, dass der Managerkapitalismus sich in ein höchst eigenartiges Wirtschaftssystem transformiert, in dem die Rentiers und die leistungslosen Einkommen die Akkumulation mehr und mehr prägen.7

Die neoliberalen Eliten setzten eine radikale Deregulierungs- und Privatisierungspolitik durch: Substanziell wurden eine Reihe von gesellschaftlichen Regulierungs- und Steuerungselementen aufgehoben, die in der Folge der Weltwirtschaftskrise, dem Übergang zur fordistischen Massenproduktion und der Systemkonfrontation zwischen Kapitalismus und Staatssozialismus durchgesetzt worden waren. Mit dem Übergang zu einer Laisser-faire-Orientierung wird ein verändertes internationales Regime der Finanz- und Währungspolitik und eine umfassende Neuregulierung der Konsumtionsbedingungen der Ware Arbeitskraft erzwungen. Von diesem Umbau der Regulierungs- und Steuerungssysteme der entwickelten kapitalisti- schen Gesellschaften werden zwangsläufig auch die sozialstaatlichen Transfers und Strukturen sozialer Sicherheit erfasst. Die Folgen: Einerseits steigen infolge von Massenarbeitslosigkeit, Verschiebung der Verteilungsverhältnisse und Erosion des Normalarbeitsverhältnisses die Anforderungen an die sozialstaatliche Umverteilung bei gleichzeitiger Unterminierung ihrer an die Arbeitseinkommen angebunden Finanzierung; andererseits werden durch steigende Sozialversicherungsabgaben und Steuersätze die Konkurrenzbedingungen bei den Preisen für Arbeitskräfte verzerrt.

Die neoliberale Politik der radikalen Stärkung des Privateigentums als Antwort auf Wachstums- und Strukturprobleme der modernen kapitalistischen Staaten ist gescheitert. Statt einer neuen Dynamik in der Realakkumulation hat die Politik der Begünstigung von privatkapitalistischen Investitionen bei gleichzeitiger Beschränkung der Masseneinkommen und der Beschneidung von Sozialleistungen nur zu einer beschleunigten Schuldenakkumulation geführt. Die verschiedenen Formen des gesellschaftlichen Protestes oder Widerstandes gegen die neoliberale Deformation des regulierten Kapitalismus können in einem umfassenden Projekt der Demokratisierung der Wirtschaft gebündelt werden. Wirtschaftsdemokratie wird hier verstanden als eine strategische Konzeption, in der ausgehend von den real existierenden Konfliktlinien innerhalb des laisser-faire-Kapitalismus eine Verknüpfung der verschiedenen Aspekte des gesellschaftlichen Widerstandes gegen die neoliberale Politik erreicht werden kann. Allerdings gilt es zu beachten: "Nevertheless, one must not commit the error of thinking that it suffices to return to the first sort of labour society. In the last 30 years, capitalism has produced irreversible changes, rendering the old system of governance by internal control obsolete Â… There can no longer be a question of shared responsibilities, where the company managers had exclusive control of the organisation of production and where economic democracy progressed through the development of social rights. Democracy must now take hold of the entirety of company goals."8

Demokratisierung der Wirtschaft oder Wirtschaftsdemokratie gilt seit der programmatischen Konzeption des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (Leiter der Arbeitsgruppe Naphtali) 9 Ende der 1920er Jahre als Inbegriff reformsozialistischer Ziel- und Strategiekonzeptionen. Gemessen an dem reformpolitischen Pragmatismus dieser strategischen Option und dem Einfluss seiner Befürworter (Gewerkschaften, Sozialdemokratie) ist die aktuelle Resonanz allerdings bescheiden. Nach wie vor sind die hochentwickelten kapitalistischen Gesellschaften mit ihrer "reifen Ökonomie" durch die bereits von Keynes kritisierte doppelte Illusion beherrscht: "Auf der einen Seite akzeptierte die Arbeiterklasse aus Unwissenheit oder Machtlosigkeit - oder wurde durch Brauch, Übereinkommen, Autorität und die wohlverankerte Ordnung der Gesellschaft zum Akzeptieren gezwungen, überredet oder verführt - eine Situation, in der sie von jenem Kuchen, den sie selbst gemeinsam mit der Natur und den Kapitalisten buken, nur ein ganz kleines Stück ihr eigen nennen konnte. Auf der anderen Seite durfte die Kapitalistenklasse den größten Teil des Kuchens für sich beanspruchen und theoretisch auch konsumieren, jedoch unter der stillschweigenden Bedingung, dass sie in Wirklichkeit nur sehr wenig davon konsumierte. Die Pflicht des ›Sparens‹ machte neun Zehntel der Tugend aus, und das Wachsen des Kuchens wurde zu einem Gegenstand wahrhaft religiöser Verehrung."10 Die kapitalistische Wirtschaftsordnung tendiert - so lange die Demokratisierung nicht erfolgt ist - zur zunehmenden Konzentration des Vermögens in den Händen einer kleinen Minderheit. Diese undemokratische Eigentums- und Unternehmensverfassung ist der Grund für die Mängel innerhalb der kapitalistischen Hauptländer.

Die Schlüsselthese lautet: Mit Deregulierung und Privatisierung wird die Tendenz zur Transformation in Richtung leistungsloser Einkommen verstärkt. Die Abwärtsspirale der Ökonomie dreht sich schneller, wohingegen eine Demokratisierung der Wirtschaft zu einem entschiedenen Politikwechsel führen würde, d. h. einer wesentlichen Verminderung der Massenarbeitslosigkeit und der Umweltgefährdung. Es gilt, die Demokratisierung aber - ausgehend vom Unternehmen - auch auf die Verteilung und die Kontrolle der Finanzmärkte zu erstrecken. Die kapitalistische Gesellschaft muss einer umfassenden demokratischen Kontrolle unterworfen werden. "In the current phase of the labour society, the stakes should lead to the mobilisation of a large political interest in favour a double reform: on the one hand, to introduce democracy into the heart of the firm in order to elaborate a collective interest and to control its implementation; on the other hand, to develop the means of regulation finance by supervising all financial institutions and by reforming the criteria for the investment of collective savings."11 Es geht also um ein komplexes Reformprogramm in kritischer Anknüpfung an die Vorzüge und Schwächen der untergehenden Lohnarbeitsgesellschaft.

Ein solcher Vorschlag zur Demokratisierung der Wirtschaft ist eindeutig reformistisch. Eine wirksame gesellschaftliche Reformpolitik ist an einen radikalen Kurswechsel geknüpft: Mit einer Ausweitung der Staatsausgaben für öffentliche Investitionen oder zur qualitativen Veränderung des Massenkonsums kann eine Vollbeschäftigung erreicht werden. Anders als bei den bisher praktizierten Ansätzen zur gesamtwirtschaftlichen Globalsteuerung müssen diese Maßnahmen sowohl bei der Besteuerung wie auch bei der Ausweitung von öffentlichen Investitionen und des Massenkonsums mit einer langfristig angelegten Strukturpolitik verknüpft sein. Es geht nicht um mehr Wirtschaftswachstum innerhalb der überlieferten Einkommens- und Konsumstrukturen, sondern zugleich um die Herausbildung einer sozial und ökologisch verträglicheren Lebensweise. Eine grundlegende Reform der kapitalistischen Wirtschaft muss so anlegt sein, dass über das Mittel der Bekämpfung der bestehenden Ungleichheit in der Einkommensverteilung eine langfristige Strukturpolitik verfolgt wird. "Einerseits müssen die Reformvorschläge zur Überwindung der Krisenfolgen an den aktuellen Problemen anknüpfen und einen Katalog von kurzfristig einleitbaren Maßnahmen beinhalten. Andererseits dürfen sie sich nicht auf eine nur kurzfristig wirksame technokratische Instrumentendiskussion reduzieren, sondern müssen zugleich den Weg in die Verwirklichung eines alternativen Entwicklungstyps öffnen."12 Dieses komplexe Programm der Demokratisierung erstreckt sich über alle Bereiche: Rückkehr zur solidarischen Lohnpolitik, Besteuerung von Kapital- und Vermögenseinkommen, Demokratisierung der Unternehmensverfassung, Entwicklung eines neuen Typus von umfassender sozialer Sicherung, Wiederherstellung einer gemischten Ökonomie, wirksame Kontrolle und Steuerung der Finanzmärkte und der internationalen Finanzinstitutionen, Rückkehr zu einer wirtschaftlichen Gesamtsteuerung der Konjunktur. Diese Alternative zur herrschenden Politik kann in vier Punkten verdeutlicht werden.

1. Verteilung oder soziales Eigentum

Bislang liegt die wirtschaftliche Macht im Kern bei den Eigentümern des Kapitals. Neben der nur durch Arbeitsgesetze eingeschränkten Verfügungsgewalt über die Arbeitskräfte wird den Kapitalgebern die Aneignung des wirtschaftlichen Erfolges zugestanden. Auch die einseitige Orientierung der Unternehmen an der Gewinnerzielung als ausschließlichem Ziel ist eine Konsequenz dieser Machtstruktur und nicht die zwangsläufige Schlussfolgerung aus der Marktkoordination und Marktsteuerung. "Sie beruht vielmehr auf der kapitalorientierten Ordnung der Eigentums- und Arbeitsverhältnisse sowie der Entscheidungsprozesse in den Unternehmen. Seit der industriellen Revolution dominiert in den Unternehmen das Kapital. Es hat diese zentrale Position zunächst mit Hilfe seiner überlegenen Wirtschaftsmacht erobert, dann aber überall in der Welt seinen politischen Einfluss genutzt, um den Staat zur rechtlichen Anerkennung dieser Machtstellung zu bewegen. Infolgedessen privilegiert unsere Rechtsordnung bei der Regelung des Unternehmens das Kapital."13

Aus dieser Vormachtstellung wird schließlich eine Privilegierung bei der Verteilung des Wirtschaftsergebnisses abgeleitet, die sich mehr und mehr als Blockade für den Wertschöpfungs- und Verwertungsprozess erweist. Zudem ist diese Partizipation mit dem immer wieder beschworenen Leistungsprinzip nicht zu begründen. Die Kapitalgeber ermöglichen die Rahmenbedingungen für Leistungserbringung und kassieren ohne eigene Leistung den Löwenanteil des Produkts. Das Übergewicht des leistungslosen Einkommens erhöht trotz aller Sonntagsreden von der Vermögensbildung die Konzentration. Die Kapitaleigner erhalten trotz ihrer geringen Zahl zwischen einem Viertel und der Hälfte des Bruttosozialprodukts, ohne dafür arbeiten zu müssen. Nur den Rest erhalten die mehr als 90 % der Bevölkerung, die nicht von Kapitalerträgen leben können, sondern darauf angewiesen sind, sich ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu verdienen. Als Folge davon verschärft sich der Gegensatz zwischen Arm und Reich immer mehr.

Die Machtposition der Kapitaleigner, die den Unternehmensbereich als eine demokratiefreie Zone erhalten, verlängert sich in die Verteilungsverhältnisse hinein. Zum einen wird der wirtschaftliche Ertrag nicht entsprechend der eingebrachten Leistung zugeordnet. Zum andern unterliegt dem Steuerrecht die Vorstellung, dass beim eingesetzten Kapital der Vermögenszuwachs besteuert wird, während beim Eigentümer der Arbeitskraft eine entsprechende Operation verweigert wird. Der Gleichheitsgrundsatz gebietet es, dass der Gewinn nicht dem Kapitaleigentümer zugewiesen wird und beim Kapital keine steuermindernden Absetzungen zugelassen werden. Die Privilegierung des Kapitals muss generell beseitigt werden: Die Kapitaleigner sind in jeder Hinsicht so zu behandeln wie all diejenigen, die ihren Unterhalt durch eigene Arbeit verdienen.

Demokratische Unternehmensverfassung, Öffnung der Unternehmensformen, veränderte Unternehmensziele, Korrekturen in der Primärverteilung und die Entprivilegierung des Steuerrechtes hängen eng zusammen. Selbstverständlich werden diese Eingriffe in die Kapitalmacht ergänzt durch Maßnahmen gegenüber dem Geldkapital und der Verwertung von Immobilien.

2. Die kapitalistische Unternehmung als demokratisierter Raum

In allen kapitalistischen Hauptländern gilt der Grundsatz: Wer eine Investition, d.h. ein Unternehmen finanziert, der verfügt über die unterliegenden Herrschaftsstrukturen. Unsere Rechts- und Eigentumsordnung bevorzugt den Geldgeber, also das Kapital. Selbst nach der vorherrschenden Meinung wirken bei der Produktion Arbeit, Kapital und Boden zusammen. Faktisch wird die Entscheidungshoheit und das Recht am Ertrag aber allein dem Kapital zugesprochen. "Nehmen wir als Beispiel den typischen Fall einer Aktiengesellschaft, deren Aktionäre sich ausschließlich für den Kurs ihrer Aktien und die Dividende interessieren, ohne sich im übrigen um das Unternehmen zu kümmern, das mit ihrem Kapital finanziert wird. Vergegenwärtigen wir uns, dass mit Hilfe dieses Kapitals alle Leistungen des Unternehmens von Menschen erbracht werden, die für das Unternehmen als dessen Arbeitnehmer tätig sind. Ihre enge Verbundenheit mit dem Unternehmen, ihre laufend erbrachten Leistungen und die Bedeutung, die das Unternehmen mit seinen Arbeitsplätzen für sie als Grundlage ihrer Existenz hat, sind nach den Maßstäben des geltenden Gesellschaftsrechtes auch in Deutschland weit weniger schützenswert als die wirtschaftlichen Interessen der Aktionäre, die den ausschlaggebenden Einfluss auf die Bestellung der Unternehmensleistungen haben."14

Um die Dominanz der Profitsteuerung bei Unternehmen durch gesellschaftliche, an den Bedürfnissen der Beschäftigten orientierte Ziele abzulösen, muss eine Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmung durchgesetzt werden Hier geht es um zwei Bereiche: zum einen müssen individuelle Beschwerde- und Reklamationsrechte verankert werden; zum andern sind die Investitionsentscheidungen selbst der Mitbestimmung durch die Belegschaften und ihrer Interessenvertretung zu unterwerfen. Nur bei Ausweitung der innerbetrieblichen Demokratie können die Kompetenz der Belegschaften erschlossen und eine sozial und ökologische Steuerung des strukturellen Wandels durchgesetzt werden. Der Gegensatz zwischen betriebswirtschaftlicher Logik und gesamtwirtschaftlicher Vernunft soll aufgehoben werden. In der Vergangenheit stand die Minimierung der privaten Arbeitskosten durch Belegschaftsabbau und die Standortvernichtung im Vordergrund. In Zukunft muss die Minderung der gesellschaftlichen Kosten der Arbeitslosigkeit durch die rechtzeitige Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen Priorität bekommen. Es geht um den prinzipiellen Vorrang der Erhaltung gesellschaftlich sinnvoller Arbeitsplätze vor sozialer Abfederung und den praktischen Vorrang für die Gesundung der regionalen Beschäftigungsbilanzen vor der Sanierung der privaten Unternehmensbilanz. Den Unternehmen wird der Schritt vom externen zum internen Strukturwandel abverlangt. Den betroffenen Arbeitnehmern soll der Erwerb neuer Qualifikationen für die Erstellung neuer Produkte ermöglicht werden. Das verlangt die zeitliche Entkoppelung von Kapazitätsabbau und Arbeitsplatzaufbau sowie den Gleichklang zwischen einer unvermeidlichen Vernichtung vorhandener Arbeitsplätze und einer unumgänglichen Errichtung neuer Arbeitsplätze. Neben einer Demokratisierung der Unternehmensverfassung muss hier auch eine Förderung von genossenschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Eigentums- und Unternehmensformen einsetzen.

Die naheliegende Schlussfolgerung: Verschiedene Erfahrungen (wie die Montanmitbestimmung, Genossenschaften, Kibbuz) belegen, dass es möglich ist, ohne Verlust an Effizienz die Kapitalvorherrschaft durch eine demokratisierte Unternehmensverfassung zu verändern. Mit der Entprivilegierung der Kapitalherrschaft wird die Wirtschaftsmacht relativiert: Es ist nicht mehr möglich, im gewohnten Sinne die Direktionsgewalt über die Beschäftigten auszuüben, und damit wird es möglich, die einseitige Ausrichtung der Unternehmensziele an der Gewinnmaximierung aufzubrechen. Die Durchbrechung der Vorherrschaft des Kapitals eröffnet Förderungsmöglichkeiten für andere Betriebsformen (Genossenschaften, öffentliche Betriebe etc.), löst die enge Verzahnung von wirtschaftlicher und politischer Macht auf und gibt den Weg frei für eine Änderung der Verteilungsverhältnisse.

3. Kontrolle der Finanzwirtschaft

Das Argument, die Finanzmärkte stellten ein unverzichtbares Distributionsmittel für eine optimale Verteilung der Ressourcen einer kapitalistischen Gesellschaft dar, war niemals überzeugend und stellt im Zeitalter des "irrationalen Überschwangs" und der gravierenden Finanzkrisen eine absurde Behauptung dar. Die Kurse von Finanzwerten werden eher von der Begeisterung der Anleger denn von einer realistischen Einschätzung des tatsächlichen Wertes in die Volatilität getrieben.

Die Entwicklung der Finanzmärkte läuft in eine falsche Richtung, weil weitgehende Deregulierung bei minimaler Kontrolle dominiert. Die sozialen Sicherungssysteme werden systematisch den Risiken der Finanzmärkte ausgesetzt. Die Alternative zu dieser neoliberalen Politik ist die Einbindung der Finanzmärkte in eine demokratische Entwicklungsstrategie und ihre Rückführung auf ihre Hauptfunktionen, die Finanzierung von Investitionen und die Bildung langfristigen privaten Vermögens. Dazu gehören eine stärkere Kontrolle der Preise und Leistungen der Banken und Versicherungen, die Beschränkung übermäßiger Risiken bei der Kreditvergabe und übermäßiger Geschwindigkeit beim Wertpapierhandel, eine ausgewogene Bankenstrukturpolitik, die strikte Trennung des solidarischen Systems der sozialen Sicherheit von den Risiken der Kapitalmärkte, die Beendigung des Steuerwettbewerbs zugunsten einer engen Zusammenarbeit bei der Verhinderung von Steuerhinterziehung und der Besteuerung aller Einkommen einschließlich der Zinsen und Dividenden und schließlich eine europäische Geld- und Haushaltspolitik, die nachhaltiges Wachstum, Stabilität und Beschäftigung fördert. Die Rückkehr zu Kapitalverkehrskontrollen ist unverzichtbar, weil sie bei der Verteidigung eines Finanzsektors eine wichtige Rolle spielen können, der gesellschaftlichen Anforderungen im Sinne öffentlicher Güter genügt. Ein wesentliches Segment der Wertpapiermärkte sind die Devisenmärkte, auf denen der Umsatz besonders groß ist. Zur Beruhigung der Devisenmärkte und zum Schutz gegen den Aufbau spekulativer Wellen ist auch hier die Besteuerung aller Devisenumsätze anzustreben. Ein Erfolg beim Aufbau eines soziale und demokratische Interessen berücksichtigenden Finanzsektors als Alternative zur neoliberalen Unterwerfung der Gesellschaft unter die Gesetze der Finanzmärkte und die Interessen ihrer dominierenden Unternehmen könnte Signal- und Beispielcharakter für andere Regionen der Welt haben.

Globale Finanzmärkte bedürfen globaler Regulierung. Gleichwohl machen regionale Regulationsansätze nach wie vor Sinn. Die bestehenden Organisationen IWF und Weltbank sind an einer kooperativen Geld-, Kredit- und Währungspolitik auszurichten, die letztlich in die Steuerung eines gemeinsam geschaffenen Kunstgeldes mündet. Die zweite Säule einer globalen Neuordnung der Finanzmärkte ist eine gemeinsame Finanzaufsicht. Dabei kommt es weniger darauf an, ob sie von einer globalen Institution ausgeübt wird, sondern mehr darauf, dass es gemeinsame und verbindliche Grundsätze für eine solche Finanzaufsicht gibt. Sie müssten sich auf die Kreditpolitik von Banken sowie auf die Anlagepolitik von Finanzinvestoren (Investmentbanken, Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften u. a.) richten und insbesondere die internationale Finanzspekulation einschränken.

4. Wirtschaftssteuerung

Alle Verfechter einer Demokratisierung der Wirtschaft wissen nicht nur um die Komplexität und Vernetztheit der gesellschaftlichen Reformen. Es besteht auch kein Zweifel über die Obstruktionspolitik der Kapitaleigentümer. Kapitalflucht kann bekämpft werden und auch gegen den Investitionsstreik müssen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die Ära der Investitionsanreize und Steuervorteile für Kapitalgeber muss beendet werden. Durch Entwicklungsgesellschaften, kollektive Vermögensfonds, die Demokratisierung des Banksystems und den Ausbau der Globalsteuerung könnten die Versuche zur Verteidigung der Kapitalherrschaft unterlaufen werden. Bislang sind die meisten Versuche der Demokratisierung auf die Mikroebene der Unternehmen begrenzt worden; es käme gerade darauf an, den Zusammenhang einer Änderung in den Verteilungsverhältnissen mit neuen Formen der Globalsteuerung durch Finanz- und Fiskalpolitik einzulösen. Hier geht es nicht um eine möglichst vollständige Skizze der Strategie der Demokratisierung als vielmehr darum, den inneren Zusammenhang zwischen mikroökonomischer Unternehmensverfassung und makroökonomischer Reform in den Verteilungsverhältnissen und Steuerungspotenzialen zu verdeutlichen. Den Protagonisten der Wirtschaftsdemokratie ist auch klar, dass die angestrebte Reform letztlich auf eine Revolutionierung der Gesellschaftsformation hinausläuft: "Eine Wirtschaftsordnung ohne Massenarbeitslosigkeit, die es jedem Gesunden ermöglicht, sich seinen Lebensunterhalt durch eigene Leistung zu verdienen, und sicherstellt, dass das Bruttosozialprodukt gerecht entsprechend den erbrachten Leistungen jedes einzelnen verteilt wird, macht viele sozialstaatliche Ausgleichsmechanismen der sozialen Marktwirtschaft überflüssig. Wenn die Massenarbeitslosigkeit abnimmt, wird auch das durch sie ausgelöste Massenelend kleiner werden. Wenn die Gegensätze zwischen Reich und Arm geringer werden, wird sich die gesamte Wirtschaft wieder mehr auf die Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse konzentrieren statt auf die Luxusbedürfnisse der Reichen ... Die Hilfe des Staates kann sich auf diejenigen konzentrieren, deren eigene Leistungsfähigkeit durch Behinderung, Krankheit oder Alter eingeschränkt ist."15 Auch die Struktur der Weltwirtschaft würde sich zwangsläufig verändern und neue Chancen einer Entwicklungspolitik eröffnen. Angesichts der bestehenden Globalisierung der Produktion und der Internationalisierung der Wirtschaft kann eine solche Reformpolitik der Demokratisierung und der Binnenmarktorientierung gleichwohl nur Erfolg haben, wenn sie in eine Neuordnung der internationalen Arbeitsteilung eingeordnet ist.

Der Grundgedanke dieser Demokratisierungsstrategie besteht darin, dass die vielfach übliche Gleichsetzung von Markt und kapitalistischer Wirtschaftsordnung nicht aufrecht erhalten werden kann. Es ist lohnenswert, die kapitalorientierte Eigentums- und Rechtsordnung zu verändern, weil damit zwar nicht die Marktsteuerung verschwindet, aber sämtliche Aspekte des Wirtschaftens eine veränderte Gestalt erhalten können. "Die Marktsteuerung ist im allgemeinen jeder Wirtschaftssteuerung durch zentrale Planung weit überlegen. Auch sie weist jedoch eine Reihe von Mängeln auf. Diese gehen aber nicht auf das Marktprinzip zurück, sondern auf die Rahmenbedingungen, die unsere kapitalorientierte Wirtschaftsordnung den Märkten vorgibt."16 Im Grunde kommt man sowohl von einer kritischen Auseinandersetzung mit den Grundmängeln der kapitalistischen Wirtschaftsordnung als auch von einer kritischen Betrachtung der zentralen Planwirtschaften zum gleichen Schlüsselproblem: Ist es möglich, den Wettbewerb von demokratisierten Unternehmen über Märkte auszunutzen, den bislang nicht realisierten Anspruch einer zentralstaatlichen Planung zugunsten wirksamer Steuerungsmethoden aufzugeben und damit eine sozial und ökologisch verträglichere Ökonomie zu schaffen? Wer für einen erneuten Sozialismusversuch mit planwirtschaftlicher Grundlage eintritt, der müsste die Chancen aufzeigen, die bekannten ökonomischen und politischen Grundmängel zu vermeiden. Die Konzeption einer Wirtschaftsdemokratie lebt von den bekannten Mängeln der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Bei aller Plausibilität der Überlegungen bleibt offen, wie eine solche qualitative Veränderung unter den gegenwärtigen politisch-gesellschaftlichen Verhältnissen durchsetzt werden kann.

 

Literatur

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Joachim Bischoff - Jg. 1944, Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik Memorandum; Redakteur der Zeitschrift Sozialismus. Zahlreiche Publikationen zur politischen Ökonomie des Kapitalismus, unter anderem: Entfesselter Kapitalismus, Hamburg 2003. Zuletzt in UTOPIE kreativ: Hat der Linkssozialismus eine Zukunft? Heft 148 (Februar 2003).

Überarbeitetes Referat auf der Konferenz über Wirtschaftsdemokratie, veranstaltet von GUE/NGL, Transform, Eured im Dezember 2004 in Brüssel.

1 Heiner Flassbeck, Albrecht Müller: Ein babylonisches Missverständnis, in: FAZ, 23. 2. 2002.

2 "Wir haben es mit einer Destabilisierung der Lohnarbeitsgesellschaft zu tun, die wie eine Druckwelle vom Zentrum ausgehend die ganze Gesellschaft erfasst, mit unterschiedlichen Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen." Robert Castel: Der Zerfall der Lohnarbeitsgesellschaft, in: Bourdieu, P 2002, Liber Jahrbuch

3 Der Lohn der Angst, Konstanz 2001, S. 17. 3 Peter von Oertzen: Für einen neuen Reformismus, Hamburg 1984, S. 20 f.

4 Vgl. Thomas Marshall: Bürgerrechte und soziale Klassen, Frankfurt a. M. 1992.

5 Michel Aglietta, Antoine Reberious: From Financial Capitalism to a Renewal of Social Democracy, Paris 2004, pp. 1 ff.

6 Ebenda, S. 20.

7 "Die alte Rechtfertigung für die Existenz einer reichen Klasse - dass sie nämlich notwendig ist, um für die erforderlichen Ersparnisse zu sorgen - hat sich schon stark abgenützt ... Das Haupthindernis bei der Beseitigung des funktionslosen Reichtums ist ... der Mangel an Einfallsreichtum bei der Entwicklung von Ideen und Institutionen, wie sie einer Wirtschaft angemessen sind, die über den Berg starker Akkumulation ist und einen vernünftigen Weg finden muss, um die Früchte einzuheimsen." Joan Robinson: Die fatale politische Ökonomie, Frankfurt a. M. 1966, S. 73 ff.

8 Michel Aglietta, Antoine Reberious, a. a. O., S. 20 f.

9 Vgl. Fritz Naphtali: Wirtschaftsdemokratie - ihr Wesen, Weg und Ziel, Frankfurt 1928.

10 Zitiert nach Joan Robinson, a. a. O., S. 8.

11 Michel Aglietta, Antoine Reberious, a. a. O., S. 31.

12 Heiner Heseler, Rudolf Hickel (Hrsg.): Wirtschaftsdemokratie gegen Wirtschaftskrise, Hamburg 1986, S. 26.

13 Ekkehart Stein: Demokratisierung der Marktwirtschaft, Baden-Baden 1995, S. 56.

14 Ebenda, S. 69.

15 Ebenda, S. 155.

16 Ebenda, S. 98.

 

in: UTOPIE kreativ, H. 173 (März 2005), S. 200-211

aus dem Inhalt des Heftes

Essay ANDREAS HEYER: Utopische Profile; Gesellschaft - Analysen & Alternativen JOACHIM BISCHOFF: Das Ende des Neoliberalismus und die Zukunft der Wirtschaftsdemokratie; VIOLA SCHUBERT-LEHNHARDT: Kein Haushalt ist geschlechtsneutral. Geschlechtergerechte Haushaltsführung als Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft; Antisemitismus MARIO KESSLER: Die KPD und der Antisemitismus in der Weimarer Republik; PETER ULLRICH: Antisemitismus etc. Bedingungen und Grenzen der (linken) Solidarität mit Palästina/Israel; 15 Jahre PDS KLAUS HÖPCKE: Drei Programme - eine Partei?; FLORIAN WEIS: Die PDS in den westlichen Bundesländern. Anmerkungen zu keiner Erfolgsgeschichte; Konferenzen & Veranstaltungen JURI HÄLKER, CLAUDIUS VELLAY: Wirtschaftsdemokratie in schwerer See.; Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau; Bücher & Zeitschriften Joachim Becker, Andrea Komlosy (Hrsg.): Grenzen weltweit. Zonen, Linien, Mauern im historischen Vergleich. (STEFAN BOLLINGER); Ingrid und Gerhard Zwerenz: Sklavensprache und Revolte. Der Bloch-Kreis und seine Feinde in Ost und West (MANFRED BEHREND): J. Magnus Ryner: Capitalist Restructuring, Globalisation and the Third Way. Lessons from the Swedish Model (Kapitalistische Umstrukturierung, Globalisierung und der Dritte Weg. Lehren aus dem schwedischen Modell) (RAIMUND FELD); Jan Hoff: Kritik der klassischen politischen Ökonomie. Zur Rezeption der werttheoretischen Ansätze ökonomischer Klassiker durch Karl Marx (INGO ELBE); Cris Mögelin: Die Transformation von Unrechtsstaaten in demokratische Rechtsstaaten. Rechtlicher und politischer Wandel in Mittel- und Osteuropa am Beispiel Russlands (ULRICH BUSCH); Eberhard Fromm: Meister der deutschen Sprache - Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts. Die deutschsprachigen Literaturnobelpreisträger von Mommsen bis Grass (Studien zur Anatomie des deutschen Intellektuellen) (ALFRED LOESDAU)