Wenn der Krieg kommt

Eine iz3w-Diskussion über den Konflikt am Golf

Wenn dieses Heft erscheint, ist der Krieg gegen den Irak vielleicht schon im Gange. Das iz3w hat sich bislang nur sehr dezent an den Debatten um die Frage beteiligt, ob der Krieg oder das irakische ..

... Regime die größere Bedrohung ist. Zwei Editorials - "Vereinigte Mitte, zerstrittene Linke" (Nr. 264) und "Gewöhnung an den Kriegszustand" (Nr. 266) - ließen für manchen "Psychologen um die Ecke" erahnen, dass sich die Redaktion nicht einig ist. Jetzt haben wir vier Redakteure - Christoph Seidler, Christian Stock, Georg Lutz und Jochen Müller - miteinander diskutieren lassen. Deutlich wird, dass zwar alle gegen einen Krieg sind, es darin aber unterschiedliche Perspektiven gibt. Die "Gesprächsleitung" hatte Jörg Später.

SPÄTER: Die beiden Hauptkontrahenten des Konfliktes sind zwei Machtstaaten. Warum sollte sich eine Linke, die eine Gesellschaft jenseits von Staat und Kapital anstrebt, überhaupt in einen solchen vermachteten Konflikt einmischen?

LUTZ: Es geht bei dem geplanten Krieg gegen den Irak nicht um den Konflikt zweier Machtstaaten, sondern um einen heute typischen asymmetrischen Konflikt. Auf der einen Seite steht die einzige Supermacht mit ihren Verbündeten und auf der anderen Seite die Diktatur eines zerfallenden Entwicklungsstaates. Krieg dient hier der Stärkung des Staates und der weiteren Vermachtung sozialer Verhältnisse. In der ehemaligen Dritten Welt werden Protektorate um ökonomische und politische Filetstücke errichtet. Den Rest überlässt man den Warlords, mit denen man aber in der Regel gute Geschäfte macht.

STOCK: Beim Konflikt um den Irak geht es nicht nur um Macht und Krieg. So kann aus der Perspektive sozialer Emanzipation kein Zweifel daran bestehen, dass das Baath-Regime ein baldmögliches Ende finden muss. Wir befinden uns also in einem Dilemma: Weil die irakische Opposition vom Regime erfolgreich geschwächt oder gar liquidiert wurde, kann ein solcher Sturz des Regimes nur mit Hilfe von außen gelingen.

LUTZ: Aber die Diktatur ist doch kein abgespaltener Orbit in einer anderen Umlaufbahn, sondern integraler Bestandteil heutiger Globalisierungsprozesse. Die neue bellizistische Linke vollzieht mit der "Hilfe von außen" genau diese Abspaltung. Sie macht damit den gleichen verhängnisvollen Fehler wie große Teile der deutschen Sozialdemokratie zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, die die "Völker" in Afrika von der Sklaverei mit Hilfe kolonialer Regime befreien wollte. Mit "sozialer Emanzipation" hat dies damals wie heute nichts zu tun.

STOCK: Richtig, natürlich geht es den USA im Irakkonflikt um alles Mögliche, nicht aber um soziale Emanzipation - allenfalls um deren bürgerliche Kümmerformen. Die Situation ist eben nicht viel anders als beim Zweiten Golfkrieg: Die USA wollen das (partiell) Richtige, aber aus den falschen Gründen und mit den falschen Mitteln.

MÜLLER: Dass es auf keinen Fall um einen Krieg in emanzipatorischer Absicht geht, bestreitet hier also niemand. Vielmehr geht es im "Krieg gegen den Terror" um die Aufrechterhaltung einer Weltordnung, in der die hochindustrialisierten Staaten ihre Privilegien gegen Störenfriede aus dem Rest der Welt verteidigen. Und: dieser Krieg griffe - anders als der letzte Irakkrieg, anders als der Krieg gegen Serbien oder der gegen die Taliban - nicht in eine bereits laufende militärische Auseinandersetzung ein oder würde gegen eine konkrete Bedrohung geführt. Vielmehr wäre es ein präventiver Krieg gegen eine potenziell bedrohliche Macht. Darin läge eine neue Dimension: Die Kriegsdrohung gegen den Irak zeigt, wie die derzeit in den USA den Ton angebende Politik nach dem 11.9. ihre Vorstellung von Weltordnung definiert und umzusetzen gedenkt.

SPÄTER: Die Sicherung von Herrschaft und Macht, von Beute und Geschäften - um mehr scheint es also nicht zu gehen. "Kein Krieg für Öl" wäre auch dieses Mal wieder die Parole?
MÜLLER: Auch wenn "Kein Blut für Öl" eine platte Parole ist, wäre es naiv anzunehmen, dass ökonomische und machtpolitische Motive nicht die Hauptrolle spielten. In Ruanda, wo tatsächlich Millionen Menschen in ein paar Wochen ermordet wurden, gab es keine militärische Intervention, und übrigens auch keine Linke, die für sie geworben hätte.

LUTZ: "Kein Krieg für Öl" ist tatsächlich eine einseitige Parole. Öl ist ein Teil der Erklärung, in Wirklichkeit will die US-Administration aber "die Karte des Irak" wieder in die Hand bekommen. Saudi Arabien ist ihnen als Bündnispartner zu unsicher geworden. Ein weit wichtigerer Punkt betrifft die innenpolitische Situation der US-amerikanischen Gesellschaft. Bush glaubt an seinen Sieg über den Terrorismus. Er glaubt in einem sehr moralisch fundamentalistischem Sinne an die Lösung durch Militär und wahnhafte Sicherheit. Seine Administration hat in ihrem Verständnis eine Mission, die es nach außen und innen durchzusetzen gilt.

SEIDLER: Dass es in derjenigen Region der Welt, in der sich der Irak befindet, nun mal auch um die Kontrolle von Ölreserven geht, lässt sich nicht beiseite schieben. Nach dem 11.9. steht aber mehr auf dem Spiel: Neben der Aufrechterhaltung der weltpolitischen Hegemonie geht es bei dem ausgerufenen "Krieg gegen den Terror" wie bei jedem Krieg auch um den "Krieg um die Köpfe und Herzen". Am Wichtigsten ist, weiterhin rational zu denken, das kapitalistische System in den Mittelpunkt der Kritik zu stellen und sich nicht die Sinne vernebeln zu lassen. Ich erinnere an die "erfolgreiche Befreiung der afghanischen Frauen", die sogar in ansonsten seriösen Medien gefeiert wurde.

MÜLLER: Es ist doch klar, dass sich hier niemand für einen Krieg um Macht und Beute erwärmen ließe. Es sei denn, die zu bekämpfende Bedrohung wäre extrem umfassend und akut. Also stellt sich die Frage: Wie groß muss die Gefahr sein, die von einem Regime, einer Terrorbande oder einem Staat für die Menschheit ausgeht, dass ein Krieg auch für die Linke zur ultima ratio wird - obwohl dieser Krieg eine Ordnung stabilisieren soll, die ihre Monster selbst hervorbringt? Erst hier, erst an dieser aktuell zu beantwortenden und sehr realpolitischen Frage dürfen sich linke Geister scheidenÂ…

SPÄTER: Â…Nach so viel vereinter Kriegsgegnerschaft und USA-Schelte wird es auch mal Zeit, dass sich die Geister scheiden.

MÜLLER: Â… "linke" Faustregeln, Traditionen oder Weis- und Gewissheiten helfen da nicht viel weiter. Richtig bleibt zwar, dass Krieg ein Mittel macht- und herrschaftsförmiger Politik ist. Ebenso klar ist aber, dass der Krieg etwa gegen ein Vernichtungsregime zur humanitären ultima ratio werden kann. An dieser Stelle müssen Erwägungen einsetzen, die gar keine anderen als realpolitische sein können, da sie politische und militärische Maßnahmen in einer Welt betreffen, die so eingerichtet ist, wie wir sie nun einmal vorfinden.

SEIDLER: Aber die Liste von brutalen Diktaturen ist doch viel länger, als die Liste der von den USA als solche bezeichneten "Schurkenstaaten". Wieso beschäftigen wir uns denn heute plötzlich mit dem Irak als demjenigen Staat, an dem diese "ultima ratio" jetzt sofort tatsächlich umgesetzt werden muss? Und warum lesen Linke plötzlich positive Motivationen in das Vorgehen einer Weltmacht hinein, die einen Allende aus seinem Regierungssitz gebombt hat?

STOCK: Weil dem Baath-Regime tatsächlich zuzutrauen ist, dass es Massenvernichtungswaffen besitzt und diese auch einsetzt. Aber solange keine konkreten Hinweise dafür vorliegen, dass der Irak einsatzfähige Waffen dieser Art besitzt, gilt trotzdem: in dubio contra bellum. Das Problem dabei ist, dass die Öffentlichkeit kaum eigene Möglichkeiten hat, die Informationen über Iraks Waffen zu prüfen. In jedem Fall ist die US-Doktrin der Präventivschläge strikt abzulehnen. Wenn Saddam Hussein aber tatsächlich Massenvernichtungswaffen einsetzt, dann geht an einer sofortigen militärischen Intervention mit dem Ziel der Niederringung des Regimes kein Weg vorbei.

SPÄTER: Israel ist so groß wie Hessen, da reicht eine Atombombe. Warum ist eine kriegerische Demilitarisierung des Irak erst dann legitim, nachdem er bereits Massenvernichtungswaffen eingesetzt hat?

SEIDLER: Deine Frage ist nicht nur angesichts dessen, was die UN-Inspektoren bis heute ans Tageslicht befördert haben, paranoid. Husseins außenpolitisches Verhalten war in den Dekaden seiner Amtszeit keineswegs derart irrational, wie Du unterstellst.

STOCK: Solche hypothetischen Fragestellungen führen schnell in eine rein militärstrategische Debatte, bei der linke Standpunkte nur unter die Panzerketten geraten können. Trotzdem folgender Versuch: Im Unterschied zu 1990 führt der Irak derzeit keinen Angriffskrieg. Und obwohl der notorische Antisemit Saddam Hussein immer wieder Öl ins Feuer des Nahostkonfliktes goss - etwa durch die finanzielle wie propagandistische Unterstützung der Selbstmordattentate -, scheint derzeit ein Angriff auf Israel unwahrscheinlich. Das ist übrigens keine Folge von Einsicht, sondern der angedrohten Vergeltungsmaßnahmen seitens der USA und Israels. Sollte nun präventiv eine "militärische Demilitarisierung" des Irak erfolgen, so wäre im Interesse Israels und der irakischen Zivilbevölkerung zu fragen, ob es nicht gerade dadurch zu jener gefährlichen Eskalation kommt, die man ja verhindern will. Deswegen scheint mir das kleinste Übel zu sein, den Irak durch massiven Druck seitens der UN, durch konsequente Waffeninspektionen sowie durch ein scharf kontrolliertes Embargo von Dual-Use-Gütern und anderen waffennahen Technologien in die Knie zu zwingen.

LUTZ: Hier verstehe ich die Argumentation nicht. Zunächst hofft man auf soziale Emanzipation mit Hilfe von militärischer Gewalt von außen, und jetzt wird genau diese absehbare Eskalationsspirale als Gefährdung Israels eingestuft.

MÜLLER: Das ist kein Widerspruch: Viele der als Bellizisten gescholtenen Linken wollen den Krieg gar nicht. Was sie in der Debatte stört, sind die ihrer Meinung nach falschen oder die Realität des irakischen Mordregimes ignorierenden Argumente der Kriegsgegner. Sie führen den Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen Kurden und im Iran-Krieg an und behaupten die Gefährdung Israels durch irakische Raketen. Sie weisen auf den Antisemitismus im Irak und der gesamten arabischen Welt hin, der seinen eliminatorischen Charakter in Form von Al Qaida und den Selbstmordanschlägen in Israel bewiesen habe. Kurz: Diese Argumentation bemüht sich, die existenzielle und akute Bedrohung, die für Israel, die Region und für die "Zivilisation" insgesamt von Hussein ausgeht, hervorzuheben, um auf diese Weise die Option auf einen Krieg gegen den Irak als ultima ratio offenzuhalten.

STOCK: Ich wende mich zum Beispiel gegen die Argumentation vieler KriegsgegnerInnen, die den Konflikt zwischen USA/GB und dem Irak als imperialistische Unterdrückung der Dritten durch die Erste Welt interpretieren. Schon die aggressive Politik des Baath-Regimes selber verbietet es, dem Irak in der gegenwärtigen Auseinandersetzung eine "objektiv" antiimperialistische Rolle zuzuschreiben. Im Irakkrieg stehen sich hoch vermachtete Gegner gegenüber, die sicherlich nicht gleich stark sind, bei denen man aber nicht im FanonÂ’schen Sinne von "Unterdrückern" und "Unterdrückten" sprechen kann. Zum anderen behaupten viele Linke, dass der Israel-Palästina-Konflikt mitverantwortlich für den Krieg gegen den Irak sei. Mit einer einzigen Ausnahme - der Bombardierung eines irakischen Atomreaktors im Jahr 1980 - hat Israel jedoch den Irak niemals angegriffen, selbst als es 1991 von irakischen Scud-Raketen getroffen wurde. Dagegen ist Israel ständig durch den Irak bedroht. Der Palästinakonflikt ist ein ideologischer Platzhalter, der bestens dazu geeignet ist, jene Einigkeit der arabischen Welt herbeizuführen, die das Regime so meisterhaft für eigene Interessen zu instrumentalisieren vermag.

SEIDLER: Eben deshalb sollten wir uns an dieser Stelle für eine Entschärfung dieses Konfliktes stark machen - und nicht den militärischen "Lösungen" das Wort reden. Ich behaupte, dass eine friedliche Lösung zwischen Israel und Palästinensern für die arabischen Diktaturen ebenso eine nachhaltige Erschütterung bedeuten würde, wie sie auch fundamentalistischen Gruppierungen mittelfristig das Wasser abgraben könnte. Ein erneuter westlicher Militärschlag hingegen bestärkt nur deren ideologische Argumentation.

SPÄTER: Wie bedrohlich ist das Regime in Bagdad tatsächlich?

MÜLLER: Das Hussein-Regime stellt eine extreme Bedrohung dar - zunächst vor allem für die Menschen, die in seinem Herrschaftsbereich leben müssen. Tatsächlich hat es Hunderttausende, wenn nicht Millionen auf dem Gewissen. Auch die Behauptung einer Gefahr für die Existenz Israels durch irakische Massenvernichtungswaffen ist nicht aus der Luft gegriffen. Der arabische Nationalismus husseinscher Prägung hat den unversöhnlichen Hass auf Israel immer wieder formuliert. Vor diesem Hintergrund muss es eigentlich auch Linken darum gehen, das irakische Regime und die Gefahren, die von ihm ausgehen, zu beenden. Die Suche der UN-Inspektoren nach Massenvernichtungswaffen im Irak ist daher zu begrüßen. Nun konnten die Inspektoren aber nur auf Grund der Kriegsdrohung ins Land gelangen und dort ihre Arbeit aufnehmen. Diese Drohung wurde nur deshalb wirksam, weil seitens der USA und England die Absicht zu erkennen ist, einen Krieg im Notfall auch zu führen. Ohne glaubhafte Kriegsandrohung gibt es keine Möglichkeit, gegen das zweifellos mörderische und weiterhin für die Region gefährliche Regime von Hussein vorzugehen.

LUTZ: Trotz allem Hin und Her, am Schluss kommt die Kriegskatze doch aus dem Sack. Wer mit Krieg droht, wird ihn früher oder später auch führen. Dieser gewaltige militärische Apparat mit seiner ideologischen Unterfütterung an der "Heimatfront" ist kaum mehr zu stoppen. Notfalls werden sie wieder einen Zwischenfall erfinden. Oder sie finden tatsächlich eine B- oder C-Granate. Dann werden die B 52-Bomber alles platt machen. Vielleicht setzen sie auch eine taktische Nuklearwaffe ein.

SEIDLER: Die hier so genannte "realpolitische Sichtweise" sollte sich mindestens darüber im Klaren sein, dass mit einem Krieg alle Krankheiten des Nahen Ostens gehegt und gepflegt werden. Der arabische Nationalismus lebt von der Klage, vom Westen und von Israel entwürdigt und kleingehalten zu werden. Mit dem Aufkommen des Friedensprozesses zwischen Israel und den Palästinensern vor zehn Jahren schien es zum ersten Mal möglich, dass neue Gedanken Raum greifen, die sich um tatsächliche gegenseitige Anerkennung bemühen, um ein zukünftiges Zusammenleben von zivilen Gesellschaften - all das verstummt nun wieder in der militärischen Eskalation und dem Gerede von ihrer Notwendigkeit.

SPÄTER: Wie soll sich die Linke verhalten, wenn der Krieg wirklich kommt?

STOCK: Wenn der Krieg kommt, dann ist die aktive Unterstützung des fortschrittlichen Teils der irakischen Opposition sowie der irakischen Flüchtlinge eine der wenigen positiven "realpolitischen" Optionen. Ansonsten gilt: Widerstand gegen das irakische Regime und die es stützen, von den Waffenexporteuren bis zu Teilen der Friedensbewegung. Und: Ablehnung des Krieges, solange das Regime keine akuten Gewaltexzesse nach innen oder gegen Israel betreibt.

SEIDLER: Der Krieg ist doch seit mindestens einem Jahr schon da. Im letzten Editorial haben wir die schleichende Gewöhnung daran zurecht kritisiert. Wenn die Bomber fliegen, wird neben der Solidarität mit den Opfern unter der irakischen Zivilbevölkerung auch eine solche mit amerikanischen GIs vonnöten sein, die bereits im letzten Golfkrieg durch die "eigenen" Waffen nachhaltig geschädigt wurden - mit etwaigen Deserteuren sowieso. Und natürlich eine Kritik an der rot-grünen Bundesregierung, die seit Monaten so tut, als sei sie gegen den Krieg und dabei gleichzeitig die Gesellschaft kriegstauglich macht.

MÜLLER: Vor allem sollten wir uns nicht dazu nötigen lassen, unsere Aussagen auf den Umfang eines Buttons reduzieren zu lassen. Sowohl Kriegstreiberei als auch die Haltung "Hände weg vom Irak" ist abzulehnen. Ein Krieg würde kurzfristig eine humanitäre Katastrophe für den Irak bedeuten, würde mittelfristig die Ressentiments in der ganzen Region gegen den Westen, die USA und Israel stärken und langfristig eine neue Weltordnung einläuten, in der die vorherrschenden Mächte sich das Recht auf Präventivkriege einräumen würden. Gleichwohl ist ein Inspektionsregime im Irak notwendig. Dieses ist nur dann funktionsfähig, wenn eine glaubhafte Kriegsdrohung besteht. Mit diesem Paradox muss man leben.

LUTZ: Im zweiten Golfkrieg und im Krieg gegen Jugoslawien spielte die Verletzung des Völkerrechts eine zentrale Rolle zur Kriegsbegründung. Beide Kriege dienten vielen 68erIntellektuellen und gewendeten Grünen als Einstiegsdroge, um Kriege mit ganz anderen Begründungen zu unterstützen. Warum sollte dies, da jetzt die Gefährdung Israels und die geschundene Bevölkerung des Irak angeführt wird, anders sein? Meine These ist, dass es hier nicht um die konkreten Situationen vor Ort geht, sondern um die schleichende Positionsveränderung eines Teils der deutschen Linken. Die schlechten Realitäten sind ja die letzten Jahre die selben geblieben. Und aus diesem Grund sollten wir auch realpolitisch weiter Nein sagen.