Seit ihrer Entstehung zeichnen sich kapitalistisch formierte moderne Gesellschaften durch eine enorme Anpassungsfähigkeit aus. Selbst schwerste ökonomische Krisen haben in der Vergangenheit allenfalls als Treiber für eine Revitalisierung kapitalistischer Dynamik gesorgt. Der Kapitalismus ist kein fester Kristall, keine geronnene Struktur; er „ist nichts, wenn er nicht in Bewegung ist“ (Harvey 2011: 23). Auf die Selbstverwertung von Wert programmiert, beziehen kapitalistische Gesellschaften ihre Dynamik geradezu aus der Fähigkeit dominanter Akteure, immanente Grenzen kapitalistischer Akkumulation zumindest zeitweilig zu umgehen oder zu überwinden, wobei „jede Schranke von einer anderen abgelöst werden kann“ (ibid.: 373). Angesichts der anhaltenden Krisenprozesse (nicht nur) in den Kernregionen des globalen Nordens, scheint es jedoch, als büße dieser Imperativ dynamischer Selbststabilisierung nunmehr seine Fraglosigkeit ein, denn mit konventionellem Wirtschaftswachstum ist ausgerechnet das bislang wichtigste Mittel zur Überwindung ökonomischer Krisen ökologisch zum Problem geworden. Die ökonomisch-ökologische Doppelkrise drängt zu einer erneuten gesellschaftlichen Transformation, die nun ausgerechnet jenes Gesellschaftssystem erfasst, das Bevölkerungsmehrheiten in den osteuropäischen Gesellschaften vor zwei Jahrzehnten als Ziel eines erwünschten Systemwandels galt (vgl. Kollmorgen 2010: 156-161, 170-175). Wie Gesellschaften jenseits konventionellen Wirtschaftswachstums aussehen könnten, ist vorerst wissenschaftlich wie politisch eine offene Frage. Nachfolgend wird der Vorschlag präsentiert, das Konzept kapitalistischer Landnahmen zu nutzen, um die Problematik einer solchen Transformation theoretisch wie zeitdiagnostisch zumindest in einigen ihrer Dimensionen auszuloten. Die Begründung dieses Vorschlags erfolgt in drei Schritten. Zunächst wird das Landnahmekonzept in seinen wachstumskritischen Implikationen erläutert, es folgt eine Skizze seines zeitdiagnostischen Potentials. Abschließend werden einige theoretische Schlussfolgerungen präsentiert.
Kapitalistische Landnahme und Wachstum
Die Ideengeschichte des Landnahmetheorems reicht weit zurück. So unterschiedliche Denkerinnen und Denker wie Karl Marx, Rosa Luxemburg oder Hannah Arendt haben mit dem Konzept gearbeitet. In jüngerer Zeit wird es im industriesoziologischen (Lutz 1984) und politikwissenschaftlichen Kontext, von heterodoxen Ökonomen (Busch/Land 2012; Schmidt 2009) und besonders prominent von dem Sozialgeografen David Harvey (2010) für eine Zeitdiagnose kapitalistischer Metamorphosen genutzt. Im Anschluss an Burkart Lutz lässt sich jeder kapitalistische Wachstumsschub als eine Phase je spezifischer Landnahmen durch den expandierenden industriell-marktwirtschaftlichen Teil der Volks- und Weltwirtschaft beschreiben (Lutz 1984: 62). Im Zentrum dieser Landnahmen steht die Kommodifizierung sozialer Beziehungen.
In der nachfolgend präsentierten Version des Landnahmetheorems wird allerdings nicht kapitalistische Entwicklung schlechthin, sondern vor allem deren Nicht-Linearität und Begrenztheit thematisiert. Die Rationalität des warenförmigen Äquivalententauschs, die in kapitalistischen Gesellschaften zu Verallgemeinerung drängt, kann sich niemals vollständig durchsetzen, weil sie in andere Handlungsrationalitäten eingebettet bleibt, zu denen sich die Kommodifizierung expansiv, vereinnahmend, ja geradezu „imperialistisch“ verhält oder zumindest verhalten kann. Kapitalistische Entwicklung als Abfolge von Landnahmezyklen zu verstehen, bedeutet, über die Konstruktion eines reinen Kapitalismus hinauszugehen und stattdessen die Abhängigkeit von einem „Außen“ kapitalistischer Marktvergesellschaftung in den Blick zu nehmen. Kapitalismus kann sich, so die Basisannahme des Konzepts, nicht entwickeln, ohne fortwährend neues „Land“ in Besitz zu nehmen und soziale Akteure zu eigensinnigem, gleichwohl auf längere Sicht systemkompatiblem Handeln zu motivieren und zu aktivieren. Anders als der Begriff suggeriert, erschöpfen sich Landnahmen aber nicht in einer sozialräumlichen Dimension. Die Ausdehnung des Kapitalismus erfolgt im Medium der Zeit (vgl. Kollmorgen im vorliegenden Heft), außerhalb wie innerhalb nationaler Gesellschaften, sektoral, feldspezifisch und sie erfasst unterschiedliche Produktionsweisen, soziale Gruppen, Lebensformen und selbst die Persönlichkeitsstrukturen. Versuche, die komplexen Beziehungen zwischen dem „Innen“ und dem „Außen“ kapitalistischer Landnahmen aufzuklären, beinhalten ein Forschungsprogramm, dessen analytische Tragfähigkeit für die Gegenwart erst noch unter Beweis zu stellen ist. Da die Grundidee des Konzepts bereits an anderer Stelle skizziert wurde (vgl. Dörre/Rosa/Lessenich 2009), soll es an dieser Stelle genügen, den systemischen Zusammenhang zwischen Landnahmen, Wachstumszwängen und Reproduktion des Kapitalismus zu beleuchten.
Sozioökonomische Ursachen: Warum wird „Land genommen“?
Warum beruht kapitalistische Dynamik auf fortwährenden Landnahmen? Jeder Antwortversuch muss zwischen politökonomischen und ideologisch-politischen Ursachen unterscheiden. Ohne den Begriff der Landnahme explizit zu benutzen, hat Marx in seinen Ausführungen zur ursprünglichen Akkumulation des Kapitals die politökonomischen Ursachen zumindest teilweise analysiert. Die Entstehung des Kapitalismus inmitten zerfallender Feudalgesellschaften beschreibt er als einen langwierigen Prozess, der wesentlich auf staatlichem Zwang und Gewalt beruht. Marx war allerdings der Auffassung, der „Sündenfall“ einer auf staatlicher und teilweise gewaltsamer Disziplinierung für die neue Produktionsweise beruhenden ursprünglichen Landnahme sei abgeschlossen, sobald der Kapitalismus sich auf seinen eigenen Grundlagen zu reproduzieren beginne (Marx 1973: 741).
Exakt diesen Gedanken unterzieht Rosa Luxemburg (1975) einige Jahrzehnte später einer instruktiven Kritik. Ihrer Auffassung nach mündet der durch die Zwangsgesetze der Konkurrenz ausgelöste Drang zu erweiterter Reproduktion des Kapitals beständig in die Produktion neuen Mehrwerts, der durch die zahlungsfähige Nachfrage der Endkonsumenten letztendlich nicht absorbiert werden kann. Um diese Schranke zu überwinden, muss der überschüssige Mehrwert in nichtkapitalistischen Milieus realisiert werden. Erst durch Einverleibung von nichtkapitalisierter Arbeitskraft und Erde (d.h. „Kolonialisierung“) erwirbt das Kapital „eine Expansionskraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigene Größe gesteckten Grenzen“. Die Akkumulation des Kapitals bleibt an „nichtkapitalistische Kreise gebunden“ (ibid.: 305f.). Dementsprechend beruht kapitalistische Dynamik auf einer Verschränkung von zwei unterschiedlichen Vergesellschaftungsweisen. Im System „innerer Märkte“, gekennzeichnet durch die Rationalität des Äquivalententauschs, reproduzieren sich kapitalistische Gesellschaften weitgehend auf ihren eigenen Grundlagen. Zugleich bleiben sie jedoch innerhalb wie außerhalb nationaler Gesellschaften auf noch nicht kommodifizierte Regionen, Milieus, Gruppen, Tätigkeiten und Lebensweisen, auf „äußere Märkte“ angewiesen. In diesen „äußeren Märkten“ gilt das Prinzip des Äquivalententauschs allenfalls eingeschränkt. Hier können Willkür, politische Disziplinierung und zum Teil offene Gewalt herrschen. Die Reproduktion des Kapitals ist einerseits funktional von nichtkapitalistischen Tätigkeiten, Schichten und Milieus abhängig. Ohne – überwiegend weibliche – Reproduktions-, Sorge- und Pflegearbeit, ohne den Zustrom überschüssiger Arbeitskraft aus der (Semi-)Peripherie und ohne die Gratis-Nutzung natürlicher Ressourcen kann erweiterte Reproduktion letztendlich nicht stattfinden. Andererseits eignet sich dieses funktional notwendige Andere aber auch als Objekt für immer neue Kommodifizierungsschübe. Es wird im Prozess kapitalistischer Landnahmen absorbiert, aufgesogen, aufgezehrt. Jeder Landnahmezyklus stellt daher einen historisch einmaligen Prozess dar, der in seiner konkreten Gestalt nicht wiederholbar ist.
Trotz der logischen Inkonsistenzen, die zahlreiche Kritiker angesprochen haben (etwa Harvey 2005: 138ff.; Sweezy 1976: 256-276), ist Luxemburgs Analyse hochaktuell, weil sie auf den strukturellen Wachstumszwang verweist, der die Dynamik immer neuer Landnahmen anheizt. In einer anarchischen kapitalistischen Ökonomie resultiert dieser Wachstumszwang aus der Verselbstständigung des Verwertungsstrebens: „Die Mehrwertproduktion ist es, die in der kapitalistischen Gesellschaft die Reproduktion der Lebensbedürfnisse im Ganzen zum Perpetuum mobile macht“ (Luxemburg 1975: 16). Da die Bestimmung des Umfangs der Reproduktion beim Einzelkapitalisten liegt und unter Konkurrenzbedingungen erfolgt, gibt es ein mächtiges Motiv für eine ständige Erweiterung der Reproduktion, denn sämtliche Maßnahmen, die ergriffen werden, um im Wettbewerb zu bestehen, laufen im Grunde auf eine solche Erweiterung hinaus: „Die kapitalistische Produktionsweise schafft nicht bloß im Mehrwerthunger des Kapitalisten die treibende Kraft zur rastlosen Erweiterung der Reproduktion, sondern sie verwandelt diese Erweiterung geradezu in ein Zwangsgesetz, in eine wirtschaftliche Existenzbedingung für den Einzelkapitalisten“ (ibid.: 18).
Diesen strukturellen Wachstumszwang vermögen einzelne Kapitalisten oder Unternehmen allenfalls auf Zeit sowie produkt- und sektorenspezifisch außer Kraft zu setzen, und zwar nicht allein wegen der Konkurrenz, sondern auch aufgrund der komplexen Metamorphosen, die das Kapital in jedem Reproduktionszyklus durchlaufen muss. Diese Komplexität und die damit verbundene Tendenz zur Erzeugung immer neuer Disproportionalitäten wird deutlich, wenn man die allgemeine Formel erweiterter Reproduktion in einzelne Operationen zerlegt, welche sich in je besonderer Weise als krisenträchtig erweisen können:1
| m — v |
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Erweiterte Reproduktion funktioniert nur, sofern in jeder Phase, die die Metamorphose des neu geschaffenen und kapitalisierten Mehrwerts durchläuft, genau jene Territorien, Rohstoffe, Materialien, Energiereserven, Maschinen, Transportmöglichkeiten, Arbeitskräfte, Konsumenten und Reproduktionstätigkeiten, Finanzierungsmittel etc. zu Verfügung stehen, die für die Realisierung des neu geschaffenen Mehrwerts benötigt werden. In einer hoch arbeitsteiligen, wesentlich über Märkte koordinierten Wirtschaft ist jeweils relativer Überschuss bei jeder dieser Komponenten und in jedem Stadium des Wirtschaftskreislaufs nötig, um erweiterte Reproduktion auf der Mikroebene überhaupt garantieren zu können. Dieser Überschuss lässt sich nur bereitstellen, sofern Kredit und Zins im Reproduktionszyklus eine Führungsrolle übernehmen. Insofern trifft zu, dass Verschuldung, Geldschöpfung durch die Banken sowie die in Zinseinkommen gesetzten Ansprüche auf Gewinnanteile, wenn schon nicht den, so doch einen wesentlichen Treiber kapitalistischer Landnahmen darstellen (Deutschmann 2011a; Binswanger 2009: 298ff.).
Da sich kein Kapitalist sicher sein kann, dass der mehrstufige Verwandlungsprozess des vorgeschossenen Kapitals wirklich gelingt, muss er auf der Jagd nach Mehrwert ständig Maßnahmen ergreifen, die seine Positionierung in der Konkurrenz verbessern und letztendlich auf erweitertes sachliches wie wertmäßiges Wachstum hinauslaufen. Dabei schließt die „unaufhörliche Steigerung der Produktivität der Arbeit“ das Bestreben nach einer „schrankenlose(n) Nutzbarmachung aller von der Natur und der Erde zur Verfügung gestellten Stoffe und Bedingungen ein und ist an eine solche gebunden“ (Luxemburg 1975: 306). Kapitalistische Entwicklung basiert auf Landnahmen, weil sie den Zwang zu erweiterter Reproduktion und damit zugleich ein expansives Verhältnis zu sozialen und Naturressourcen einschließt.
In der zeitgenössischen wachstumskritischen Debatte wird dieser Zusammenhang auch von Autoren klar gesehen, die eine werttheoretische Fundierung ihrer Argumentation für obsolet halten. In Phasen der Stagnation und Wachstumsschwäche ist das kapitalistische System, wie der Umweltökonom Tim Jackson (2011) feststellt, wenig belastbar. Sobald die Wachstumsmotoren stoppen, verkehren sich die Rückkoppelungseffekte erweiterter Reproduktion, die zuvor zur Integration gegensätzlicher Interessen beigetragen haben, in ihr Gegenteil. Sie wirken krisenverusachend oder -verschärfend. Daher können sich die diversen Kapitalismen, auch diejenigen mit ausgebauten Wohlfahrtsstaaten, nicht aus sich selbst heraus in Steady-State-Systeme (Daly 1996), in Postwachstumsgesellschaften ohne Zwang zu fortwährenden Landnahmen, verwandeln. Die dem Kapitalismus in all seinen Variationen innewohnende Dynamik treibt das System „immer nur in ein Extrem – in die Expansion oder in den Zusammenbruch“ (Jackson 2011: 80).
Politisch-ideologische Treiber: Wie wird „Land genommen“?
Wenn auf Dauer „nur die weitere Expansion der Mehrwerterzeugung funktionieren“ kann, und sich daraus „die gesellschaftliche Notwendigkeit des permanenten Wachstums“ ergibt (Harvey 2011: 366f.), so muss diese Wachstumsorientierung doch gesellschaftlich immer wieder neu begründet und durchgesetzt werden. Es bedarf daher eines hegemonialen „Geistes des Kapitalismus“ (Boltanski/Chiapello 2003: 46), ohne den der Wachstumszwang in ausdifferenzierten Gesellschaften nicht in den Handlungsstrategien kapitalistischer Akteure zu verankern ist. Ideologisch-politische Legitimationen tendieren jedoch dazu, sich gegenüber den sozioökonomischen Ursachen des Expansionismus zu verselbstständigen, ja, ihnen vorauszueilen. Hannah Arendt bezeichnet dieses Phänomen als Akkumulation politischer Macht. Am Beispiel imperialistischer Politik zeigt sie, wie einer vermeintlich unbegrenzten Kapitalakkumulation einer in ihrer ideologischen Selbstlegitimation ebenfalls unbegrenzten Machtakkumulation vorausgeht (Arendt 2006: 326). Besonders während großer, struktureller Krisen, die das gesamte Ensemble institutioneller Regulationen berühren, muss sich der „Sündenfall“ einer zeitweiligen Überwindung der ökonomischen Grenzen erweiterter Reproduktion durch den Einsatz akkumulierter Machtmittel periodisch wiederholen. Die Kapitalakkumulation kommt nur in Gang, weil sie durch politisches Handeln und entsprechende ideologische Legitimationen angestoßen wird. Dabei kann sich der ideologisch-politische Expansionismus gegenüber seinen ökonomischen Triebkräften verselbstständigen. Mit anderen Worten, es wird auch dann „Land genommen“, z.B. Kolonialpolitik betrieben, wenn dies ökonomisch dysfunktional ist. Selbst das wohlfahrtsstaatliche Projekt, wie es sich in den kapitalistischen Kernregionen nach 1945 durchgesetzt hat, beruht(e) auf Expansion, auf ideologisch legitimierten „inneren“ Landnahmen.
Die expansive Dynamik wird jeweils von dominanten Akteuren durchgesetzt. Auf der Meso- und Makroebene sind dies kapitalistische Unternehmen und der Staat bzw. deren strategiefähige Repräsentanten. Landnahmen werden aber niemals ausschließlich von gesellschaftlichen Machteliten realisiert, sondern durch sperrige Institutionensysteme gefiltert, über Reibungen und Dysfunktionalitäten in unterschiedlichsten sozialen Feldern modifiziert sowie in sozialen Kämpfen auch durch eigensinnige, widerständige Akteure von unten beeinflusst. In jeder Phase kapitalistischer Entwicklung bildet sich, völlig ohne Masterplan und als Resultat einer unüberschaubaren Vielfalt mikrosozialer Aktivitäten, ein charakteristischer Modus operandi heraus, der ein empirisch identifizierbares Wechselspiel von Landnahme und Landpreisgabe generiert. An den Umschlagpunkten historischer Landnahmezyklen prägen Staat und politisches Handeln jeweils die Geburt eines neuen Modus operandi. Dabei können Staaten bevorzugt als Agenten von Marktöffnungspolitiken wirken, sie können aber auch als Vorreiter von De-Kommodifizierungsschüben agieren.
Der fordistische Landnahmezyklus wurde primär durch marktbegrenzende Politiken geprägt. Nachfrageorientierter Staatsinterventionismus, das nordamerikanische Vorbild eines New Deal mit Massenproduktion, Massenkonsum und individualistischer Lebensweise sowie ein auch aus der Systemkonkurrenz resultierender Eliten-Konsens über eine Beteiligung der abhängig Beschäftigten am Produktivitätsfortschritt ermöglichten in den kapitalistischen Kernregionen eine Neutralisierung des so genannten „Lohngesetzes“, das die Einkommen der abhängig Beschäftigten limitierte (vgl. Lutz 1984: 210). Zeitgleich wurde der traditional-handwerkliche Sektor, aus dem die Lohnabhängigen lange das Gros ihrer lebensnotwendigen Güter bezogen hatten, absorbiert. Soweit sich die Funktionen dieses „Außen“ nicht an die Industrie und den kapitalistischen Markt delegieren ließen, wurden sie vom Staat und einem expandierenden öffentlichen Sektor übernommen. Während dieser Periode stiegen die Reallöhne binnen 20 Jahren (1950-1970) um das Dreifache, eine quantitativ wie qualitativ einmalige Verbesserung des Lebensstandards von Lohnabhängigen und ihren Familien, die das Oszillieren der Löhne um ein historisch-moralisches Existenzminimum obsolet machte (vgl. König 2008: 43).
Gelingen konnte dies nur, weil die immanenten Wachstumsschranken, die zu den Krisen der Zwischenkriegsperiode geführt hatten, zusätzlich zur Expansion des Wohlfahrtsstaates durch zwei institutionelle Neuerungen überwunden wurden: Erstens ging mit dem Übergang zu Massenproduktion und Massenkonsum eine gesellschaftliche Aufwertung der Konsumentenrolle einher. Ein Konsument mit scheinbar unbegrenzten Bedürfnissen, von der Werbewirtschaft sorgsam gehegt und durch künstliche Konsumverstärker beeinflusst, entwickelte sich zum Nachfrager positionaler Güter. Der Konsum prägte Lebensstile, er wurde zum Mittel symbolischer Distinktion und Konkurrenz. Dies eröffnet den Unternehmen sukzessive Märkte für Konsumprodukte, deren Gebrauchswert vor allem in ihrer symbolischen, statusrelevanten Beutung lag. Zweitens – das ist nicht minder bedeutsam – konnten Rohstoffe, fossile Energieträger und andere natürliche Ressourcen expansiv genutzt werden, weil sie in der ökonomischen Theorie und Praxis so lange als unbegrenzte Güter zu handeln sind, wie Eigentumsrechte geltend gemacht und die Folgekosten industrieller Produktion externalisiert, aus betriebswirtschaftlichen Kalkülen ausgelagert werden konnten.
Die Integrationsformel des fordistischen Teilhabekapitalismus gründete sich dementsprechend auf die Vorstellung unbegrenzten Wachstums, immer besser garantierter sozialer Sicherheit und eines allmählich, aber doch beständig steigenden Wohlstands. Diese Vorstellungen prägten den „Geist“ des organisierten Kapitalismus und sie verlieh ihm eine hegemoniale Ausstrahlung. Der kapitalistische Expansionstrieb wurde gewissermaßen nach innen gerichtet und durch eine Institutionalisierung von Lohnabhängigenmacht domestiziert. Allerdings basierte auch die wohlfahrtsstaatliche Pazifizierung kapitalistischer Landnahmen auf endlichen Ressourcen. Sie bewirkte eine „Zerstörung der bis dahin für den kleinbetrieblich-handwerklichen Sektor konstitutiven Strukturen, Produktionsweisen, Lebensformen und Verhaltensorientierungen“ (Lutz 1984: 213), und sie war mit fortschreitender Naturvernutzung sowie einer Verschärfung des Nord-Süd-Gegensatzes verbunden.
Zeitdiagnose: Die finanzkapitalistische Landnahme des Sozialen
Als Reaktion auf die erlahmende Dynamik des fordistischen Kapitalismus setzte Mitte der 1970er Jahre eine Gegenbewegung ein, die sich als dreifache Landnahme bezeichnen lässt. Außerhalb der kapitalistischen Zentren ist sie (1) mit Durchsetzung und Expansion des Kapitalismus vor allem in Osteuropa und den so genannten BRICS-Staaten (Brasilien, China, Indien, Russland, Südafrika) verbunden. Innerhalb der Zentren wird diese Durchdringung zuvor nichtkapitalistischer Räume und Territorien (2) genutzt, um die raum-zeitlichen Fixierungen von Kapital aus der Ära des sozial-bürokratischen Kapitalismus aufzubrechen. Während die Expansion außerhalb der kapitalistischen Kernregionen teilweise dem Muster der ursprünglichen Akkumulation entspricht oder auf einer Adaption „fordistischer“ Praktiken beruht, erfolgt die Restrukturierung innerhalb kapitalistischer Zentren (3) über die Konstitution und Durchsetzung einer Basisregel, die das Leitbild des innovativen Unternehmers und mit ihm das Prinzip schöpferischer Zerstörung in allen wichtigen gesellschaftlichen Feldern zu verallgemeinern sucht. Da die zeitdiagnostische Dimension dieser dreifachen Landnahme schon häufig ausgeleuchtet wurde, genügt es an dieser Stelle, das theoretische Argument zu schärfen, wobei sich die Ausführungen auf die finanzkapitalistische „innere Landnahme“ in den Kernregionen des globalen Nordens konzentrieren.
Sozioökonomische Ursachen: Fiktives Kapital und Verschuldung
Als Treiber der (finanz)marktgetriebenen Landnahme dienten zunächst Unternehmens- und Anlagestrategien, die angesichts von Überkapazitäten in weltwirtschaftlichen Leitbranchen neue Anlagesphären für überschüssiges Kapital erschließen sollten. Weder der Kapitalexport mittels Ausländischer Direktinvestitionen (FDI), noch die Investitionen in neue Hochtechnologie-Branchen reichten jedoch aus, um die Überakkumulationsproblematik dauerhaft zu entschärfen. Überkapazitäten finden sich mittlerweile nicht nur in den ehemaligen Leitbranchen des fordistischen Kapitalismus (allein im Wertschöpfungssystem Automobil ein Drittel der Kapazität), sondern auch in zuvor wachstumsintensiven neuen Branchen (IT, Telekommunikation). Die Überakkumulationsproblematik hat die raum-zeitliche Verschiebung von Kapital in die Finanzsphäre begünstigt. In den Kernregionen bedingte sie verlangsamtes Wirtschaftswachstum. Steigende Profitraten gingen mit sinkenden Investitionsquoten einher und ließen die Finanzsphäre für Banken und institutionelle Anleger zunehmend attraktiv werden. Seit den 1970er Jahren wird die kapitalistische Dynamik in den Zentren daher in immer stärkerem Maße von expandierenden Finanzmarktsegmenten bestimmt, die sich ihrerseits durch zunehmende internationale Verflechtung, die informationstechnologische Durchdringung und Beschleunigung von Operationen sowie einen Bedeutungszuwachs spekulativer Aktivitäten auszeichnen. Neben fehlenden Anlagemöglichkeiten in der so genannten Realwirtschaft speist sich die Expansion der Finanzmärkte inzwischen aus zwei zusätzlichen Quellen: (a) aus der zunehmenden Vermögens- und Einkommensungleichheit, die überschüssiges Geldkapital bei den begüterten Schichten konzentrierte und es so dem Konsum entzieht; (b) aus der fortschreitenden Privatisierung von Alterssicherungssystemen, die institutionelle Anleger wie Pensionsfonds oder die Investmentabteilungen großer Banken nach geeigneten Investitionsmöglichkeiten für das gesammelte Geldvermögen suchen lässt (Huffschmid 2002).
Überliquidität auf den Finanzmärkten war und ist der Humus, auf welchem die Verwandlung von Finanz- (Synthese von Sach- und Geldkapital) in fiktives (allein auf zertifizierten Forderungen von Gläubigern beruhendes) Kapital gedeihen konnte. G, ausgedrückt in Geld oder Wertpapieren, wurde vom Zahlungs- und Kreditmittel mehr und mehr zu einem reinen Spekulationsobjekt, eingesetzt mit dem Ziel, G’, mehr Geld zu realisieren. Das freilich unter Ausblendung von komplexen Arbeitsprozessen und den endlichen natürlichen Reichtumsquellen. Die fetischisierte Vorstellung, Geldkapital könne sich in Gestalt von Wertpapieren und Derivaten gleichsam aus sich selbst heraus vermehren, bildet den Ursprung aller spekulativ erzeugten Blasen. Entscheidend für den hier interessierenden Kontext ist jedoch, dass die Aufwertung des fiktiven Kapitals den Modus operandi kapitalistischer Landnahmen in den Kernregionen prägte und weiter prägt. Verschuldung, Kredit und Zinseinkommen haben sich zum eigentlichen Motor einer Dynamik gemausert, die die Grenzen kapitalistischer Akkumulation zu überwinden sucht, indem sie genau dort ansetzt, wo die fordistische Landnahme mit „Landpreisgabe“, also mit De-Kommodifizierung verbunden war. Nunmehr wird „Land genommen“, indem marktbegrenzende Institutionen geschwächt, die ökologischen Krisen mittels Technologie und Auspreisung der Atmosphäre zur profitablen Anlagesphäre umfunktioniert und mehr oder minder alle gesellschaftlichen Funktionsbereiche dem Leitprinzip schöpferischer Zerstörung unterworfen werden.
Aus der Dominanz von Märkten, auf denen mit fiktivem Kapital gehandelt wird, resultiert die besondere Krisenanfälligkeit des nachfordistischen Landnahmezyklus. Auf Märkten für Aktien oder abgeleitete Finanzinstrumente können die Unsicherheiten, die mit realen Produktionsprozessen verbunden sind, nur hypothetisch in Risiken transformiert werden, denn es handelt sich um Koordinationsmechanismen zweiter Ordnung. Die Akteure auf diesen Märkten (institutionelle Anleger, Banken, Analysten, Rating-Agenturen) beobachten Zahlungsversprechen und damit Erwartungserwartungen. Sie müssen unterschiedliche Risiken – z. B. die Entwicklung nicht nur von Gewinnen, sondern auch von Zinssätzen – gewichten, also deren Komplexität reduzieren, um sie halbwegs kalkulierbar zu machen. Ein zentrales Problem bei der Prognose zukünftiger Erträge besteht nun aber darin, dass eine Reduktion von Komplexität nicht wie auf den Märkten erster Ordnung funktioniert. Beobachtungen von Gewinn- und Renditeerwartungen können die Komplexität von Produktionsprozessen letztendlich nicht ausblenden, auch weil sie mit Wissen aus der Vergangenheit Erwartungen bewerten müssen, die sich auf zukünftige Ereignisse beziehen. Um das daraus resultierende Umwelt-Komplexitätsdilemma überwinden und Unsicherheiten in kalkulierbare Risiken transformieren zu können, müssen Gebrauchswert-Surrogate (Wertpapiere, Derivate) eingesetzt werden. Letztendlich bleibt diese Umwandlung aber „unvollständig“, weil heterogene Informationen zu bewerten sind, die wiederum in die Erwartungen der Akteure eingehen und beständig zu einem Verhalten motivieren, das die prognostizierten Ereignisse tatsächlich herbeizuführen beabsichtigt. Paul Windolf (2005) hat die Finanzmärkte daher treffend als eine effiziente Maschine zur Informationsverarbeitung bezeichnet. Diese Maschine vermag die Komplexität von Gebrauchswerten aber nur sehr begrenzt zu reduzieren. Denn im Grunde beruht der finanzkapitalistische Koordinationsmechanismus auf unanalysierbaren Abstraktionen, die sich von der produzierenden Wirtschaft weit entfernen können.
Post hoc werden die Finanzmärkte allerdings, etwa über die Unternehmensbilanzen, an reale Aktivitäten rückgekoppelt. Der störungsanfällige finanzkapitalistische Koordinierungsmechanismus bleibt über zahlreiche Transfermechanismen mit der Welt der „realwirtschaftlichen“ Akteure verflochten. Solche Transfermechanismen sind unter anderem der Markt für Unternehmenskontrolle, Fusionen, Übernahmen, die Shareholder-Value-Steuerung von Unternehmen, Gewinn- oder Renditevorgaben als Hebel organisationsinterner Finanzialisierung oder auch die Inszenierung permanenter Standortkonkurrenzen zwischen Unternehmen und Unternehmensteilen. Über eine Vielzahl molekularer Operationen zunächst in der exportorientierten Wirtschaft ist über die Jahre ein Rationalitätsprinzip hegemonial geworden, das ökonomische Operationen einem finanzkapitalistischen Kalkül (Priorisierung von Höchstrenditen und Maximalprofiten, Intensivierung der Konkurrenz auf vermachteten Märkten und innerhalb von Unternehmen) unterwirft. Die Unsicherheit, die in volatilen Märkten ohnehin besteht, wird durch die Implementation einer finanzkapitalistischen Rationalität nicht nur zusätzlich verstärkt, sie wird zu einer zentralen Herausforderung für die Reorganisation von Unternehmen und Betrieben.
Neue Eigentümer wie Investment- oder Pensionsfonds, die selbst in scharfer Konkurrenz zueinander stehen, motivieren das strategiefähige Management weltmarktorientierter Unternehmen, kurzfristige Gewinnerwartungen zu befriedigen. Doch das ist nur ein Teil des Problems. Der Markt für Unternehmenskontrolle, wie er in Deutschland erst aufgrund der Finanzmarktgesetzgebung der Regierung Schröder entstehen konnte, konstituiert einen Möglichkeitsraum, den das Top-Management international agierender Konzerne nutzen kann, um Unsicherheit in Kontroll- und Verhandlungsmacht zu transformieren. Häufig genügt schon die Androhung einer feindlichen Übernahme, um Aushandlungsstrategien Nachdruck zu verleihen. Das Ziel, eine hohe Eigenkapitalrendite2 zu erwirtschaften, wird mit Verweisen auf Eigentümerinteressen legitimiert, zugleich aber auch für die Durchsetzung von Partialinteressen des Unternehmensmanagements genutzt. Im exportorientierten Sektor ist auf diese Weise eine Wirtschaft entstanden, in der Gewinn nicht mehr primär als Resultat ökonomischer Leistungsfähigkeit erscheint, sondern als Planungsgröße vorausgesetzt wird, an die sich dezentrale Managementaktivitäten, Belegschaftsstärken, Löhne, Arbeitszeiten und -bedingungen anzupassen haben. Dieses Planungssystem, das allerdings nur in Kombination mit und in Konkurrenz zu anderen Steuerungspräferenzen funktionieren kann, bewirkt, dass auch solche Werke, Betriebe und Betriebsteile unter Druck geraten, die, obwohl an sich profitabel, der Konkurrenz um hohe Eigenkapitalrenditen nicht standhalten können. Diese Einheiten sind dann von Verkauf, Schließung oder zumindest von harschen Kostensenkungsprogrammen betroffen.
Gegen die Finanzialisierungs-These werden häufig relativierende, dabei auf der Meso- und Mikroebene des Handelns ansetzende Argumente vorgetragen (Fligstein 2001; Faust et al.: 2011), die jedoch einen entscheidenden Punkt verfehlen. Wo expandierende Verschuldung zum wichtigsten Treiber von Landnahmen wird, tragen Finanzmarktakteure über den Zins und die Schuldentilgung Ansprüche an Unternehmen, Staaten oder Privathaushalte heran, die durch reale Wirtschaftsleistungen kaum oder gar nicht zu befriedigen sind. Aus diesem Grund folgen finanzkapitalistische Landnahmen einer eigentümlichen Steigerungslogik. Ansprüche, die über Kreditvergabe und Zinsansprüche geltend gemacht werden, üben Druck auf die Gewinne aus. Wenn eine Großbank mit dem Ziel operiert, eine Eigenkapitalrendite von 25 % zu erwirtschaften, so ist das für die aggregierten Wertschöpfungsketten auch und gerade dann folgenreich, wenn dieses Ziel nicht erreicht wird. Letztendlich sind es produzierende Unternehmen, die diese Renditeansprüche befriedigen müssen. Bedenkt man, dass eine durchschnittliche Steigerung der Arbeitsproduktivität um jährlich zwei bis drei Prozent für solche Unternehmen bereits eine außergewöhnliche Leistung darstellt, wird rasch klar, warum entsprechende Renditeforderungen, auch wenn sie „nur“ auf das Eigenkapital bezogen sind, durch eine höhere Arbeitsproduktivität gar nicht befriedigt werden können. Die finanzkapitalistische Akkumulation und Reproduktion lässt sich daher im Grunde nur stabilisieren, wenn beständig neue Vermögenstitel in den Kapitalkreislauf eingespeist werden. Privatisierungen, Deregulierungsmaßnahmen, die Beschneidung von Sozialeigentum oder auch Prekarisierungsstrategien sind dafür probate Mittel.
Um ein an den Konjunkturverlauf angepasstes „Atmen“ von Unternehmen zu ermöglichen, gewinnen flexible Beschäftigungsformen und vor allem externe Flexibilisierungsinstrumente wie Befristungen, Werkverträge und Leiharbeit in den Wertschöpfungssystemen an Bedeutung. Da entsprechende Wettbewerbsvorteile leicht zu kopieren sind, muss der „Motor“ dieser Art von Landnahme beständig durch neue Unterbietungskonkurrenzen, Ausgründungen, Auslagerungen, durch Lohndumping oder auch mittels repressiver Maßnahmen in Gang gehalten werden. Die – planmäßig vorausgesetzte – Stabilität von Gewinnen zieht so eine wachsende Unsicherheit der Arbeitsverhältnisse nach sich. Die Wiederbelebung des Reservearmeemechanismus hat in den Ländern des globalen Nordens in Gestalt von Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung, Deindustrialisierung und sozialräumlicher Zerstörung ein aus dem Akkumulationsprozess ausgeschlossenes Anderes erzeugt, das der Kapitalverwertung zu einem anderen Zeitpunkt, bei ermäßigten Preisen und unter Inkaufnahme prekärer Arbeits- und Lebensbedingungen wieder zugeführt werden kann.
Politisch-ideologische Treiber: Machtsymbiose
Doch wie erklärt sich, dass dieser Modus operandi finanzkapitalistischer Landnahmen trotz zahlreicher Erschütterungen und Krisen seit nunmehr fast vier Jahrzehnten Bestand hat? Die Antwort muss bei den dominanten Akteuren gesucht werden. Dies sind zunächst marktbeherrschende Unternehmen. In scharfem Kontrast zu seinen ideologischen Legitimationen ist der Finanzkapitalismus3 alles andere als eine reine Marktwirtschaft. Strategische Weichenstellungen finden auf vermachteten Märkten statt, die von „Marktgiganten“ dominiert werden (Crouch 2011: 79-108). Diese Unternehmen können hohe Marktzugangsbarrieren setzen. Sie sind in der Lage, Informationsvorsprünge gegenüber der Konkurrenz auszunutzen, Unternehmensnetzwerke zu kontrollieren und die Produkte kreativer Arbeit (Erfindungen, Patente, Inventionen) aus dem klein- und mittelbetrieblichen Sektor abzuschöpfen. Vor allem jedoch beherrschen sie die Kunst, ökonomische in politische Macht zu transformieren. Marktbeherrschende Unternehmen sind nicht per se mit den mehr als 43.000 international agierenden Konzernen identisch, die eine aktuelle Netzwerkanalyse aus einer Grundgesamtheit von 37 Millionen Unternehmen herausgefiltert hat (Vitali/Glattfelder/Battiston 2011). Innerhalb der Gruppe international operierender Konzerne sind es 1.318 Firmen, die im Durchschnitt ca. 20 andere Unternehmen und damit vier Fünftel des globalen Umsatzes kontrollieren. Und von diesen Unternehmen mit überdurchschnittlicher Kontrollmacht bilden wiederum nur 147, also weniger als 0,5 Prozent der international agierenden Konzerne, einer Super-Struktur, die ca. 40 Prozent des globalen Unternehmensnetzwerks dominiert. Zu den 50 einflussreichsten Unternehmen gehören nahezu ausschließlich Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen. Insgesamt können drei Viertel der Firmen aus der Super-Einheit der 147 dem Finanzsektor zugerechnet werden. Die Deutsche Bank liegt in diesem Feld, Stand 2007, auf Platz zwölf (ibid.: 33).
Darüber, wie die Unternehmen der Super-Struktur Macht ausüben, ist bislang wenig bekannt. Es wäre allerdings fahrlässig, wollte man die Kontrollmacht marktbeherrschender Unternehmen verschwörungstheoretisch deuten. Beteiligungen bedingen nicht zwangsläufig, dass inhaltlich Einfluss auf die Politik der formell kontrollierten Unternehmen genommen wird. Auch darf die Zugehörigkeit zu globalen Kontrollnetzwerken nicht mit der vollständigen Aufhebung von Konkurrenz und Wettbewerb gleichgesetzt werden. Im Gegenteil, einiges spricht dafür, dass mit der informationstechnologischen Durchdringung auch die Volatilität in vermachteten Märkten zugenommen hat. Nach Robert Reich äußert sich dieser Konkurrenzkampf auch darin, dass die Wechselrate der Vorstandsvorsitzenden (CEOs) bei den 2.500 größten Unternehmen der Welt binnen 10 Jahren (1995-2005) von 9 auf 15,3 Prozent angestiegen ist. 2005 erreichte die Zahl der leistungsbedingten Entlassung von CEOs in den USA, Japan und Europa Rekordniveau (Reich 2008: 103). Die – bislang spärlichen – empirischen Erkenntnisse sprechen allerdings dafür, dass die Knoten und Abhängigkeiten in den Unternehmensnetzen relativ stabil bleiben. Offenbar verfügen die Unternehmen der Super-Struktur über eine besonders große Definitionsmacht hinsichtlich der Systemrelevanz von Konzernen. Das schützt „Marktgiganten“ aber nicht unbedingt vor dem Niedergang. Wie der Fall Lehman Brothers Holding, Inc., 2007 auf Platz 34 des Ranking gelistet, zeigt, können die Erschütterungen, die die Pleite eines solchen Unternehmens auslöst, globale Ausmaße annehmen.
Aus diesem Grund muss marktbeherrschenden Unternehmen im Finanzmarktkapitalismus eine ähnliche Rolle zugeschrieben werden wie sie in früheren Epochen allein Staaten innehatten. Mehr noch, die Staaten setzen offenbar alles daran, den Wettbewerb zwischen den internationalen Konzernen zu beeinflussen. Das ist der Grund, weshalb das Schumpetersche Prinzip schöpferischer Zerstörung in einer auf eine Wettbewerbsrationalität reduzierten Gestalt auch auf gesellschaftliche Bereiche außerhalb der Exportwirtschaft übertragen wird. Über die Kreditierung und die Bilanzierungsverfahren strahlt die finanzkapitalistische Rationalität auf den klein- und mittelbetrieblichen Sektor aus (vgl. Becker/Bluhm/Martens 2008). In der Konkurrenz um staatliche Fördermittel treten Mikroregionen als kollektive Unternehmer gegeneinander an, um günstige Voraussetzungen für die Abfederung des wirtschaftlichen Strukturwandels zu erreichen (vgl. Dörre/Röttger 2012). In den Betrieben sollen Beschäftigte zu Managern ihrer eigenen Gesundheit werden, um die Unternehmen von Kosten zu entlasten (vgl. Brinkmann/Becker/Engel 2007). Arbeitsverwaltungen machen aus Langzeitarbeitslosen „Kunden“, die unter dem Druck strenger Zumutbarkeitsregeln ein unternehmerisches Verhältnis zu ihrem Arbeitsvermögen entwickeln sollen (vgl. Bescherer et al. 2009). Nicht einmal die Hochschulen bleiben von der Wettbewerbsorientierung und dem Einzug des academic capitalism verschont (vgl. Dörre/Neis 2010).
Dem hegemonialen Geist des Finanzkapitalismus erscheint Gesellschaft nur noch als Verallgemeinerung unternehmerischen Handelns möglich. Das allgegenwärtige Leitbild des kreativen Unternehmers geht jedoch eine merkwürdige ideologische Symbiose mit der nicht minder einflussreichen Kunstfigur eines Konsumenten ein, der auf den Märkten beständig die besten und preiswertesten Angebote nachfragt. Die Programme schöpferischer Zerstörung orientieren sich an dieser Kunstfigur. Produktionsprozesse werden „vom Kunden her“ geplant; Kostensenkungsprogramme in den Unternehmen belohnen die Käufer mit billigeren Produkten. Und als Kompensation für sinkende Löhne wird – vor allem in den marktzentrierten Kapitalismen – ein potentieller Eigenheimbesitzer entdeckt, der mit staatlicher Unterstützung vermeintlich billige Hypothekenkredite nachfragt und sein schmales Gehalt durch individuelle Verschuldung und darüber finanzierte Eigentumsbildung aufzustocken sucht. Entsprechende ideologische Legitimationen, häufig verkürzt als Neoliberalismus bezeichnet, stimulieren ein expansives Projekt. Marktschocks gelten als geeigneter Anreiz für einen durchsetzungsfähigen Entrepreneur, dessen segensreiche Innovationskraft am Ende den anspruchsvollen Konsumenten und Eigentümer belohnt. In den ideologischen Legitimationen dieses Expansionsprojekts tauchen Arbeit wie Natur allenfalls als Kosten und Störfaktoren auf.
Es liegt auf der Hand, dass ein solches Projekt, welches unternehmerisches Handeln in die Gesellschaft hinein zu verallgemeinern sucht, an Grenzen der Realisierbarkeit stößt. Eine Gesellschaft, die die schöpferische Zerstörung und Konkurrenz totalisieren will, destruiert sich am Ende selbst. Die finanzkapitalistische Expansion mutiert mehr und mehr zu einer Landnahme des Sozialen. Deshalb mobilisiert ein solches Programm zwangsläufig Gegenkräfte, die sich vor der Marktkonkurrenz zu schützen suchen. Obwohl der unternehmerische „Geist des Kapitalismus“ sich niemals vollständig durchsetzen kann, verschiebt die unüberschaubare Vielfalt mikrosozialer Realisierungsversuche die Grenzen zwischen dem „Innen“ und dem „Außen“ finanzkapitalistischer Akkumulation. Die Überlebensfähigkeit des finanzkapitalistischen Modus operandi beruht geradezu auf einer Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, auf einer Okkupation von Institutionen, Produktionsformen, Arbeitssystemen, Handlungs- und Denkschemata, die ihren Ursprung teilweise in früheren historischen Phasen, im sozialen Kapitalismus oder wie im Osten Deutschlands auch im staatsbürokratischen Sozialismus haben. Diese Bestände älterer Gesellschaftsformationen verschwinden nicht von heute auf morgen. Im Gegenteil, sie müssen in Anlehnung an Fernand Braudel als „Strukturen von langer Dauer“ begriffen werden (Braudel 1986: 695), die allerdings mit dem finanzkapitalistischen Wettbewerbsregime kombiniert, umgeformt und transformiert werden, so dass sie trotz Fortexistenz letztlich einen anderen Aggregatzustand annehmen.
Grenzen kapitalistischer Dynamik
Was bedeutet dies nun für ein Forschungsprogramm, welches die Triebkräfte und Grenzen kapitalistischer Dynamik in den Blick zu nehmen beabsichtigt? Drei Überlegungen seien abschließend zur Diskussion gestellt.
Innovationen, primäre und sekundäre Ausbeutung
Mit dem hier präsentierten Ansatz lässt sich die globale Krise von 2008/2009 als zunächst erfolgreicher Versuch zur Überwindung von Grenzen kapitalistischer Expansion deuten, der nun jedoch an eigene, selbstproduzierte Grenzen stößt. Aus der Perspektive der dominanten Akteure war die finanzgetriebene Landnahme tatsächlich ein höchst erfolgreiches Programm. Wie schon in früheren Perioden spielte der Finanzsektor eine herausgehobene Rolle bei der Zersetzung der überkommenen Produktionsweise. Der finanzkapitalistische Landnahmezyklus forcierte die Implementation und Verbreitung neuer Technologie. Er ermöglichte es, die wachsende institutionelle und Organisationsmacht von Arbeiterbewegungen und Gewerkschaften, die am Ende des fordistischen Zyklus die Gewinne beschnitten hatte (vgl. Dullien et al. 2009), aufzubrechen und in den Kernregionen Umverteilungsprogramme zugunsten von Kapitaleignern und Vermögensbesitzern durchzusetzen. Häufig noch innerhalb der überkommenen institutionellen Hüllen hat dies die Herausbildung einer flexiblen Produktionsweise gefördert, die allerdings selbst in Deutschland auf einer starken Polarisierung des Arbeitsmarktes und einer inzwischen auch strategischen Nutzung prekärer Beschäftigung beruht. Zu den Merkmalen dieser neuen Produktionsweise gehört, dass sie die ökologischen Verwerfungen als profitable Anlagesphäre entdeckt, die es mit staatlicher Förderung und marktwirtschaftlichen Mitteln zu nutzen gilt (Emissionshandel, Investitionen in erneuerbare Energien). An die Stelle verbindlicher gesetzlicher Regeln treten selbst bei „Marktgiganten“ inzwischen häufig Verhaltenskodexe und Selbstverpflichtungen, die Nachhaltigkeit auf dem Weg freiwilliger Selbstverpflichtungen garantieren sollen. Tatsächlich haben solche Maßnahmen die Ressourceneffizienz und –effektivität im Euroraum und insbesondere in Deutschland deutlich verbessert.
Insofern lässt sich die finanzkapitalistische Landnahme tatsächlich als ein erfolgreiches Programm schöpferischer Zerstörung deuten. Kapitalistische Dynamik beruhte und beruht wesentlich auf der erfolgreichen Implementation solcher Programme (vgl. Deutschmann 2011b). Anders als es klassische Standorttheorien nahelegen, münden Landnahmen aber niemals in harmonische Gleichgewichtszustände. Vielmehr tendiert die schöpferische Zerstörung, wie David Harvey treffend feststellt, zur Verdichtung von Raum und Zeit. Sie folgen einem Trieb zur Minimierung räumlicher Barrieren und zur Beschleunigung des Kapitalumschlags, also der Verringerung von Kosten und Zeit für Kapitalbewegungen durch den Raum (Harvey 2005: 100). Die (finanz)kapitalistische Dynamik erschöpft sich aber nicht in innovationsgetriebener Evolution. Wie jedes frühere Landnahmeregime stellt auch der Finanzkapitalismus eine spezifische Ausbeutungsordnung dar. Als Minimalkriterium für die Relevanz von Ausbeutungsbeziehungen kann der Nachweis gelten, „dass der Erfolg und die Stärke der einen de facto zumindest teilweise anderen Akteuren zu verdanken ist, die dafür weder Anerkennung noch Wertschätzung bekommen. Es geht um den Nachweis eines ‚Verbindungsprinzips‘, das eine Brücke schlägt zwischen dem Glück der Starken (bzw. hohen Wertigkeitsträgern) und der Not der Schwachen (bzw. geringen Wertigkeitsträgern)“ (Boltanski/Chiapello 2003: 398ff.).
Im Unterschied zum Marxschen Ausbeutungskonzept muss jedoch systematisch zwischen kapitalistisch formbestimmten primären und nicht formationsspezifischen sekundären Ausbeutungsformen unterschieden werden. Primäre Ausbeutungsbeziehungen sind in Vertragsbeziehungen eingebettet, die den Äquivalententauschs (Arbeitskraft gegen angemessene Entlohnung) garantieren sollen – ein Prinzip, dass sich nur über komplexe Gerechtigkeitsvorstellungen und Verteilungskonflikte durchsetzen kann. Sekundäre Ausbeutungsformen stiften Äquivalenzbeziehungen anderen Typs. Sekundär meint in diesem Kontext keineswegs weniger schmerzhaft, weniger brutal oder weniger wichtig. Es geht nicht um eine Bezeichnung für Nebenwidersprüche. Charakteristisch für sekundäre Ausbeutungsbeziehungen ist vielmehr, dass die Rationalität des Äquivalententauschs nicht oder nur mit Einschränkungen gilt. Die Funktionalisierung unbezahlter Reproduktionsarbeit von Frauen oder die Installierung eines entrechteten, transitorischen Status für Migranten sind klassische Fälle für die Wirkung sekundärer Ausbeutungsmechanismen. Im ersten Fall werden symbolisch-habituelle und politisch-institutionelle Mechanismen genutzt, um Tätigkeiten mittels geschlechterspezifischer Konstruktionen zu hierarchisieren. Die Abwertung reproduktiver Arbeiten und der relative Ausschluss von Existenz sichernder Erwerbsarbeit haben hier ihren historischen Ursprung. Im zweiten Fall verstetigt der transitorische, auf relativer Entrechtung und Entwurzelung basierende Sonderstatus von Migranten eine spezifische Innen-Außen-Differenz, die bewirken soll, dass kostengünstige Arbeitskraft vorhanden ist, welche sich für die unattraktiven Segmente des Arbeitsmarktes mit ihren wenig qualifizierten, stark belastenden und gering entlohnten Arbeiten mobilisieren lässt.
Von sekundärer Ausbeutung soll somit immer dann gesprochen werden, sofern symbolische Formen und staatlich-politisch vermittelter Zwang eingesetzt werden, um Innen-Außen-Differenzen mit dem Ziel zu konservieren, die Arbeitskraft bestimmter sozialer Gruppen unter ihren Wert, also deutlich unter das allgemeine Lohnniveau zu drücken. Um sekundäre Ausbeutung handelt es sich aber auch, sofern soziale Gruppen, über die Hierarchie des internationalen Staatensystems vermittelt, durch Partizipation an einer hegemonialen Lebensweise endliche natürliche Ressourcen in einem Ausmaß verbrauchen, das zu Lasten der Lebensqualität anderer Gruppen und Bevölkerungen geht. Soziale Einheiten, die endliche Ressourcen übermäßig beanspruchen und Schadstoffe in einem Ausmaß emittieren, das notwendig zur Einschränkung der Reproduktions- und Lebensbedingungen anderer sozialer Einheiten führt, betätigen einen spezifischen Mechanismus sekundärer Ausbeutung. Ein Beispiel: Mit dem Konzept des ökologischen Fußabdrucks kann man die Fläche messen, die notwendig ist, um den Lebensstil eines Menschen dauerhaft zu gewährleisten. Während die globale Kapazität ca. 1,8 ha pro Person beträgt, liegt sie in China bei ca. 1,6 ha, in Europa bei durchschnittlich 4,7 ha und in den USA bei 9,6 ha. Das heißt die frühindustrialisierten Länder leben beim Naturverbrauch auf Kosten der übrigen Welt (Rulff 2010: 104). In der Gegenwart verbraucht ein Viertel der Weltbevölkerung vorwiegend des globalen Nordens drei Viertel der Ressourcen und erzeugt drei Viertel des Abfalls und der Emissionen (König 2008: 277). Die finanzkapitalistische Landnahme hat diese Form der Ausbeutung, bei der die einen endliche Ressourcen auf Kosten der anderen nutzen, zusätzlich verschärft, weil weder die Eigentumsrechte und Regulationen, noch die Preise für Rohstoffe und Naturressourcen deren Begrenztheit und ungleiche Verteilung adäquat abbilden.
Landnahmen erster und zweiter Ordnung
Da durch verschiedene Antagonismen und Ausbeutungsbeziehungen strukturiert, darf kapitalistische Dynamik nicht mit innovationsgetriebener Entwicklung gleichgesetzt werden. Statt bei Produkten und Produktionsverfahren zu innovieren, können sich kapitalistische Akteure auch dafür entscheiden, primäre oder sekundäre Ausbeutung zu verstärken. Sie können versuchen, die Leistungsverausgabung ihrer Beschäftigten zu intensivieren, Arbeitskosten unter die Prekaritätsschwelle zu drücken, patriarchale Abhängigkeiten zu forcieren oder ökologische Risiken auf Kosten anderer zu externalisieren. Stellt man dies in Rechnung, so kann die Innen-Außen-Dialektik kapitalistischer Landnahmen modelliert werden, ohne einem allzu schlichten Funktionalismus anheim zu fallen. Die Frage ist dann nicht mehr, ob erweiterte kapitalistische Reproduktion systemfunktional eines nichtkapitalistischen Anderen bedarf, vielmehr muss geklärt werden, wie dieses Andere in konkreten Praktiken und Handlungsstrategien kapitalistischer Akteure genutzt wird.
Aus der Akteursperspektive betrachtet, stellt sich die Innen-Außen-Dialektik kapitalistischer Landnahmen dann als Möglichkeitsraum dar, der es Unternehmen und Staaten bzw. ihren führenden Repräsentanten – Eigentümern, Managern, Finanziers, Regierungen etc. – erlaubt, die Nutzung sekundärer Ausbeutungsmechanismen in ihre mikropolitischen und strategischen Kalküle einzubeziehen. Aus diesem Grund sind, am Maßstab sozialer Wohlfahrt gemessen, regressive Entwicklungen eine Möglichkeit, die in jeder Phase kapitalistischer Entwicklung zur dominanten Realität werden kann. Was makroökonomisch und gesamtgesellschaftlich rational erscheint, muss sich für die mikroökonomischen und mikrosozialen Kalküle kapitalistischer Akteure keineswegs als handlungsrelevant erweisen. Aus der mikrosozialen Warte kann es durchaus Sinn machen, Strategien, die auf eine Intensivierung sekundärer Ausbeutung zielen, auch dann zu nutzen, wenn dies makroökonomisch und makrosozial als unvernünftig erscheint. Ein Verhalten dominanter kapitalistischer Akteure, das soziale Regeln zu unterlaufen sucht, um die Ungleichzeitigkeit zwischen allgemeiner Gültigkeit dieser Regeln und deren begrenzter lokalen Wirksamkeit für die Erzielung von Extragewinnen zu nutzen (Streeck 2009: 241), findet in solchen Interessendivergenzen eine seiner Ursachen. Denkbar ist, dass die Verletzung sozialer Regeln bis zu einem Punkt vorangetrieben wird, an dem die Destruktionskraft entsprechender strategischer Kalküle auf den Innovationsprozess selbst zurückschlägt. Unternehmen und Ökonomien, die primär über Lohnkosten, die Prekarisierung von Arbeit und Regime-Shopping oder extensive Ressourcenvernutzung konkurrieren, können versucht sein, Produkt- und Prozessinnovationen auf die lange Bank zu schieben. Innovationsblockaden statt schöpferischer Zerstörung wäre dann das Resultat.
In diesem Zusammenhang ist eine weitere Unterscheidung sinnvoll. David Harvey weist zu Recht darauf hin, dass die „Akkumulation durch Enteignung“ nicht auf die Frühgeschichte des Kapitalismus begrenzt werden darf. Er tendiert jedoch dazu, höchst unterschiedliche Prozesse von der Inwertsetzung ländlicher Regionen in den Schwellenländern bis hin zur Enteignung von Eigenheimbesitzern, die ihre Kredite nicht mehr abbezahlen können, in diesem Begriffe zusammenzufassen. Analytisch präziser ist es hingegen, zwischen Landnahmen erster und zweiter Ordnung zu unterscheiden. Landnahmen erster Ordnung folgen dem von Marx und Luxemburg skizzierten Muster naiver Akkumulation, der Kommodifizierung mittels Disziplinierung und gewaltsamer Enteignung. Landnahmen zweiter Ordnung okkupieren hingegen Territorien, Institutionen, Milieus und soziale Gruppen, die bereits Objekt oder Resultat ursprünglicher Landnahmen waren und die nun für die aktive Herstellung eines nichtkapitalistischen Anderen genutzt werden. Die finanzkapitalistische Landnahme folgt einem solchen Muster, weil sie Lohnabhängigenmacht zersetzt und Sozialbürger enteignet. Im globalen Maßstab interagieren Landnahmen erster und zweiter Ordnung jedoch in vielfältigen Austauschbeziehungen.
Die ökonomisch-ökologische Doppelkrise
Eben dies wird in der Krise, die 2008/2009 offen zutage getreten ist, sichtbar. Im Kontext des Landnahmetheorems kann die globale ökonomische Krise als raum-zeitliche Verdichtung selbst erzeugter Grenzen finanzkapitalistischer Akkumulation und Reproduktion interpretiert werden. Diese Krise ist kein Produkt von Marktversagen, sondern sie entspringt der mehr oder minder konsequenten Ausdehnung der Idee selbstregulativer Gleichgewichtsmärkte auf Geld, Arbeit und Boden. Die daraus resultierende Krisenanfälligkeit hat einem neuartigen Nexus von Großunternehmen und Staaten zum Durchbruch verholfen, dem es zu verdanken ist, dass die weit mehr als 100 kleineren und größeren Erschütterungen, die seit den 1970er Jahren gezählt wurden, lange Zeit aus den kapitalistischen Zentren herausgehalten werden konnten. Diese Symbiose der Akkumulation von ökonomischer und politisch-staatlicher Macht hat jedoch vor allem dafür gesorgt, dass der expansive Modus operandi finanzkapitalistischer Landnahme durch Einspeisung immer neuer Vermögenstitel vital gehalten werden konnte. Selbiges war nur möglich, weil die finanzkapitalistische Landnahme auf einer Machtkonfiguration beruht, die es den dominanten Akteuren erlaubt, den Landnahmeprozess durch Intensivierung primärer und sekundärer Ausbeutungsformen trotz offen zu Tage tretender Dysfunktionalitäten und schwerwiegender Krisen weiter am Leben zu halten.
Der über Jahrzehnte praktizierte staatliche Krisenbewältigungsmechanismus ist mit verantwortlich für den moral hazard, der wichtige Finanzmarktakteure dazu ermutigte, unkalkulierbare Risiken einzugehen. Als das goldene Band des Kredits riss, erfasste die Krise zunächst die angelsächsischen Kapitalismen, die die private Verschuldung als Treiber kapitalistischer Dynamik nutzen wollten. Doch in einer global verflochtenen Wirtschaft konnten die koordinierten Kapitalismen der Euro-Zone nicht ungeschoren bleiben. Über den Einbruch der Exporte, aber auch wegen riskanter Geschäfte selbst staatlicher Kreditinstitute, gerieten starke Ökonomien wie die deutsche ebenfalls in den Krisenstrudel. Das kurzzeitige Anziehen der Konjunktur und die Verschiebung von Arbeitslosen in einen prekären Sektor, in welchem nicht Äquivalente, sondern häufig genug „Repression gegen Angst“ getauscht wird, vermögen das strukturelle Krisenpotential nicht zu entschärfen, das aus der Privatwirtschaft inzwischen in die Staatsapparate und deren Fiskal- und Währungspolitik eingesickert ist.
Die Verstetigung der ökonomischen Krise stellt jedoch nur die eine Seite der Medaille dar. Deren andere Seite wird sichtbar, wenn man sich folgenden Zusammenhang vergegenwärtigt: Als die Weltwirtschaft 2008/2009 einbrach, bedeutete das für große Teile der Bevölkerungen vor allem der „Verliererstaaten“ ein soziales Desaster. Was Kritiker Pierre Bourdieus lange für eine polemische Übertreibung hielten, wird dort alltäglich. Prekarität ist in den Krisenstaaten tatsächlich „überall“.4 Doch was ökonomisch und sozial Unsicherheit bewirkt, ist ökologisch gesehen ein Segen. Denn das wirtschaftliche Minuswachstum – und nicht etwa eine höhere Ressourceneffizienz oder der beschleunigte Umstieg auf erneuerbare Energien – sorgte 2009 für einen erheblichen Rückgang der klimaschädlichen Emissionen. Als die Konjunktur 2010 anzog, war das Rekordniveau der Emissionen aus 2008 (31,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen) jedoch rasch wieder erreicht. Der globale CO2-Ausstoß übertrifft inzwischen noch die pessimistischsten Prognosen des UN-Klimarates (IPCC). Auch der Energieverbrauch pro erwirtschafteten Dollar, der vor allem in den Schwellenländern weiterhin mit einer extensiven Nutzung fossiler Energieträger verbunden ist, bewegt sich auf höchstem Level. Der jüngste Bericht des Weltklimarates geht in einem pessimistischen Szenario inzwischen von einer globalen Erwärmung um fünf Grad bis 2100 aus; die Internationale Klima Agentur (IEA) hält mittlerweile gar sechs Grad für möglich.5 Politischen Bemühungen, die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf durchschnittlich zwei Grad zu begrenzen, wären demnach schon im Ansatz gescheitert. Anpassung an einen von Menschen verursachten Klimawandel, der bereits auf dem gegenwärtigen Niveau katastrophale Auswirkungen zeitigt, bliebe den entscheidungsfähigen Eliten als einzige strategische Option.
Die wechselseitige Aufschaukelung von ökonomisch-sozialen und ökologischen Krisen beleuchtet ein Grundproblem der dynamischen Selbststabilisierung entwickelter kapitalistischer Gesellschaften. Seit der industriellen Revolution galt wertmäßiges und sachliches Wachstum von Gütern und Dienstleistungen als Königsweg zur temporären Überwindung kapitalistischer Dysfunktionalitäten. Soweit er auf der extensiven Vernutzung natürlicher Ressourcen beruht, endliche fossile Energieträger verbraucht und klimaschädliche Schadstoffe emittiert, lässt sich dieser Weg in der Zukunft jedoch nur um den Preis einer Zuspitzung ökologischer Krisen fortschreiben. Kommt das ökonomische Wachstum hingegen zum Stillstand oder bricht es gar ein, sind, wie das Beispiel der europäischen Krisenstaaten, aber auch Chinas6 und vieler anderer Schwellen- und Entwicklungsländer zeigt, Arbeitslosigkeit, Armut, Prekarität und zunehmende Ungleichheit die Folge.
Differenziert man zwischen Landnahmen erster und zweiter Ordnung, so wird indessen sichtbar, dass es sich bei der Doppelkrise um eine zeitliche Synchronisation unterschiedlicher Ursachenkomplexe und Krisentreiber handelt. Die derzeit akuten klimaschädlichen Treibhausgasemissionen stammen teilweise noch aus der Epoche des fordistischen Industriekapitalismus. In Gegenwart und Zukunft werden die Emissionen wohl in hohem Maße von Landnahmen erster Ordnung verursacht, die den Schwellenländern ein Aufholen ermöglichen. Umgekehrt bewirken Prekarisierung und zunehmende soziale Ungleichheiten, dass ökologische Nachhaltigkeitsziele auch im globalen Norden ins Hintertreffen geraten. Je größer die Ungleichheit zwischen Klassen und Schichten, je ausgeprägter die soziale Unsicherheit und je härter der Wettbewerb um positionale Güter und sozialen Status, desto schwerer wird es, ökologische Präferenzen politisch mehrheitsfähig und durchsetzbar zu machen. Umgekehrt sind ökologische Nachhaltigkeitsziele am besten in einer Gesellschaft zu verankern, „die auf größerer Gleichheit beruht“ und „in der die Rangordnung entweder nicht so wichtig ist oder auf andere Weise angezeigt wird“ als über Status generierenden Wettbewerb und Konsum (Jackson 2011: 70). Das gilt gleichermaßen im nationalen wie im internationalen Maßstab. Das europäische Management der Finanz-, Währungs- und Fiskalkrise stellt die Weichen gegenwärtig jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Dass es in einigen Staaten auch nach 2009 zu teilweise dramatischen Wachstumseinbrüchen gekommen ist, verdankt sich ironischerweise einer europäischen Politik, die den Modus operandi finanzkapitalistischer Landnahmen zu stabilisieren sucht, indem sie den Krisenländern Sparprogramme aufherrscht, welche die Binnenkonjunktur der betroffenen Staaten destabilisiert. Es gehört zu den unbequemen Wahrheiten, dass die Energien politischer Eliten von dieser Art Krisenmanagement offenbar in einem Ausmaß absorbiert werden, das für ein ökologisches Umsteuern kaum Spielräume lässt.
Ausblick
Gegenwärtig ist völlig unklar, ob es in den kapitalistischen Kernregionen in absehbarer Zeit überhaupt gelingen kann, auf einen ökonomischen Wachstumspfad zurückzukehren. Doch selbst wenn eine solche Weichenstellung schließlich möglich würde, sähen wir uns mit einer Zuspitzung ökologischer Krisen, mit der Erschöpfung natürlicher Ressourcen und einem außer Kontrolle geratenen anthropogenen Klimawandel konfrontiert. In einer solchen Konstellation kommt die Soziologie nicht umhin, ihre selbst gewählte Zurückhaltung gegenüber großen Erzählungen aufzugeben. Verzicht auf Diagnosefähigkeit wäre gleichbedeutend mit Bedeutungsverlust. Diagnosefähigkeit bedeutet aber mehr, als Kapitalismus im Plural zu buchstabieren und institutionelle Divergenz zum Forschungsthema zu machen. Zweifellos spielen unterschiedliche Institutionen und Regulationsweisen auch bei der Bearbeitung der ökonomisch-ökologischen Doppelkrise eine Rolle. Dies anzuerkennen, darf aber nicht den Blick dafür verstellen, dass die varieties of capitalism besonders im Europa der 27 inzwischen eher koordinierte Antikrisenpolitiken behindern, als dass sie den Blick für politische Handlungsspielräume öffnen könnten. Analysen, die an die Wurzel des Problems gelangen wollen, kommen nicht umhin, systemische Wachstumszwänge zu thematisieren, die allen bekannten Varianten kapitalistischer und staatssozialistischer Gesellschaften inhärent sind. Diese Zwänge und ihre zerstörerischen Wirkungen lassen sich durch rein technische Lösungen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und -effektivität, durch ökologische Investitionen, nicht außer Kraft setzen, wenngleich entsprechende Maßnahmen wichtige Bausteine einer zukunftsträchtigen Transformation sein müssen. Ungeachtet der Notwendigkeit solcher Investitionen gilt: „Ein bankrottes System lässt sich nicht mit kurzfristigen Reparaturen am Leben halten. Wir brauchen etwas ganz anderes“ (ibid.: 54).
Deshalb stehen (nicht nur) die Gesellschaften des globalen Nordens vor Umbrüchen, die ihre Basisinstitutionen – Erwerbsarbeit, die Wirtschaftsverfassung, den Wohlfahrtsstaat und die Demokratie – betreffen. Gleich welche Richtung der gesellschaftliche Wandel einschlagen wird, diese Basisinstitutionen werden nicht unverändert überleben können. Jede gesellschaftliche Transformation, auch eine nichtkapitalistische, wird sich indessen im Spannungsfeld von sozialer, ökologischer und demokratischer Frage bewegen. Kein noch so intelligenter Entwurf eines Green New Deal vermag dieses Spannungsverhältnis außer Kraft zu setzen. Entscheidend sind die gesellschaftlichen Kompromisse, die gefunden werden, um die Spannungen einigermaßen zu bewältigen. In den entwickelten Gesellschaften des globalen Nordens muss es darum gehen, Möglichkeiten einer Entwicklung hin zu Postwachstumsgesellschaften wissenschaftlich nicht nur auszuloten, sondern sie auch kritisch und intervenierend zu begleiten, weil nur die Abkehr vom Expansionismus dem globalen Süden überhaupt Entwicklungschancen erhält.
Am Mut zu solch kritischen Interventionen mangelt es gegenwärtig. Die globale Krise hat die inneren Widersprüche der finanzkapitalistischen Landnahme eklatieren lassen. Solange es beim Eklat bleibt, ohne dass sich politische Alternativen abzeichnen, wird die Krise den finanzkapitalistischen Modus operandi allenfalls modifizieren oder gar radikalisieren, ihn aber nicht außer Kraft setzen. Eine kritische Soziologie auf der Höhe ihrer Zeit hätte hingegen Begriffe und Kategorien zu entwickeln oder wieder zu entdecken und mit Inhalten zu füllen, die eine tiefgreifende gesellschaftliche Transformation bei Wahrung, Ausbau und Erweiterung von Demokratie überhaupt denkbar machen.
Anmerkungen
1 Erläuterung: c = konstantes Kapital, v = variables Kapital, m/x = kapitalisierter Teil des in früheren Perioden hergestellten Mehrwerts, m´ = der neu produzierte Mehrwert (Luxemburg 1975: 20).
2 Die Eigenkapitalrendite ist eine interne Planungsgröße von Unternehmen, die über Gewinnvorgaben und Ergebnisbewertungen wirksam wird. Innerhalb der Konzerne trägt sie unterschiedliche Namen (EBIT, Geschäftswertbeitrag). In der Regel setzt sie sich aus dem Verhältnis von Aktiva und Passiva, dem üblichen Kapitalzins, wie ihn Kreditinstitute gewähren würden, sowie einem Beitrag für potenzielle Investoren zusammen. Steuerungsinstrument sind entsprechend errechnete Gewinnmargen, die den Betrieben und dezentralen Einheiten vorgegeben werden. Ausschlaggebend für die Höhe dieser Vorgaben ist aber letztendlich die Beobachtung der Profitabilität marktführender Unternehmen. Für die Rendite von Aktionären ist die Eigenkapitalrendite nur indirekt bedeutsam, weil die Aktienmärkte eine hohe Profitabilität nicht belohnen, wenn sie hinter den Erwartungen und Erwartungserwartungen der Anleger zurück bleibt (vgl. Dörre 2001).
3 Die Begriffe Finanz- und Finanzmarktkapitalismus werden hier synonym verwendet.
4 „Wir wissen nicht, was nächste Woche sein wird… Wir alle denken nur noch an den nächsten Tag. Wir alle reden nur noch übers Überleben.“ Eine griechische Lehrerin, Süddeutsche Zeitung vom 26.09.2011.
5 Eine Zusammenfassung der neuesten Befunde findet sich unter dem Titel „Kohlschwarze Aussichten“ in der Frankfurter Rundschau vom 10.11.2011, S. 16.
6 In China sind während der Krise ca. 20 Millionen Jobs verloren gegangen. Dazu: Stiglitz 2010: 9.
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