Wert und Wettex. Marxismus und Feminismus

Versuche einer theoretischen Vereinigung marxistischer und feministischer Erklärungsansätze zu asymmetrischen Geschlechterverhältnissen im Kapitalismus waren und sind nicht unproblematisch. Maria Asenbaum und Katherina Kinzel wühlen in Hausarbeitsdebatten, werttheoretischen Streitfragen, bürgerlich-familialen Diskurskonstruktionen und ideologietheoretischen Auseinandersetzungen der letzten 30 Jahre.

Wie das Verhältnis von Kapitalismus und Geschlechterverhältnissen denken? Und wie es nicht lediglich denken, indem man zwei Herrschaftsverhältnisse empiristisch zusammenaddiert – sondern auf eine Art und Weise, die marxistische und feministische Zielsetzungen organisch zusammenführt? Michéle Barrett schreibt im Vorwort zu ihrem 1980 erschienenen Buch Das unterstellte Geschlecht (Women’s Opression Today): „Ich gehe davon aus, dass eine solche Versöhnung bisher nicht stattgefunden hat, und dass jeder Versuch, eine schlüssige marxistisch-feministische Analyse zu erstellen, enorme theoretische und politische Probleme aufwirft, die sich vielleicht als Stolperstein eines jeden Bündnisses zwischen Frauenbewegung und der Linken erweisen werden – und von beiden Seiten Kompromisse verlangen, wenn sie gelöst werden sollen. Aber es ist sicherlich besser, sich ihnen zu stellen, als sie hinwegzudeuten.“1 Sie zieht damit Bilanz über die vorangegangenen Jahre reger marxistisch-feministischer Debatten um das Verhältnis von kapitalistischer Produktionsweise und geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung, Klassenvergesellschaftung und Geschlechterhierarchie.
Wie diese Auseinandersetzungen geführt wurden/werden, hängt dabei eng mit den Konjunkturen von Frauenbewegung und ArbeiterInnenbewegung zusammen. In den 70er Jahren machte die Hausarbeitsdebatte erstmals unter marxistischen Vorzeichen Reproduktionsarbeit zum Thema. Die Intention war es, zu zeigen, dass die Unterordnung von Frauen „weder ein bloßer Rückstand aus einer vorindustriellen Phase des Kapitalismus oder vorkapitalistischer Gesellschaften ist, noch auf sexistische Einstellungen und Vorurteile zurückgeführt werden kann, die mit Argumenten und Erziehung abgeschafft werden können“2, sondern mit der politischen Ökonomie kapitalistischer Gesellschaften inhärent verbunden ist3. Als materielle Basis der Unterordnung von Frauen wurde die von der zweiten Frauenbewegung ans Licht gebrachte geschlechtsspezifische Arbeitsteilung thematisch: die unbezahlte, unsichtbare, und wie eine Naturressource „selbstverständlich“ verfügbare Hausarbeit rückte ins Zentrum der Theoretisierungsversuche von „Frauenunterdrückung“ 4 im Kapitalismus.
Dass die Frage nach dem Zusammenhang von Kapitalismus und Geschlecht zunächst die Form einer Reflexion über das Verhältnis von bezahlter Lohnarbeit und unbezahlter Reproduktionsarbeit annahm, war kein Zufall: In den 60ern und 70ern war das Familienernährermodell mit der dazugehörigen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung, welches Frauen höchstens als Dazuverdienerinnen im Lohnarbeitssektor anerkannte, wenn auch nicht in allen Gesellschaftsschichten verwirklicht, so doch ideologisch als Ideal verallgemeinert. In diesem Kontext richteten sich die politischen Aktivitäten der neuen Frauenbewegung unter anderem darauf, die Familie als Ort von Gewalt, Herrschaft und Ausbeutung zu thematisieren und die im Haushalt verrichtete unbezahlte Reproduktionsarbeit als Arbeit sichtbar zu machen. Darüber hinaus wurde verstärkt feministische Kritik an der Theorie und Praxis des Arbeiterbewegungsmarxismus hörbar, welcher die Interessen und Erfahrungen von Frauen nicht als ernstzunehmenden Teil sozialistischer Politik anerkannte (man denke an die ebenso hochnotpeinlichen wie sinnlosen Haupt- und Nebenwiderspruchsthesen). Diese Kritik öffnete auch das Terrain für eine feministische Marxaneignung. Eine solche Aneignung musste auf Probleme stoßen, zumal Marx selbst, was Geschlechterverhältnisse betrifft, nicht gerade progressiv war, wie sich an seinen meist mit moralisierendem Unterton vorgetragenen Äußerungen zur Fabrikarbeit von Frauen, welche zu Sittenverfall und Elend der proletarischen Familie führe, ablesen lässt. Engels Arbeiten schienen hier anschlussfähiger, hatte dieser doch in Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats erste Thesen zum Verhältnis von Produktion und Reproduktion skizziert, und die Unterordnung von Frauen als „erste(n) Klassengegensatz“ 5 skandalisiert – mit dem entscheidenden Manko jedoch, dass die Familie von ihm als privater Bereich, nicht als spezifischer Arbeitszusammenhang begriffen wird. Genau auf diesen Arbeitszusammenhang wird sich die Hausarbeitsdebatte konzentrieren.

Auf der Suche nach einer systematischen Theorie der Hausarbeit
Die Hausarbeitsdebatte war wesentlich von der Intention gezeichnet, zu einer systematischen Theorie der Bedeutung unbezahlter Reproduktionsarbeit im Kapitalismus zu gelangen und schwankte zwischen zwei unterschiedlichen theoretischen Vorhaben, die nicht immer klar auseinander gehalten wurden: Erstens ging es um die Frage der Fruchtbarmachung marxscher Begriffe für eine Analyse von Reproduktionsarbeit, also darum, wie sich Hausarbeit marxistisch denken lässt.
Sie nahm aber auch zweitens die Form des Versuchs an, Geschlechterverhältnisse über eine Reflexion auf die Rolle von Hausarbeit in der kapitalistischen Produktionsweise in die Marxsche Werttheorie hineinzureklamieren. Die Prämisse der Auseinandersetzungen lautete, dass Hausarbeit ein „blinder Fleck in der Kritik der politischen Ökonomie“6 sei, diese also Teil des Gegenstandes des Kapitals sein müsste. In Folge ging es darum, zu klären, ob Hausarbeit im marxistischen Sinn der Produktion von Mehrwert ‚produktiv‘ oder ‚unproduktiv‘ ist, ob unbezahlte Hausarbeit dazu beiträgt, den Wert der Arbeitskraft des Ehemannes zu vergrößern oder zu verkleinern und ob Hausfrauen überhaupt Teil der ArbeiterInnenklasse sind. Die Auseinandersetzungen bewegten sich dabei zwischen zwei Polen: Einerseits Ansätzen, welche die Hausarbeit als integralen Teil der kapitalistischen Produktionsweise analysieren und so in der Marxsche Werttheorie unterzubringen trachten, andererseits Versuchen, den nichtkapitalistischen Charakter und die (relative) Autonomie der Hausarbeit gegenüber der kapitalistischen Produktion/Lohnarbeit zu explizieren.
Implizit wird hier stets auch eine politische Frage mitverhandelt,
nämlich ob Marxismus und Feminismus einander äußerliche politische Projekte sind, die man nur nachträglich und additiv zusammenführen kann, oder ob sie entlang gemeinsamer Konfliktachsen arbeiten, woraus sich auch gemeinsame Zielsetzungen und Strategien ergeben.

Teil der kapitalistischen Produktionsweise…
Mariarosa Dalla Costa stellte die These auf, dass Hausarbeit im marxschen Sinne produktiv genannt werden müsse.7 Insofern der Gebrauchswert der männlichen Arbeitskraft durch unbezahlte Dienstleistungen erhöht wird, und auch die Hausfrau mehr produziert, als zu ihrer eigenen Reproduktion nötig ist, trägt sie indirekt zur Mehrwertproduktion bei. Gemeinsam mit der Arbeitskraft des männlichen Arbeiters kauft das Kapital also auch einen unsichtbaren Anteil der von der Hausfrau geleisteten Arbeit.8
Dalla Costas Entwurf ist eher als politische Intervention, denn als konsistente Theorie der Hausarbeit konzipiert: Die Behauptung dass Hausarbeit über die Produktion von Gebrauchswerten hinausgeht – was es allererst rechtfertigen würde, davon zu sprechen, dass sie auch Mehrwert erzeugt – wird nicht eingehender begründet.
Im englischsprachigen Raum wurde die Debatte stärker entlang
der Begriffe, die Marx in der Kritik der politischen Ökonomie entwickelt hatte, geführt. Wally Secombe stellt den Anspruch, eine rigorosere Einbettung der Hausarbeit in die Marxsche Theorie zu leisten. Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung nimmt im Kapitalismus die Form der Trennung von Haushalt und industrieller Produktion an: während in der „industrial unit“ die kapitalistische Produktion stattfindet, wird in der „domestic unit“ die Reproduktion der Ware Arbeitskraft für das Kapital organisiert.9 Gegen Dalla Costa argumentiert Secombe, dass die Hausarbeit nicht in einem direkten (Tausch-)Verhältnis zum Kapital steht, darum keinen Mehrwert produziert und nicht dem Wertgesetz unterliegt. Dennoch sei die Hausarbeit wertbildend, da sie den vom Lohn gekauften Waren durch deren Transformation in konsumierbare Güter Wert hinzufüge. „Die Waren wandern nicht in den Haushalt und verwandeln sich von selbst in die Subsistenzgrundlage der Familie. (…) Zusätzliche Arbeit – nämlich Hausarbeit – ist nötig, um diese Waren in regenerierte Arbeitskraft zu verwandeln.”10 Secombe argumentiert folglich, dass die Hausarbeit eine Ware produziert: die Arbeitskraft. Die Trennung von Haushalt und Produktion und das Lohnverhältnis verschleiern, dass der Lohn nicht für die in der „industrial unit“ verrichtete Arbeit, sondern für die Reproduktion der gesamten Familie – inklusive der für diese notwendigen Hausarbeit – gezahlt wird.
Ein erstes Problem dieser Analyse ergibt sich bereits auf Ebene der eingesetzten Begriffe: Secombe spricht vom Wert der Hausarbeit. Wie Marx im Kapital darlegt, ist Arbeit zwar wertbildend, hat jedoch keinen Wert. Nur der Arbeitskraft, die am Markt als Ware gegen Kapital getauscht wird, kommt ein Wert zu.11 Margaret Coulson, Branka Magaš und Hilary Wainwright zeigen in ihrer Kritik an Secombe, dass dessen Analyse nicht nur begrifflich unscharf ist, sondern auch auf falschen Prämissen aufbaut: Erstens ist die Hausarbeit nicht wertbildend, da sie nicht für den Markt bestimmte Waren, sondern Gebrauchswerte für die unmittelbare Konsumtion in der Familie erzeugt. Zweitens verkauft die Hausfrau nicht ihre Arbeitskraft. Der Begriff des „Werts der Ware Arbeitskraft“ macht nur für das Lohnarbeitsverhältnis Sinn, nicht für privatisierte und unbezahlte Hausarbeit, denn es ist nicht der Markt, sondern der Ehevertrag, der Reproduktionsarbeit und Produktion zueinander in Beziehung setzt.12 Coulson, Magaš und Wainwright verlassen daher die Ebene der werttheoretischen Diskussion. Sie plädieren dafür, mit der Analyse der Unterordnung von Frauen bei den historisch spezifischen Formen bürgerlicher Ehe- und Familienverhältnisse anzusetzen.13 Ihre Kritik an Secombe zeigt zugleich aber, dass es fraglich ist, ob die Kategorien der Kritik der politischen Ökonomie überhaupt in dieser Form auf Hausarbeit übertragen werden können.

…oder eine nicht-kapitalistische häusliche Produktionsweise?
Andere Ansätze der Diskussion um Hausarbeit analysieren diese nicht als Teil der kapitalistischen Produktionsweise und anerkennen so ihre (relative) Autonomie. Hierzu zählen unter anderem solche AutorInnen, welche die Hausarbeit als eine eigenständige Produktionsweise zu thematisieren versuchen.
Christine Delphys Pamphlet The main enemy stellt einen radikalfeministischen14 Versuch dar, die Autonomie der „Frauenunterdrückung“ von der kapitalistischen Ausbeutung aufzuzeigen. Sie stellt fest, dass sich unbezahlte Hausarbeit qualitativ nicht von bezahlten Formen der Reproduktionsarbeit unterscheidet. Hausarbeit kann prinzipiell kommodifiziert und getauscht werden, nicht aber, wenn sie auf Dienstleistungen innerhalb der Familie reduziert wird.15 Dabei ist es der Ehevertrag, der die Grundlage der Ausbeutung von Hausfrauen durch ihre Ehemänner schafft. Mit den zwei distinkten Formen der Ausbeutung, der kapitalistischen Ausbeutung der Lohnarbeit durch das Kapital und der patriarchalen Ausbeutung von Frauen durch ihre Ehemänner, unterscheidet sie zwei voneinander autonome Produktionsweisen: die kapitalistische und häusliche.16 Frauen treten damit auch als eigene „Klasse“ auf, welche sich unabhängig von der Klassenposition des Ehemannes bestimmt, wobei der Klassenfeind der Frauen ihre Ehemänner sind. „Die gemeinsame Unterdrückung aller Frauen besteht in der Aneignung und Ausbeutung ihrer Arbeit in der Ehe. Als Frauen dazu bestimmt, ‚die Ehefrau’ von jemandem zu werden, und also für dieselben Produktionsverhältnisse bestimmt, konstituieren Frauen nur eine Klasse.“17
Davon abgesehen, dass Delphy keinen Versuch unternimmt, die voneinander getrennten Produktionsweisen nachträglich wieder zueinander in Beziehung zu setzen, bleiben ihre Analysen reduktionistisch und ahistorisch. Maxine Molyneux stellt heraus, dass Delphy die Unterordnung von Frauen auf den als universell angenommenen Ehevertrag und die in der Ehe verrichtete Arbeit reduziert. Der weitere Kontext und die historisch-kulturellen Veränderungen der Familie/Haushalt-Beziehungen, sowie die Situation von Frauen am Arbeitsmarkt gehen nicht in ihre Erklärung der untergeordneten Stellung von Frauen ein.18 Dies ist umso unerfreulicher, als Delphys Entwurf in explizit feministischer Stoßrichtung formuliert wurde. Die feministische Aneignung und Reformulierung Marxscher Kategorien, wie „Ausbeutung“, „Produktionsweise“, „Produktionsverhältnisse“ etc., geschieht bei ihr jedoch in einer Weise, in der diese eher in einem alltagssprachlichen, denn in marxistischem Sinne verwendet werden.
Auch innerhalb der „orthodoxeren“ marxistischen Diskussion gab es Versuche, die Hausarbeit als eigene, nicht-kapitalistische Produktionsweise zu fassen. Ausgehend von der These, dass eine historisch spezifische Gesellschaftsformation immer als Verbindung verschiedener Produktionsweisen besteht, erarbeitet John Harrisson das Konzept der „client modes of production.“ Diese „werden von der dominanten Produktionsweise entweder hervorgebracht oder kooptiert, um innerhalb des ökonomischen und sozialen Systems bestimmte Funktionen zu erfüllen.“19 Die Hausarbeit konstituiert Harrisson zu Folge nun eine solche „client mode of production“. Die theoretische Aufgabe die sich ihm stellt, ist es, deren Funktonalität für und ihr Verhältnis zur dominanten
kapitalistischen Produktionsweise zu erklären. Auf Basis der Feststellung, dass die Hausfrau Gebrauchswerte für die Reproduktion der Arbeitskraft produziert und dafür nur ihre eigene Subsistenz zurückerhält, wiederholt Harrison unter anderen theoretischen Vorzeichen Dalla Costas Argument: Die Hausfrau verrichtet Mehrarbeit, die im Kapitalsektor als Mehrwert aufscheint. Dies geschieht, indem sie den Wert der Arbeitskraft reduziert: Wären die von der Hausfrau verrichteten Tätigkeiten kommodifiziert und müssten am Markt erworben werden, so stiegen die Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft an.20
Wieder trifft die bereits zuvor formulierte Kritik des unredlichen Umgangs mit dem marxschen Begriffsapparat: Harrison behandelt die konkrete Arbeit im Haushalt und die abstrakte Arbeit der Warenproduktion als äquivalent.21 Sofern Hausarbeit nicht kommodifiziert ist und demnach nicht dem Wertgesetz unterliegt, gibt es keine Basis für die Kalkulation des Transfers von Mehrarbeit. Die Hausarbeit nimmt nicht die Wertform an, wie soll sie im Kapitalsektor als Mehrwert erscheinen?22 Molyneux zeigt, dass die Annahme, Hausarbeit konstituiere eine eigene Produktionsweise, nicht haltbar ist und diagnostiziert als folgenschweres Problem Harrisons Argumentation, dass dieser die Abstraktionsebenen „Produktionsweise“ und „Gesellschaftsformation“ nicht klar trennt:23 Es steht erstens in Zweifel, ob privatisierte Reproduktionsarbeit tatsächlich immer die Arbeitskraft verbilligt24, zweitens und viel grundsätzlicher aber, ob es überhaupt möglich ist, das Verhältnis von Hausarbeit und kapitalistischer Warenproduktion auf Ebene einer Analyse der Produktionsweise zu klären. „Die Literatur über Hausarbeit nimmt an, dass der Wert der Arbeitskraft allgemein diskutiert werden kann, während der Wert der Arbeitskraft in Wirklichkeit nur in Bezug auf spezifische Gesellschaften in spezifischen historischen Phasen bestimmt werden kann.“25 In seine Bestimmung gehen eine Reihe von Faktoren ein, unter denen die Hausarbeit eine eher geringe Rolle spielt26. Auch das Verhältnis von Hausarbeit und dem Wert der Arbeitskraft selbst ist kulturellen und historischen Veränderungen unterworfen. „Was einer weiteren Erklärung bedarf sind die verschiedenen Formen dieses Verhältnisses, die spezifischen politischen, historischen und ökonomischen Verhältnisse, die darin resultieren, dass ‘Familienlöhne’ an Mitglieder bestimmter Klassen und Schichten ausgezahlt werden, und nicht an andere, an Männer und nicht an Frauen, von manchen Kapitalen und von anderen nicht.“27
Harrisons Argumente laufen letztlich auf eine funktionalistische Erklärung des Verhältnisses von kapitalistischer Produktionsweise und Geschlechterverhältnissen hinaus. Es ist jedoch in Zweifel zu ziehen, ob das Kapital tatsächlich an einer ganz bestimmten (geschlechtlich strukturierten) Organisationsform der Reproduktion der ArbeiterInnenklasse interessiert ist.28 Wie Michéle Barrett aufzeigt, sind funktionalistische Annahmen, welche „die geschlechterspezifische Arbeitsteilung mit den Bedürfnissen des Kapitals in unterschiedlichen Stadien der kapitalistischen Akkumulation“29 verschmelzen, außerdem nicht in der Lage zu erklären, warum Reproduktionsarbeit überhaupt Frauen zugewiesen wird.30 Die bürgerliche Kleinfamilie mit der ihr entsprechenden geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung wird hier einfach als gegeben vorausgesetzt und nicht selbst zu einem erklärenswerten Faktum gemacht.31 „Dieses System als einen Effekt oder eine Existenzbedingung kapitalistischer Klassenverhältnisse zu sehen, lässt untheoretisiert, warum gerade Frauen zuhause bleiben und scheitert daran, männliche Dominanz über Frauen innerhalb der ArbeiterInnenklasse zu thematisieren.“32

Zwei Systeme: Kapitalismus und Patriarchat
Der Dual-System Ansatz versuchte die Probleme, die sich durch die reduktionistischen Annahmen der Hausarbeitsdebatte ergaben und dazu führten, dass feministische Fragestellungen oftmals gar nicht in ihrer Eigenständigkeit wahrgenommen wurden, zu umschiffen. Heidi Hartmann stellt fest, dass geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und patriarchale Familienverhältnisse bereits in vorkapitalistischen Gesellschaften existiert haben. Die geschlechtsneutralen Kategorien des Marxismus reichen ihr zufolge nicht aus, um Geschlechterverhältnisse zu analysieren und müssen durch eigenständige Untersuchungen deren historischer Entwicklung ergänzt werden.33 Hartmann nimmt in Folge zwei Herrschafts- und Unterdrückungsmechanismen – Kapitalismus und Patriarchat – an, die in ein Interaktionsverhältnis treten und sich gegenseitig perpetuieren.34 Die Anwendung des Patriarchats-Konzepts soll das Augenmerk darauf richten, dass Männer als Männer über Privilegien verfügen und gegenüber Frauen in einer Machtposition sind – und dies auch innerhalb der ArbeiterInnenklasse. Die Betonung der Notwendigkeit, über die geschlechtsneutralen marxistischen Kategorien hinauszugehen, scheint vor dem Hintergrund der Defizite der Hausarbeitsdebatte gerechtfertigt. Wie Michéle Barrett vermerkt, tendiert der Dual-System Ansatz aber umgekehrt dazu, „im Marxismus lediglich eine Methode zur Identifizierung der zentralen Bestandteile der kapitalistischen Klassenstruktur zu sehen, und ihm jegliche Fähigkeit, diese auf der konkreten Ebene zu erklären, abzusprechen.“35 Dies wird offensichtlich, wenn Hartmann schreibt: „Die kapitalistische Entwicklung erzeugt die Positionen einer Hierarchie von ArbeiterInnen, aber traditionelle marxistische Kategorien können uns nicht sagen, wer welche Plätze einnimmt.“36 Wie sich Klassen- und Geschlechterverhältnisse zueinander verhalten, bleibt so letztlich im analytischen Dunkeln. Der Dual-System Ansatz bietet also keine wirkliche Lösung des Problems, wie Geschlechterverhältnisse und Klassenvergesellschaftung zueinander in Beziehung zu setzen sind, an – zumindest keine marxistisch-feministische – sondern lässt uns in einen empiristischen Pluralismus zurückfallen.

Koloniale Verhältnisse: Der Bielefelder Subsistenzansatz
Im deutschsprachigen Raum ist es vor allem die von einer Gruppe feministischer ForscherInnen aus Bielefeld37 entwickelte Subsistenzperspektive, welche die Debatte um das Verhältnis von Produktion und Reproduktion nachhaltig beeinflusst/e. Die „BielefelderInnen“ gehen dabei nicht von werttheoretischen Überlegungen aus, sondern setzen auf Ebene der Existenzbedingungen des kapitalistischen Systems in seiner Gesamtheit an. Dabei berufen sie sich auf Rosa Luxemburgs Imperialismustheorien, wonach Kapitalakkumulation nicht nur auf Warenproduktion und -handel, sondern immer auch auf der Ausbeutung von nicht- oder vor-kapitalisitschen Formationen, sogenannter „Naturalwirtschaft“ beruht38. Werlhof, Mies und Bennholdt-Thompson wenden diesen Ansatz auf die Sphäre der Hausarbeit an. Die kapitalistische Akkumukation beruhe einerseits auf Waren- andererseits aber auf Subsistenzproduktion, wobei zweitere als „Lebensproduktion“ die „ursprünglichere“ Form darstellt. Ihrem Anspruch nach ist diese ursprüngliche Form der Produktion zum Ausgangspunkt der Analyse zu machen.39
Im Zusammenhang mit ihrer Auseinandersetzung mit globalen Nord-Südbeziehungen eröffnen sie eine Analogie zwischen kolonialen Ausbeutungsverhältnissen und der Ausbeutung der häuslichen Sphäre. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen lässt sich ihnen zufolge damnach als ein koloniales verstehen40: „Die Frau“ und ihre Arbeit wird als gleichsam selbstverständlich verfügbare „natürliche Ressource“ ausgebeutet. Diese Abdrängung von Frauen in die Sphäre der Natur und des Verfügbaren, beruht, wie Werlhof betont, auf ökonomischem Kalkül.41 Werlhof zeigt zugleich, wie die Vergeschlechtlichung bestimmter Formen der Lohnarbeit mit einer Entwertung scheinbar geringe Qualifikationen erfordernder und mit geringem Aufwand verbundener, als „weiblich“ wahrgenommener Arbeiten einhergeht. Die Prozesse der Entwertung und Präkarisierung von vor allem im Dienstleistungssektor verrichteten Arbeiten beschreibt sie als „Hausfrauisierung.42 Sie legt damit das Augenmerk darauf, dass diese Arbeiten nicht per se weniger wert sind, sondern sich die geringere Entlohnung erst auf Basis einer künstlichen Herabsetzung ergibt. Die empirische Weiterführung der Hausfrauisierungsthese, in der behauptet wird, dass „hausfrauisierte“ Arbeit, sprich billige, prekäre, entwertete- bzw. auch Subsistenzarbeit, die „freie Lohnarbeit“ zunehmend marginalisiere und ersetze, führt jedoch zu gröberen analytischen Problemen, da sie zwischen verschiedenen Organisationsformen von Lohnarbeit nicht hinreichend differenziert und damit auf der Prämisse aufbaut, Lohnarbeit müsse die Form von „Normalarbeitsverhältnissen“ annehmen.43

Das Problem mit den Abstraktionsebenen
Vor dem Hintergrund des bisher Dargestellten, lassen sich eine Reihe bedeutender Einwände gegen die geteilten Hintergrundannahmen der Debatten um Hausarbeit erheben: Als erstes Problem lässt sich konstatieren, dass schon der Versuch, Hausarbeit auf Ebene der kapitalistischen Produktionsweise in der Marxschen Theorie unterzubringen, problematisch ist. Denn wenn Hausarbeit nicht (zu einem Großteil) kommodifiziert und folglich nicht dem Wertgesetz unterworfen ist, kann sie nicht einfach mit jenen Begriffen, die zur Analyse des Lohnarbeitsverhältnisses entwickelt wurden, gefasst werden. Paul Smith resümiert, dass im Großteil der Hausarbeitsdebatte Marxsche Kategorien falsch angewendet werden: „Hausarbeit ist nicht problematisch für die Marxsche Werttheorie, weil sie nicht Teil ihres Gegenstandes, nämlich von Warenproduktion- und Tausch, ist.“44 Die Frage, ob Hausarbeit kapitalistischen oder nicht-kapitalistischen Charakters ist, scheint vor dem Hintergrund dieser Einwände falsch gestellt. Sie ist, wenn sie nicht kommodifiziert ist auch nicht als Teil der kapitalistischen Produktionsweise zu analysieren, doch wird sie in kapitalistischen Gesellschaften auf verschiedene Arten und Weisen organisiert. Die kapitalistische Produktionsweise, deren Strukturen und Tendenzen Marx im Kapital beschreibt, ist ein abstraktes theoretisches Objekt, das, einem Ausspruch Althussers nach, genau genommen nie existiert. Der Anspruch, auf dieser Abstraktionsebene bereits die vergeschlechtlichte Dimension kapitalistischer Gesellschaften erklären zu können, ist zumindest fragwürdig. Ein Wechsel auf Ebene historisch spezifischer Gesellschaftsformationen, scheint für das Unterfangen, die
Bedeutung von Geschlechterverhältnissen für die Organisation von Lohnarbeit, Warenproduktion und gesamtgesellschaftlicher Reproduktion (in ihren jeweils historisch spezifischen Konfigurationen) zu untersuchen, zielführender.
Zweitens wird Reproduktionsarbeit von den meisten AutorInnen der Hausarbeitsdebatte als relativ statischer Faktor in die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise einbezogen.45 Ein Wechsel auf Ebene der Gesellschaftsformation lässt demgegenüber die historischen Veränderungen der Organisation von Hausarbeit in den Blick kommen. Es ist keineswegs ausgemacht, dass diese im Kapitalismus tatsächlich immer privatisiert sein muss46. Coulson, Magaš und Wainwright gehen von einer grundsätzlichen Instabilität des Haushalts und der bürgerlichen Kleinfamilie aus. So hat der in bestimmten historischen Konjunkturen notwendige Einzug von Frauen in den Arbeitsmarkt für diese widersprüchliche Auswirkungen: „Er erweitert die Möglichkeit ökonomischer Unabhängigkeit, ohne dass diese gänzlich oder dauerhaft erreichbar wird, er vermindert die Zeit für Hausarbeit, ohne eine alternative Basis dafür zur Verfügung zu stellen, er zerbricht die Isolation von Frauen, ohne die Last ihrer privaten Verpflichtungen zu mindern.“47 Zugleich ermöglicht die über die Warenproduktion vermittelte Einführung neuer Technologien in den Haushalt eine Verminderung der Intensität der Hausarbeit, womit für Hausfrauen das Drängen nach einer unabhängigen ökonomischen und sozialen Existenz zu einer verwirklichbaren Option wird. Ebenso können kapitalistische Unternehmen oder der Staat Teile der traditionell den Hausfrauen überantworteten Aufgaben übernehmen.48 „Weit davon entfernt eine autonome Entität zu sein, werden der Arbeitsprozess und die sozialen Verhältnisse der Hausarbeit von Veränderungen der ökonomischen Organisation der dominanten Produktionsverhältnisse beeinflusst.“49
Drittens ist die der gesamten Hausarbeitsdebatte zu Grunde liegende Prämisse “Frau = Hausfrau” verkürzt, insofern das „Familienernährermodel“ mit „Vollzeithausfrau“ keineswegs den Normalfall der Organisation von Geschlechterverhältnissen im Kapitalismus darstellt. Um die besondere Situation von Frauen im Kapitalismus zu fassen, scheint es sinnvoller, von der widersprüchlichen Konstellation auszugehen, dass Frauen „zugleich Hausfrauen und LohnarbeiterInnen sind, dass diese beiden Aspekte ihres Lebens in keinster Weise harmonisch zusammengehen und dass diese doppelte und widersprüchliche Rolle die spezifische Dynamik ihrer Unterdrückung generiert.”50 Die Bedeutung geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung für kapitalistische Vergesellschaftung ist demnach eher in dieser doppelten Beziehung von Frauen zur Klassenstruktur, als in der Hausarbeit selbst, zu suchen.51
Viertens ist, selbst wenn gezeigt werden könnte, dass Hausarbeit in einem eindeutig spezifizierbaren Verhältnis zur kapitalistischen Warenproduktion steht, damit immer noch nicht über die Gründe asymmetrischer Geschlechterverhältnisse Rechenschaft abgelegt. Auch wenn sich eine bestimmte Form geschlechtsspezifische Arbeitsteilung als funktional für das Kapital erweist, sind ihr Zustandekommen und die Mechanismen ihrer Aufrechterhaltung damit noch nicht erklärt. Die Funktionen eines Prozesses stellen einfach keinen zulässigen Erklärungsgrund für dessen Existenz dar. Obschon etwa Beechey die Funktionalität verbilligter weiblicher Arbeit für das Kapital darstellt, streicht sie heraus, dass sich diese erst auf Basis von Familienstrukturen und Ideologien, welche die ökonomische Abhängigkeit der Frauen von ihren Ehemännern sicherstellen, ergeben kann.52 Auch der Subsistenzansatz zeigt, dass sich die Bedeutung eines privatisierten Hausarbeitssektors für die Fortsetzung der ursprünglichen Akkumulation erst unter Bedingung dessen nichtkommodifizierten Charakters ergibt. Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung ist also ihrer Nutzbarmachung vom und für das Kapital vorausgesetzt und kann nicht selbst aus dieser heraus erklärt werden.
Fünftens waren auch die politischen Implikationen der Hausarbeitsdebatte fragwürdig. Die dominanten Argumentationsmuster zwangen dazu, sich zu entscheiden, ob Männer (Delphy) oder das Kapital (Secombe, Harrisson) die primären Nutznießer der von Frauen verrichteten Hausarbeit sind. Während erstere Position zu politischem Seperatismus führt53, ist zweitere mit dem zweifelhaften Vorhaben verbunden, zu zeigen, dass Frauen qua Frausein vom Kapital ausgebeutet werden, wodurch die Kämpfe von Frauen einfach unter die Anliegen der ArbeiterInnenbewegung subsumiert wurden. Mit der Reduktion von Geschlechterverhältnissen auf ihre ökonomische Dimension wurde schlicht unterschlagen, dass sich Feminismen um eine Reihe unabhängiger Konfliktfelder formieren und sich primär gegen ein Herrschaftsverhältnis richten, das eben nicht direkt aus dem Kapitalverhältnis entspringt.
Eine der direkten politischen Konsequenzen Dalla Costas These von der Produktivität der Hausarbeit war die Forderung nach einem Lohn für Hausarbeit. Diese Forderung ist jedoch eher dazu angetan, den Einschluss von Frauen ins Private zu verstetigen, als die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung abzuschaffen. Auch die Idealisierung der Gebrauchswertproduktion, die im Subsistenzansatz anzutreffen ist, der positive, romantisierende Bezug zu einem „natürlichen“ Leben, indem sich die Frauen ihrer Gebärfähigkeit erfreuen dürfen und gerade so viel produziert wie konsumiert wird, dürfte wohl kaum zu einer Entwicklung progressiver feministisch-marxistischer Politik beitragen.
Trotz all dieser Einwände war das Projekt, den Grundlagen geschlechtsspezifischer Ungleichheit durch eine Klärung der Rolle geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung im Kapitalismus nachzugehen, ein Schritt in die richtige Richtung. Marxistisch-feministische Perspektiven auf asymmetrische Geschlechterverhältnisse müssen jedoch auf Ebene des kapitalistischen Gesamtprozesses und einer Analyse konkreter historisch spezifischer Gesellschaftsformationen ansetzen, um die reduktionistischen Kurzschlüsse der Hausarbeitsdebatte zu vermeiden. Dies bedeutet zugleich, eine Problemverschiebung vorzunehmen und statt von abstrakt gefasster „Hausarbeit“, von Geschlechterverhältnissen zu sprechen: es ist dann nicht mehr die Frage nach der Rolle der Reproduktionsarbeit, sondern die Frage nach den Mechanismen und der Bedeutung der Zuweisung von Reproduktionsarbeit an Frauen, welche ins Zentrum marxistisch-feministischer Theoriebildung tritt. Die Bearbeitung dieser Frage macht es erforderlich, dass die ideologischen und politischen Bedingungen und Effekte dieser Zuweisung, die Ausschlussmechanismen am Arbeitsmarkt, die historisch veränderlichen Familienstrukturen und die Rolle des Staates bei deren Organisation mit einbezogen werden.


Die Reflexion und Aneignung neomarxistischer Arbeiten durch marxistisch-feministische TheoretikerInnen in den 80er Jahren ermöglichte es diesen, über die Hausarbeitsdebatte hinauszugehen und eben diese Frage in nicht-reduktionistischen Begriffen zu stellen.
Michèle Barretts wegweisende Arbeit Das unterstellte Geschlecht. Umrisse eines materialistischen Feminismus54 stellt den Versuch dar, „Frauenunterdrückung“ im Kapitalismus nicht alleine über die Frage der Reproduktionsarbeit, sondern unter Einbeziehung politischer und historischer Auseinandersetzungen zu erklären, wobei sie in Anlehnung an Althussers Gesellschaftskonzeption55 vor allem ideologische Aspekte stark macht.
Barrett räumt zunächst mit einigen Begriffsproblemen, welche die Debatten um das Verhältnis von Kapitalismus und Geschlecht bestimmt hatten, auf. Zunächst geht sie auf die analytischen Schwierigkeiten ein, die der Patriachtsbegriff mit sich bringt, wenn er im Sinne eines überhistorischen, allumfassenden Prinzips verwendet wird56. Sowohl Ansätze, in denen Kapitalismus und Patriachat als sich gegenüberstehende Systeme beschrieben werden, als auch solche, in denen der Kapitalismus als Patriachat charakterisiert wird, scheitern daran, geschlechtsspezifische Ungleichheit in Bezug auf spezifische Produktionsverhältnisse zu analysieren57. Barrett plädiert dafür, den monolithischen Patriarchatsbegriff durch eine Analyse spezifischer patriarchaler Ideologien und Strukturen zu ersetzen. Des Weiteren befasst sie sich mit den verschiedenen Verwendungen des Reproduktionsbegriffs, wobei für sie das Verwischen der Ebenen von Reproduktion der Arbeitskraft, biologischer Reproduktion und Reproduktion gesellschaftlicher Verhältnisse für viele Missverständnisse in der Hausarbeitsdebatte mitverantwortlich ist58. In ihrer Auseinandersetzung mit dem Ideologiebegriff stellt Barrett einen Zusammenhang zwischen den Versuchen der Herausarbeitung eines marxistischen Feminismus und der so genannten „Öffnung des Marxismus“ her: „Die Ablehnung des Ökonomismus hat zu einer radikalen Prioritätenverschiebung des Ideologischen geführt, in dem die Frage der Geschlechtertrennung angesiedelt werden kann. Im neuen Marxismus wird es möglich, die Frauenunterdrückung als relativ autonomes Element der Gesellschaftsformation zu analysieren.“59 Die Prioritätenverschiebung zu Gunsten des Ideologischen soll jedoch nicht zu einer rein diskurstheoretischen Bearbeitung der Frage nach Geschlechterverhältnissen führen. Die Bedeutung des Ideologischen muss Barrett zufolge in einer historisch-materialistischen Analyse der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung herausgearbeitet werden.

Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und Familialismus
Die zugrunde liegende Annahme der Hausarbeitsdebatte, dass geschlechtsspezifische Arbeitsteilung zunächst als Arbeitsteilung innerhalb der Familie analysiert werden muss, wird von Barrett auf Basis einer historischen Untersuchung des Familien-Haushaltssystems reformuliert. Die spezifische Form der bürgerlichen Kleinfamilie wird damit selbst zu einem erklärenswerten Faktum.60 Barrett geht von der Situation der meisten Frauen der ArbeiterInnenklasse in Europa und den USA aus, die sowohl Hausarbeit als auch Lohnarbeit verrichten, wobei sie im Lohnarbeitssektor überproportional in bestimmten Sparten arbeiten: Büroarbeit, Verkauf, Reinigung, Textilarbeiter, Pflege und Schule. Diese Arbeiten sind nicht nur alle mit den Tätigkeiten im Haushalt assoziiert, sie sind auch unterbezahlt und gehen häufig mit prekären oder Teilzeitarbeitsverhältnissen einher.61 Barrett verwehrt sich gegen Erklärungsmodelle, die Frauen auf Grund ihrer biologischen Disposition (Gebärfähigkeit) für solche Aufgaben prädestinieren. Vom Kinderkriegen auf eine „natürliche“ Kleinfamilie zu schließen, sei wie von der Notwendigkeit zu Essen auf natürlich gewachsene Restaurants und Supermärkte zu kommen62.
Sie führt zwei Argumente an, um die Zuweisung von Frauen zu Familie und reproduktiven Arbeiten zu erklären. Erstens ein historisches, das die Abdrängung von Frauen vom Arbeitsmarkt mit den Klassenauseinandersetzungen im 19.Jahrhundert in Verbindung bringt. Die Entwicklungen, die zur Durchsetzung des bürgerlichen Familiensystems in der ArbeiterInnenklasse führten, sind nicht direkt auf die Entwicklung der Produktivkräfte rückführbar, die Frauen ja zunächst in den Lohnarbeitsprozess hineingezogen hat, sondern eher auf politischer Ebene anzusiedeln. Es war unter anderem die Politik der Facharbeitergewerkschaften in der Mitte des 19. Jahrhunderts, die Frauen nicht aufnahmen und sich für den Familienlohn und „protective legislation“63 einsetzten, welche zur Durchsetzung der „Familie“ als privatisierten Bereich der Reproduktionsarbeit beitrug.64
Zweitens argumentiert sie, dass die Durchsetzung des bürgerlichen Familien-Haushaltssystems im Proletariat auch den KapitalistInnen entgegenkommt und zwar nicht, wie in der Hausarbeitsdebatte angenommen, primär im ökonomischen Sinn65, sondern vielmehr in politischer Hinsicht, weil „[es] die ArbeiterInnenklassse spaltet und ihre Militanz einschränkt.“66 Zugleich erfüllt die Familie eine wesentliche Funktion bei der gesellschaftlichen Widerspruchsbearbeitung, da sie einen geschützten Ort der Fürsorge und Intimität darstellt, der als Gegenpol zu den durchkapitalisierten Beziehungen der „Außenwelt“ erscheint. Ähnlich hatte schon Dalla Costa argumentiert, dass die Hausfrau als ein „Sicherheitsventil für die gesellschaftlichen Spannungen“67 dient.68
Barrett scheint jedoch davon auszugehen, dass sich das von der Bourgeoisie vorgelebte Modell vom Familienernährer und der glücklichen Hausfrau und Mutter in den Köpfen der Frauen der ArbeiterInnenklasse auf mysteriöse Art und Weise festsetzt, und zwar obwohl dieses eigentlich nie zur proletarischen Lebensrealität wurde.69
Erst in dem zwei Jahre später erschienen Buch von McIntosh und Barrett The Anti-Social Family70 beschäftigen diese sich auch mit der Frage, warum das Familien-Modell, das nicht nur Frauen benachteiligt, sondern auch die ArbeiterInnenklasse als Ganzes schwächt, sich so hartnäckig hält und immernoch für viele Frauen erstrebenswert erscheint. Dies kann für sie nicht auf bürgerlicher Propaganda, im Sinne „falschen Bewusstseins“, begründet sein. „Wenn wir Familialismus als Ideologie verstehen, brauchen wir eine Ideologietheorie, welche die Menschen als aktiv Beteiligte und nicht nur als passive KonsumentInnen einbezieht.”71 Die „Familie“ befriedigt Bedürfnisse, wie das nach emotionaler Sicherheit, die sonst im Kapitalismus nicht abgedeckt werden72. Darüber hinaus trägt die scheinbare „Natürlichkeit“ der Kleinfamilie zur Attraktivität dieses Lebensmodells bei73. Weiters sei das Familienideal schon soweit in die Konzeption des Staates in Form sozialstaatlicher Einrichtungen eingedrungen, dass dieser selbst als „familial“ zu bezeichnen sei74. Obwohl Barrett den Anspruch stellt, Geschlechterverhältnisse als Resultat historischer Auseinandersetzungen zu thematisieren, weisen ihre Argumente bedeutende Schwachstellen auf – im Bezug auf die historischen Analysen einerseits, ihr Ideologieverständnis andererseits. So kritisieren Joanna Brenner und Maria Ramas75die Darstellung der männlichen Facharbeitergewerkschaft, welche ein homogenes Bild der Klassenkämpfe und der Gewerkschaftspolitik zeichnet. Sie zeigen demgegenüber, dass es auch innerhalb der Gewerkschaften verschiedene Fraktionen gab, die unterschiedliche Positionen einnahmen und sich demnach teils für, teils gegen Frauen am Arbeitsplatz einsetzten76. Insgesamt seien die Ausschlusspraxen der Facharbeitergewekschaft stärker durch die Konkurrenz von Facharbeiter- zu ungelernten Arbeiter-Organisationen bestimmt gewesen77, als durch Ausschlüsse entlang der Kategorie Geschlecht.
Barretts Ausführungen sind darüber hinaus auch von einer bestimmten Vorstellung von Ideologie geprägt, welche diese weniger als (umkämpfte) Organisationform von Welterfahrung- und erklärung bestimmt, denn als Konvolut vorherbestimmter Ideen, die quasi von Außen auf die gesellschaftlichen Akteure einwirken, oder „von oben“ implementiert werden. Dies zeigt sich erstens an ihrer Einschätzung der „Schutzgesetze“, die Frauen ab der Mitte des 19. Jhd. aus den Fabriken drängten. Diese werden von ihr einfach als „Produkt einer Ideologie der Geschlechtertrennung“78 angesehen. Dass die Schutzgesetze mitunter auch realen Interessen der ArbeiterInnen entsprachen, geht nicht in ihre Darstellung deren Durchsetzung mit ein79. Zweitens bestimmt diese Vorstellung einer abstrakten und nicht mit den realen gesellschaftlichen Prozessen verbundenen Ideologie auch Barretts Thesen zum Sozialstaat, von dem angenommen wird, er verkörpere den Familialismus, ohne dass gezeigt wird, welche und wessen Interessen (der Herrschenden wie der Beherrschten) in staatlichen Maßnahmen ausgedrückt werden und wie der Staat zugleich als Herrschaftsinstrument und Organisator von Kompromissen wirksam ist.
So bleibt auch Barretts Vorstellung von Gender-Ideologie und vergeschlechtlichter Sozialisierung abstrakt und äußerlich. Sie beschreibt z.B. die Übernahme von Geschlechteridentitäten über eine allgemeine „Ideologie des Familienlebens“ 80 und nicht als in konkreten Familien erlernt. “Sie behandelt die Übernahme von Gender-Ideologie als relativ passive Internalisierung einer bereits definierten Menge von Vorstellungen über Männer und Frauen, die auf Ebene der ‚Kultur’ existiert.” 81
Was Barrett also unsichtbar macht, ist, dass die Verallgemeinerung bestimmter Formen des Selbst- und Weltverständnisses nicht automatisch und reibungsfrei geschieht, sondern sich auf gelebte Erfahrungen beziehen und von den Menschen aktiv übernommen und angeeignet werden muss. Ideologie ist kein abstraktes Ideenbündel, sondern ein Terrain gesellschaftlicher Kämpfe um die Deutungs- und Erklärungsmuster, welche die Interpretation realer Erfahrungen und die Organisation von Interessen anleiten. Auch die familiale Ideologie stellt demnach eine Form der Erklärung von und Antwort auf reale Erfahrungen dar. Sie wird nicht vom Bürgertum in die Köpfe der Subalternen gesetzt, sondern entsteht in deren aktiver Auseinandersetzung mit ihren Lebensrealitäten. Erst ein solches Ideologie-Konzept, macht Barretts Analysen auch für aktuelle Untersuchungen von Geschlechterregimen z.B. im Post-Fordismus anschlussfähig.82

Ohne theoretische Letztversicherung: Zum Verhältnis von Marxismus und Feminismus
Barretts Analysen zeigen die Möglichkeit auf, dass ein marxistisches Begriffsinstrumentarium nicht alleine die Struktur kapitalistischer Gesellschaften explizieren, sondern auf Basis ideologietheoretischer Argumente auch dazu beitragen kann, die geschlechtsspezifische Zuweisung der Individuen auf die Positionen in dieser Struktur zu erklären und sich auf Ebene der Analyse konkreter Gesellschaftsformationen mit feministischen Fragestellungen nach der Konstitution geschlechtsspezifischer Identität, nach Sexualität und kultureller Repräsentation verbinden lässt. Es bleibt zu fragen, was daraus für das Verhältnis von Marxismus und Feminismus zu lernen ist?
Barretts Analysen zeigen die Möglichkeit auf, dass ein marxistisches Begriffsinstrumentarium nicht alleine die Struktur kapitalistischer Gesellschaften explizieren, sondern auf Basis ideologietheoretischer Argumente auch dazu beitragen kann, die geschlechtsspezifische Zuweisung der Individuen auf die Positionen in dieser Struktur zu erklären und sich auf Ebene der Analyse konkreter Gesellschaftsformationen mit feministischen Fragestellungen nach der Konstitution geschlechtsspezifischer Identität, nach Sexualität und kultureller Repräsentation verbinden lässt. Es bleibt zu fragen, was daraus für das Verhältnis von Marxismus und Feminismus zu lernen ist?
Das Scheitern der Hausarbeitsdebatte führt klar vor Augen, dass Marxismus und Feminismus kein einheitliches Theoriegebäude konstituieren, das eine reibungslose politische Zusammenführung, ein gleichsam natürliches Hand-in-Hand marxistischer und feministischer Politiken garantieren könnte. Dies scheint mit ein Grund dafür, dass die Suche nach einer theoretischen Begründung der Einheit von Marxismus und Feminismus Ende der 80er abgerissen ist. Zu Recht. Denn die Verbindung von Marxismus und Feminismus ist nichts, das sich theoretisch herleiten lässt, sondern muss politisch gewollt und befördert werden.
Bedauerlicherweise ist diese politische Anstrengung in den letzten zwanzig Jahren ausgeblieben und so sind die Entwicklungen im Großteil der feministischen und marxistischen Forschung fast gänzlich getrennt voneinander verlaufen83, obwohl gerade die Weiterentwicklung ideologietheoretischer Argumente im Zuge diverser Rezeptionswellen Gramscis und Althussers Arbeiten der marxistischen Theoriebildung die Türen zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen geöffnet hätte.
Der theoretische Ansatzpunkt einer solchen Auseinandersetzung – auch dies ist aus dem Scheitern der Hausarbeitsdebatte zu lernen – kann nicht in einer abstrakten, werttheoretischen Fragestellung bestehen, sondern muss in den je historisch spezifischen Regulations- und Reproduktionsformen kapitalistischer Vergesellschaftung gesucht werden: Es gibt keinen Kapitalismus in abstrakter Form. Marxistische Kapitalismuskritik ist immer auch Kritik der konkreten gesellschaftlichen Verhältnisse und deren Regulierung in bestimmten Phasen und Entwicklungsweisen kapitalistischer Vergesellschaftung. Geschlechterverhältnisse kommen auf Ebene der Konstitutionsbedingungen und Regulierungsformen dieser Entwicklungsweisen notgedrungen ins Spiel. Es bedarf jedoch der politischen Anstrengung, diese auch in explizit feministischer Absicht sichtbar und der Kritik zugänglich zu machen, statt sie in den Fußnotenapparat abzuschieben, wo sie gegen das schlechte politische Gewissen helfen sollen.

Anmerkungen
1 Barrett, Michéle: Das unterstellte Geschlecht. Umrisse eines materialistischen Feminismus. Hamburg: Argument 1983, S.11
2 Beechey, Veronica: Some Notes on Female Wage Labour in Capitalist Production. In: Capital & Class No.3, 1977. S.45-66, hier S.47
3 So argumentiert Margaret Benston, deren Artikel Die politische Ökonomie der Frauenbefreiung den Auftakt zur Hausarbeitsdebatte im englischsprachigen Raum gab: „Die Wurzeln des sekundären Status von Frauen sind in Wirklichkeit ökonomisch. (…) Frauen haben als Gruppe tatsächlich ein bestimmtes Verhältnis zu den Produktionsmitteln, und dieses ist anders als jenes von Männern.“ Benston, Margaret: The Political Economy of Women’s Liberation. In: Monthly Review 21/4, 1969. S.13-27, hier S.13.
4 Der Begriff „Frauenunterdrückung“ erscheint im Lichte neuerer feministischer Forschung problematisch, da er Frauen viktimisiert und die Situation von Frauen als eine der unmittelbaren Unterjochung beschreibt. Die Komplexität der sozialen (politischen, ökonomischen und ideologischen) Verhältnisse, welche geschlechtsspezifische Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse organisieren, sowie die Praxen und Ideologien, durch welche geschlechtliche Identitäten allererst hergestellt werden, werden so unterschlagen. Wir benutzen den Begriff „Frauenunterdrückung“ im Folgenden mit Vorbehalten und ausschließlich, wenn wir ihn von anderen AutorInnen übernehmen.
5 Engels, Friedrich: Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats. In: MEW Bd. 21, S.36- 84, hier S.68
6 so der Titel des 1978 erschienenen programmatischen Artikels von Claudia von Werlhof: Frauenarbeit: der blinde Fleck in der Kritik der politischen Ökonomie, In: Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis, Heft 1, 1978.
7 vgl. Dalla Costa, Mariarosa/James, Selma: Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft. Berlin: Merve 1978. S.39f
8 vgl. Dalla Costa a.a.o. S. 40
9 vgl. Secombe, Wally: The Housewife and Her Labour Under Capitalism. In: New Left Review 1/83, 1974, S.3-24, hier S.6
10 Secombe a.a.o. S.8f
11 „Was dem Geldbesitzer auf dem Warenmarkt direkt gegenübertritt, ist in der Tat nicht die Arbeit, sondern der Arbeiter. Was letztrer verkauft, ist seine Arbeitskraft. (…) Die Arbeit ist die Substanz und das immanente Maß der Werte, aber sie selbst hat keinen Wert.“ Marx, Karl: Das Kapital Bd.1. MEW Bd. 23, S.559
12 vgl. Coulson, Margaret/Magaš, Branka/Wainwright, Hilary: ‘The Housewife and her Labour under Capitalism’ - A Critique. In: New Left Review I/89, 1975. S.59-71, hier S.62f
13 vgl. Coulson/Magaš/Wainwright a.a.o. S.65
14 Radikalfeministische Ansätze strebten vor allem eine autonome Organisierung von Frauen rund um ihre gemeinsame Interessen an.
15 vgl. Delphy, Christine: The Main Enemy. A Materialist Analysis of Women’s Oppression. Women’s Research and Resources Centre Publications, London: 1977, S.11 und S.15
16 vgl. Delphy a.a.o. S.13f
17 vgl. Delphy a.a.o. S.16
18 vgl. Molyneux, Maxine: Beyond The Domestic Labour Debate. In: New Left Review 1/116, 1979. S.3-27, hier S.7
19 Harrisson, John: The Political Economy of Housework. In: Bulletin of the Conference of Socialist Economists 3/1, 1973. S.35-52, hier S.40
20 vgl. Harrisson a.a.o. S.43
21 Auch die Arbeitsprozesse der Warenproduktion sind zunächst konkrete, spezifische Arbeiten. Erst vermittelt durch den Tauschprozess werden sie auf ihr gemeinsames, abstrakte menschliche Arbeit, reduziert und so vergleichbar gemacht. Insofern unbezahlte Hausarbeit keine Produkte für den Markt erzeugt, wird sie jedoch nicht zu abstrakter Arbeit. Dies ändert sich jedoch, wenn Reproduktionsarbeit in hohem Maße kommodifiziert und als Dienstleistung am Markt getauscht wird.
22 vgl. Molyneux a.a.o. S.9 und Smith, Paul: Domestic Labour and Marx’s Theory of Value. In: Kuhn, Anette/Wolpe, AnnMarie: Feminism and Materialism. London: Routledge S.198-219, hier S.210f
23 vgl. Molyneux a.a.o. S.16f und S.20
24 Andere AutorInnen argumentieren im Gegenteil, dass der Wert der Ware Arbeitskraft gerade durch den Eintritt von Frauen in den Arbeitsmarkt herabgesetzt wird: “Der Wert der Arbeitskraft wird gesenkt, wenn alle Familienmitglieder in die Lohnarbeit einsteigen, da die Kosten für die Produktion und Reproduktion von Arbeitskraft auf die gesamte arbeitende Bevölkerung verteilt werden. Der Anteil des Arbeitstages, an dem der Arbeiter für sich selbst arbeitet, wird verkleinert, und ein größerer Mehrwert kann extrahiert werden.“ Beechey, Veronica a.a.o. S.52
25 Molyneux a.a.o. S.10
26 Molyneux nennt das Angebot an verfügbarer Arbeitskraft, das Niveau des Klassenkampfes, die Akkumulationsrate, die Profitrate, das Verhältnis von Abteilung I und Abteilung II und den Entwicklungsstand der Produktivkräfte als ausschlaggebende Faktoren, die in die Bestimmung des Werts der Ware Arbeitskraft eingehen, vgl. Molyneux a.a.o. S.10
27 Molyneux a.a.o. S.13
28 So schreibt Marx im Kapital: „Die beständige Erhaltung und Reproduktion der Arbeiterklasse bleibt beständige Bedingung für die Reproduktion des Kapitals. Der Kapitalist kann ihre Erfüllung getrost dem Selbsterhaltungs- und Fortpflanzungstrieb der Arbeiter überlassen. Er sorgt nur dafür, ihre individuelle Konsumtion möglichst auf das Notwendige einzuschränken.“ Marx, Karl: Das Kapital. Bd.1. MEW Bd. 23, S. 597f. Dies sollte nicht dazu verleiten, die Frage der Reproduktion als bloße Privatsache oder Angelegenheit natürlicher Bedürfnisse untheoretisiert zu lassen. Die Interessen des Kapitals sind jedoch nicht direkt auf eine vergeschlechtlichte Organisation der Reproduktion gerichtet und in verschiedenen historischen Konjunkturen demnach mit unterschiedlichen Regulierungsweisen der Reproduktion der ArbeiterInnenklasse kompatibel.
29 Barrett a.a.o. S.28
30 vgl. Barrett a.a.o. S.29f und Molyneux a.a.o. S.12
31 Barrett a.a.o. ebd.
32 Brenner, Johanna/Ramas, Maria: Rethinking Women’s Opression. In:New Left Review 1/144, 1984. S.33-71, hier S.34
33 vgl. Hartmann, Heidi: The Unhappy Marriage of Marxism and Feminism. In: McCann, Carole/Seung-Kyung, Kim: Feminist Theory Reader. Local and Global Perspectives. London: Routledge 2003. S.206-221, hier S.210f
34 Hartmann a.a.o. S.213f
35 Barrett a.a.o. S. 123
36 Hartmann a.a.o. S.214
37 Arbeitsgruppe Bielefelder Entwicklungssoziologen (Hg.) (1979): Subsistenzproduktion und Akkumulation. Saarbrücken: Breitenbach.
38 Vgl. Rosa Luxemburg, (1923): Die Akkumulation des Kapitals. Ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus. Frankfurt/M.: Neue Kritik.
39 Vgl. Andrea Baier: Subsistenzansatz. Von der Hausarbeit zur Bielefelder Subsistenzperspektive. In: Becker, Ruth/ Kortendiek, Beate: Handbuch zur Frauen- und Geschlechterforschung. 2. erw. und aktualisierte Aufl. VS Verlag für Soziallwissenschaften.
40 Werlhof, Claudia von / Mies, Maria / Bennholdt-Thomsen, Veronika (1983): Frauen, die letzte Kolonie. Reinbek: Rowohlt.
41 Werlhof, Claudia von (1983): Zum Natur- und Gesellschaftsbegriff im Kapitalismus. In: Beiträge zur feministischen Teorie und Praxis, S. 140-163.
42 Werlhof, Claudia: Der Proletarier ist tot. Es lebe die Hausfrau. In Bennholdt-Thomsen et.al.: Frauen, die letzte Kolonie, Reinbek: Rowohlt 1983, S. 113-136.
43 Siehe eine Kritik zur Hausfrauisierungsthese: Martin Birkner, Käthe Knittler: Ehekrise - zur Geschichte feministischer Marxkritik. In Grundrisse 02/02.
44 Smith a.a.o. S.211
45 So schließt beispielsweise Secombe daraus, dass die Hausarbeit nicht dem Wertgesetz und damit der Notwendigkeit der Produktivitätssteigerung unterliegt, dass die im Haushalt verrichtete Arbeit stagniert, vgl. Secombe a.a.o. S.17.
46 vgl. Barrett a.a.o. S.156f und Gardiner, Jean: Women’s Domestic Labour. In: New Left Review 1/89, 1975. S.56f
47 Coulson/Magaš/Wainwright a.a.o. S.67
48 vgl. Coulson,/Magaš/Wainwright a.a.o. S.62f
49 Molyneux a.a.o. S.16
50 Coulson/Magaš/Wainwright a.a.o. S.65
51 So argumentiert etwa Veronica Beechey, dass nicht die Hausarbeit, sondern die Verfügbarkeit von verbilligter und dequalifizierter weiblicher Arbeitskraft eine ausschlaggebende Rolle in den Strategien von Kapitalseite, den Wert der Arbeitskraft zu reduzieren, spielt. Die besondere Bedeutung weiblicher Lohnarbeit ergibt sich dabei gerade aufgrund der doppelten Situation von Frauen, einerseits der Familie zugewiesen und ökonomisch abhängig, zugleich aber aufgrund dieser Zuweisung zur Familie als „billige“ Arbeitskräfte für das Kapital verfügbar zu sein, vgl. Beechey a.a.o. S. 54ff
52 vgl. Beechey a.a.o. S.58ff
53 Radikalfeministische politische Forderungen und Strategien führten unter anderem gerade aufgrund ihres Separatismus zu wichtigen Errungenschaften und beförderten die Kämpfe der Frauenbewegung. Es geht mithin nicht darum, die radikalfeministischer Interventionen per se zu diskreditieren, sondern lediglich darum, dass diese nicht dazu angetan sind, zur Entwicklung einer marxistisch-feministischen Politik beizutragen.
54 Im Original: Barrett, Michèle (1980). Women´s Oppression Today. Problems in Marxist-feminist Analysis. London: Verso.
55 Althusser Louis (1971): Ideology and ideological state apparatuses. In: Althusser Louis (Hrsg.): Lenin and philosophy and other essays. 1.Aufl., New Left Books, London, S. 170-186.
56 Barrett, a.a.O., S.21
57 Einige Beispiele in Kuhn, A./Wolpe, A. (Hrsg.). Feminism and Materialism. 1978. London: Routledge and Kegan Paul.
58 Barett, a.a.O. S. 27 f
59 Ebd. S. 35
60 Barrett beststeht auf die Bezeichnung „Familien-Haushaltssystem“ um den ideologischen (Familienideologie) und sozialen (Organisation des Haushalts und Verwandschaftsbeziehungen) Aspekt der bürgerlichen Kleinfamilie auseinanderhalten zu können. Barrett, a.a.O. S.176
61 Barrett, a.a.O., S.140
62 Barret, Michèle/McIntosh, Mary (1982). The Anti-Social Familiy. London: Verso. S. 35
63 Hier bezieht sich Barret auf die Ten Hour Bill von 1847, die die Arbeitszeit von Frauen auf 10 Stunden täglich reduzierte und den Mines Regulation Act von 1842, der Frauen untersagte in unterirdischen Minen zu arbeiten.
64 Barret, Michèle/McIntosh, Mary (1980). The `Family Wage`: Some Problems for Socialists and Feminists. In Capital and Class, 11, S.51-72.
65 Vgl. Molyneux, a.a.O. S. 10f.
66 Barrett, a.a.O., S.145
67 Dalla Costa a.a.o. S.49
68 Barrett, a.a.O., S.192
69 Vgl. ebd. S. 179f
70 Barrett, Michèle/McIntosh, Mary (1982). The Anti-Social Family. London: Verso.
71 Ebd. S. 21
72 Ebd S. 22f
73 Ebd. S. 26
74 Ebd. S. 29ff
75 Brenner, Joanna/ Ramas, Maria (1984). Rethinkink Women´s Oppression. In New Left Review, 144, S. 33-71.
76 Vgl.: Ward, John (1962). The Factory Movement 1830-1855. New York: MacMillan & Co Ltd.
77 Vgl: Probst, Philipp (2008). Stars and Strikes. In Perspektiven 6, S.26-33
78 Vgl Barret, Michèle/McIntosh, Mary (1980). The `Family Wage`. A.a.O S. 56
79 Brenner beruft sich hier mehrfach auf: Hutchins, Barbara/Harrison, Amy (1903). A History of Factory Legislation. New York: Lenox Hill Pub.
80 Barrett, a.a.O. S. 180
81 Ebd. S. 69
82 Siehe den Artikel von Katharina Hajek und Benjamin Opratko in diesem Heft.
83 Obschon es zu einer Aneignung zentraler Thesen und Begriffe von Autoren des „Westlichen Marxismus“ (vor allem Gramsci, Althusser und Adorno) durch feministische TheoretikerInnen gekommen ist, gab es innerhalb der marxistischen Forschung kaum nennenswerte Versuche, sich der als idealistisch und radikalkonstruktivistisch verrufenen feministischen Theoriebildung zu öffnen oder auch eigenständige marxistisch-feministische Bearbeitungen dieser Fragestellungen zu wagen. Eine Ausnahme im deutschsprachigen Raum bilden die Arbeiten Frigga Haugs, die dafür plädiert „Geschlechterverhältnisse als Produktionsverhältnisse“ zu analysieren.