Die Entkolonialisierung und die damit verbundene Dezentrierung des
Westens hinterließ auch im Kino der damaligen „Dritte-Welt-Länder“ ihre
Spuren. Nikolaus Perneczky zeichnet ein vielfältiges Bild des
„Dritten Kinos“, seiner politischen Ästhetik und seiner
Produktionsbedingungen von den 1960er Jahren bis heute.
In den langen 60er Jahren1
des 20. Jahrhunderts unterlag das Verhältnis des euroamerikanischen
Raums zur damaligen Dritten Welt einem fundamentalen Wandel. Die
Emanzipation der ehemaligen Kolonien machte sich in geopolitischen
Umwälzungen ungekannten Ausmaßes bemerkbar. Anstatt sich mit der
formalen Unabhängigkeit abspeisen zu lassen, drängten die dabei
entstandenen neuen Nationalstaaten auch auf wirtschaftliche und
kulturelle Autonomie. Vor diesem Hintergrund fiel es den europäischen
Gesellschaften mit einem Mal schwer, sich weiterhin als Ausgangs- und
Mittelpunkt des Weltgefüges zu begreifen. In einer radikalen Wendung
beschreibt Jean-Paul Sartre diese Entwicklung als regelrechte Umkehrung
der herrschenden Verhältnisse. In seinem Vorwort zur französischen
Erstausgabe von Frantz Fanons Die Verdammten dieser Erde von
1961 schreibt er, übrigens ohne jede Wehleidigkeit: „Das ist das Ende:
Europa ist an allen Ecken leck. Was ist denn geschehen? Ganz einfach
dies: bisher waren wir die Subjekte der Geschichte, jetzt sind wir ihre
Objekte. Das Kräfteverhältnis hat sich umgekehrt, die Dekolonisation
hat begonnen.“2
Wie sich in dieser Bemerkung Sartres schon andeutet, stieß die Krise
des eurozentrischen Weltbilds nicht nur jenen übel auf, deren Funktion
oder Profit am Fortbestehen kolonialistischer Regime hing. Auch die
europäische und US-amerikanische Linke musste sich in der neuen
Situation erst zurechtfinden. Schon vorher hatten sich Zweifel geregt,
ob das zu bescheidenem Wohlstand gelangte westliche Proletariat nicht
längst der Konsumgesellschaft assimiliert worden wäre. Herbert Marcuse,
Vordenker und Einflüsterer der später so genannten „Neuen Linken“,
vertrat gar die Ansicht, der Antagonismus zwischen Bürgertum und
Arbeiterklasse habe – wenigstens in Europa – seine Dringlichkeit und
mithin die Funktion eines geschichtlichen Movens eingebüßt: „Die
kapitalistische Entwicklung hat jedoch die Struktur und Funktion dieser
beiden Klassen derart verändert, daß sie nicht mehr die Träger
historischer Umgestaltung zu sein scheinen.“3
Nicht nur Sartre und Marcuse folgerten aus dieser Diagnose, dass
Widerstand nur noch von den Ausgeschlossenen und Marginalisierten zu
erwarten wäre. Weite Teile der Linken schlossen sich dieser
Einschätzung an und investierten fortan hoch fliegende Hoffnungen in
die Revolten und Revolutionen der Dritten Welt, aber auch in die
radikalisierten Minderheiten in den Metropolen.4
Die Unabhängigkeit der neuen afrikanischen Nationalstaaten auf dem
Territorium des ehemaligen Französisch- Westafrika (1958), die
kubanische Revolution (1959), der Befreiungskampf der AlgerierInnen
(1954-1962), die chinesische „Große Proletarische Kulturrevolution“
(1966-1969), die Tet-Offensive des Vietcong (1968) – gleichgültig, wie
diese Ereignisse heute bewertet werden mögen, führten sie der
zeitgenössischen metropolitanen Linken mit Nachdruck vor Augen, dass
die Möglichkeit der Revolution sich vom Zentrum an die Peripherie
verlagert hatte. Dies warf die Frage auf, ob die dabei erprobten
Strategien auf europäische Verhältnisse umgelegt, die Möglichkeit der
Revolution importiert werden könnte.5 Ernesto „Che“ Guevaras Theorien der Guerilla und des „foco“6 (Fokus) boten sich als Legitimation voluntaristischer Vorstöße gegen das staatliche Gewaltmonopol an.7
Aber auch diejenigen, welche die Frage nach der Übertragbarkeit
revolutionärer Praxis negativ beschieden, blieben von den Entwicklungen
in Lateinamerika, Afrika und Asien nicht unbeeindruckt. So war der
Befreiungskrieg in Algerien ein entscheidendes Ereignis in der
politischen Sozialisation zahlreicher späterer AktivistInnen des
Pariser Mai 19688,
und insbesondere Vietnam wurde als Symbol für die Brüchigkeit
westlicher Herrschaftsansprüche zur zentralen Bezugsgröße der
europäischen Linken.9
Dass der Ort dieser sehr verschiedenen Befreiungskämpfe oft als „Dritte
Welt“ angegeben und derart vereinheitlicht wurde, ist nur teilweise der
europäischen Blindheit für lokale Besonderheiten anzulasten. Als
„Trikont“ bezeichneten ihn die ProponentInnen dieser Bewegungen nämlich
immer wieder selbst, in der Absicht, ihre oft weit gestreuten
politischen Anliegen zu bündeln und den Kampf dafür zu
internationalisieren. Schließlich war ihrem Gegner – der als
neokolonialistisch verurteilten Politik der so genannten entwickelten
Länder, vormalige Kolonien in wirtschaftlicher Abhängigkeit zu halten –
auf lokaler Ebene schwierig beizukommen.
Der Aufstieg des Trikont und die Dezentrierung des Westens im Gefolge
der einsetzenden Dekolonisation in den langen 1960er Jahren gilt unter
HistorikerInnen, zumal in der neueren globalgeschichtlichen Forschung10,
als geschichtlicher Wendepunkt mit weit reichenden politischen,
sozialen und kulturellen Folgen. Dass die beschriebene Zeitenwende auch
in der Geschichte des Films ihre Spuren hinterlassen hat, ist der
kanonischen Filmgeschichtsschreibung dagegen meist nur eine Randnotiz
wert und deshalb außerhalb filmwissenschaftlicher Seminare und
cinephiler Monatsschriften wenig bekannt. Diesem Missstand soll im
Folgenden abgeholfen werden. Das Aufbegehren der damaligen Dritten Welt
wurde von einer kinematografischen Revolution begleitet und
mitgestaltet. Ihr Name: „El tercer cine“, das Dritte Kino.
Für ein Drittes Kino
1969 unternahmen die argentinischen Filmemacher Fernando E. Solanas und
Octavio Getino den Versuch, das Medium des Films für den antikolonialen
Kampf in Dienst zu nehmen und forderten ein eigenständiges Kino der
Dritten Welt. Jenseits von Hollywood sollte es verortet sein, aber auch
jenseits des mit der europäischen Linken assoziierten „Autorenfilms“,
selbst wenn sie strategischen Allianzen mit den politisch radikalsten
unter dessen Vertretern nicht grundsätzlich abgeneigt waren. Das
Manifest, worin diese Forderungen laut wurden, trägt den Titel Hacia un
tercer cine11,
für ein Drittes Kino. Für ein Kino, das in enger Verschränkung mit den
sozialen Bewegungen in Lateinamerika, Afrika und Asien gegen die
Herrschaft des Neokolonialismus und für eine Internationale der
Peripherie – die „Trikontinentale“, wie sie auf der legendären
antiimperialistischen Konferenz von Havanna im Jahr 1966 getauft wurde
– kämpfen sollte. Solanas und Getinos Manifest eröffnet mit einer
Anklage der westlichen Filmindustrien, unter deren Einfluss die
Bezeichnung „Film“ zu einem Synonym für Spektakel und Unterhaltung
verkommen sei. Im schlimmsten Fall stehe das Kino der Vereinigten
Staaten und Europas, als kaum verhohlene Interessensvertretung der
Studiomagnaten, für eine ahistorische Mystifizierung der herrschenden
Zustände, im besten Fall gebe es ein mut- und auswegloses Zeugnis von
sozialer Ungerechtigkeit und der Zersetzung bürgerlicher Werte. Vieles
von dem, was Solanas und Getino den westlichen Kinematografien
ankreiden, klingt wie eine Popularisierung von Guy Debords Thesen zur
„Gesellschaft des Spektakels“12
in seinem gleichnamigen Buch, das zwei Jahre vor ihrem Manifest
veröffentlicht worden war: Als fetischisiertes Spektakel, das sich
verselbstständigt und an die Stelle lebendiger Erfahrung gesetzt hätte,
behinderten das Hollywoodkino und seine Nachahmer die Bewusstwerdung
der verblendeten Massen. Vor dem Hintergrund dieser Diagnose wird die
Aufgabe, die sich für trikontinentale FilmemacherInnen stellt, als
zweischneidige beschrieben. Neben der Erfindung emanzipatorischer
Bildpraxen steht die Zerstörung jener Bilder auf der Agenda, die sich
die kapitalistischen Unterhaltungsfabriken von der Dritten Welt gemacht
haben und immer noch machen.
Die Kritik der Autoren richtet sich aber auch gegen all jene, die der
Möglichkeit eines revolutionären Kinos wenig Chancen einräumen, bevor
nicht sämtliche Produktionsmittel, auch jene zur Herstellung von
Filmen, im Gefolge eines revolutionären Umsturzes enteignet und
vergesellschaftet worden sind. Obwohl dieser Einwand auf solidem
marxistischem Boden stand, verwerfen ihn Solanas und Getino mit der
Begründung, er erkläre die eingeschliffenen Produktions-,
Distributions- und Vorführbedingungen Hollywoods zum Vorbild. Diese
seien, genauso wie die Filme selbst, zur Gänze auf die Interessen der
US-amerikanischen Bourgeoisie abgestellt, weswegen für alle diese
Bereiche neue Formen gefunden werden müssten.
Wie ist das zu verstehen? Die Vorstellung, dass Filme aus Hollywood
inhaltlich oder ihrer Form nach einer bestimmten Ideologie zuarbeiten,
ist recht geläufig. Solanas und Getino scheinen jedoch etwas anderes,
oder genauer: mehr als das
im Sinn zu haben: „Die Machtergreifung einer mechanistischen
Vorstellung von Kino, wonach abgeschlossene Strukturen, die auf der
Leinwand geboren werden und sterben, bei standardisierter Länge in
einem großen Lichtspieltheater abgespult werden, führte zur Absorption
von Formen des bürgerlichen Weltbilds, die in der Tradition der Kunst
des 19. Jahrhunderts wurzeln: Der Mensch gilt ausschließlich als
passives und konsumierendes Objekt. Anstatt Geschichte zu erkennen und
zu verstehen, kann er sie nur auffassen, kontemplieren, durchlaufen,
erdulden.“ Um gegen die der Film- und Kinotechnik
innewohnenden bürgerlichen Anschauungsformen etwas auszurichten,
müssten folglich nicht nur andere Filme entworfen werden, sondern auch
eine andere, stärker involvierende und aktivierende Einrahmung ihrer
Präsentation.
Ähnliches gelte für den angrenzenden Bereich der Distribution. Die
Versuche europäischer AutorenfilmerInnen, am Rand der kommerziellen
Filmindustrien ein Auskommen zu finden und sich zumindest teilweise auf
deren Verleihstrukturen einzulassen, wären in eine Sackgasse gemündet.
Von diesem Modell müssten sich die VertreterInnen eines Dritten Kinos
daher emanzipieren, um in enger Zusammenarbeit mit ihrem Publikum
eigenständige, noch im Falle staatlicher Repression tragfähige
Netzwerke aufzubauen. Dies kam oft dem Weg in den Untergrund gleich.
Die Guerilla als Arbeitsweise
Ermöglicht wurde die Emanzipation von den bestehenden, vertikal integrierten13
Filmindustrien von einem Innovationssprung in der Filmkamera- und
Projektortechnik. Der technologische Fortschritt hatte immer kleinere,
einfacher handhabbare und zudem günstigere Bild- und Tonaufnahmegeräte
hervorgebracht, wodurch der Umgang mit Film eine ungekannte
Demokratisierung – oder, wie es im zeitgenössischen Jargon hieß:
„Entmystifizierung“14 – erfuhr.
Solanas und Getino versprechen sich von dieser Umwälzung der
Produktionsmittel zudem eine neue Arbeitsweise, deren Stoßrichtung sich
in der Empfehlung andeutet, die „Kamera als Gewehr“15
einzusetzen. Anhand dieser Metapher wollen sie die Praxis des Dritten
Kinos an die Kampfstrategie der Guerilla anschließen: „Die Kamera ist
der unerschöpfliche Enteigner von Bild-Waffen, der Projektor ein
Geschütz, das 24 Bilder in der Sekunde feuert.“16
Mit dieser kruden Analogie ist im Wesentlichen eine bestimmte
Arbeitsweise im Kollektiv angesprochen, worin jedes Mitglied mit der
Gesamtheit des verwendeten Equipments und allen Funktionen hinreichend
vertraut und mithin austauschbar ist; worin planerische
Detailversessenheit, Disziplin und ein rasches Arbeitstempo
vorherrschen; worin alle Beteiligten sich bereit erklären, auf Komfort,
alte Gewohnheiten und „dieses ganze Klima der Normalität, wohinter sich
der alltägliche Kriegszustand verbirgt“17, Verzicht zu leisten.
Das Projekt des Dritten Kinos ist also von Anbeginn als ein
ganzheitliches angelegt: Nicht nur die Filme selbst, sondern auch die
angrenzenden Bereiche der Produktion, Distribution und Vorführung
sollten revolutioniert werden.
Die Dekolonisation der Kultur
Trotz des recht martialischen Gleichnisses von Film und Gewehr lassen
Solanas und Getino darin, wie sie das Verhältnis von (Film-)Kunst zu
Politik bestimmen, einigen Freiraum. Die Polarität der beiden sei von
der herrschenden Klasse als universell gesetzt und müsse, zugunsten der
Einheit von Politik und Kunst, in Richtung einer „Überblendung des
Ästhetischen mit dem Leben der Gesellschaft“18
Überwunden werden. Eine wahre Kunst des Volkes erschöpfe sich nie im
ästhetischen Gehalt ihrer Erzeugnisse, sondern sei immer auch eine
Kunst für das Volk, in seinem politischen Interesse. Gleichzeitig
warnen die Autoren des Manifests vor einer allzu pragmatischen
Kunstauffassung. Direkte Agitation und Intervention in politische
Auseinandersetzungen hätten ebenso ihren Platz wie solche Ansätze, die,
ungleich weniger handlungsorientiert, auf die Bildung politischen
Bewusstseins zielen. Im Anschluss an Fanons Analyse des Verhältnisses
von Kolonisatoren und Kolonisierten, die von Marx’ Frühschriften und
Freuds Psychoanalyse informiert ist, brechen Solanas und Getino die
Zielsetzung des Dritten Kinos immer wieder auf die Ebene des
Individuums herunter. Hier geht es um die Erlangung einer befreiten,
unentfremdeten Persönlichkeit, die zugleich an der kollektiven
Subjektivität des Volkes Anteil hat. Wer so denkt, wird geneigt sein,
der „Dekolonisation der Kultur“19 einen ebenso hohen Stellenwert einzuräumen wie etwa dem Streben nach politischer oder wirtschaftlicher Unabhängigkeit.
Für den Kampf gegen das wirtschaftsliberale, vom Militär eingesetzte
Regime in ihrem Heimatland Argentinien, das sich bis zu den Unruhen in
Cordoba 1969 im Amt halten konnte, konstatieren die Autoren sogar eine
Vorrangstellung des Kulturellen, insofern die Abhängigkeit vom
neokolonialen Hegemon USA in diesem Fall nicht primär mit Hilfe
polizeilicher und/oder militärischer Gewalt aufrecht erhalten werde,
sondern zur Konsolidierung des Status quo auf die tatkräftige
Unterstützung der einheimischen Intelligenzija – in Schulen,
Universitäten und Redaktionsräumen – baue. Dem Kino als derjenigen
Kunstform, die im Weltmaßstab die größten Zuschauermassen auf sich zu
konzentrieren vermochte, musste bei dieser strategischen
Schwerpunktsetzung eine herausragende Rolle zufallen.
Ästhetische Offenheit
Was die Grundlegung eines Formenkanons und also die textuelle Ebene der
Filme selbst betrifft, hält sich Solanas und Getinos Manifest auffällig
bedeckt – solange die Filme nur das unklare Kriterium der „Militanz“
erfüllen: „Filmische Pamphlete, didaktische Filme, Reportagen,
Essayfilme, Filme, die Zeugnis ablegen – alle militanten Formen des
Ausdrucks sind zulässig, und es wäre absurd, ihnen gemeinsame
ästhetische Arbeitsnormen zugrunde legen zu wollen.“20
An einer Stelle gehen die Autoren so weit, sogar bestimmte Ausprägungen
des Experimentalfilms in ihre Definition aufzunehmen. Nur soviel lassen
sie durchblicken: Wer sich in der Hoffnung, beim einfachen Volk auf
größeres Verständnis zu stoßen, auf narrative oder formale
Vereinfachung einlässt, gilt ihnen als Populist. Worauf es vielmehr
ankomme, sei die Sache, in deren Dienst sich ein Film stellt. Wenn
diese nur an die Erfahrung und Lebenswelt der ZuschauerInnen anknüpft,
müsse sich niemand sorgen, unverstanden zu bleiben.
Ein weiterer Anstoß für den Widerwillen der Autoren, sich in
formalästhetischer Hinsicht festzulegen, sind die großen Unterschiede
zwischen den einzelnen Ländern und Regionen des Trikont: „Die
Differenzen zwischen den Befreiungskämpfen verunmöglichen die
Festschreibung universeller Normen.“21
In einem deutlichen Spannungsverhältnis zu diesem Bekenntnis zu lokaler
Spezifik steht Solanas und Getinos Hoffnung, das Dritte Kino möge zur
Internationalisierung der trikontinentalen Unabhängigkeitsbewegungen
beitragen: Als technisch reproduzierbares Medium, das ob seiner
Visualität, die Bildungshürde der Schrift und sprachliche Barrieren im
Allgemeinen zu überwinden vermag, sollte dem Film die Aufgabe zukommen,
der von westlicher Seite vorangetriebenen „Balkanisierung“22 ein für allemal abzuhelfen.
Das Problematische am Begriff des Dritten Kinos liegt in diesem
Spannungsverhältnis zwischen lokaler Spezifik und
Internationalisierung. So vereint das Dritte Kino eine Vielzahl
heterogener Praktiken unter seinem konzeptuellen Deckmantel. Solanas
und Getino sind sich der Problematik durchaus bewusst. Ihre Antwort:
Das „Dritte Kino“ ist ein Kampfbegriff, den es nötigenfalls der
schlechten Wirklichkeit entgegenzustellen gilt: „Unsere Zeit ist eine
Zeit [...] der prozessualen Werke – unfertige, unordentliche,
gewalttätige Werke, angefertigt mit der Kamera in der einen Hand und
mit einem Stein in der anderen. Solche Werke lassen sich nicht am Maß
der tradierten theoretischen und kritischen Kanons messen. Die Idee
unserer Filmtheorie und unserer Filmkritik wird durch die enthemmende
Praxis des Experiments zum Leben erweckt werden.“23
Schauen, Sprechen, Handeln
Wurde die Bezeichnung des Dritten Kinos zunächst vornehmlich als
Etikett für den Aufbruch diverser lateinamerikanischer
Nationalkinematografien gebraucht, hat sie sich in den 60 Jahren seit
der Veröffentlichung des Manifests Hacia un tercer cine
zum ausfransenden Sammelbegriff räumlich und zeitlich weit auseinander
liegender Film- und Kinokulturen gemausert. Dennoch lässt sich ihr
gemeinsamer Nenner zumindest näherungsweise angeben: Gemeint sind
politische Kinematografien aus Lateinamerika, Afrika und Asien während
der langen 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, wobei „politisch“
nicht mehr aber auch nicht weniger heißt, als dass die angesprochenen
Filme und ihre AutorInnen bzw. AutorInnenkollektive in einem engen,
irgendwo zwischen Dialog und Gleichmarsch angesiedelten Zusammenhang
mit den sozialen Bewegungen in den Ländern der Dritten Welt standen.
Soweit jedenfalls die hier vorgeschlagene Minimaldefinition, die unter
TheoretikerInnen des Dritten Kinos jedoch keineswegs unwidersprochen
bleibt.24
Nachdem das Dritte Kino versuchsweise definiert und die ihm anhaftenden
Probleme zur Sprache gebracht worden sind, ist es nun an der Zeit für
einen Streifzug durchs Dickicht seiner mannigfaltigen Ausprägungen –
ausgehend von jenen Filmen, die sich in der Zwischenzeit zu einer Art
Kanon verdichtet haben, zu den Ränder dieses Kanons und darüber hinaus,
in die Gegenwart des Weltkinos, das sich zwar in den seltensten Fällen
ausdrücklich auf das Dritte Kino beruft, aber dennoch über vielfältige
Verbindungslinien mit ihm in Beziehung steht.
Im Eingang steht ein Film, der den Forderungen von Solanas und Getino
eigentlich auf ganzer Linie entsprechen sollte, haben sie doch selbst
Regie geführt. Ihr episch angelegter Dokumentarfilm La hora de los hornos (Die Stunde der Hochöfen,
1968) gilt als klassischer Ort eines agitatorischen Kinos, das sein
Publikum direkt anspricht und zu politischer Aktion drängt. In Pesaro
uraufgeführt, in Argentinien dagegen bis zur Abdankung des vom Militär
eingesetzten Präsidenten Alejandro Lanusse nur im Untergrund gezeigt,
entwirft das in fast dreijähriger Arbeit entstandene Erstlingswerk der
Gruppe Cine liberación eine politische Geschichte
Argentiniens seit der Unabhängigkeit. Der erste Teil skizziert eine
Anatomie des Neokolonialismus und seiner gewaltsamen Ausdrucksformen im
lateinamerikanischen Alltag, der zweite rekonstruiert anhand einer
Montage aus vorgefundenem Material und eigens gedrehten Interviews mit
VertreterInnen der Gewerkschaft, ArbeiterInnen und StudentInnen das
Fortwirken kolonialer Strukturen bis zum Sturz Pérons 1955. Zuletzt
findet der Film eine klare Antwort, wie der zunehmenden politischen
Eskalation zu begegnen sei: Mit bewaffnetem Widerstand und Solidarität
unter den Völkern der Dritten Welt. Überraschender als die Botschaft
ist die Art ihrer Übermittlung. Diese kann, ganz ohne Übertreibung, als
regelrechte Selbstaufhebung des Films beschrieben werden: Zwischen den
einzelnen Segmenten werden als Diskussionsanstoß Passagen aus Fanon,
Guevara, Amílcar Cabral u.a. eingeblendet. Jedes Kapitel endet mit
einem Fragenkatalog, in der Pause zwischen zwei Kapiteln soll der
Projektor heruntergefahren und das Saallicht eingeschaltet werden, um
das Publikum aus dem Modus der Betrachtung in jenen der angeregten
Debatte zu überführen. Doch damit nicht genug. Bevor sich der Vorhang
zum letzten Mal senkt, tritt eine unumwundene Aufforderung an die
Stelle der zur Reflexion anhaltenden Zitattafeln: Schaut nicht länger
zu, verlasst sofort den Saal und werdet endlich zu Sprechenden, zu
Handelnden!
Es liegt nahe, La hora de los hornos als
idealtypische Verwirklichung von Solanas und Getinos Projekt eines
Dritten Kinos aufzufassen. Was diese intuitive Lesart aber übersieht,
ist die ausdrückliche Offenheit des Manifests: Der agitatorische Ansatz
mochte den argentinischen Verhältnissen angemessen sein, Ansprüche auf
universelle Gültigkeit hatten seine Macher jedoch nicht im Sinn. So
findet sich im Einzugsgebiet des Dritten Kinos eine Fülle von Filmen,
die ihren politischen Anspruch nicht am Revers tragen; in denen sich
das Politische nicht direkt, sondern über Umwege vermittelt. Die
Spannbreite des Dritten Kinos reicht von Agitprop zu zurückhaltender
Beobachtung und reflexiver Selbstkritik, von dokumentarischen Formen zu
generischen Spielfilmen, von Ästhetiken der Kargheit und des Mangels zu
überschwänglicher Experimentierfreude, vom Streben nach kultureller
Eigenständigkeit zur ironischen Anverwandlung westlicher Einflüsse.
Im Lateinamerika der langen 1960er Jahre finden sich jene Filme, die
dem Ansatz von Solanas und Getino am nächsten stehen. Aus Platzgründen,
und weil das Dritte Kino aus Argentinien, Brasilien, Kuba u.a.
wesentlich öfter Gegenstand gelehrter Betrachtung und der
Vermittlungsarbeit an europäischen Kinematheken ist als jenes aus
Afrika und Asien, sei an dieser Stelle nur ein weiterer
lateinamerikanischer Regisseur erwähnt: Der Bolivianer Jorge Sanjinés,
der gemeinsam mit dem von ihm begründeten Ukamau-Filmkollektiv an einem
Kino „junto al pueblo“, mit dem Volk25
arbeitete. Alle Arbeitsschritte – von der Abfassung des Drehbuchs bis
zur Vorführung in Wanderkinos – erfolgten in enger Kooperation mit der
indigenen Landbevölkerung im bolivianisch-peruanischen Grenzland, als
deren Werkzeug Sanjinés sich und seine MitstreiterInnen sah. Das
Resultat ihrer Bemühungen sind einige der am konsequentesten
antiindividualistischen Filme seit Sergej Eisenstein, darunter El enemigo principal (Der Hauptfeind)
von 1973. Darin setzt sich eine indigene Dorfgemeinschaft gegen ihren
brutalen Grundherren zur Wehr, der sie in einem der Leibeigenschaft
ähnlichen Zustand hält. Erst die Ankunft einer Gruppe von Guerilleros,
die den LandarbeiterInnen erklären, was es mit dem
antiimperialistischen Kampf auf sich hat, schafft die nötigen
Organisationsstrukturen für den bewaffneten Widerstand und die
Verurteilung des Großgrundbesitzers durch ein Guerillatribunal am Ende
des Films.
Die Dorfgemeinschaft tritt fast immer als Kollektiv ins Bild und
handelt auch als solches. Sobald sich Einzelne aus der Gruppe lösen,
schwächt das die Stoßkraft ihrer Aktion, etwa zu Beginn des Films, als
sie ihren Ausbeuter der Justiz überantworten will. Der korrupte
Dorfrichter, der mit dem Großgrundbesitzer unter einer Decke steckt,
weist die Indios an, VertreterInnen aus ihrer Mitte zu ernennen, um in
einem Gerichtsverfahren für ihre Brüder und Schwestern zu sprechen.
Zunächst verweigert sich die Dorfgemeinschaft dieser
Stellvertretungslogik. Die erste Begegnung mit dem Richter wird zur
Veranschaulichung des prinzipiellen Unvernehmens zwischen bürgerlichem
Individuum und quasi-proletarischem Kollektiv: Während die Menge auf
akustischer Ebene in ein Durcheinander unverständlicher Stimmen
zerfällt, verbinden sich die Stimmen im Bild der vereint
gestikulierenden Indios zum organischen Ausdruck der Vielen.
Filme aus Zigarettenstummeln
Auch im postkolonialen Afrika finden sich Filme und FilmemacherInnen,
die mit der Utopie des Dritten Kinos in Verbindung stehen. Zum Beispiel
der senegalesische Film Borom Sarret von 1962, der Ousmane Sembènes Ruf
als Vater des afrikanischen Kinos begründete und seither oft als
Maßstab herbeizitiert wird, an dem sich andere afrikanische Filme der
1960er und 70er Jahre zu messen hätten. Dafür gibt es gute Gründe: Borom Sarret ist, da sind sich die ChronistInnen einig26,
in einem bestimmten Sinn der erste afrikanische Film aller Zeiten. Soll
heißen: Der erste von einem schwarzen afrikanischen Regisseur auf
afrikanischem Boden realisierte Film in der Geschichte des Mediums.
Sembènes unangefochtener Status als Gründervater rührt nicht nur daher, dass es sich bei Borom Sarret
um eine Pionierleistung handelte, sondern hat auch und vor allem damit
zu tun, dass sein erster Film eine Erzählweise vorgab, die für viele
afrikanische FilmemacherInnen in seiner Nachfolge verbindlich werden
sollte: Sozialer Realismus, gepaart mit dem dramaturgischen Muster des
Stationendramas, worin es einen (meist männlichen) Protagonisten von
einer episodischen Begegnung zur nächsten verschlägt. Die Personen, die
er auf dieser Reise trifft, erscheinen zwar zunächst oft „wie aus dem
Leben gegriffen“, geben sich in Momenten forcierter Zeichenhaftigkeit
jedoch zugleich als allegorische Kippfiguren der postkolonialen
Gesellschaft zu erkennen. Im Fall von Borom Sarret ist der
Held ein etwas grantiger, aber im Grunde sympathischer Kutscher, der
auf seinen Fuhren durch Dakar den unterschiedlichen Gesichtern der
Stadt begegnet. Als er sich dem Verbot widersetzt, mit dem Karren die
Grenze zum Verwaltungsdistrikt zu überqueren, wird er von einem
Polizisten angehalten und sein Gefährt konfisziert. Der Auftritt und
das Gebaren des Polizisten ergeben sich lückenlos aus der realistisch
grundierten Handlungslogik. Bis zu dem Punkt, da er als Individuum in
den Hintergrund tritt, während sein extrem untersichtig gefilmter
Stiefel zu einem überdeutlichen Symbol für die Kontinuität der Gewalt –
von der kolonialen in die postkoloniale Ära – anwächst.
Sembène konnte bereits einigen Erfolg als Romancier verbuchen, bevor er
sich dem Film als neuem Ausdrucksmedium zuwandte. Er selbst erklärte
diesen folgenreichen Schritt mit dem weit verbreiteten Analphabetismus
seiner Landsleute: „Ich denke, dass das Kino kulturell bedeutsamer ist,
und für uns Afrikaner von absoluter Notwendigkeit. Denn es gibt eine Sache, die man den afrikanischen Massen nicht wegnehmen kann, und das ist, etwas gesehen zu haben.“27 Dass Sehen für Sembène eine andere Form von Evidenz schafft als Lesen, macht ein Ausspruch deutlich, den er dem Kutscher von Borom Sarret
in den Mund legt. Dieser sagt, mit Blick auf die nationale Bourgeoisie
des postkolonialen Senegal: „Ils savent lire, et ils savent mentir“,
sie können lesen und sie können lügen.
Was längst nicht bedeutet, dass Bilder nicht auch lügen könnten. Im
Gegenteil begegnete Sembène auch dem Kino stets mit großer Skepsis.
Hatte es sich nicht in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum
Komplizen kolonialer Herrschaft gemacht und – was für ihn noch schwerer
wog – die mündlichen Erzählkulturen seiner Vorfahren überdeckt und so
den Zugang zur eigenen Geschichte versperrt? So kämpfte Sembène Zeit
seines Lebens gegen die Beherrschung des afrikanischen Filmverleihs
durch US-amerikanische und europäische Distributoren, die den Markt mit
B-Filmen überschwemmten. Auch sein Plädoyer für die mégotage,
eine Produktionsweise, die aus Knappheit die Tugend kultureller
Eigenständigkeit macht, ist vor diesem Hintergrund zu verstehen; mégotage, weil die meisten afrikanischen FilmemacherInnen darauf angewiesen waren, mit den übrig gebliebenen mégots, den Zigarettenstummeln ausländischer Produktionen, zu arbeiten.
Djibril Diop Mambétys Badou Boy
von 1970 knüpft augenscheinlich an die von Sembène begründete
Traditionslinie eines allegorisch zugespitzten und womöglich
didaktischen, sozialen Realismus an. Aber er verpasst dieser
Steilvorlage
eine entscheidende Wendung ins Anarchische: Aus dem Kutscher wird ein
kleiner Junge, aus der Kutsche ein Bus, aus dem zielvollen Ernst des
Brotberufs der Spaß einer wilden, ungerichteten Verfolgungsjagd. Wie in
Borom Sarret
tritt auch hier ein Polizist als Repräsentant der Obrigkeit auf, die
dem Helden aus einfachen Verhältnissen das Leben schwer macht; mit dem
entscheidenden Unterschied, dass der gewitzte Badou Boy seinem
Verfolger immer um eine Nasenlänge voraus ist.
Auf der Folie der überlieferten Geschichte des frühen afrikanischen
Kinos, die sich an der Leitfigur Sembène orientiert, erscheint Badou Boy
zwar als ein Ausreißer, jedoch als einer, der immerhin am
Figurenrepertoire und am dramaturgischen Strickmuster des kanonischen
Korpus teilhat. Eine ganze Reihe von Kleinoden des frühen afrikanischen
Kinos, die erst kürzlich wieder in Archiven aufgetaucht sind28, versperren sich noch stärker gegen die herkömmlichen Zuordnungen und rücken auch Badou Boy in ein anderes Licht.
Zum Beispiel Safi Fayes Kaddu Beykatt (Lettre Paysanne,
1975). Abstoßungspunkt ist der viel kritisierte ethnografische Film
europäischer Machart, mit seinem sezierenden, Stereotypen
festschreibenden „Insektenforscherblick“.29
Aber die Regisseurin Safi Faye verwirft diese filmische Gattung nicht
einfach, sondern versucht sich an einer behutsamen Umkehrung des
ethnografischen Paradigmas, die darauf abhebt, die Dargestellten an
ihrer Darstellung zu beteiligen.
Safi Faye nahm Anfang der 1970er Jahre das Studium der Ethnologie an
der Pariser Sorbonne auf, um 1975 mit einer Kamera und einem Team von
drei Assistenten in ihr Heimatdorf Fad’jal im Süden Senegals
zurückzukehren. Wie viele afrikanische Produktionen jener Zeit erhielt
das Filmprojekt finanzielle Unterstützung vom französischen Ministère
de la Coopération, das aus dem früheren Kolonialministerium
hervorgegangen war.
Schon die Dreharbeiten zu Kaddu Beykat
waren von Fayes zentralem Anliegen bestimmt, den ethnografischen
Zugriff auf den afrikanischen Kontinent einer Revision zu unterziehen.
So stand am Anfang zwar das Rudiment einer Geschichte – der junge
Landarbeiter Ngor kann wegen der schlechten Ernte den Brautpreis für
seine Angebetete Columba nicht entrichten und versucht sein Glück in
Dakar –, oft gab Faye aber wenig mehr als ein vages Thema vor und
überließ den Ablauf der Szene den DarstellerInnen. In der
resultierenden Zurückhaltung verträgt sich Kaddu Beykatt so
gar nicht mit jener Vorstellung des frühen afrikanischen Kinos, das in
Ousmane Sembène ihren zentralen Bezugspunkt findet. Der Schärfe der
Kritik tut diese Zurückhaltung indes keinen Abbruch: Als Ursache für
die ländliche Notlage identifiziert der Film die Fortsetzung kolonialer
Politik nach Erlangung der Unabhängigkeit unter Präsident Léopold Sédar
Senghor; eine Politik, die den Bauern anstelle nachhaltiger
Selbstversorgung den monokulturellen Anbau von Cash Crops nahe legte.
Afrikanische Cowboys
Der Filmhistoriker Manthia Diawara hat einmal geschätzt, dass 80
Prozent der afrikanischen Filmproduktion aus den ehemaligen
französischen Kolonien stammten.30
Das ist heute, im Zeitalter einer boomenden nigerianischen
Videofilmindustrie mit Ausläufern in anderen westafrikanischen Staaten
sicher nicht mehr zutreffend. Für die 1960er und 70er Jahre aber müsste
man die zahlenmäßige Überlegenheit des frankophonen Filmschaffens
wahrscheinlich noch höher ansetzen. Das hat mehrere Gründe, der
wichtigste Faktor war aber wahrscheinlich das weit bis in die
postkoloniale Ära hinein reichende Bestreben des offiziellen
Frankreich, seine Kolonien nicht nur ökonomisch, sondern auch kulturell
an sich zu binden. Das nahm seinen Ausgang auf der Schulbank – in den
Schulbüchern war die Rede von „Nos ancêtres les gauloises“, von unseren gallischen
Vorfahren – und setzte sich bis in die Kinosäle fort. Noch zur
Stummfilmzeit machten sich die französischen Kolonisatoren Gedanken,
wie Filme für ein afrikanisches Publikum auszusehen hätten, begründeten
staatlich gelenkte Produktionsfirmen und förderten den
Distributionssektor.
Auf diese Weise war es Frankreich nicht nur möglich, die Filmproduktion
seiner afrikanischen Kolonien inhaltlich auf Linie zu bringen, sondern
auch den Aufstieg von AfrikanerInnen in verantwortliche Positionen
systematisch zu behindern. Auf der legalen Grundlage des 1934
verabschiedeten Décret Laval, wonach jedeR, der/die auf dem Territorium
des damaligen Französisch-Westafrika ein kinematografisches Bild oder
eine Tonaufnahme herstellen wollte, eine schriftliche Anfrage an den
Generalgouverneur der jeweiligen Kolonie richten musste, war es ein
Leichtes, diese Vorhaben durchzusetzen. Ein prominentes Opfer des
Décret Laval war der Filmemacher Paulin Vieyra aus Benin. Wäre ihm 1955
nicht die Drehgenehmigung in Senegal verwehrt worden, dann gälte heute
er und nicht Ousmane Sembène als Gründervater des afrikanischen Kinos.
Stattdessen verlegte Vieyra seine Arbeit nach Paris und drehte einen
Film über die afrikanische Diaspora an der Seine. Afrique-sur-Seine
ist ein Dokument über das Afrika der Ausgewanderten und Ausgestoßenen,
das trotz widriger Produktionsbedingungen ein weitaus optimistischeres
Bild zeichnet als über zehn Jahre – und etliche Migrationswellen –
später Med Hondos verzweifelnder Soleil Ô (1969).
Der in Mauretanien geborene Hondo gelangte über den Umweg des Theaters
zum Film. Ähnlich Sembène dachte er dem reproduzierbaren Medium das
Potenzial zu, sein Publikum und mithin die gesellschaftliche Relevanz
seines künstlerischen Schaffens zu vervielfältigen. Als afrikanischer
Migrant im Paris der 1960er Jahre machte Hondo jene Erfahrungen, die in
seinem ersten Langfilm Soleil Ô
zu einem schmerzvollen, aber befreienden Ausdruck drängen: Der
Rassismus im Kleinen wie im (strukturellen) Großen, der den Alltag der
afrikanischen Diaspora im Herzen der „Grande Nation“ bestimmte –
bedingt und begleitet von ökonomischer und kultureller Marginalisierung
–, wird am Fallbeispiel eines jungen Afrikaners veranschaulicht. Sein
Leidensweg führt ihn durch ein Paris, wie es selten zu sehen ist.
Während zeitgenössische französische Kommentatoren den Film ob seiner
überschäumenden Experimentierfreudigkeit in die Nähe des
Avantgardefilms rückten, verortet ihn Hondo selbst in der afrikanischen
Tradition abschweifenden, mehrschichtigen Erzählens. In der Bezugnahme
auf eine als genuin afrikanisch verstandene Tradition spricht sich
Hondos erklärtes Ziel aus, mit seinen Filmen ein Gegenwicht zu dem, wie
er es selbst nennt, „euroamerikanischen Kino“31
zu schaffen. Nur wenn AfrikanerInnen aller Länder die Produktionsmittel
zur Gestaltung filmischer Bilder selbst in die Hand bekämen, war der
Leser von Karl Marx, Frantz Fanon und Aimé Césaire überzeugt, kann die
Befreiung auch vom ideellen Erbe des Kolonialismus gelingen.
Mit der formalen Unabhängigkeit der französischen Kolonien wurden der Décret Laval und die kolonialistische
Kulturpolitik, für die er einstand, zwar obsolet. Ihre Nachwirkungen
waren trotzdem zu spüren. Weil AfrikanerInnen der Zugang zu hoch
qualifizierten Tätigkeiten wie Kameraführung, Tonaufnahme oder Schnitt
versperrt gewesen war, herrschte nun ein eklatanter Mangel an
Fachkräften.
Einige wenige gab es aber doch, und dieser Umstand verdankt sich unter
anderem der persönlichen Initiative des französischen Ethnografen Jean
Rouch. Der hatte – entgegen den Gepflogenheiten – mit der
hierarchischen Zuordnung von Sehen und Angesehenwerden gebrochen und
einige seiner DarstellerInnen im Gebrauch einer tragbaren 16mm-Kamera
angewiesen. Egal, was man von Rouch als Regisseur ethnografischer Filme
halten mag32, kommt ihm allemal das Verdienst zu, etlichen Pionieren des afrikanischen Kinos den Weg geebnet zu haben.
Unter seinen SchülerInnen befand sich auch der nigerianische Filmemacher Moustapha Alassane, dessen Erstlingswerk Le retour d’un aventurier
(1966) sich fast allen Ordnungsschemata widersetzt, die der kanonischen
Geschichte des frühen afrikanischen Kinos zu Gebote stehen. Der Film
handelt, wie so viele westafrikanische Filme dieser Zeit, von einem,
der auszieht, das Glück zu suchen; als Boy in den Metropolen Afrikas,
als Straßenfeger in Paris oder als Soldat im Indochinakrieg. Meist
kehren diese jungen Männer, selten auch Frauen, mit leeren Händen in
ihre Heimatdörfer zurück. Nicht so in Le retour d’un aventurier.
Der Rückkehrer hat von seiner Reise in die Vereinigten Staaten einen
Koffer voller Stetson-Hüte, kniehoher Lederstiefel und anderer
Western-Versatzstücke mitgebracht und verteilt sie unter seinen
Freunden, die sich mit großer Spielfreude Namen wie Jimmy und John und
den dazu gehörigen Habitus aneignen. Bald schon geraten die frisch
gebackenen Cowboys mit ihren losen Sitten aber in Konflikt mit der
gewachsenen Dorfgemeinschaft. Während die Grenzen zwischen Rollenspiel
und Ernst verschwimmen, werden die Widersprüche zwischen nigerischer
Tradition und westlichen Einflüssen immer handgreiflicher, ihr Ausdruck
immer gewalttätiger. Die wirtschaftliche Öffnung und Modernisierung
nach Erlangung der Unabhängigkeit bereitete dem Einzug des
USamerikanischen Genrekinos den Boden, das gemeinsam mit indischen
Produktionen über Jahrzehnte die sporadischen Kinolandschaften
Westafrikas dominieren sollte. Da liegt es nur nahe, dass Alassane den
Konflikt zwischen nigerischer Tradition und westlicher Moderne auf der
Folie des Western entwickelt. Obwohl die jugendlichen Cowboys nur
Unheil anrichten, ist der Film weit davon entfernt, antimoderner Reflex
zu sein. Allerorten macht sich eine tiefe Ambivalenz gegenüber der
Modernisierung bemerkbar, und während die Handlung gegen Ende einen
moralisierenden Tonfall anstimmt, widerspricht ihr die Tonspur ganz
entschieden, indem sie nigerische und US-amerikanische Musiktraditionen
(Country) aufs Versöhnlichste harmonisiert.
Vor dem Hintergrund der Filme von Faye, Hondo und Alassane ergeben sich
ganz neue Möglichkeiten der filmgeschichtlichen Kontextualisierung.
Mambéty Badou Boy, der vorhin noch als eigenwillige Variation auf Sèmbenes Borom Sarret
vorgestellt wurde, wird nun als Repräsentant einer verschütteten, noch
zu entdeckenden Tradition des afrikanischen Kinos beschreibbar; einer
Tradition, die das Streben nach kultureller Autonomie durch eine –
wenngleich vorsichtige und oft reibungsvolle – Aneignung westlicher
Einflüsse ersetzt.
Internationalismus vs. Globalisierung
Mit dem explizit revolutionären und internationalistischen Gestus ihres
Manifests rannten Solanas und Getino in Lateinamerika offene Türen ein.
In den neuen Nationalstaaten auf dem Territorium des ehemaligen
Französisch-Westafrika stießen manche ihrer Forderungen – nach der
Freilegung eigener kultureller Formen oder nach der Etablierung eines
subsistenten Distributionssektors – auf fruchtbaren Boden. Andere
dagegen verhallten ungehört: Weitaus zaghafter als sein
lateinamerikanisches Gegenstück unternahm das frühe afrikanische Kino
den Versuch, die Probleme der nachkolonialen Ära in einen Ländergrenzen
oder sogar Kontinente übergreifenden Bezugsrahmen zu setzen. Auch in
Asien entpuppte sich die Utopie des Dritten Kinos als nur bedingt
anschlussfähig. Zwei konträre Positionen aus den Philippinen der 1970er
Jahren sollen dies veranschaulichen.
Nachdem Ferdinand Marcos seine ursprünglich demokratisch legitimierte
Präsidentschaft 1972 in eine Militärdiktatur umgewandelt hatte, war an
ein im engeren Sinne radikales Filmschaffen – für das ohnehin keine
Infrastruktur zur Verfügung gestanden hätte – nicht zu denken.
Diejenigen Regisseure, die dennoch den Versuch unternahmen, politische
Filme zu drehen, mussten sich auf dem Gebiet des populären Kinos und
seiner von Solanas und Getino kritisierten, an Holly- und Bollywood
orientierten melodramatischen Form bewegen. Lino Brocka, der vielleicht
bedeutendste philippinische Regisseur, betrachtete es als die Aufgabe
jedes Künstlers, Stellung zu aktuellen sozialen und politischen
Auseinandersetzungen zu beziehen. So beteiligte er sich in den 1980er
Jahren mit der von ihm gegründeten Organisation Concerned Artists of
the Philippines (CAP) an den bürgerlichen Protesten gegen den Diktator
Ferdinand Marcos. Brockas Filme sind geprägt von der Spannung zwischen
diesem intervenierenden Gestus einerseits und den Zwängen des
Genrekinos, in welchem er Zeit seiner Karriere arbeitete, andererseits.
Kein anderer Film Brockas macht diese Spannung so produktiv wie Insiang (1976),
ein Melodram, angesiedelt in den überbevölkerten Slums von Manila.
Hier, wo das Zusammenleben auf Zwang beruht, erstickt jeder Versuch,
die soziale Zerrissenheit zu überwinden, im Keim, verläuft jede noch so
minimale Geste der Solidarität ins Nichts. Der Passionsweg der jungen
Insiang führt sie von einer Erniedrigung zur nächsten, die sich, nach
Art des klassischen Melodrams, sämtlich auf ihrem ebenmäßig schönen
Gesicht abzeichnen. Am Ende des Films steht eine emanzipatorische
Abweichung von der generischen Gussform: Wenn die leidende Oberfläche
ihres Gesichts sich verhärtet und mit der Welt abgeschlossen hat, wird
sich ihr grausamer Zorn nach außen wenden und gegen ihre Peiniger
richten.
Noch weiter von der herkömmlichen Auffassung des Dritten Kinos entfernt sich Kidlat Tahimiks Mababangong bangungot (Der parfümierte Albtraum).
Schon 1977 bearbeitet er eine geopolitische Konstellation, die sich in
den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch in ihrer
Keimform befand, inzwischen aber aus politischen und auch sonstigen
Gegenwartsdiagnosen nicht mehr wegzudenken ist: die Globalisierung. Der
Regisseur Kidlat Tahimik heißt mit bürgerlichem Name Eric de Guia und
arbeitete als Wirtschaftswissenschaftler in den Vereinigten Staaten und
Frankreich,bevor er es sich anders überlegte und mit Mababangong bangungot
gleichsam im Alleingang das unabhängige philippinische Kino begründete.
Tahimik spielt oder parodiert sich selbst, als Bewohner eines kleinen
Dorfes, der mit Leib und Seele dem westlichen Fortschrittsglauben
verfallen ist. Er ist der Vorsitzende des lokalen
Wernher-von-Braun-Fanclubs, lauscht begeistert den
Selbstbeweihräucherungen der Vereinigten Staaten auf ihrem
Auslandssender „Voice of America“ und ist besessen vom Brückenbauen,
das ihm als Metapher für die zunehmende Verbundenheit seines Dorfes mit
dem Rest des Globus gilt. Bis Kidlat sich eines Tages auf eine
Bildungsreise durch Europa begibt, und dort zu seiner Ernüchterung
feststellen muss, dass der technologische Fortschritt wo er hinblickt
menschliche Verlierer hervorgebracht hat.
Tahimiks hybride Montage rauschhafter Bilder und Töne, die mit
minimalem Budget auf 8mm gedreht wurde, bricht mit allem, wofür die
philippinische Filmindustrie bis heute steht. Deren standardisierten
Melodramen setzt Tahimik seinen eigenen Entwurf von Kino als einem
gleichzeitig persönlichen und hoch politischen Medium entgegen. Auf den
ersten Blick steht der Film damit dem Kanon des Dritten Kinos wieder
sehr nahe. Freilich scheint sich in Tahimiks Ästhetik, in der das
Lokale ohne (vor allem nationalstaatliche) Vermittlungsinstanzen mit
dem Globalen konfrontiert wird, ein grundsätzlich anderer
Politikbegriff zu verbergen als in den übrigen Filmen des Dritten
Kinos, die selten ganz ohne Kategorien wie „Nation“ oder „Volk“
auskommen. Mababangong bangungot
partizipiert dabei weniger an der postkolonialen
Internationalisierungsrhetorik, als dass er seinen eigenen
problematischen Adressierungsmodus reflektiert: Ein Film wie dieser
kann nicht mehr in mobilisierender Absicht zu einer auch nur halbwegs
kohärent gedachten Öffentlichkeit sprechen. Stattdessen richtet er sich
an jeden und niemand und im Zweifelsfall vor allem an westliche
Filmfestivals.
Das Erbe des Dritten Kinos?
Wer die hier vorgestellten Filme, von Solanas und Getinos La hora de los hornos bis zu Tahimiks Mababangong bangungot,
ungeachtet ihrer großen Unterschiede unter ein und demselben Banner
versammelt, nimmt sich zwar die Möglichkeit, den Begriff des Dritten
Kinos zur präzisen Bestimmung einer politischen Ästhetik zu gebrauchen,
kann ihn dafür aber als reichen Fundus an Formen und Ideen zu einer
politischen Bildpraxis im umfassenden Wortsinn auffassen. Nicht nur die
Form der Bilder selbst steht dann auf dem Spiel, sondern auch wie sie
gemacht, verteilt und gezeigt werden.
Aus diesem Fundus schöpfen auch die heutigen Kinematografien aus den
Ländern der ehemaligen Dritten Welt, auch wenn sie in den
allerwenigsten Fällen ausdrücklich beanspruchen, das Projekt des
Dritten Kinos zu beerben oder weiterzuführen.
Auch wenn der ins Okkulte gewendete Antikapitalismus nigerianischer
Videofilme nur noch wenig mit der aufgeklärten Gesellschaftskritik bei
Ousmane Sembène und anderen VertreterInnen des frühen afrikanischen
Kinos zu tun hat, machte der Aufstieg „Nollywoods“ zumindest Sembènes
Traum von einem wirtschaftlich autonomen Filmschaffen von AfrikanerInnen für AfrikanerInnen
wahr. Mit einer Einschränkung jedoch: Die Kehrseite dieser ökonomischen
Unabhängigkeit ist nicht anderes als die Abhängigkeit von der Ökonomie:
Der erste veritable Blockbuster aus diesem Produktionszusammenhang ist
Chris Obi Rapus Living in Bondage (Nigeria, 1992). Nur wenige
Wochen nach ihrer Veröffentlichung „straight to video“ hatte sich die
moralische Erzählung um einen jungen Igbo, der seine Frau opfert, um an
Wohlstand und einen Nissan Pathfinder zu gelangen, über 500 000 mal
verkauft. Von diesem Erfolg angespornt, investierten findige
Geschäftleute in ähnlich geartete Filmprojekte und legten so den
ökonomischen wie generischen Grundstein zur nigerianischen
Videofilmindustrie, die seither zum zweitgrößten Arbeitgeber des Landes
avancierte.33
Ein anderes Beispiel, das in mehrerlei Hinsicht auf das Dritte Kino
bezogen werden kann, ist das von der Volksrepublik China sowie der
Europäischen Union bezuschusste und vom Dokumentarfilmregisseur Wu
Wenguang koordinierte Mammutprojekt Chinese Villagers Documentary Project, das in den letzten Jahren auf kleinen Festivals und im Internet34
Furore gemacht hat. Zehn DorfbewohnerInnen aus allen Teilen Chinas,
über deren Auswahl eine offene Ausschreibung entschied, wurden mit
digitalen Videokameras ausgestattet. Bestand ihre Zielsetzung
ursprünglich darin, die basisdemokratische Direktwahl der
Dorfverwaltung zu dokumentieren, hat sich das Projekt inzwischen zu
einem umfassenden Selbstporträt im Format der Langzeitbeobachtung
ausgewachsen: Die nebenberuflichen FilmemacherInnen, die alle auch
einem oft landwirtschaftlichen Brotberuf nachgehen, wollten einfach
nicht mehr davon lassen, die Bedingungen ihres Lebens mit Hilfe der
digitalen Aufzeichnung zu verdoppeln und so zu thematisieren.35
Wenn das Dritte Kino nicht nur eine Vergangenheit, sondern auch eine
Gegenwart und Zukunft haben sollte, so wird sich diese wahrscheinlich
nicht mehr auf Celluloid, sondern im entgrenzten Reich des digitalen
Laufbilds abspielen.
Mit Dank an Lukas Foerster
Nikolaus Perneczky ist einer der KuratorInnen der Filmreihe Revolutionen aus dem Off. Eine Retrospektive des Dritten Kinos im Aufbruch, die vom 18. April bis zum 27. Mai 2009 im Zeughauskino Berlin gezeigt wurde.
Anmerkungen
1
Zur geopolitischen Periodisierung der 1960er Jahre vgl. Kastner, Jens
und David Mayer: Zur Einführung; In: Kastner, Jens und David Mayer,
Weltwende 1968? Ein Jahr aus globalgeschichtlicher Perspektive, Wien
2008, S. 11.
2 Sartre, Jean-Paul: Vorwort [1961]; In: Fanon, Frantz: Die Verdammten dieser Erde, Frankfurt am Main 1981, S. 24.
3
Marcuse, Herbert: Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der
fortgeschrittenen Industriegesellschaft, Frankfurt am Main 1989 [1964]
(= Ders.: Schriften, Bd. 7), S. 15.
4
Tatsächlich wurde das Aufbegehren etwa der konservativen Nation of
Islam oder der linksradikalen Black Panther Party for Self-Defense
immer wieder zu den Befreiungskämpfen auf dem afrikanischen Kontinent in
Beziehung gesetzt, und im Umkehrschluss die rassistische Unterdrückung
in den USA als quasi kolonialistische gebrandmarkt. Vgl. dazu
Scharenberg, Albert: „Die Bürgerrechtsbewegung in den USA“; In:
Kastner/Mayer, a.a.O., S. 159-171, und als Zeitzeugnis Pasolini, Pier
Paolo: Bürgerkrieg [1966]; In: Ders.: Ketzererfahrungen, München/Wien
1979, S. 179-186.
5 vgl. van der Linden, Marcel: 1968: Das Rätsel der Gleichzeitigkeit; In: Kastner/Mayer, a.a.O., S. 30.
6
Der Fokustheorie zufolge ist es die Aufgabe einer bewaffneten Gruppe
entschlossener RevolutionärInnen, die Revolution in die Landbevölkerung
„hineinzutragen“.
7 vgl. Hecken, Thomas: 1968. Von Texten und Theorien aus einer Zeit euphorischer Kritik, Bielefeld 2008, S. 55f.
8
vgl. Kalter, Christoph: ’Le monde va de l’avant. Et vous êtes en
marge’. Dekolonisierung, Dezentrierung des Westens und Entdeckung der
‚Dritten Welt’ in der radikalen Linken in Frankreich in den 1960er
Jahren; In: Archiv für Sozialgeschichte, Bd. 48, Bonn, 2008, S. 99-132.
9 Hecken, a.a.O., S. 52.
10 z.B. Kastner/Mayer, a.a.O.
11
Solanas, Fernando E. und Octavio Getino: Towards a Third Cinema [1969];
In: Nichols, Bill (Hg.): Movies and Methods. An Anthology, Berkeley/Los
Angeles/London, 1976, S. 44-64.
12 Debord, Guy: Die Gesellschaft des Spektakels, Berlin, 1996 [1967].
13
Als vertikal integriert wird jene Unternehmensstruktur bezeichnet, bei
der ein Filmstudio die Sektoren der Produktion, Distribution und
Vorführung unter seinem Dach vereint.
14 Solanas/Getino, a.a.O., S. 53f.
15 Ibid., S. 57.
16 Ibid., S. 58.
17 Ibid.
18 Ibid., S. 50; Kursivsetzung im Original.
19 Ibid., S. 47.
20 Ibid., S. 55f.
21 Ibid., S. 56.
22 Ibid., S. 55.
23 Ibid., S. 57.
24
vgl. Pines, Jim und Paul Willemen (Hg.): Questions of Third Cinema,
London, 1989; darin finden sich Versuche zu einer Ausweitung des
Begriffs ebenso wie solche, denen an der Grundlegung eines ästhetischen
Kanons gelegen ist; vgl. auch Guneratne, Anthony und Wimal Dissanayake
(Hg.): Rethinking Third Cinema, New York, 2003.
25 vgl. Sanjinés, Jorge und die Ukamau Gruppe (Hg.): Theory and Practice of a Cinema with the People, New York, 1989 [1979].
26
vgl. Gutberlet, Marie-Hélène: Auf Reisen. Afrikanisches Kino, Frankfurt
am Main/Basel, 2004, S. 106; vgl. auch Ukadike, Nwachukwu Frank: Black
African Cinema. Berkeley, 1994; sowie Murphy, David und Patrick
Williams: Postcolonial African cinema. Ten directors, Manchester/New York, 2007, S. 50.
27
vgl. http://revolutionenausdemoff.de/, unter dem Menüpunkt „Material“
findet sich jenes Interview mit Sembène, aus dem das Zitat entnommen
ist.
28 vgl. Bisschoff, Lizelle und David Murphy: Africa’s Lost Classics. Introduction; In: Screen 48:4, Oxford, 2007.
29
Diese Metapher prägte Ousmane Sembène als Vorwurf an den französichen
Ethnografen Jean Roch, in deutscher Übersetzung wiederabgerduckt als
Rouch, Jean und Ousmane Sembène: „Du schaust uns an, als wären wir
Insekten.“ Eine historische Gegenüberstellung zwischen Jean Rouch und
Ousmane Sembène im Jahr 1965; In: Gutberlet, Marie-Hélène und
Hans-Peter Metzler (Hg.): Afrikanisches Kino, Bad Honeff, 1997, S.
29-32.
30 vgl. Diawara, Manthia: African Cinema. Politics and Culture, Bloomington, 1992.
31 vgl. Murphy/Williams, a.a.O., S.
32 vgl. Fußnote 30
33 vgl. http://www.guardian.co.uk/film/2007/jul/31/observerfilmmagazine.observerfilmmagazine5.
34
Auf der Website des China Independent Documentary Archive
(http://www.cidfa.com) sind sämtliche Filme des Village Documentary
Project verfügbar.
35 vgl. Foerster, Lukas: Village Voice; In: Cargo, Nr. 3, Berlin, Herbst
2009, S. 49-52.