Stöbern, lesen, diskutieren: Am Wochenende finden in Berlin zum siebten Mal die Linken Buchtage statt. Rund 40 Verlage - von Tageszeitungen bis Wissenschaft - präsentieren sich und stehen für Gespräche bereit. Aber sind Zeitungen und Bücher in Zeiten des Internets eigentlich noch aktuell? Die utopia sprach mit Jörg Sundermeier aus dem Vorbereitungs-Team der Linken Buchtage.
utopia: Am Wochenende finden die Linken Buchtage statt. Warum sollen die Leute dort hinkommen? Die Bücher findet man doch alle im Buchhandel um die Ecke.
Jörg Sundermeier: Das stimmt. Aber bei den Linken Buchtagen kann jeder mit den Verlagen und den Autorinnen und Autoren reden. Du kannst Komplimente loswerden, du kannst Kritik loswerden. Wenn zum Beispiel eine Dozentin aus München mal in Berlin ist, dann ist das eine gute Gelegenheit, mit ihr zu diskutieren.
In den letzten Jahren sind jeweils zwischen 800 und 1.500 Besucherinnen und Besucher gekommen. Warum nicht mehr?
Wir haben zwei Gegner: Zum einen das Wetter. Wenn das sehr gut oder sehr schlecht ist, kommen weniger Leute. Zum anderen ist die Frage: Gefallen den Leuten die Vorträge auch so gut wie uns? Das kann man nie vorab sagen.
Kann man denn feststellen, dass manche Themen besser ankommen als andere?
Wir machen uns darum gar nicht so einen großen Kopf. Im Regelfall läuft das so ab, dass jemand aus dem Vorbereitungs-Team sagt: Ich habe von einem Buch gehört oder ich habe es gelesen. Lass uns den Autor oder die Autorin einladen.
Und ob es dem Publikum gefällt, ist dann zweitrangig?
Natürlich geht es auch darum, dass es anderen gefällt. Aber uns soll es auch gefallen. Wir machen das schließlich ehrenamtlich, aus Spaß an der Sache. Und manchmal kommen ja auch wirklich viele. Das hängt auch von den Verlagen ab, ob die dafür werben. Im letzten Jahr gab es beispielsweise eine Einführung in die Ökonomiekritik. Die war brechend voll. Am Ende konnten wir keine Leute mehr reinlassen.
Wie sieht es dieses Jahr aus? Was sind die Höhepunkte?
Da bin ich befangen. Da sag ich natürlich: Die Veranstaltungen vom Verbrecher Verlag. Nein, es gibt schon viele Sachen und jeder sollte einfach im Programm durchgucken, was er oder sie wichtig findet.
Und da ist das ganze Themenspektrum abgebildet?
Ja, die Linken Buchtage sind integrativ. Es geht darum, die Leute aus ihren Kreisen herauszuholen. Dass sich die Ökonomiekritiker auch für Behindertenpolitik interessieren und andersherum. Integrativ heißt für uns aber auch, dass wir niemanden ausladen. In der Linken gibt es ja viele Konflikte. Wir sind offen für alle Positionen. Ausgenommen sind natürlich rassistische, antisemitische oder ähnliche Einstellungen.
Sind Bücher überhaupt noch aktuell? Heute kann man doch alle Informationen auch im Internet finden.
Das bestreite ich sofort. Du findest im Internet alles Mögliche. Aber die Hälfte, die in irgendwelchen Wikis steht, ist Unsinn. Das Brockhaus-Lexikon ist zum Beispiel immer noch eine verlässlichere Quelle als Wikipedia.
Weshalb?
Verlage haben in der Regel ein Lektorat, also Leute, die im Text vor der Veröffentlichung noch einmal nach Fehlern suchen und die dann aussortieren. Das Internet ist nicht vorgefiltert. Das ist ein großer Vorteil, aber auch ein großer Nachteil. Entscheidend ist das, wenn Nazis mitmischen. Teilweise findet man da einfach falsche Informationen. Im Internet steht eben auch, dass der Holocaust nie stattgefunden hat.
Aber es gibt doch auch verlässliche Seiten im Internet.
Ja, trotzdem glaube ich nicht, dass das Buch überholt ist. Man hat ein ganz anderes Leseverhalten. Man hat auch eine ganz andere Informationstiefe. Manche Themen brauchen eben 300 Seiten. Die kriegt man nicht auf fünf Internetseiten unter.
Jörg Sundermeier lebt als Journalist und Autor in Berlin und arbeitet für den Verbrecher Verlag. Er gehört zum Vorbereitungs-Team der Linken Buchtage, die am Wochenende in Berlin stattfinden.
Weitere Informationen:
www.linkebuchtage.de
Interview: Felix Werdermann
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