Umweltzerstörung ist nicht bloß ein Luxusproblem. Weltweit sind die Armen oft besonders betroffen
Alle tun was für die Umwelt: Naturschutzorganisationen, Politikerinnen, Hobbygärtner, selbst die Energiekonzerne brüsten sich damit. Natürlich aus ganz unterschiedlichen Beweggründen und manchmal ist das auch mehr Schein als Sein. Aber eines scheint selbstverständlich: Aktiv sein für die Umwelt ist immer gut. Komisch.
Denn für viele Menschen steht Umweltschutz an zweiter Stelle - wenn überhaupt. Wichtiger sind Probleme wie Arbeitslosigkeit, Ungerechtigkeiten im Bildungssystem, Fremdenfeindlichkeit oder Hungerlöhne im globalen Süden. Kurz: Zuerst das Soziale, dann die Umwelt. Nicht bedacht wird dabei, dass auch Umweltprobleme nichts anderes sind als handfeste soziale Konflikte.
Wenn Inseln untergehen...
Beispiel Klimawandel: Durch den Ausstoß von so genannten Treibhausgasen
wie Kohlendioxid (CO2) erwärmt sich die Erde immer mehr. Inzwischen ist
selbst bei den Regierungschefs angekommen, dass das ein Problem ist -
nicht weil es „der Umwelt" schlecht geht, sondern weil Menschen unter
den Folgen leiden. Betroffen sind nicht nur zukünftige Generationen -
in den kommenden Jahrhunderten wird die Temperatur weiter ansteigen,
selbst wenn wir heute aufhören würden, soviel CO2 in die Luft zu blasen
- sondern auch viele Menschen in ärmeren Ländern.
Die Einwohnerinnen und Einwohner der Malediven-Inseln müssen
befürchten, ihre Heimat zu verlieren, weil der Meeresspiegel durch den
Klimawandel ansteigt. Die dortige Regierung spart bereits Geld, um
neues Land kaufen zu können. Hier ist offensichtlich: Menschen, die
fast nichts zum Klimawandel beigetragen haben, werden in die Flucht
getrieben. In anderen Weltregionen trägt die Erderwärmung zur
Verschärfung bestehender Probleme bei: So kann zwar eine Trockenzeit in
Afrika nicht direkt auf den Klimawandel zurückgeführt werden; sicher
ist aber, dass die Anzahl der Dürreperioden in Zukunft steigen wird.
Keine guten Aussichten für die Bäuerinnen und Bauern.
Eine soziale Frage
Das Umweltproblem wird dadurch schnell zu einer sozialen Frage: Ist es
in Ordnung, dass wir in Europa und Nordamerika Unmengen an Energie
verschwenden, während sich das Hungerproblem weiter verschärft?
Letztendlich ist es ein Konflikt zwischen Menschen und gerade bei
globalen Umweltproblemen geht es oft um lebenswichtige Entscheidungen
für ärmere Menschen.
Wenn Urwald gerodet wird, verlieren auch die indigenen Menschen, die
dort leben, ihr Zuhause. Wenn riesige Schiffe die Weltmeere
leerfischen, bleibt nichts mehr für die kleinen Fischerboote übrig.
Wenn auf Plantagen giftige Chemikalien versprüht werden, erkranken
daran die Arbeitenden. Wenn Uran abgebaut wird, um später
Atomkraftwerke betreiben zu können, atmen die Menschen den radioaktiven
Staub ein.
Ohne Umweltschutz keine Gerechtigkeit
In Europa ist von all diesen Problemen nicht viel zu hören. Viele
Menschen befürchten daher durch Umweltschutz vor allem einen Verlust
der Lebensqualität hierzulande - wenn beispielsweise der Fernseher
nicht mehr rund um die Uhr im Standby-Betrieb läuft. In Wirklichkeit
geht es aber bei Umweltschutz immer auch um Gerechtigkeit.
Gerechtigkeit zwischen den Generationen und Gerechtigkeit zwischen
allen Menschen, die auf der Erde leben. Umweltschutz ist daher keine
Luxus-Aufgabe für eine spätere Zeit, in der Gerechtigkeitsprobleme
gelöst sind.
Es stimmt: Umweltschutz kann viel Geld kosten. Aber anders ist
weltweite Gerechtigkeit nicht zu haben. Da sollte man sich schon
überlegen, ob man sich nicht doch den Luxus leistet.
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