Vom Kriegsverbrecher zum General

Die Beförderung von Oberst Klein ist ein weiterer Schritt Richtung Kriegsgesellschaft

„In vielen Kriegen war ich Panzergeneral und machte aus der Welt ein blutiges Tal.“ (Sympathy for the devil, The Rolling Stones)

 

„Krieg dem Kriege“, das 1924 erstmals erschienene Werk des libertären Antimilitaristen Ernst Friedrich, ist bis heute ein politisierendes, empfehlenswertes Antikriegsbuch. Darin findet sich auch die in dieser GWR auf Seite 2 abgebildete Zeichnung eines Dreizehnjährigen.

Der junge Zeichner gab dazu folgende Erklärung: „Der Unterschied zwischen Mörder und Soldat besteht darin, dass der Mörder ein Raubmörder, ein Lustmörder oder sonst ein Mörder ist. Dieser hat gegen das 5. Gebot gehandelt, also droht ihm der Tod oder das Gefängnis. Dagegen der Soldat ist auch ein Mörder – ein Berufsmörder – und zwar der größte den es gibt – ein Massenmörder. – Je mehr er mordet, je mehr Ruhm erwirbt er sich. Ihm setzt man den Lorbeer auf, ihm hängt man das Eiserne Kreuz und andere Orden um, wegen fingerfertiges Morden. Er, der Soldat ist der grausamste Mensch, den es gibt, so auf deutscher, wie auf feindlicher Seite. Fluch denen, die ihnen das Morden lehrten und sie dazu veranlassten. Also sind beide Mörder, Krieg bedeutet Morden. Er bringt Hunger, Schmach, Elend, Not, Tod, Sorgen und Schmerzen. Darum lasst ab von dem Morden und kehrt zum Frieden zurück.“

Wie aktuell der Text des Drei­zehnjährigen fast 90 Jahre später immer noch ist, lässt sich am Fall des Bundeswehrsoldaten Georg Klein aufzeigen.

Oberst Klein hat als Kommandeur in Afghanistan den Tod von 140 Menschen, darunter viele Kinder und Jugendliche, zu verantworten. Die von ihm 2009 befohlene Bombardierung eines Tanklasters und der Menschen, die bei Kundus Benzin aus dem gestohlenen Fahrzeug entwenden wollten, sorgte weltweit für Aufsehen. Es war wahrscheinlich eines der größten deutschen Kriegsverbrechen seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Ermittlungsverfahren gegen Klein wurde jedoch schon nach wenigen Monaten eingestellt. Und nun, drei Jahre nach dem Blutbad, wird er zum Brigadegeneral befördert und erhält eine Solderhöhung auf 11.000 Euro monatlich, plus Zuschläge und Extras.

Diese offensichtliche Belohnung für den Massenmord löste bei den Hinterbliebenen Entsetzen aus. Anwalt Karim Popal, der die Hinterbliebenen der Op­fer vertritt, sagte am 8. August der Neuen Osnabrücker Zeitung: „Die Beförderung wäre ein Schlag ins Gesicht der af­ghanischen Zivilbevölkerung und käme einer Kriegserklärung gleich.“ (zit. n. SZ vom 9.8.2012)

Im Spiegel Nr. 33 vom 13. August kommentierte Dirk Kurbu­juweit: „Bislang sah es so aus, als werde Klein seine Tat verziehen, nun sieht es so aus, als werde sie belohnt. Große Teile der Bundeswehr dürfte das freuen. Dort gibt es ohnehin eine gewisse Verehrung für Klein. Viele Soldaten hatten das Gefühl, sie dürften sich in Afghanistan nur mit halber Kraft zur Wehr setzen, weil Deutschland den Krieg dort mit Blick auf die eigene Geschichte zurückhaltend führt. Da Klein brutal handelte, wurde er eine Art Held: Endlich hatte es einer den Aufständischen gezeigt.“

Die Beförderung Kleins wirkt als Freibrief für alle Bundeswehrsoldaten, die z.B. in Afghanistan an Kriegsverbrechen beteiligt sind.

Seitdem deutsche Soldaten und Bomber 1999 un­ter der rot-grünen Bundesregierung erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder direkt an einem Angriffskrieg (gegen die Bundesrepublik Jugoslawien) beteiligt waren und seit 2002 in Afghanistan Krieg führen, soll der Bevölkerung hier­zulande Schritt für Schritt beigebracht werden, dass Krieg die normalste Sache der Welt ist und deutsche Soldaten wieder überall töten dürfen, wenn es im politischen und wirtschaftlichen Interesse der deutschen Industrie, deutscher Politi­kerInnen und der NATO-Militärs ist. 

Die Rekrutierungskampagnen der Bundeswehr in den Schulen, die öffentlichen „Zapfenstreiche“ und Gelöbnisse, der Aufstieg Deutschlands zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt, die vom Bundesverfassungsgericht am 17. August 2012 ausgesprochene Erlaubnis für den Einsatz militärischer Kampfmittel im Innern (in „äußersten Ausnahmefällen“), die Beförderung eines Massenmörders zum General: All das dokumentiert, wie sehr die Remilitarisierung im Krieg führenden Deutschland voranschreitet. Dagegen hilft nur antimilitaristischer Widerstand und Aufklärung darüber, dass jeder Krieg ein Verbrechen an der Menschheit ist. Das Militär gehört abgeschafft, überall! Auch 67 Jahre nach dem Schwur der Überlebenden des KZs Buchenwald bleibt unsere Maxime: „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“

 

Bernd Drücke

 

Termin: 1. September, Antikriegstag, Infos: www.friedenskooperative.de

 

Kommentar aus: Graswurzelrevolution Nr. 371, September 2012, www.graswurzel.net