Reform des Aufenthaltsrechts für Jugendliche

in (07.12.2011)

In Deutschland sind rund 86.000 Menschen geduldet, oft seit mehr als sechs Jahren. Kettenduldungen sind gängige Praxis. Daran änderte auch die Altfallregelung von 2007 nichts. Seitdem kann integrierten geduldeten Flüchtlingen eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erteilt werden, sofern sie ihren Lebensunterhalt eigenständig bestreiten. Ruft man sich aber ins Gedächtnis, dass Geduldete keine Arbeitserlaubnis erhalten, häufig nicht einmal den Landkreis verlassen dürfen, in abgeschiedenen, zuweilen völlig heruntergekommenen Flüchtlingswohnheimen wohnen müssen und oft nur sog. Fresspakete als Lebensunterhalt bekommen, erweist sich diese Regelung als blanker Hohn.

Angesichts dieser Situation ist jede Gesetzesinitiative bestenfalls eine viel zu spät vollzogene Korrektur. Folglich lässt aufhorchen, dass sich jetzt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung auf die Fahne schreibt, „während andere reden, [...] zum Nutzen der Menschen aus Zuwandererfamilien“ zu handeln. Dabei nahm sie Bezug auf die kürzlich vom Parlament verabschiedete Einfügung des neuen § 25a des Aufenthaltsgesetzes: Gut integrierten Jugendlichen soll eine (dauerhafte) Aufenthaltserlaubnis unabhängig von ihren Eltern erteilt werden können.

Die Regelung begünstigt nur Heranwachsende bis 21 Jahren, die entweder in Deutschland geboren oder vor Vollendung ihres 14. Lebensjahres eingereist sind. Zudem müssen sie sich seit sechs Jahren im Bundesgebiet aufgehalten und sechs Jahre erfolgreich eine Schule besucht oder in Deutschland einen anerkannten Abschluss erworben haben. Wenn ihre Eltern den Lebensunterhalt überwiegend durch eigene Erwerbstätigkeit sichern, kann auch ihnen und minderjährigen Geschwistern eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Sind die Eltern dazu nicht in der Lage, wird ihre Abschiebung ausgesetzt, solange der aufenthaltsberechtigte Jugendliche auf die Personensorge angewiesen ist.

Wenn es auch erfreulich ist, dass in Deutschland aufgewachsene Kinder nicht aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen werden, so bleibt doch festzuhalten, dass nur knapp neun Prozent aller Geduldeten von der Regelung profitieren. Ein großer Wurf ist diese Reform damit im wahrsten Sinne des Wortes nicht. Zudem bleibt unklar, wann Jugendliche „gut“ integriert sind und „erfolgreich“ den Bildungsweg beschreiten. Die von Pro Asyl angesprochene Gefahr einer „psychischen Zumutung für die Jugendlichen“ ist nicht fernliegend. Das Abhängigkeitsverhältnis der Kinder vom aufenthaltsrechtlichen Status ihrer Eltern könnte sich ins Gegenteil verkehren. Heranwachsende sähen sich dann einem nicht hinnehmbaren Druck ausgesetzt.

Anja Hauth, Freiburg