Katharina Hajek und Benjamin Opratko fragen, welche
Effekte die globale Wirtschaftskrise auf gegenwärtige Geschlechterverhältnisse
hat. Was sind die vergeschlechtlichten Dimensionen der staatlichen
Krisenbearbeitungsstrategien? Und was sagt die Beschäftigung mit
Geschlechterpolitik in der Krise über beliebte Thesen vom „Ende des
Neoliberalismus“ aus?
„Warum hat die Forschung nach den Ursachen [der]
Finanz- bzw. Kreditkrise […] keine feministische ‚Stimme‘?“ fragt Brigitte
Young zu Beginn ihres kürzlich erschienenen Artikels1, um gleich darauf das Offensichtliche zu
benennen: Frauen sind im Bereich der Finanzwelt nicht oft vorzufinden. Der
Verweis auf die männerbündische Verfasstheit der high street der
Finanzwelt, die von offenen und subtilen Formen der Ausgrenzung, sowie
Mechanismen homosozialer Selbstrekrutierung gekennzeichnet sind, lässt den geschätzten
Frauenanteil in diesen Netzwerken von unter 10 Prozent2 nicht überraschend erscheinen.3 Das Hochhalten der neoklassischen Prinzipien
des Wettbewerbs und der individuellen Nutzenmaximierung, sowie der Verweis auf
die scheinbar objektiven, weil auf abstrakten Modellen und quantitativen Daten
basierenden Verfahren der neoklassischen Ökonomie durch Experten und
Entscheidungsträger (sic!) tut das ihre zur antidemokratischen Strukturiertheit
der globalen Finanzwelt. Zugleich ist all dies – und auch das dürfte einem/er
schwer entgangen sein – in den letzten Monaten immer mehr unter Druck geraten.
Die sich schier überschlagenden Meldungen von Pleiten, Konkursanträgen,
Notverkäufen und eilig ins Leben gerufenen staatlichen „Rettungspaketen“ über
Summen, die jegliche Vorstellungskraft übersteigen, lesen sich – jede für sich
– als Totschlagargument gegen das Credo der Selbstregulierung und die Effizient
der Finanzmärkte. Doch wenn selbst das Organ des internationalen Finanzkapitals
verlautbaren lässt, dass „On September 15, 2008, the era of Ronald Reagan
officially came to an end“4, dann verweist dies nicht zuletzt auf
Möglichkeiten der Intervention und Argumentation für alternative,
demokratischere Modelle und Rationalitäten, und damit auch für die
feministische Kritik.
In diesem Kontext sind die wenigen, jedoch umso eindringlicheren Publikationen
von FeministInnen zu lesen, die sich in den vergangenen Monaten zu Wort
gemeldet haben. Dabei lassen sich – aus feministischer Sicht – vor allem drei
Perspektiven auf die gegenwärtige Krise ausmachen. Die erste verweist auf die
empirischen Auswirkungen der Krise und der (staatlichen) Krisenbearbeitungen,
von der Männer und Frauen durchaus unterschiedlich betroffen sind. So wird in
diesem Rahmen beispielsweise herausgestrichen, dass traditionelle
Frauenarbeitsplätze – etwa im Gegensatz zur exportorientierten Branchen, wie
der Automobilindustrie – weniger krisenexponiert sind, jedoch längerfristig und
auch im Zuge der kommenden Budgetkonsolidierungen betroffen sein werden. Auch
Konjunkturpolitik ist Geschlechterpolitik5: Gefördert werden hier vor allem
„Männerarbeitsplätze“ (etwa im Bauwesen), die Bereiche Pflege, Bildung und
Gesundheit wurden und werden – trotz dringenden Bedarfs – übergangen. Daneben
werden Frauen die Krise auch darüber zu spüren bekommen, dass der Rückgang des
Haushaltseinkommens über mehr Eigenleistung im Bereich der privaten,
unbezahlten Versorgungs- und Pflegearbeit auszugleichen sein wird, Tätigkeiten
die traditionell Frauen zugeschrieben wird.
Eine zweite Herangehensweise konzentriert sich auf die diskursiven
Bearbeitungsformen: wie wird über die Krise gesprochen und geschrieben? Hier
steht etwa die Kritik an essentialistischen Geschlechtervorstellungen im
Zentrum, die in jenen Erklärungsmodellen anzutreffen sind, in denen junge,
risikofreudige und vor allem männliche Finanzmanager als die Schuldigen des
globalen Schlamassels ausgemacht werden. Frauen, die von der Natur mit mehr
Rück- und Weitsicht ausgestattet seien, wäre das entsprechend nicht passiert –
und sie sollten nun helfen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.
Eine dritte Perspektive stützt sich auf die Erkenntnisse feministischer
Staatstheorie und Staatsforschung. Sie betont die Kontinuität maskulinistischer
Strukturen in den Staatsapparaten und zeigt, wie auch durch die aktuellen
staatlichen Krisenbearbeitungsstrategien patriarchale Verhältnisse, sexistische
Arbeitsteilung und Geschlechterstereotypen reproduziert werden.
Historischer Block und Geschlecht
Die drei beschriebenen Analyseperspektiven ermöglichen also – auch für sich
genommen – einen je spezifischen Blick auf das „Geschlecht“ der aktuellen
globalen Wirtschaftskrise. So nützlich diese analytischen Trennungen zur
Anleitung empirischer Forschung und zur Durchführung von konkreten
Policy-Analysen sind, als so notwendig erachten wir jedoch auch eine
allgemeinere theoretische und politische Einschätzung des Zusammenhangs von
Geschlechterverhältnissen und der aktuellen globalen Krise. Dazu bedarf es der
kritischer Begriffsarbeit; denn realiter existieren die angeführten
unterschiedlichen Dimensionen – der Ökonomie, der Ideologie und der Politik –
nicht separat voneinander, sondern sind Teil eines komplexen, ineinander
verwobenen gesellschaftlichen Ganzen, das es letztlich in den Blick zu bekommen
gilt. Dazu wollen wir zunächst einige Kategorien aus marxistischen und
feministischen Diskussionen vorstellen, die wir für hilfreich zur Analyse der
vielfältigen Dimensionen der Geschlechterverhältnisse in der Krise halten. Aus
diesen ergibt sich denn auch eine Präzisierung unserer Ausgangsfrage, jener
nach dem Verhältnis von Wirtschaftskrise und Geschlechterverhältnissen.
Doch zunächst ein Schritt zurück: wenn wir die Frage nach aktuellen Umbrüchen
stellen, haben wir bereits eine theoretische Vorentscheidung getroffen. Wir
sprechen nicht von der Beziehung „des Kapitalismus“ zu „den (asymmetrischen)
Geschlechterverhältnissen“; auf dieser hohen Abstraktionsebene können höchstens
sehr allgemeine Aussagen generiert werden, und selbst die sind oft von
zweifelhafter Stichhaltigkeit (siehe den Artikel von Maria Asenbaum und
Katherina Kinzel in diesem Heft). Vielmehr gehen wir davon aus, dass
kapitalistische Gesellschaftsformationen sich räumlichhistorisch
ausdifferenzieren und dementsprechend unterschiedliche kapitalistische
Entwicklungsmodelle identifiziert werden können, die sich durch bestimmte
ökonomische, politische und ideologische Konstellationen auszeichnen.
Einer der ersten, der die Grundlagen einer solchen analytischen Einteilung
entwickelt hat, war der italienische Marxist Antonio Gramsci. Er prägte in
seinen politischen Analysen den Begriff des „historischen Blocks“, der für ihn
zwei wesentliche Dimensionen umfasst. Erstens ist damit eine Kompromisskonstellation
gemeint, in der eine gesellschaftliche Gruppe „führend und herrschend“ ist. Das
heißt, dass sie nicht nur durch Zwang und Gewalt ihre politische Macht
aufrechterhält, sondern in erster Linie dadurch, dass sie die Zustimmung der
Beherrschten zu den herrschenden Verhältnissen organisiert. Diese Form der
Herrschaft nennt Gramsci „Hegemonie“; sie wird auf Basis der Kontrolle über die
Produktionsmittel ausgeübt, geht jedoch über diese hinaus und verankert sich im
alltäglichen (Un-)Bewusstsein der Subalternen. Zweitens verweist der Begriff
„historischer Block“ auf eine relative Kohärenz zwischen der ökonomischen
Struktur – also der Organisation des Produktionsprozesses, Formen der
Arbeitsteilung, der Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel und dem
Entwicklungsstand der Produktivkräfte – und den „Superstrukturen“ – welche die
Staatsform, staatliche Politiken, kulturelle und moralische Leitbilder, und
auch den „Alltagsverstand“, also das alltägliche Selbst- und Weltverständnis
breiter Teile der Bevölkerung umfassen.6 Hier wird deutlich, dass Ideologien (oder
Weltauffassungen, wie Gramsci sie nennt), d.h. Normen, Werte, Vorstellungen
über Moral etc., die in den Institutionen der Zivilgesellschaft ausgearbeitet,
organisiert und durchgesetzt werden, in den Alltagsverstand integriert und
somit von den Individuen für sinnvoll und richtig erachtet werden; sie handeln
danach. Daher besitzen sie immer auch eine „materielle Gewalt“.7
Der Alltagsverstand kann somit als Schnittstelle von Herrschaftsausübung und
Subjektivierung verstanden werden, für das „Gelingen“ einer bestimmten
Entwicklungsweise sind also immer auch staatliche Interventionen für eine
bestimmte Subjektivität vonnöten.8 Ein prominentes Beispiel für diese
Herangehensweise, dem wir uns unten genauer zuwenden, ist Gramscis Analyse des
entstehenden Fordismus in den USA zu Beginn des 20.Jahrhunderts.9
Geschlechterregime
Der an Gramsci orientierte, hegemonietheoretische Ansatz gibt uns also erste
theoretische Begriffe in die Hand, um unsere Fragestellung zu verfolgen. Was
hier aber nur rudimentär angelegt ist, ist ein Verständnis der grundlegenden
Bedeutung der Geschlechterverhältnisse für die Existenz eines historischen
Blocks. Die Sache ist kompliziert: unterschiedliche Entwicklungsweisen sind
immer mit bestimmten Organisationsformen der Geschlechterverhältnisse
verbunden. Diese weisen aber nicht bloß „den Frauen“ und „den Männern“
spezifische Plätze in der Gesellschaft zu; vielmehr artikulieren sich die
Geschlechterverhältnisse auf grundlegende Weise mit Klassenverhältnissen und
rassistischen Zuschreibungen. So waren etwa im frühen, „liberalen“ Kapitalismus
die hegemonialen weiblichen und männlichen Rollenbilder durch und durch bürgerliche
und weiße Leitbilder und als solche von der Lebensrealität
proletarischer, bäuerlicher Familien weit entfernt, von nicht-europäischen
MigrantInnen ganz zu schweigen. Sie mussten erst mühsam in den subalternen
Klassen durchgesetzt werden (siehe den Artikel von Tobias Boos und Veronika
Duma in diesem Heft).
Dazu kommt jedoch, dass über die spezifischen Arrangements der historischen
Blöcke hinaus patriarchale Geschlechterverhältnisse sich durch eine besonders
langfristige Persistenz auszeichnen. Über kapitalistische Entwicklungsphasen
hinweg existiert eine Kontinuität männlicher Dominanz. Wenn wir
Geschlechterverhältnisse theoretisieren wollen, brauchen wir also Konzepte
unterschiedlicher Reichweite und Abstraktionsebenen. Dazu schlagen wir vor,
zwei Begriffe von Robert Connell, einem Begründer der kritischen
Männlichkeitsforschung, zu übernehmen: Geschlechterregime und Geschlechterordnung.10
Als Geschlechterregime kann demnach eine spezifische Ordnung der
Geschlechterverhältnisse in einer bestimmten historischen Phase oder in Bezug
auf ein bestimmtes politisches Projekt gesprochen werden – z.B. das
Geschlechterregime des Fordismus. Eingebettet ist ein Geschlechterregime in die
längerfristigen Strukturen der Geschlechterordnung, die besonders starke
Kontinuitäten in den Geschlechterverhältnissen umfasst – z.B. die Norm der
Heterosexualität, die geschlechtliche Zuordnung von öffentlicher und privater
Sphäre und ähnliches.11
Geschlechterregime interessieren uns nun insbesondere als Teil eines
historischen Blocks, der sich zu einer relativ stabilen Entwicklungsweise fügt.
Wir wollen das Konzept von Connell aufnehmen, ergänzen und verändern es jedoch
an einigen Stellen und machen folgende wesentliche Elemente eines
Geschlechterregimes aus: (1.) die Form der geschlechtlichen Arbeitsteilung;
(2.) die maskulinistische Prägung des Staates; (3.) die Familienform
und (4.) die hegemonialen Geschlechterleitbilder sowie Formen
vergeschlechtlichter „Anrufungen“12 und Subjektivierungen.13
Vor diesem Hintergrund wollen wir nun die Ausgangsfrage des Artikels
präzisieren. Uns erscheint für eine Einschätzung des Zusammenhangs der globalen
Wirtschaftskrise und der Geschlechterverhältnisse vor allem wichtig, zu klären,
ob sich aktuell Verschiebungen oder gar Brüche im Geschlechterregime ausmachen
lassen. Dies vor dem Hintergrund der These, dass in den letzten Jahrzehnten ein
spezifisch neoliberales Geschlechterregime etabliert wurde, das sich
von dem vorangegangenen, fordistischen Regime in Bezug auf unsere vier
Elemente unterscheiden lässt. Diese Frage berührt die aktuell in den
unterschiedlichsten politischen Zusammenhängen geführte Debatte, ob es sich bei
der aktuellen Krise des Kapitalismus um eine tief greifende Krise oder gar das
dräuende Ende des Neoliberalismus handelt, oder ob die spektakulären Ereignisse
des letzten Jahres eher über die tatsächliche effektive Kontinuität des
neoliberalen Entwicklungsmodells hinweg täuschen. Wenn ein historischer Block,
wie oben argumentiert, immer und notwendigerweise auch ein bestimmtes
Geschlechterregime umfasst, so verweist deren Analyse letztlich auch auf die
Stabilität oder Krisenhaftigkeit der aktuell bestehenden Ordnung.
Um die Frage nach Kontinuität oder Brüchen im Geschlechterregime stellen zu
können, müssen wir zunächst klären, womit sich denn ein etwaiger Bruch
vollziehen könnte. Sprich: was macht denn nun das neoliberale
Geschlechterregime in Bezug auf Arbeitsteilung, Staat, Familie,
Geschlechterleitbilder und Subjektivierungsformen aus?
Fordistische Geschlechter
Hierfür bietet sich die Hegemonietheorie Antonio Gramscis an. Sie ermöglicht es
uns, die Veränderungen der Produktionsverhältnisse in ihrer Verbindung mit
Staatlichkeit und Familienform und der Art und Weise, wie Subjekte regiert
werden analytisch zu fassen. Denn Hegemonie bedeutet auch die „Fähigkeit, die
Zustimmung der Individuen zu dem gesamtgesellschaftlichen Projekt zu
organisieren, sodass diese den ökonomischen Anforderungen sowie den politischen
und ideologischen Anrufungen aktiv nachgehen“.14 Für eine feministische Herangehensweise ist
es nun von zentraler Bedeutung, das Subjektivitäten immer vergeschlechtlicht
sind– und somit auch die Formen der Anrufungen und in Konsequenz die
hegemonialen Geschlechterleitbilder, die, wie bereits oben skizziert, einen
wichtigen Teil eines Gschlechterregimes ausmachen. Die Existenz bzw. die
Unterscheidung von Männern und Frauen darf somit nicht essentialistisch als
gegebenen und „natürlich“ gefasst werden. Vielmehr muss danach gefragt werden,
wie Männlichkeit und Weiblichkeit in der Zivilgesellschaft entlang spezifischer
Normen, Wertvorstellungen und Zuschreibungen organisiert und im alltäglichen
Handeln reproduziert werden.
Diese Prozesse können mit Gramscis Analyse des amerikanischen Fordismus´
nachgezeichnet werden, indem er darstellt, wie Anforderungen an die Individuen,
staatliche/hegemoniale Führung und Subjektkonstruktionen ineinander greifen.
Ausgehend von den Veränderungen in der Produktionsweise – des Aufkommens
tayloristischer Prinzipien der ‚wissenschaftlichen Betriebsführung’ – zeichnet
er nach, wie diese die Genese eines neuen Menschtypus, genauer: eines
spezifischen Typs des männlichen Lohnarbeiters bedurften. „[D]as Leben in der
Industrie erfordert eine allgemeine Ausbildung, einen Prozess der
psycho-physischen Anpassung an bestimmte Bedingungen der Arbeit, der Ernährung,
der Wohnung der Gewohnheiten usw., was nichts Angeborenes, ‚Natürliches’ ist,
sondern erworben sein will.“.15 Die Anforderungen und Voraussetzungen für
ein Arbeiten am Fließband, das durch repetitive Tätigkeit und Monotonie
gekennzeichnet ist, wäre allein durch militärischen Drill, physischen Zwang und
Disziplinierung nicht zu erreichen gewesen. Vielmehr wurden Lohnarbeitssubjekte
‚gebraucht’, die nicht nur bereit waren, diese Tätigkeit jahrzehntelang
auszuführen, sondern auch mental und psychisch in der Lage waren, diese
durchzuführen. Wie auch Frigga Haug betont, ergibt sich „[d]ieser Typ [jedoch]
nicht als Reflex auf neue Anforderungen, er wird vielmehr Produkt kultureller
Anstrengungen, hier u. a. von Seiten der Unternehmer.“16 Diese Subjektivierungsprozesse dürfen somit
nicht entlang eines ökonomischen Determinismus gedacht werden, sondern sind
immer auch das Produkt von kulturellen und hegemonialen Kämpfen. Gramsci zeigt
etwa an Beispielen staatlicher Kampagnen gegen Alkoholismus, wie eine bestimmte
Lebensführung als Norm propagiert und von den Individuen in ihren
Alltagsverstand integriert wurde. Da die tayloristische Arbeitsweise und das
fordistische Gesellschaftsmodell insgesamt auf Bedingungen der Stabilität und
Regelmäßigkeit aufbauten, zielten die Subjektivierungsweisen auf eine geregelte
und stabile Lebensweise ab. Über die Kontrolle der Moralität und Lebensführung
der Arbeiter wurde ein „psycho-physischer Zusammenhang“ geschaffen, um die
erforderte nervlich-muskuläre Leistungsfähigkeit zu sichern. Gramsci nennt als
Beispiel hier etwa die Tatsache, dass die Arbeiter in den Ford-Werken und deren
Familien regelmäßig zu Hause von einer Truppe betriebseigener Inspekteuren
„besucht“ wurden, die ihre Haushaltsführung und ihrPrivatleben kontrollierten,
um sicher zu stellen, dass diese keinem ausschweifenden, der Leistung der
Arbeiter abträglichen Leben nachgingen.17 Auch die „sexuelle Frage“ spielte dabei
eine Rolle.18 Da der „arbeitende Mensch“ es sich nicht
leisten kann, jede Nacht aufs neue auf die Suche nach sexueller Befriedigung zu
gehen, kommt hier der Monogamie und der stabilen Zweierbeziehung große
Bedeutung zu, und damit der Ehefrau, „die zuverlässig, unfehlbar da ist, die
sich nicht ziert und nicht die Komödie der Verführung“ spielt.19 Genau hier bringt Gramsci die vergeschlechtlichen
Subjektivierungsprozesse ins Spiel. Die Herausbildung des neuen Menschentyps
geschah nicht universell, sondern bedingte die Konstitution vergeschlechtlicher
Subjekte. D.h. die Reproduktion der fordistischen Gesellschaftsformation
bedurfte sowohl des männlichen Lohnarbeiters, der seinen Lebenswandel anhand
bestimmter Anforderungen ausrichtet, als auch der „überwachenden und
fürsorglichen“ Haus- und Ehefrau, die unbezahlt der privaten
Reproduktionsarbeit nachgeht. Somit hängt die Produktion von Subjektivität
immer auch „mit der Ausgestaltung gesellschaftlicher Arbeitsteilung und damit
mit der Organisation der Reproduktion einer bestimmten Gesellschaftsformation
insgesamt“20 zusammen. Die geschlechtliche
Arbeitsteilung wurde somit über „die Zustimmung zu hegemonialen Vorstellungen,
welche Zuständigkeiten als geschlechtsspezifische gedacht und verteilt werden“21,
organisiert. Der zentrale Ort der Organisation dieser Arbeitsteilung war die
heterosexuelle Kleinfamilie. Obwohl Gramsci in seinen Fordismusanalysen den
Staat im engeren Sinne nicht einbezogen hat22, hat jedoch die feministische
Wohlfahrtsstaatenforschung gezeigt, dass diese männlichen und weiblichen Subjektivitäten
sowie die damit zusammenhängende geschlechtliche Arbeitsteilung durch einen
inhärent maskulinistischen (Sozal-)Staat gestützt wurden. Die westlichen
Sozialstaaten haben sich so stets an der Norm des männlichen Normalarbeiters
orientiert, diesbezügliche Ansprüche im Fall von Alter, Krankheit,
Erwerbsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit waren und sind an die Ausübung
kontinuierlicher Vollzeitarbeit gebunden. Weibliche Lebenssituationen, Pflege-
und Fürsorgearbeit wurde Dethematisiert und Privatisiert. Dies hatte und hat
zur Folge, dass männliche Subjekte Ansprüche aufgrund von sozialen Rechten,
weibliche hingegen vorwiegend aufgrund von Bedürfnissen geltend machen
können. Frauen wurden einzig als Ehefrauen, Mütter, Töchter oder Witwen in das
wohlfahrtsstaatliche System integriert, was immer auch eine Ableitung ihrer
Ansprüche aus ihrem Verhältnis zum Mann und somit eine Fortschreibung von
patriarchalen Strukturen ist.23
Flexibilisierung und Reprivatisierung
Der historische Block des Fordismus kann also als ein spezifisches
Geschlechterregime analysiert werden, in dem Arbeitsteilung, staatliche
Politiken, Familienform und Subjektivierung auf spezifische Weise verschränkt waren.
Mit dem Aufbrechen des fordistischen Entwicklungsmodells ab dem Ende der 1960er
Jahre wurde auch diese Konstellation in Frage gestellt. Ergebnis war ein
neoliberales Geschlechterregime, das auf neue hegemoniale Formen der Führung
aufsetzt und letztlich auch neue Normen und Zuschreibungen von Männlichkeit und
Weiblichkeit vermittelt.24 Um diese Prozesse zu verdeutlichen, wenden
wir uns in Folge den geschlechterpolitischen Leitlinien des Gender
Mainstreamings der Europäischen Kommission und dem Bericht der Hartz-Kommission
zur Restrukturierung der Arbeitslosenpolitik in Deutschland zu. Diese beiden
Felder können – trotz aller nationalen und regionalen Spezifika – als exemplarische
Beispiele für neoliberale Reformen dienen, wie sie in den letzten drei
Jahrzehnten in ganz Europa ähnlich durchgesetzt wurden. Auf dieser Grundlage
wollen wir nachzeichnen, wie das neoliberale Geschlechterregime als solches von
inhärenten Widersprüchlichkeiten gekennzeichnet sind, die sich aus der
verstärkten Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt bei gleichzeitiger
De-Thematisierung und Reprivatisierung der Reproduktionsarbeit ergibt, die auch
weiterhin dem Verantwortungsbereich von Frauen zugeschrieben wird.
Gundula Ludwig schlägt vor, Gender Mainstreaming25 [im Folgenden GM] als „als ein Feld von
Führungstechniken und Selbsttechnologien [zu] betracht[en], das ein bestimmtes
Feld von vergeschlechtlichen Subjektkonstruktionen vermittelt“ und dabei auf
bestimmte Vorstellungen über geschlechtliche Zuständigkeiten und Arbeitsteilung
rekurriert.26
Als zentrales Moment wird dabei die Erhöhung der employability und die
Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt angesehen. Dies fügt sich damit
nahtlos in die Lissabon-Strategie der EU ein, die bis 2010 eine
Frauenbeschäftigungsquote von 60 Prozent als Bedingung für die Entwicklung
Europas zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten
Wirtschaftsraum der Welt“ anstrebt.27
Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der Bericht der Hartz-Kommission28
zu lesen. So betont Katharina Pühl, dass diese nicht nur auf eine „effektivere“
Vermittlung von Arbeitslosen, sondern implizit auf gelebte Alltags- und
Lebensverhältnisse abzielt.29 Im Gegensatz zu GM bezieht sich dieser
jedoch nicht allein auf Frauen, sondern spricht „beide Geschlechter“ als
„UnternehmerInnen“ an, die sich (nicht zuletzt als Ich-AGs oder via Mini-Jobs)
eigenverantwortlich und flexibel in den Arbeitsmarkt integrieren sollen.
Geschlecht als herrschaftsförmiges gesellschaftliches Verhältnis wird – wie
später noch zu zeigen sein wird – weitgehend dethematisiert, und ausschließlich
sowie selektiv als „Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“
angesprochen. Der Hartz-Bericht kann somit in den Prozessen der neoliberalen
Restrukturierung der Sozialpolitik kontextualisiert werden, die über eine
Neuausrichtung der wohlfahrtsstaatlichen Institutionen nach
betriebswirtschaftlichen Kriterien hinaus auch den Abbau sozialstaatlicher
Leistungen (der im verstärkten Maße vor allem Frauen und Mädchen betrifft) und
eine „Reformulierung“ sozialstaatlicher Aufgaben forciert.30
Kontrastiert man die zentralen Aussagen in diesen Dokumenten etwa mit den
Analysen des fordistischen Geschlechterregimes, so fällt auf, dass hier
traditionelle Zuschreibungen an Weiblichkeit aufgebrochen werden und mit neuen
Zuständigkeiten verbunden werden. „Je weniger sich die Grundpfeiler des
Fordismus – Massenproduktion für den nationalen Binnenmarkt und
Sozialstaatlichkeit – als Garantie für die erfolgreiche Reproduktion
kapitalistischer Verhältnisse erwiesen, umso mehr trat an deren Stelle eine
Form des Kapitalismus, der auf flexible und anpassungsfähige High-Tech
Produktion setzt und sich primär an den Renditen des internationalen
Finanzmarktes orientiert“.31
Die bis in die 1970er vorherrschende Entwicklungsweise, die vornehmlich an der
tayloristischen Fließbandarbeit orientiert war, wurde zunehmend durch eine
ersetzt, die durch De-Industrialisierung und ein Anwachsen des
Dienstleistungssektor gekennzeichnet ist. Mit diesen Veränderungen musste in
Konsequenz auch neue Formen politischer Arrangements und damit eine
Neugestaltung der Subjektivierungsweisen organisiert werden. Dem Modell des
fordistischen Massenarbeiters wurde dabei in den letzten Jahrzehnten nicht nur
seine materielle Basis, in Form des Familienlohns und eines starken
Wohlfahrtsstaates, entzogen. Auch eine Lebensweise, die auf Stabilität und
Regelmäßigkeit aufbaut, entspricht nicht mehr den neoliberalen Anforderungen
einer hochtechnologisierten und schnelllebigen Form des Kapitalismus. Eben
diese Eigenschaften setzen auf Lohnarbeitssubjekte, die sich – sowohl zeitlich
als auch räumlich – hochflexibel in diskontinuierliche Erwerbsverläufe und die
Erfordernisse des Marktes einpassen. Artikuliert werden diese Anforderungen
vornehmlich in Form des Appells an die individuelle Eigenverantwortung,
Nutzenmaximierung und Selbstkontrolle, um die eigene Arbeitskraft am
Arbeitsmarkt „wettbewerbsfähig“ zu halten. Ein Effekt der neoliberalen
Subjektivierung ist, dass gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse oder
ökonomische Konflikte als „Privatproblem“ individualisiert werden.
Neoliberale Paradoxien
Wie oben erwähnt, richten sich diese Anrufungen – und hier besteht ein
entscheidender Unterschied zum Fordismus – explizit an Männer und Frauen,
„[d]ie postfordistischen Lohnarbeitssubjekte sind nun männlich und weiblich“.32
Dazu werden mit der zunehmenden Betonung des Dienstleistungssektors und der
affektiven Arbeit auch weiblich konnotierte Fähigkeiten, wie
„Kommunikationsorientierung“, „Teamfähigkeit“ und ähnliche soft skills
zunehmend nachgefragt, d.h. Frauen werden als deren vermeintliche Trägerinnen
dazu aufgerufen, ihre employability als Frauen zu Markte zu tragen und
sich in die unternehmerische Logik einzugliedern. Hier stellt sich die Frage,
wie im Neoliberalismus bestimmte Geschlechterkodierungen je nach Nachfrage auf
dem Arbeitsmarkt abgerufen werden und in Konsequenz nach der Funktionalisierung
vergeschlechtlicher Formen von Handeln und Fühlen.33
Des Weiteren drängt sich aus feministischer Sicht eine Beobachtung auf: Die
hier forcierte Integration von Frauen in die Erwerbsarbeit verhandelt den
Arbeitsmarkt in klassisch androzentrischer Manier als geschlechtsneutral. Dabei
wird übersehen, dass der Arbeitsmarkt (immer noch) sowohl hinsichtlich der
verschiedenen Tätigkeiten, d.h. der Aufgliederung in „Frauen- und
Männerberufe“, als auch hinsichtlich der Entlohnung für gleiche Tätigkeiten
(Stichwort gender pay gap), differenziert ist. Zur Erläuterung wollen
wir an dieser Stelle kurz einige aussagekräftige Zahlen aus der letzten großen
diesbezüglich durchgeführten Studie in Österreich nennen.34 So waren im Jahr 2006 81 Prozent der
erwerbstätigen Frauen im meist durch unsicherere Arbeitsverhältnisse
gekennzeichneten Dienstleistungssektor tätig, jedoch nur 54 Prozent der Männer.
Auch die diesbezügliche Analyse nach beruflicher Qualifikation (oder expliziter
formuliert, die Stellung im Beruf ) liefert eindeutige Ergebnisse. So lag der
Anteil der Arbeiterinnen 2006 (öffentlicher Dienst nicht mitgerechnet) bei
insgesamt 31 Prozent. Der Anteil an den HilfsarbeiterInnen lag jedoch bei 60
Prozent, der an den VorarbeiterInnen hingegen nur bei 4 Prozent. Betrachtet man
die Gruppe der Angestellten, so betrug der Anteil an Frauen darunter 56
Prozent. Wiederum arbeiteten jedoch 69 Prozent im Bereich der gelernten
Tätigkeiten, der Anteil an den Hochqualifizierten betrug hingegen nur 31 Prozent.
Am aussagekräftigsten ist jedoch der Bereich der Teilzeitarbeit: 84 Prozent
aller Teilzeiterwerbstätigkeiten waren Frauen.
Jedoch auch bezüglich der gleichen Tätigkeiten lassen sich große Unterschiede
in der Bezahlung ausmachen, was den zweiten Aspekt des vergeschlechtlichen
Arbeitsmarktes darstellt. Betrachtet man die unselbstständig Erwerbstätigen, so
fällt auf, dass Frauen nur 60 Prozent des Bruttojahreseinkommens von Männern
verdienen. Gleichzeitig sind die Einkommen unter Frauen zusätzlich ungleicher
verteilt als bei Männern. Die größten geschlechtsspezifischen
Einkommensunterschiede finden sich dabei im Handel, im Bereich der Energie- und
Wasserversorgung und des Kredit- und Versicherungswesens: hier verdienen Frauen
jeweils nur ca. 55 Prozent der Einkommen von Männern. Die geringsten
Unterschiede gibt es im Beherbergungs- und Gaststättenwesen, das zugleich
jedoch auch die Branche mit den meisten weiblichen Beschäftigten ist.
Genau diese geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarktes wird bei GM
und dem Hartz-Programm ignoriert. „Der Bezugsmaßstab bei [diesen] Bestrebungen
[…] Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, bleibt die bestehende
androzentrische Norm, was allerdings zugleich unsichtbar und damit
entpolitisiert bleibt“.35 Somit bleiben die strukturellen Gründe von
Geschlechterungleichheit auf dem Arbeitsmarkt nicht nur unreflektiert, sondern
werden dazu noch privatisiert und als Ausdruck individuellen Versagens
stilisiert.
Parallel zur Anrufung an Frauen als Lohnarbeiterinnen steht jedoch – und hier
ist die zentrale inhärente Widersprüchlichkeit neoliberaler weiblicher
Subjektivierungsweisen auszumachen – ihre vorrangige Adressierung als Mütter,
wie sie in beiden Dokumenten durch die Betonung der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf artikuliert wird. Somit wird Reproduktionsarbeit nicht
nur höchstens als „Markthindernis“ für potenzielle weibliche Lohnarbeiterinnen
gesehen (was sie zynisch formuliert ja tatsächlich ist), sondern auch weiterhin
als Aufgabe von Frauen festgeschrieben, die es privat zu organisieren gilt.
Diese Tatsache erhält zudem zusätzlich Gewicht, wenn der gleichzeitige Abbau
sozialstaatlicher Leistungen mit einbezogen wird. Durch das Wegfallen etwa von
staatlich organisierter Kinderbetreuung oder Altenpflege ergibt sich eine
Reprivatisierung von Pflege- und Betreuungsarbeit und damit eine implizite
Verlagerung und Festschreibung in den Verantwortungsbereich von Frauen. Somit
entsteht das geschlechterpolitische Paradox, dass eben diese Arbeit, die gesellschaftlich
notwendig ist und durch die nichts Geringeres als die Reproduktion der
Arbeitskraft geleistet wird, zwar implizit vorausgesetzt, dabei jedoch
dethematisiert und individualisiert wird. Diese Beobachtung steht dabei in
keinem Gegensatz zu der Tatsache, dass die Definition von Familie bzw. ihrer
ökonomischen und normativen Funktionen, zunehmend Gegenstand breiterer Debatten
sind. Reproduktionsarbeit muss nicht mehr ausschließlich im Rahmen der
heterosexuellen Kleinfamilie geleistet werden, was die steigende Anzahl an
Scheidungen und AlleinerzieherInnen bzw. die Diskussion rund um
„Patchwork-Familien“ und eingetragene PartnerInnenschaft belegen – was die
geschlechtliche Arbeitsteilung jedoch um nichts wirkungsloser macht.
Somit kann festgehalten werden dass die oben dargestellten widersprüchlichen
Anrufungen – als flexible und eigenverantwortliche Lohnarbeiterin einerseits,
als „fürsorgliche Mutter/Tochter/Ehefrau/Lebensgefährtin“ andererseits - als
zentrales Merkmal weiblicher Subjektkonstitutionen im Neoliberalismus zu sehen
sind, „in [der] die gesellschaftlichen Widersprüche eingehen, die sich aus der
Form, wie die Produktionsarbeit und Reproduktionsarbeit [in kapitalistischen
Gesellschaften] organisiert sind, ergeben“.36
Krise als Bruch?
Vor diesem Hintergrund können wir uns nun daran machen, Kontinuitäten, Brüche
und Verschiebungen im Geschlechterregime zu suchen. Verändert die Krise das
neoliberale Arrangement der Geschlechter? Dazu kehren wir zu unseren vier
Dimensionen der Geschlechterregime zurück. Vorauszuschicken ist, dass es sich
bei den folgenden Thesen um vorläufige Überlegungen handelt, die wir zur
Diskussion stellen wollen. Sie beruhen zum Teil auf bereits existierenden
ersten Analysen der Krise und ihrer Bearbeitungen aus feministischer
Perspektive und zum Teil auf eigenen Beobachtungen, aus denen wir Tendenzen zu
extrapolieren suchen.
In Bezug auf (1.) die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung kann
festgehalten werden, dass aktuell die bereits im neoliberalen
Entwicklungsmodell angelegten Dynamiken verstärkt werden. Dies betrifft etwa
die zunehmende Bedeutung von weiblich konnotierten Bereichen wie Pflege-,
Bildungs- und Care-Tätigkeiten, deren Bezahlung und gesellschaftliche
Anerkennung sich umgekehrt proportional zu ihrer Wichtigkeit zu entwickeln
scheint. Was sich allerdings andeutet, ist dass die Tendenz, Frauen in
Lohnarbeit zu integrieren, einen Knick erfährt. Denn diese Integration in den
Arbeitsmarkt wurde besonders in den letzten Jahren in erster Linie über
prekarisierte, schlecht abgesicherte Jobs organisiert. Diese sind es jedoch,
die im Zuge der Krise als erste abgebaut werden, um den ökonomischen Druck auf
die Betriebe abzufedern. Arbeitslosigkeit betrifft zunehmend Frauen, auch wenn
ihre mediale Darstellung sich stets am männlichen Industriearbeiter orientiert.37
Diese Tendenz wird auch durch (2.) staatliche Politiken verstärkt.
Denn die großen Strategien gegen die Krise und staatliche Konjunkturprogramme
zielen fast ausschließlich auf den männlichen Vollzeitarbeiter. Gerettet wird
die Autoindustrie, während Investitionen in Care-Work oder
Bildungseinrichtungen, in denen besonders viele Frauen arbeiten, bislang
ausbleiben.38 Staatlich organisiert und gestützt wird
mithin ein doppelt vergeschlechtlichter Arbeitsmarkt, in dem Frauen einerseits
bestimmte schlecht bezahlte und mit geringem gesellschaftlichem Ansehen
verbundene Arbeitsplätze zugewiesen werden, und sie andererseits für gleiche
Tätigkeiten weniger Lohn erhalten. Eine offene Frage in Bezug auf die
staatliche Dimension des gegenwärtigen Geschlechterregimes ist, wie die medial
lautstark begleitete „Rückkehr des Staates“ einzuschätzen ist. Auf den ersten
Blick scheint durch die massiven konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen Eingriffe
die Ära des neoliberalen Privatisierungsmodells und des damit einhergehenden
Bildes vom „schlanken Staat“ an ihr Ende zu gelangen. Wie Birgit Sauer
hervorhebt, hatte das neoliberale Staatsmodell dabei stets einen „misogynen
Subtext“, der nicht zuletzt „in der symbolisch diskursiven Abwertung des
‚feminisierten’ Wohlfahrtsstaates zum Ausdruck kommt“.39 Jedoch: der Staat, der nun „zurückzukommen“
scheint, war nie wirklich weg; und bloß weil er neben seinen „Aufgaben“ in den
Bereichen der Repression und der Herstellung von Wettbewerbsfähigkeit nun auch
wieder verstärkt als „ökonomischer Staatsapparat“ 40 auftritt, ist das maskulinistische Modell
neoliberaler Staatlichkeit noch nicht in der Krise.
Für die (3.) Familienform gilt, dass die heterosexuelle Kleinfamilie,
die im Fordismus noch der zentrale Reproduktionsort der
Geschlechterverhältnisse schlechthin war, im Zuge der Neoliberalisierung der
Gesellschaft teilweise unterminiert wurde und oft „nicht mehr die dominante
Lebensform darstellt“.41 Ein Modell flexibler Patchworkstrukturen,
in denen langfristige Bindungen zu Gunsten von LebensabschnittspartnerInnen an
Bedeutung verlieren, fügt sich auch besser in das Anforderungsprofil eines/r
zeitlich flexiblen und räumlich mobilen „ArbeitskraftunternehmerIn“. Dies
betrifft die gelebten Praxen von prekär Beschäftigten und wurde und wird auch
kulturell durch neue „Familienleitbilder“ reproduziert. Die queer-Theoretikerin
Antke Engel etwa hat herausgearbeitet, dass die Figur des hyperflexiblen
lifestyleschwulen Mannes, wie er in Film und Fernsehen präsentiert wird, als
neoliberaler „Musterschüler“ funktioniert, indem er die Verantwortung für sein
Wohlergehen unabhängig von Familienzusammenhängen übernimmt.42 Jedoch lässt sich bereits in den letzten
Jahren eine Gegentendenz ausmachen, die nun in der Krise an Bedeutung zu
gewinnen scheint. Denn die existenzielle Unsicherheit, denen prekarisierte
Subjekte ausgesetzt sind, hat zu einer kulturellen Bewegung geführt, in der
Geborgenheit, Sicherheit und die wohlige Wärme sozialer Nahverhältnisse zum
Ziel des guten Lebens erklärt werden. Wenn die deutsche Teenie-Pop-Band
Silbermond singt, man sehne sich bloß nach einem „kleinen bisschen Sicherheit“
und im Video dazu vor einer bedrohlichen Masse demonstrierender Menschen
flüchtet, kann das als Element dieses neokonservativistischen Diskurses
verstanden werden.43 In diesen fügen sich auch die Myriaden von
„Doku-Soaps“ im deutschsprachigen Fernsehen, in denen es um die Einrichtung,
Renovierung oder Neugestaltung der eigenen vier Wände geht, oder die
omnipräsenten Kochsendungen. All diese Diskurselemente verweisen auf die
Familie als Zufluchtsort vor den Wirren des Lebens da draußen. Am radikalsten
verhandelt wird dies in Sendungen über schwangere Teenager, in denen 14-jährige
Mädchen davon überzeugt werden, dass Arbeitslosigkeit, alkoholkranke Eltern, 35
Quadratmeter Substandardwohnung, ein absenter 13-jähriger Kindsvater und ein
mittelschweres Drogenproblem keine Gründe darstellen, nicht doch „ja“ zum
(Familien-) Leben zu sagen. Was diese Ideologie kennzeichnet, ist, dass sie die
Familie als harmonischen Hort der Stabilität präsentiert, und nicht als das,
was sie häufig ist: der gewalttätigste Ort außerhalb von Kriegsgebieten.44
Die vielleicht augenscheinlichsten Veränderungen gibt es im Bereich der (4.) Geschlechterleitbilder
und der Subjektivierungsweisen. Denn wenn etwas wirklich in der Krise ist,
dann jener Typus Mann, der noch vor kurzem als eine wichtige Figur hegemonialer
Männlichkeit gedient hat. Der mit Milliarden jonglierende, smarte und kein Risiko
scheuende Finanzmanager wurde medial als Krisenverursacher identifiziert und
hat seither einen beispiellosen Absturz in der Beliebtheitsskala erfahren. In
Island hat die Regierung Frauen an die Spitze zweier kollabierter und dann
verstaatlichter Banken berufen, mit dem ausdrücklichen Auftrag „to clean up the
young men’s mess“.45 Neben den Frauen als „bessere
Kapitalistinnen“46, scheint an seine Stelle als hegemoniale
Männlichkeit gerade der seriöse Krisenmanager zu treten, der mit Anzug und
Krawattennadel das Schiff durch die stürmischen Zeiten navigiert. Der
bundesdeutsche Wirtschaftsminister und „Baron der Herzen“47 Freiherr von und zu Guttenberg ist mit
Adelstitel und zehn Vornamen für diese Rolle fast überqualifiziert. Jedoch
sollen diese Verwerfungen nicht darüber hinweg täuschen, dass die
vergeschlechtlichten Subjektivierungen überaus stabil sind. Die
widersprüchlichen neoliberalen Anrufungen, die Frauen zugleich als flexibel an
sich selbst arbeitende Unternehmerin ihrer selbst und als Haushaltsmanagerin
und Mutter fordern, werden durch die Krise sogar noch verstärkt. Denn ein
absehbarer Effekt von Lohnarbeitsplatzverlusten ist, dass zuvor ausgelagerte
Teile der Reproduktionsarbeit – auswärts Essen, Putzkraft anstellen, Wäscherei
nutzen – wieder in den Haushalt re-integriert werden. Und das bedeutet fast
immer, dass der Frau, ob berufstätig oder nicht, ein höheres Ausmaß an
unbezahlter Hausarbeit aufgebürdet wird.
Perspektiven in der Krise
Was können wir nun aus diesen Überlegungen folgern? Die Ausgangsfrage dieses Artikels
war, ob die gegenwärtige Krise auch einen Bruch mit dem neoliberalen
Geschlechterregime bedeutet, wie es sich in den letzten zwanzig bis dreißig
Jahren entwickelt hat. Die Antwort darauf muss ein eingeschränktes Nein sein.
In der Gesamtschau wiegen jene Aspekte, die eine Kontinuität oder sogar
Vertiefung des neoliberalen Geschlechterregimes darstellen, schwerer. Eine
erste politische Konsequenz unserer Analyse ist also, dass Kommentare zum „Ende
des Neoliberalismus“ mit großer Vorsicht zu genießen sind. Wer im
Neoliberalismus einen „Rückzug des Staates“ zu erkennen glaubte und nun bass
erstaunt dessen „Rückkehr“ in pseudo-keynesianischem Gewande beklatscht, sitzt
einem Irrtum auf, der mit dem Blick auf Geschlechterregime überdeutlich wird.
Wenn, wie wir argumentiert haben, die Organisation der Geschlechterverhältnisse
ein wesentlicher und konstitutiver Bestandteil eines historischen Blocks ist,
dann verweisen die Kontinuitäten im Geschlechterregime auch auf die relative
Stabilität eines solchen. Das ist wichtig, weil die Linke, zumal die
feministische, sich darauf einstellen muss, welchen Verhältnissen sie auch
zukünftig entgegen treten muss.
Zugleich lassen sich Verschiebungen in einzelnen Aspekten des neoliberalen
Geschlechterregimes identifizieren; dies betrifft einerseits die
geschlechtsspezifischen Auswirkungen einer kontraktierenden Weltökonomie.
Frauen, die überproportional häufig in in- oder semiformellen, prekarisierten
Jobs tätig sind, sind zuvorderst von Arbeitsplatzabbau betroffen. Die unbezahlte
und dethematisierte Arbeit, die von Frauen im Haushalt verrichtet wird, dient
in Zeiten der Krise noch stärker als bisher als ökonomischer Druckausgleich.
Andererseits verstärken auch die staatlichen Krisenbearbeitungspolitiken
Geschlechterungleichheit. Dies wird wohl noch virulenter, wenn die zig
Milliarden an Steuergeldern, die im letzten Jahr für Bankenrettungs- und
Konjunkturpakete gesteckt wurden, in den kommenden Jahren wieder „eingespart“
werden müssen. Es braucht keine prophetischen Fähigkeiten um vorauszusagen,
dass unter den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen die Kosten der
Budgetkonsolidierungen nach unten abgewälzt werden – und dass Frauen, ob als
prekarisierte Lohn-, als unbezahlte Hausarbeiterinnen oder beides, die
Hauptlast tragen werden. Dazu kommt, dass viele Arbeitsplätze im Bereich der
öffentlichen Dienstleitungen zur Disposition gestellt werden, in denen zum
überwiegenden Teil Frauen arbeiten. In den zukünftigen politischen und
betrieblichen Auseinandersetzungen, die sich im weitesten Sinne um die Frage
„wer bezahlt für die Krise?“ entzünden werden, muss diese Geschlechterdimension
mit einbezogen werden. Das heißt auch, von links nicht vorbehaltlos jede
Rettungsaktion für Industriebetriebe abzufeiern, bloß weil damit vorgeblich
Arbeitsplätze gesichert werden. Neben der Frage, ob der Jobabbau damit nicht
bloß rausgezögert wird, muss eben darauf geachtet werden, bei welchen Branchen
und Tätigkeiten niemand rettend einspringt. Ein Beispiel wäre der Einzelhandel,
in dem besonders viele Frauen (meist prekär) beschäftigt, und der bereits
massive Krisensymptome zeigt.48
Aus linker feministischer Perspektive gilt es, auf diese vergeschlechtlichten
Aspekte der Krise offensiv hinzuweisen und der systematischen Entnennung und
Entwertung feminisierter Arbeit entgegen zu wirken. Zentraler Einsatzpunkt ist
unter diesem Gesichtspunkt die geschlechtliche Arbeitsteilung, insbesondere
Aspekte der Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen und nach dem Verhältnis von
bezahlter Lohn- und unbezahlter Hausarbeit. Welche Tätigkeiten gelten
gesellschaftlich überhaupt als Arbeit? Diese Frage steht im Zentrum etwa der
Debatte um das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE), die wir aus diesem Grund
auch für besonders kompatibel mit linken feministischen Diskursen halten. Eine
Intervention, die die Diskussion um das BGE um eine geschlechterpolitische
Dimension erweitert, die Bedeutung von Geschlechterleitbilder und
Subjektivierungsweisen für die herrschenden Verhältnisse betont, Kritik an
patriarchalen Staats- und Familienstrukturen übt und sich vom neokonservativen
Sicherheitsdiskurs mit seiner regressiven Familienromantik abgrenzt – dies kann
eine mittelfristige Perspektive für einen Feminismus sein, der aus der Krise –
auch der eigenen – gestärkt hervorgeht und zum Aufbau einer erneuerten,
anti-neoliberalen Linken beiträgt.
Anmerkungen
1 Young, Brigitte:
Globale Finanzkrise und Gender, in: femina politica 18:1 (2009), S. 99-102
2 Schuberth, Helene: Ist
die Krise männlich?, unter:
http://www.beigewum.at/2009/09/ist-die-krise-mannlich
3 Young, a.a.O.
4 Financial Times, zit.
n. Young, a.a.O., 99
5 Michalitsch, Gabriele:
Konjunkturpolitik: Geschlechter-Macht und Geschlechter-Wahrheit, in:
Kurswechsel 2/2009, S. 93-98
6 Zu Gramscis Begriff
des historischen Blocks vgl. u.a. Gramsci, Antonio: Gefängnishefte, Bd. 7,
Hamburg 1996, S. 1322 sowie 1567f.
7 Ludwig, Gundula:
Gramscis Hegemonietheorie und die staatliche Produktion von
vergeschlechtlichten Subjekten, in: Das Argument 270 (2007), 196-205, S. 198
8 Ebd., S. 43
9 Gramsci, Antonio:
Gefängnishefte, Bd.9, Hamburg 1999, S. 2063-2100
10 Connell, Robert W.:
The state, gender, and sexual politics. Theory and appraisal, in: Theory and
Society, 19:5 (1990), S. 507-544
11 Nowak, Jörg:
Geschlechterpolitik und Klassenherrschaft. Eine Integration marxistischer und
feministischer Staatstheorien, Münster 2009: 161
12 Unter „Anrufung“
verstehen wir, im Anschluss an Louis Althusser, den sozialen Prozess, durch den
Menschen zu „Subjekten“ gemacht werden, d.h. die mit einer einheitlichen, mit
Namen versehenen, und einen bestimmten Platz innehabenden Identität
ausgestattet werden. Vgl. Althusser, Louis: Ideologie und ideologische
Staatsapparate (Anmerkungen für eine Untersuchung), in: ders.: Ideologie und
ideologische Staatsapparate. Aufsätze zur marxistischen Theorie, Hamburg 1977,
108-168; Bosch, Herbert/Rehmann, Jan Christoph: Ideologische Staatsapparate und
Subjekteffekt bei Althusser, in: Projekt Ideologie-Theorie (Hg.): Theorien über
Ideologie, Berlin 1979, 105-129
13 In diese
Konzeptionalisierung fließen Überlegungen mehrerer feministischer AutorInnen
ein: Connell, a.a.O.; Pühl, Katharina/Wöhl, Stefanie: Modell „Doris“: Zur
Kritik neoliberaler Geschlechterpolitiken aus gouvernementalitätstheoretischer
Sicht”, in: www.copyriot.com/gouvernementalitaet (Hg.): „führe mich sanft“.
Gouvernementalität - Anschlüsse an Michel Foucault, Frankfurt am Main 2003, S.
74-101; Henninger, Annette/Ostendorf, Helga: Einleitung: Erträge feministischer
Institutionenanalyse, in: dies. (Hg.): Die politische Steuerung des
Geschlechterregimes: Beiträge zur Theorie politischer Institutionen, Wiesbaden
2005, S. 9-34; Ludwig, Gundula: Zwischen „Unternehmerin ihrer selbst“ und
„fürsorgender Weiblichkeit“. Regierungstechniken und weibliche
Subjektkonstruktionen im Neoliberalismus, in: Beiträge zur feministischen
Theorie und Praxis 68 (2006), S. 49-59
14 Ludwig 2006, a.a.O.,
S. 50f.
15 Gramsci, Antonio:
Gefängnishefte, Bd.9, Hamburg 1999, S. 2072
16 Haug, Frigga: Mit
Gramsci die Geschlechtervehältnisse begreifen, in: Merkens/Andreas, Rego
Diaz/Victor (Hg.): Mit Gramsci arbeiten. Texte zur politisch-praktischen
Aneignung Antonio Gramscis, Hamburg 2007, S. 43
17 Vgl. Gramsci,
Antonio: Gefängnishefte, Bd.9, Hamburg 1999, S. 2087f
18 Gramsci, Antonio:
Gefängnishefte, Bd.9, Hamburg 1999, S. 2088f
19 Ebd.
20 Ludwig 2007, a.a.O.,
S. 201
21 Ludwig 2006, a.a.O.
S. 52
22 Vgl. Ludwig 2007,
a.a.O., S. 199
23 vgl. Fraser, Nancy:
Widerspenstige Praktiken. Macht, Diskurs, Geschlecht, Frankfurt am Main 1994;
Sauer, Birgit: Die Asche des Souveräns. Staat und Demokratie in der
Geschlechterdebatte, Frankfurt am Main 2001; Gottschall, Karin:
Geschlechterverhältnis und Arbeitsmarktsegregation, in: Becker-Schmidt,
Regina/Knapp, Gudrun-Axeli (Hg.): Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der
Sozialwissenschaften, Frankfurt am Main/New York, 125-162; Genetti, Evi: Die
GeschlechterGrenze des bürgerlichen Staates. Zur Kritik der Geschlechtergleichheit
im Wohlfahrtsstaat, Wien 1998 (Diplomarbeit), Kulawik, Theresa: “Modern bis
maternalistisch. Theorien des Wohlfahrtsstaates” in: Kulawik, Teresa/Sauer,
Birgit (Hg.): Der halbierte Staat. Grundlagen feministischen
Politikwissenschaft, Frankfurt am Main 1996, S. 47-75
24 Vgl. Ludwig 2007,
a.a.O., S. 201
25 Die Leitlinien von
GM wurden erstmals im Vertrag von Amsterdam 1997 ausgearbeitet, in denen
festgehalten wurde, dass die „Vorraussetzung für die volle Verwirklichung der
Demokratie ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger gleichberechtigt am
Wirtschaftsleben, an Entscheidungsprozessen, am gesellschaftlichen und
kulturellen Leben und an der Zivilgesellschaft beteiligt und in allen Bereichen
gleich stark vertreten sind.“ (Europäische Kommission, zit. nach Ludwig 2006,
a.a.O., S. 54). GM soll als Instrument dienen, um eine Reorganisation und
Evaluierung politischer Prozesse hinsichtlich ihrer geschlechterbezogenen
Auswirkungen zu ermöglichen.
26 Ludwig 2006, a.a.O.,
S.53
27 Europäischer Rat,
zit. n. ebd., S. 54
28 Dieser Bericht
diente als Vorlage für die gemeinläufig als Hartz I bis IV bezeichneten Gesetze
zur Reform der deutschen Arbeitsmarktpolitik, die von 2003 bis 2005
implementiert wurden. Durch den Fokus in diesem Artikel können die
umfangreichen Diskussionen rund um die Umsetzung bzw. neuere interessange
Entwicklungen und Novellierungen, wie etwa im Rahmen des Arbeitslosengeld II
nicht berücksichtigt werden.
29 Pühl, Katharina:
Neoliberale Paradoxien? Geschlechtsspezifische Veränderungen durch
sozialpolitische Reregulierungen als Herausforderungen feministischer Theorie,
in: Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien 22:2+3 (2004), S.
40-50, hier: 45
30 Pühl: Neoliberale
Paradoxien, a.a.O., S. 41f.
31 Ludwig 2006, a.a.O.,
S. 54
32 ebd., S. 55
33 vgl. Pühl:
Neoliberale Paradoxien, a.a.O., S. 44 und dies.: Geschlechtsspezifische
Sozialisation: Arbeit, Geschlecht, Gouvernementalität, in: Deck, Jan/Dellmann,
Sarah/Loick, Daniel/Müller, Johanna (Hg.): Ich schau Dir in die Augen,
gesellschaftlicher Verblendungszusammenhang. Texte zu Subjektkonstitution und
Ideologieproduktion, Mainz 2001, S. 112-123
34 Statistik Austria:
Frauen und Männer in Österreich. Statistische Analysen zu
geschlechtsspezifischen Unterschieden, Wien 2007, S. 17-52
35 Ludwig 2006, a.a.O.,
S. 55
36 ebd., S. 56
37 Da Frauen
überproportional in Branchen vertreten sind, die erst mit Verzögerung von der
Krise betroffen sind (z.B. Tourismus, öffentliche Dienstleistungen etc.), sind
sie von Arbeitslosigkeit nicht weniger, aber oft
später als Männer betroffen. Vgl. Scheele, Alexandra: Hat die Wirtschaftskrise
ein Geschlecht?, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 3/2009, S.
26-28, sowie Wichterich, Christa: Frauen funktionieren als soziale Air Bags,
in: diestandard.at,
http://diestandard.at/fs/1252036990913/Frauen-funktionieren-als-soziale-Air-Bags
38 Michalitsch, a.a.O.
39 Sauer, Birgit:
Öffentlichkeit und Privatheit revisited. Grenzneuziehungen im Neoliberalismus
und die Konsequenzen für Geschlechterpolitik, in: Kurswechsel 4/2001, S. 5-11,
hier: S. 8
40 Poulantzas, Nicos:
Staatstheorie. Politischer Überbau, Ideologie, Autoritärer Etatismus, Hamburg 2002,
S. 194ff.
41 Vgl. Sauer, a.a.O.,
S. 8
42 Engel, Antke:
Gefeierte Vielfalt. Umstrittene Heterogenität. Befriedete Provokation. Sexuelle
Lebensformen in spätmodernen Gesellschaften, in: Bartel, Rainer et al. (Hg.):
Heteronormativität und Homosexualitäten, Innsbruck 2008, S. 43-64
43 Darauf haben die
Goldenen Zitronen jüngst hingewiesen. Vgl. ihren Song „Aber der Silbermond“ auf
ihrem neuen Album „Die Entstehung der Nacht“ (Buback Tonträger 2009). Doris
Achelwillm schreibt dazu: „Die Goldenen Zitronen finden ‚Silbermond’
interessant, weil die deutschen Chart-Breaker seit einem ihrer letzten Hits
sowas wie die unwidersprochene Speerspitze des popkulturell verhandelten
Sicherheits-Dispositivs sind.“ (Achelwillm, Doris: Mit den Goldenen Zitronen
durch die Krise. Zehn Thesen zur „Entstehung der Nacht“, 2009,
http://www.die-goldenenzitronen.de/aktuelles.php
44 Nach Schätzungen ist
in Österreich jede fünfte Frau von Gewalt durch einen nahen männlichen
Angehörigen betroffen. 90 Prozent aller Gewalttaten an Frauen und Kinder
passieren in der Familie und im sozialen Nahraum. Vgl. Thaler-Haag, Birgit:
Gewalt gegen Frauen im sozialen Nahraum. Ursachen, Formen und Muster von Gewalt
in Beziehungen, Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Eine von fünf. Gewalt
gegen Frauen im sozialen Nahraum“ am 20. Okt. 2008, online unter
http://www.birgitsauer.org/WS%202008_09/VO%20Eine%20von%205/ThalerHaag.pdf
45 Financial Times,
zit. nach Young, Brigitte: Globale Finanzkrisen und Gender, a.a.O.
46 Wichterich, a.a.O.
47 Jörges, Hans-Ulrich:
Guttenberg, der Baron der Herzen, Stern, 6. Juni 2009
48 Scheele, a.a.O.