Elite, Exzellenz, Weltspitze

Exzellenzinitiative verfestigt Ungleichheiten

in (10.12.2007)

Mit der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder verfestigen sich bestehende Ungleichheiten in der Ausstattung der Hochschulen

Elite, Exzellenz, Weltspitze
Mit der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder verfestigen sich bestehende Ungleichheiten: Überdurchschnittlich ausgestattete Hochschulen haben überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Damit wird eine Spaltung der Hochschullandschaft vorangetrieben.

Es begann mit einem Vorstoß der SPD-Spitze zum Beginn des Jahres 2004: Kanzler Schröder forderte die Errichtung einer "nationalen Eliteuniversität" und verkündete damit offiziell die Abkehr seiner Partei von egalitären Vorstellungen in der Hochschulpolitik. Wenig später kündigte die Bundesregierung eine üppig dotierte Auszeichnung für eliteverdächtige Hochschulen an. "Ziel des Wettbewerbs ist es, Aufbruchstimmung zu erzeugen: Deutschlands Top-Hochschulen wollen in die internationale Spitzenliga vordringen. Brain up!" hieß es in einer Erklärung des Wissenschaftsministeriums. Über den Zeitraum von fünf Jahren sollten für fünf Hochschulen jährlich insgesamt 250 Mio. Euro locker gemacht werden.

Was dabei nicht bedacht wurde: Für Hochschulpolitik sind vorwiegend die Länder zuständig, und von diesen wurde der SPD-Vorstoß zunächst mit einer Mehrheit CDU-dominierter Landesregierungen blockiert. Doch der Druck aus Hochschulleitungen und Wissenschaftsorganisationen wuchs. Durch den Elite-Vorstoß geweckte Begehrlichkeiten brachten die Unis dazu, auf eine Freigabe der in Aussicht gestellten Gelder zu drängen.
In Verhandlungen kam schließlich ein Kompromiss zustande: Die "Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder" wurde mit geteilter Finanzierung vereinbart, und so konnte die Gesamtfördersumme auf knapp 450 Mio. Euro pro Jahr aufgestockt werden.

Bei der "Exzellenzinitiative" wurden drei Förderlinien aufgelegt: 39 Graduiertenschulen erhalten jeweils ca. eine Million Euro pro Jahr, um eine handverlesene Elite von DoktorantInnen bei optimalen Forschungsbedingungen zu fördern. In 37 "Exzellenzclustern" kooperieren Einrichtungen der geförderten Universitäten mit außeruniversitären Einrichtungen. Für jedes dieser "international sichtbaren Netzwerke" stehen pro Jahr ca. 6,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Am meisten Prestige und Geld bringt den Hochschulen jedoch ein, in der dritten Förderlinie für "Zukunftskonzepte zum Ausbau universitärer Spitzenforschung" den Zuschlag zu erhalten. Voraussetzung ist eine "schlüssige Gesamtstrategie zu einem weltweit anerkannten Leuchtturm der Wissenschaft." In diesem Programm werden nun neun ausgewählte Universitäten mit insgesamt 210 Mio. Euro pro Jahr gefördert.

Während bei den Exzellenzclustern Kooperationen mit der Wirtschaft erwünscht sind, wurden Beiträge zur Ökonomisierung des Bildungswesens auch bei der Prämierung der "Zukunftskonzepte" honoriert. Die Technische Universität München überzeugte die Jury bereits in der ersten Auswahlrunde mit ihrem Konzept "TUM. Die unternehmerische Universität". Dieses bezweckt die "Entwicklung einer unternehmerisch denkenden und handelnden Universität. Das Unternehmensziel ist die Wissenschaftlichkeit, die an besten internationalen Standards gemessen wird. Aus diesem Ziel leitet sich die gesamte Agenda der TUM ab."

Im Zusammenhang mit einer bedingungslosen Ausrichtung des Wissenschaftsbetriebs an neoliberalen Konzepten sind die Fördergelder nicht der einzige Vorteil einer Aufnahme in die Gruppe der "Spitzenunis". Das mit der Auszeichnung verbundene Prestige ist darüber hinaus auch bei der Einwerbung weiterer Drittmittel hilfreich.

Parallel zu diesen Entwicklungen in der "Spitzengruppe" entfaltete die Exzellenzinitiative in den unteren "Marktsegmenten" eine disziplinierende Wirkung. Um ihre Chance zu wahren, wenigstens in der zweiten oder dritten Förderlinie prämiert zu werden, übertrumpften sich die Hochschulen mit Selbstdarstellungen, welch ausgezeichnete Bedingungen sie bieten, wie herausragend sie arbeiten und wie gut aufgestellt sie sind - statt öffentlich gegen Unterfinanzierung, schlechte Studienbedingungen und eine miserable Ausstattung im Forschungsbereich Position zu beziehen.