Der Irak, 1932 als souveräner Staat anerkannt und in den Völkerbund aufgenommen, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem wesentlichen Kalkül der Nahostpolitik der USA. ...
... Außerdem sind die USA seit langem bestrebt, je nach den Konfrontationen zwischen ihnen und Rußland (beziehungsweise der UdSSR), den Gemengelagen zwischen Israel, Jordanien, Saudi-Arabien, Kuwait, Irak, Iran, Pakistan, Indien und anderen nicht nur ihren Einfluß schlechthin, sondern ihre geostrategische Hegemonie in diesem Raum zu sichern. Dabei geht es keineswegs nur um Öl. Die im Irak befindliche Hälfte der geschätzten Weltvorräte hätten die USA gefahr- und gewaltlos schon immer zu einem Teil der Kosten erwerben können, die sie ein Krieg zur Vernichtung des irakischen Staates und zu seiner Verwandlung in ein Mittelost-Protektorat kosten würde.
1951 kam Mossadegh im Iran an die Macht; 1953 wurde er durch die CIA liquidiert und das Schah-Regime installiert. Zu seiner Sicherung wurde von General Norman Schwartzkopf sen. die geheime Staatspolizei SAVAK geschaffen. Zwischen 1963 und 1968 versank der Iran in einem innenpolitischen Chaos. Gleichzeitig wurde der von den Briten im Irak eingesetzte König durch Abd al-Quassim gestürzt; an diesem Putsch war ein gewisser Saddam Hussein beteiligt, der 1968 mit CIA-Unterstützung wiederum General Ahmed Hassan Bakr half, Quassim zu beseitigen, um 1979 selbst von Saddam gestürzt zu werden. Zunächst verstaatlichte der General die irakischen Ölvorkommen samt -industrie. Präsident Nixon organisierte dagegen den Widerstand, unter anderem durch die Bewaffnung der Kurden und ließ den Irak auf die Liste jener Staaten setzen, die der Unterstützung des Terrorismus bezichtigt wurden.
Saddam durchkreuzte vorerst die Absichten der USA, indem er ein Arrangement mit dem Iran herbeiführte: Der strategisch entscheidende Schatt al-Arab wurde der iranischen Kontrolle überantwortet. Hiermit entstand ein bis heute wirkender Grund für die nun - wenn auch noch nicht kontinunierliche, so doch periodische - Feindschaft USA-Irak.
Die Ereignisse im Iran sowie die folgenden Auseinandersetzungen zwischen Iran und Irak veränderten die Lage und veranlaßten die USA, zeitweilig umzudisponieren. Der Sturz des Schahs und die Machtergreifung der Ayatollahs, die Iran-Geisel-Affäre einerseits und die persönliche Machtergreifung Saddams durch die Unterwerfung der Baath-Partei mittels der Liquidierung fast ihrer gesamten Führung andererseits veranlaßten die USA, Saddam zu unterstützen, den Irak gegen den Iran aufzurüsten und in Stellung zu bringen. Entsprechend der Carter-Doktrin (1980) forderte Brzezinski - damals Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates der USA und Chefplaner dieser Phase des Kampfes um die Vor- und Weltherrschaft - den Irak auf, den Iran anzugreifen, den strategisch entscheidenden Wasserweg des Schatt al-Arab (zurück)zuerobern und somit die Hegemonie der USA in dieser Region sichern zu helfen. Reagan und seine Gehilfen rüsteten den Irak vor allem gegen die UdSSR weiter auf; im Jahre 1982 wurde der Irak von der Liste der den Terrorismus unterstützenden Länder gestrichen, 1984 wurden volle diplomatische sowie intensive militärische und geheimdienstliche Beziehungen zwischen den USA und dem Irak aufgenommen.
Reagan, sein damaliger Vize Bush sen. sowie die führenden politischen und militärischen Berater haben die Kampfhandlungen des Iraks gegen den Iran unterstützt, nicht zuletzt durch Hilfe bei der Herstellung und Billigung des Einsatzes chemischer Waffen sowohl gegen die Iraner als auch gegen die Kurden. Zu Beginn des Jahres 1988 eroberte die irakische Armee mit logistischer, waffentechnischer und geheimdienstlicher Hilfe der USA die Halbinsel Fao und damit wieder den Zugang zum Persischen Golf. Gleichzeitig begannen geheime Verhandlungen der USA mit dem Iran und verdeckte Operationen der USA im Nahen und Mittleren Osten, um weitere strategische Optionen zu sondieren. Nach dem vorläufigen Ende des Krieges zwischen Irak und Iran 1988 und dem Wegfall der sowjetischen Bedrohung nach 1989 wurde der geltende Kriegsplan 1002 in die Variante 1002-90 modifiziert: Nun galt der Irak als Hauptgegner eines möglichen Krieges.
Saddam unterschätzte die Möglichkeiten einer gegen ihn zustandekommenden Koalition. Sein Angriff auf Kuwait wurde am 3. August 1990 mit der Verurteilung als Aggressor (UN-Resolution 660) und drei Tage später mit Wirtschaftssanktionen (UN-Resolution 661) beantwortet. Der Irak importierte zu dieser Zeit etwa drei Viertel seiner Nahrungsmittel; ab September 1990 mußten Lebensmittel rationiert werden. Zwischen August und November wurden auf Befehl des Präsidenten Bush sen. die USA-Truppen in Saudi-Arabien zum Angriff gegen den Irak konzentriert und eine internationale Koalition organisiert. Am 12. Januar billigte der Kongreß einen Angriff, der am 17./18. Januar begann und am 28. Februar 1991 mit einem Waffenstillstand vorläufig beendet wurde.
Unter Clinton und Bush jun. wurde die Eindämmungs- und Unterwerfungspolitik gegen den Irak fortgesetzt; 1998 wurde der UNSCOM-Chef Butler veranlaßt, die Missionen durch vorsätzlich herbeigeführte Konfrontationen abzubrechen. Die bis dahin durch die Präsidentenberater Perle, Wolfowitz, Rice und Rumsfeld fortgeführten Kriegsvorbereitungen wurden durch Bush jun. mit dem Ziel eines baldigen Angriffs forciert. Im August 2002 gelangten durch gezielte Indiskretionen die Monate Januar bis März 2003 als Zeitraum des Angriffs in die Meldungen der Nachrichtenagenturen; auch wurden Voranschläge über die Kosten des Krieges verbreitet. Die jüngsten Ereignisse sind bekannt.
in: Des Blättchens 6. Jahrgang (VI) Berlin, 3. März 2003, Heft 5, S. 9 - 11