Kleinkindbetreuung passt ins Bild

in (30.05.2007)

Die KommentatorInnen wundern sich: Eine CDU-Familienministerin und so fortschrittliche Vorschläge in Sachen Kinderbetreuung?

Von einer ‚kleinen RevolutionÂ’ und vom Ankommen in der frauenpolitischen Realität ist die Rede, auch von ‚SozialdemokratisierungÂ’ und der Überwindung alter Rollenbilder. Dabei darf man nicht vergessen, dass die Vorschläge Ursula von der Leyens durchaus nicht neu sind - ihre beiden sozialdemokratischen Vorgängerinnen haben bereits das gleiche gefordert. Neu und so verwunderlich ist nur, dass eine CDU-Politikerin Angebote für familienexterne Betreuung fordert.
Als die Familienministerin ankündigte, für eine halbe Million Kleinkinder Krippenplätze zu schaffen - wenn auch erst im Laufe der nächsten sechs Jahre - war die gesellschaftliche Zustimmung insgesamt groß, nur aus einer Ecke wurde sich mächtig empört: Eine kleine aber einflussreiche, stockkonservative Riege von CDU-Politikern sah Jahrzehnte alte christdemokratische Grundsatzpositionen bedroht. Sie wollen das ‚klassische FamilienbildÂ’ nicht aufgeben, argumentieren mit Freiheit vor staatlichen Eingriffen und dass es durchaus Frauen gäbe, die in ihrer Mutterrolle Erfüllung fänden.

Konservative gegen Marktliberale

Ihnen gegenüber stehen die marktliberalen Kräfte der CDU, die verstanden haben, dass Kinderbetreuung nicht nur eine emanzipative Frage ist, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor. Schon zu Beginn der Rot-Grünen-Regierungszeit Ende der 90er Jahre befasste sich die bundesdeutsche Politik mit der Frage der Kinderbetreuung. Man hatte nämlich Statistiken aus skandinavischen Ländern gelesen und manch interessanten Schluss daraus gezogen: Erstens war dort eine deutlich höhere Frauenerwerbsquoten zu verzeichnen, auch Mütter standen dem Arbeitsmarkt also zur Verfügung. Zweitens hatten diese Länder höhere Geburtenraten, und das obwohl so viele Frauen arbeiteten. Drittens konstatierte die im Jahre 2000 veröffentlichte PISA-Studie, skandinavische Kinder seien bessere SchülerInnen, wohl auch aufgrund der frühkindlichen Förderung.

Insofern braucht niemand erstaunt zu sein, wenn Ursula von der Leyen die Familienpolitik der letzten zehn Jahre fortsetzen will: Kleinkindbetreuung passt ins wirtschaftspolitische Profil der CDU. Gut ausgebildete junge Frauen sollen dem prognostizierten Fachkräftemangel Abhilfe schaffen, höhere Erwerbsquoten und bessere Betreuungsangebote die Geburtenrate erhöhen und die professionelle Betreuung von Kleinkindern deren frühstmögliche Förderung und damit Formung zu Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen.

Das ökonomische Argument zieht

Es mag sein, dass von der Leyen sogar einen Fortschritt in Sachen Gleichberechtigung und Entscheidungsfreiheit anstrebt, vielleicht auch nicht. Durchsetzen wird sie sich jedenfalls in erster Linie aufgrund der ökonomischen Argumente für Kleinkindbetreuung. Deshalb braucht sie sich auf die Wertedebatte ihrer parteiinternen Gegner auch nicht weiter einlassen: Mögen die dem alten Familienbild hinterher trauern und gegen von der Leyens ‚RebellionÂ’ zetern - Krippenausbau ist europäischer Standard und allgemein als wirtschaftliche Notwendigkeit anerkannt. Er wird kommen, auch ohne feministische Politik.