Rechte Szene

Nazis in Zivil

in (05.12.2004)

Die rechte Jugendkultur ist im Wandel begriffen: Öffentliches Auftreten und Outfit werden aufpoliert.

Vertreter rechtsextremer Parteien distanzieren sich öffentlich von den provokant auftretenden Stiefelnazis. Dafür gibt es gute strategische Gründe, denn die lose organisierten und militanten Jugendlichen sind zu selten bereit, sich ernsthaft politisch zu engagieren. Aber auch die rechte Jugendkultur selbst ist im Wandel begriffen.

Speziell die NPD sah sich nach dem gescheiterten Verbotsverfahren, der Abspaltung großer Anhängerschaftsteile aus dem neonazistischen Kameradschaftsspektrum, starken Mitgliederverlusten und einer drohenden Parteipleite, zu einer Neuorientierung gezwungen.
Insbesondere im Rahmen der wöchentlichen Anti-Hartz-Proteste gelang es bei den letzten Landtagswahlen der DVU in Brandenburg und im Saarland sowie in Sachsen der NPD erfolgreich an die Proteste anzuknüpfen. Bundesweit stellen sie sich als die letzte "nationale Fundamentalopposition" gegenüber den etablierten Parteien dar.
Begleitet wird die Parteienpolitik vom Ausbau einer (pseudo-)zivilgesellschaftlichen Basis. In Bürgerinitiativen kämpfen Rechtsextreme - bewaffnet mit Unterschriftenlisten - gegen die Errichtung von "Asylantenheimen", für "saubere Städte" und "nationale Jugendzentren".

Die Szene lebt weiter!
Das veränderte Auftreten in der Öffentlichkeit trägt einen Teil zu dem Erfolg der neuen Strategie bei: Dank strenger Auflagen von Initiatorenseite tragen die Glatzen - vormals in Bomberjacken und Springerstiefeln - nun gepflegte, modische Kurzhaarfrisuren und Kleidung ganz ohne mysteriöse Zahlencodes oder NS-Symboliken.
Im militanten Kameradschaftsspektrum ist daneben der Trend zu kleineren, autonomen Gruppierungen zu verzeichnen, die auf ihre Art subversiv den "Globalkapitalismus und das BRD-Regime" zerschlagen wollen. Insgesamt sind die "Freien Kameradschaften" sowie die junge, rechte Skinheadszene auch weiterhin ein unentbehrlicher Absatzmarkt für Musikbands und eingegliederte Wirtschaftsunternehmen (im Versandhandel) und bilden über Umwege eine tragende Finanzierungssäule faschistischer Organisationen.

Neu ist dabei auch das Outfit der sogenannten Autonomen Nationalisten und Anti-Antifa-Gruppen. Bekleidet mit Streetwear- Mode im Carhartt-Style und abgeänderter Antifa-Symbolik bilden sie auf Demonstrationen immer größere "schwarze Blöcke".
Der ganze Erfolg der umfassenden Neuorientierung der Extremen Rechten scheint dem Verfassungsschutz dabei zu entgehen: das Gesamtaufkommen an Rechtsextremisten wird im VS-Bericht 2003 als rückläufig beschrieben.