Was ist eigentlich Freie Liebe?

in (17.03.2009)

Der Begriff der „Freien Liebe" sorgt seit dem 18. Jahrhundert für Diskussionen, bis heute. Er kritisiert zum einen die Institutionalisierung von Liebesbeziehungen durch Staat und Kirche in Form der Ehe, aber auch die gesellschaftlichen, oftmals religiös geprägten Moralvorstellungen, die an solche Beziehungen geknüpft werden.

Richtig bekannt wurde der Begriff der freien Liebe erst zu Beginn des 20. Jahrhundert durch die russisch-jüdische Anarchistin Emma Goldman. Sie formulierte eine radikale Kritik der Ehe und der patriarchalen, d.h. von Männern bestimmten Gesellschaft. Auch innerhalb der ArbeiterInnenbewegung herrschte zu dieser Zeit solch ein Gesellschaftsbild.

Kritik der Romantischen Zweierbeziehung
Die Ehe ist heute keine gesellschaftliche Notwendigkeit mehr, wie sie es noch bis hinein in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war. Nicht-eheliche Beziehungen werden in weiten Teilen unserer Gesellschaft akzeptiert. Doch auch die „Romantische Zweierbeziehung" kann kritisiert werden. Eine nicht-eheliche Beziehung ist lediglich nur nicht durch Staat oder Kirche vertraglich bestätigt. Stattdessen besteht ein nicht festgeschriebenes ÜbereinkommenVertrag in Zweierbeziehungen, welches durch die gesellschaftlichen Sittlichkeitsvorstellungen geprägt ist: Die Beziehung ist exklusiv, das heißt, dass die beiden nur sich gegenseitig als PartnerIn haben. Außerdem gibt es in „Romantischen Zweierbeziehungen oft bestimmte Erwartungen an den/die BeziehungspartnerIn, die unter Umstände auch verbunden sind mit speziellen Rollenbildern, wie ein Mann oder eine Frau zu sein hat. Körperliche Zärtlichkeit außerhalb der „Romantischen Zweierbeziehung" ist tabu.
Der Unterschied zur Ehe ist nicht groß: Die Normierung der Beziehung bleibt bestehen - lediglich die Form ändert sich.
Diese Normierung verschleiert, dass verschiedene Beziehungen auch ganz verschiedene Formen haben können. Sie zwingt die TeilnehmerInnen einer Zweierbeziehung nicht nur, Freiheiten aufzugeben; sie zwingt diese auch in ein vorgefertigtes Muster.

Andere Beziehungsmodelle wagen
„Freie Liebe" wagen ist immer auch ein kompliziertes Unterfangen, schließlich durchdringen uns all die Sittlichkeits- und Moralvorstellungen der Gesellschaft.
Versuche, diese Normen zu durchbrechen gab es, gibt es und wird es immer wieder geben.
Das Konzept der „Polyamorie" - die mehrfache Liebe im Kontrast zur „Polygamie", welche meist als mehrfaches Verheiratetsein von Patriarchen verstanden wird - versucht Liebesbeziehungen zwischen mehreren Personen unter einen Hut zu bringen. Besonders viel Wert wird hierbei auf gemeinsame Absprachen und Achtung der Anderen gelegt.
Auch Emma Goldman hat nicht immer gute Erfahrungen in ihren Beziehungen gemacht, sie kritisierte nicht nur die patriarchalen Verhaltensmuster ihrer Genossen, sondern auch diejenigen unter ihnen, die den Begriff der Freien Liebe lediglich zu ihren Nutzen auslegten, indem sie ihre Sexualität ohne Rücksicht auf die Gefühle und Bedürfnisse anderer auslebten.

Textsammlung und Links: http://liebe.arranca.de
Literaturhinweis: Emma Goldmann: Gelebtes Leben

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