Wie die Bertelsmann Stiftung die ganze Gesellschaft der kapitalistischen Wirtschaft unterordnen will
„Ich kenn doch nur den Bertelsmann-Club..."
Viele kennen nur den Bertelsmann-Club. Dabei ist der Bertelsmann-Club nur ein kleiner Ausläufer der Bertelsmann AG aus Gütersloh. Hinter diesem Namen steckt der größte Medienkonzern Europas und der zweitgrößte der Erde, dessen Hauptaktionärin die Bertelsmann-Stiftung ist.
Dieser neoliberale Think Tank, eine an der kapitalistischen Wirtschaft
interessierte Denkfabrik, versucht auf alle gesellschaftlichen Bereiche
Einfluss zu nehmen und befürwortet eine Gesellschaft, die unter anderem
auf soziale Sicherung verzichtet, um zu mehr Flexibilität für
Unternehmen zu gelangen.
Centrum für Hochschulentwicklung (CHE)
Vor allem in der Bildung möchte Bertelsmann ganz vorne mit dabei sein,
um seine neoliberale Ideologie zu verbreiten und zu fördern. Deshalb
wurde 1994 das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zusammen mit der
Hochschulrektorenkonferenz gegründet. Dieses entwickelte zusammen mit
dem Direktor der TU München,
Wolfgang Herrmann, den Entwurf für die Wiedereinführung der Studiengebühren.
Außerdem findet das CHE durch das jährliche Hochschulranking die
angeblich besten Universitäten und Hochschulen in Deutschland heraus.
Diese Umfragen werden an StudentInnen und ProfessorInnen verschickt und
können „anonym", das heißt unter Angabe vieler
Wiedererkennungsmerkmale, ausgefüllt werden. Unter diesen Fragen
befinden sich dann vor allem solche, die sich nach der Zusammenarbeit
der Hochschule mit Firmen oder Konzernen erkundigen. Außerdem beziehen
sich diese Umfragen nicht auf alle Fachbereiche, sondern nur auf
solche, die wirtschaftlichen Aufschwung erhoffen lassen.
Daraus lässt sich erkennen, dass das angestrebte Ziel eine zunehmende
Privatisierung und Ökonomisierung des Bildungssystems ist: Bildung soll
nicht mehr frei zugänglich sein und sich an die Profitinteressen der
Wirtschaft anpassen. Durch die Beeinflussung des Bildungssystems will
Bertelsmann eine weniger kritische Gesellschaft erschaffen und den
Staat zu seinen Zwecken instrumentalisieren.
EU, Außen- und Sicherheitspolitik
Auch in anderen politischen Bereichen mischt die Bertelsmann-Stiftung
gerne mit. Als Hauptgeldgeberin des Centrums für Angewandte
Politikforschung (CAP) lässt sie der Regierung regelmäßig
Еmpfehlungsschreiben zukommen, in denen unter anderem über das Vorgehen
der Bundeswehr (insbesondere im Ausland) oder Sozialreformen beraten
wird.
Ein großes Interesse besteht in der Aufrüstung der Europäischen Union,
die, laut Bertelsmann, schon bald die Supermacht der USA abgelöst haben
soll. Das CAP setzte sich in dieser Sache besonders für eine
„europäische Atombombe" zur Machtdemonstration ein, da Deutschland,
aufgrund des Atomwaffenschutzgesetzes, keine eigene Atombombe besitzen
kann.
Wie eng CAP und Bertelsmann Stiftung verbunden sind, zeigt sich nicht
nur an der Finanzierung des Politikberatungsinstituts, sondern auch in
personellen Überschneidungen: Sowohl der Direktor des CAP als auch sein
Stellvertreter sind Mitglieder des Präsidiums oder der
Geschäftsführung der Bertelsmann Stiftung.
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