Erinnert sich noch jemand an das Versprechen des ehemaligen Wirtschafts- und Sozialministers Wolfgang Clement (SPD), durch Hartz IV würden die Arbeitlosen besser
gefördert? Der jetzige Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD), darauf angesprochen, beschied uns jüngst mit den Worten: "Politische Referenzwerte sind unverbindlich." Ein Satz, um den ihn andere Politiker wahrscheinlich beneiden. Denn Müntefering redete sich auf gar nichts heraus, sondern gab mit größtmöglicher Frechheit zu verstehen, daß er sich niemals auf irgendetwas festlegen lasse, und er formulierte es so, als wäre es ein Naturgesetz, das wir zu respektieren haben.
Wenn Sprecher von Konzernen und ihnen nahestehende Politiker das Wort "sozial" in den Mund nehmen, muß man immer wieder staunen, wie hemmungslos sie uns veralbern. So sagte dieser Tage Manfred Wennemer, Vorstandsvorsitzender des Conti-Konzerns: "Sozial ist, was die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sichert." Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle: "Wir wollen eine echte Sozialpolitik. Dazu gehört die Privatisierung der Pflegeversicherung." Der Verband des Kraftfahrzeug-Handwerks: "Wir brauchen einen von sozialpolitischem Brauchtum befreiten Tarifvertrag", womit der Verband seine Absicht meinte, die Arbeitszeit zu verlängern und solche sozialen Errungenschaften wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld abzuschaffen.
Besonders eindruckvoll lassen sich Unternehmer und ihre politischen, publizistischen und pseudo-wissenschaftlichen Fürsprecher immer dann vernehmen, wenn sie davor warnen, daß die Beschäftigten, Arbeitslosen und Rentner zu viel Geld bekommen könnten. Der Arbeitgeberverband der metallverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalens: "Wer einen zu kräftigen Schluck aus der Pulle nimmt, kann sich leicht verschlucken", wobei der Verband selbstverständlich nicht an die Erhöhungen von Managergehältern um bis zu 30 Prozent dachte, denn Manager verschlucken sich bekanntlich nie. Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank: "Zu hohe Lohnabschüsse gefährden die Konjunktur und verursachen Inflation." Klaus Brandner, Sozialexperte der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion: "Trotz der Preissprünge bei Milch und Molkereiprodukten müssen die Sozialleistungen nicht erhöht werden. Es sind ja auch Lebensmittel billiger geworden." Münteferings Bundesarbeitsministerium: "Die meisten Rentnerhaushalte haben noch andere Einkünfte." Und solche Frechheiten werden verlautbart, nachdem die Nettorente der Neurentner innerhalb von sechs Jahren von 883 auf 790 Euro gesunken und alles Lebensnotwendige teurer geworden ist.
Bei Ziehung der Lottozahlen sichert sich der Hessische Rundfunk, der uns daran teilhaben läßt, jedesmal ab: "Alle Angaben ohne Gewähr". Warum warnen uns tagesschau und heute nicht in gleicher Weise vor den permannent bei ihnen auftretenden politischen und wirtschaftlichen Großmäulern und deren dreist verlogenen Redensarten?