Was hätte Rosa gesagt?

Mehr als anderthalb Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der DDR und des staatssozialistischen Systems in Europa, nach einer ganzen Serie imperialer Kriege, beginnend mit dem Golfkrieg von 1991, ...

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vor dem Hintergrund des Übergangs von einem wohlfahrtsstaatlichen fordistischen Kapitalismus zum Finanzmarkt-Kapitalismus sieht sich die Linke international, in Europa und Deutschland mit drei fundamentalen Konflikten konfrontiert: Innerhalb der herrschenden Klassen und Eliten streiten ein imperialer, wirtschaftsliberaler und autoritärer Neoliberalismus und eine Politik der multilateralen, sozialliberalen oder sozialdemokratischen, an demokratischen Grundnormen orientierten Gestaltung des Finanzmarkt-Kapitalismus um die Vorherrschaft. Aus der Radikalisierung des Neoliberalismus oder dem Scheitern des modernen sozialdemokratischen Ansatzes entstehen Tendenzen hin zur Barbarisierung und offener, alle Grundrechte verletzender, den Krieg als Normalfall organisierender Herrschaft. Zugleich ist die Linke selbst wieder zu einer Herausforderung geworden. Der Weltsozialforumsprozess, massive soziale Bewegungen der von Arbeitslosigkeit, Niedriglohn und Prekarisierung Bedrohten oder Betroffenen, der Land-, Obdach- und Passlosen, jener, denen der Zugang zu Wasser, Gesundheitsversorgung und Bildung versagt ist oder genommen wird, die von Krieg und Terror bedroht sind, stellen die Legitimität von Neoliberalismus, Finanzmarkt-Kapitalismus und Imperialismus in Frage. Aus einer Situation der Ohnmacht und Defensive zeichnen sich Möglichkeiten eigener Gestaltungsmacht und realer Veränderung ab.

Genau an diesem Punkt aber brechen die inneren Widersprüche der Linken auf, eröffnen sich Alternativen, die eine strategische Diskussion herausfordern, muss die Linke zeigen, was sie ist, welche andere Welt sie in ihrem Kampf vorwegnimmt. Die Zeit der Beliebigkeit und abstrakter Erklärungen ist vorbei. Die Diskussionen zur Frage der eigenen Organisation, der Beziehung von Parteien, Bewegungen, Gewerkschaften, zur Frage von Regierungsbeteiligungen, des Verhältnisses zum Staat, zu Gewalt, zu den Menschenrechten hat mit aller Macht begonnen.

Es wird entscheidend von der Kultur, vom Selbstverständnis der Linken abhängen, zu welchem Ergebnis diese Diskussionen führen werden. Die Gefahr ist außerordentlich groß, dass sich die alten Schismen der Linken unter neuen Bedingungen wiederholen und eine Abwehr von Barbarei, die Überwindung der Hegemonie des Neoliberalismus, die Einleitung einer Strategie der Transformation, die über den Finanzmarkt-Kapitalismus hinaus führt und die Vorherrschaft der Kapitalverwertung über Wirtschaft und Gesellschaft überwindet, unmöglich macht. Was hat Rosa Luxemburg uns hinterlassen, was wir nie vergessen sollten? Was hätte Rosa uns gesagt?

Nicht verlernen, zu lernen!
Wieder steht die Aufgabe, die Rosa Luxemburg schon 1915, in der Stunde der bis dahin tiefsten Niederlage der sozialistischen Kräfte, bewegt hat: "Â… wir sind nicht verloren und wir werden siegen, wenn wir zu lernen nicht verlernt haben"1. Dieser Lernprozess aber ist nicht bequem. Wie schreibt Rosa in der Junius-Broschüre: "Selbstkritik, rücksichtslose, grausame, bis auf den Grund der Dinge gehende Selbstkritik ist Lebensluft und Lebenslicht der proletarischen Bewegung."2

Eine solche Selbstkritik ordnet sich nicht den Opportunitäten leichter Mehrheiten und fauler Kompromisse unter. Sie befriedigt nicht Harmoniesüchte und bequemen Ausgleich der Gegensätze, denn dies ist der Boden, auf dem die sozialistische Bewegung zu faulen begann und wieder in Fäulnis übergehen könnte.

Eine solche Selbstkritik hat zwei Bedingungen: erstens die Achtung der Würde, der persönlichen Integrität des Anderen, der Anderen, und zweitens der Schutz der "Andersdenkenden und -fühlenden in den eigenen Reihen"3. Werden die Andersdenkenden ausgeschlossen durch Diffamierung und Denunziation - die wichtigsten Formen sind einerseits die Unterstellung schlechter Motive oder die Zuordnung zum "Feind" als dem absolut Bösen, werden ihre Rechte auf die eigenständige, autonome Vertretung ihrer Meinung und die dazu notwendigen Rechte auf Organisation zum Zwecke der Meinungsbildung (Fraktionsverbot) nicht geachtet, ist Anders-Denken nicht möglich.

Da Denken aber überhaupt nicht möglich ist ohne das Denken von Differenz und in der Differenz, ist die Unterdrückung von Andersdenkenden die Unterdrückung von Denken überhaupt als öffentlicher Angelegenheit, ist Zerstörung des öffentlichen Raums, Vernichtung von Demokratie. Deshalb auch Rosas verzweifelte Bemerkung gegenüber ihren russischen Genossen drei Jahre später: "Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden"4. Und sie fügt begründend hinzu: "Nicht wegen des Fanatismus der ›Gerechtigkeit‹, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ›Freiheit‹ zum Privilegium wird."5

Die dauerhafte Unterdrückung der Freiheit der Andersdenkenden ist das Ende des Sozialismus als Aufklärungs-, als Emanzipations-, als Befreiungsbewegung. Diese Beseitigung der Grundbedingungen politischer Demokratie, so Rosa, "verschüttet nämlich den lebendigen Quell selbst, aus dem heraus alle angeborene Unzulänglichkeit der sozialen Institutionen allein korrigiert werden können: das aktive, ungehemmte, energisch politische Leben der breitesten Volksmassen"6. Staaten, die diese politische Demokratie beseitigen, indem sie öffentliche Dissidenz dauerhaft unterdrücken, haben sich wie schon Lenin und Trotzki "für die Diktatur einer Handvoll Personen " entschieden. Für Rosa Luxemburg ist dies trotz ihrer Sympathie mit den sozialen Zielen der Bolschewiki eine "bürgerliche Diktatur". Sie schrieb in ihrer Gefängniszelle: Bürgerliche Demokratie und diese Art von Diktatur seien "zwei Gegenpole, beide gleich weit entfernt von der wirklichen sozialistischen Politik"7.

Weder mit Rosa noch mit dem geltenden Parteiprogramm lässt sich der kubanische Staat ohne die größten und das Wesen betreffenden Einschränkungen als "sozialistisch" bezeichnen. Dies mag weh tun, mag der eigenen Biographie, der Solidarität mit einer Volksrevolution, dem Kampf gegen den US-Imperialismus und seiner Embargopolitik scheinbar entgegenstehen, aber billiger ist Sozialismus nicht zu haben, als sich offen diesen Widersprüchen zu stellen. Was wir wieder lernen müssen, ist, den befreienden Ansatz eines demokratischen Sozialismus, der die "süße Schale der formalen Gleichheit und Freiheit" mit dem "sozialen Inhalt" der Gerechtigkeit füllt, auch unter Schmerzen zu verteidigen und dadurch erst glaubwürdig und machtvoll zu sein.

Soziale Zielsetzungen allein, wie sie auch für viele staatssozialistische Gesellschaften in Europa primär waren, machen noch keinen Sozialismus, sondern nur eine sozial orientierte Diktatur im Namen des Volkes. Sozialistische Überzeugungen, die sich fangen lassen in dem Gefängnis der Hörigkeit einer Einparteienherrschaft, die nicht einmal Fraktionen in den eigenen Reihen zulässt, so ermutigend, bewunderungswürdig, ehrlich diese Überzeugungen auch sein mögen, machen noch keine sozialistische Gesellschaft. Und umgekehrt sind formale Freiheit und Gleichheit zwar eine Voraussetzung, nicht aber die Substanz von Sozialismus. Praktisch bedeutet dies auch: Engste, beste, solidarischste Kooperation mit kubanischen Sozialistinnen und Sozialisten dort, wo unsere praktischen Ziele übereinstimmen, aber bei klarer Betonung der Differenzen darüber, was Sozialismus ist und wie mit politischen Widersprüchen umzugehen ist. Dies schließt auch die Forderung nach Einleitung von realen, konkreten Schritten ein, die die Wahrung der politischen Freiheiten Andersdenkender sichert und mit der Freilassung der Gefangenen aus "Gewissensgründen " (Amnesty International) einhergeht. ^

Jenseits von allen taktischen Opportunitäten, von Stimmungen und Meinungen ist - und uns ist kaum noch vorstellbar, welchem Druck die deutsche Sozialdemokratie angesichts der Kriegsbegeisterung der übergroßen Mehrheit der Deutschen ausgesetzt war -, auch daran lässt Rosa Luxemburg keinen Zweifel, das wesentliche Kriterium politischer Entscheidungen das Programm der jeweiligen Organisation. Sie schreibt: "Und keine Gruppe von hundert Genossen, möge sie eine Ortsversammlung, ein Konsumverein oder eine parlamentarische Fraktion sein, hat in einer demokratischen Partei wie der Sozialdemokratie die Befugnis, den einzelnen zum Verrat an der Partei zu zwingen. Die Disziplin der Gesamtpartei, d. h. ihrem Programm gegenüber, geht vor alle Korporationsdisziplin und kann allein dieser letzteren Berechtigung verschaffen, wie sie auch ihre natürliche Schranke bildet."8 Wenn nun aber eine Position eines Organs einer Partei selbst vom Parteiprogramm abweicht, kann von einer solchen Position ausgehend auch nicht begründet werden, dass andere, abweichende Auffassungen nicht die Position der Partei widerspiegeln würde.

Nur am Parteiprogramm kann gemessen werden, ob eine einzelne Entscheidung der Position der Organisation entspricht oder nicht. Und es ist klar, dass auf der Basis ein und desselben Programms in sehr vielen konkreten Fragen unterschiedliche Entscheidungen getroffen werden können, denn das Programm formuliert nur die Maßstäbe, nimmt aber die konkreten Entscheidungen nicht vorweg und kann dies auch nicht. Und mit Mehrheit getroffene Entscheidungen grenzen deshalb die Minderheit solange nicht aus, wie deren Position vom Standpunkt des Programms her begründet werden kann. Alles andere wäre ein Ende der Pluralität einer Partei.

Von Hermann Klenner, Mitglied des Marxistischen Forums der PDS, kam der Vorschlag folgenden Absatz in das Parteiprogramm aufzunehmen: "Eine sozialistische Gesellschaft, wie wir sie anstreben, garantiert in der Einheit von politischen, sozialen und kulturellen Rechten das Selbstbestimmungsrecht aller Menschen und Völker. Sie ist eine Gesellschaft, in der die Profitdominanz beseitigt ist. Sie verwirklicht eine sich auf die politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und kulturellen Verhältnisse erstreckende Demokratie. Sie erfordert die Unterordnung der Produktions-, Verteilungs- und Konsumtionsweise unter das Prinzip, allen Bürgerinnen und Bürgern die Bedingungen für ein selbstbestimmtes und solidarisches Leben zu ermöglichen. Dazu gehören die entsprechende Veränderung der Richtung des wirtschaftlichen Wachstums und des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, die Bewahrung der natürlichen Umwelt, die Einheit von Rechtsstaat und Sozialstaat, Solidarität nach innen und außen sowie eine weltumspannende Ordnung des Friedens, der Gerechtigkeit und der Wohlfahrt." Diesem Vorschlag wurde gefolgt. 9

Die Resolution des Parteivorstandes der Linkspartei.PDS steht, indem sie Kuba uneingeschränkt als sozialistisch bezeichnet, in dieser Hinsicht im direkten Gegensatz zu Geist und Buchstaben des gültigen Parteiprogramms, und es ist deshalb kein Zufall, dass die Kommunistische Plattform der PDS, die diesem Parteiprogramm ihre Zustimmung versagte, diese Resolution fast uneingeschränkt begrüßt. Ihre Kritik an dem Beschluss hält sich in engsten Grenzen: "Es wäre eine kluge Entscheidung gewesen, hätte der Parteivorstand nach der Brüskierung der kubanischen Genossen durch André Brie, Helmuth Markov und Gabi Zimmer darauf verzichtet, sich sogleich unter Verweis auf die Menschenrechtsfragen wieder von Kuba abzugrenzen. Auch hätte der Parteivorstand gut daran getan, großzügiger mit überzeichneter Kritik umzugehen. SeiÂ’s drum. Das Entscheidende am Beschluss vom 27. 2. 2006 ist die Tatsache, dass er der Stimmung an der Basis der Partei gerecht wird."10

Radikal, nicht extrem
Die Politik der Linken und sozialistischer Parteien muss sich angesichts der wachsenden Bedrohungen der Grundlagen menschlicher Zivilisation radikalisieren. Daran gibt es für mich keinen Zweifel. Was aber bedeutet Radikalität? Mit Marx, Rosa Luxemburgs ständigem Bezugspunkt gemeinsam mit Lassalle, den sie für seine politische Kühnheit und Entschlossenheit bewunderte, heißt Radikalität, "die Sache an der Wurzel fassen". Und Marx fügt hinzu: "Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst." Und deshalb führe der "Radikalismus der deutschen Theorie" hin zu "der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist"11.

Rosa Luxemburg hat in der Schrift "Was will der Spartakusbund?" sich nicht nur dazu bekannt, dass der Spartakusbund die Regierungsgewalt nur "durch den klaren, unzweideutigen Willen der großen Mehrheit der proletarischen Masse" und "kraft ihrer bewussten Zustimmung zu den Aussichten, Zielen und Kampfmethoden des Spartakusbundes" zu übernehmen bereit ist 12, sie hat sich ganz im Geist ihrer Schrift "Zur russischen Revolution" in aller Klarheit von den bolschewistischen Methoden, wie sie sich nach dem Januar 1918 in Russland durchsetzten, abgegrenzt, wenn auch, ohne die Bolschewiki zu nennen: "In den bürgerlichen Revolutionen waren Blutvergießen, Terror, politischer Mord die unentbehrliche Waffe in der Hand der aufsteigenden Klassen. Die proletarische Revolution bedarf für ihre Ziele keines Terrors, sie hasst und verabscheut den Meuchelmord. Sie bedarf dieser Kampfmittel nicht, weil sie nicht Individuen, sondern Institutionen bekämpft, weil sie nicht mit naiven Illusionen in die Arena tritt, deren Enttäuschung sie blutig zu rächen hätte. Sie ist kein verzweifelter Versuch einer Minderheit, die Welt mit Gewalt nach ihrem Ideal zu modeln, sondern die Aktion der großen Millionenmasse des Volkes, die berufen ist, die geschichtliche Mission zu erfüllen und die geschichtliche Notwendigkeit in Wirklichkeit umzusetzen."13 Eine radikal demokratische Rätemacht, nicht die Diktatur eine Partei und ihrer Führung, sollte sich dem Widerstand der Konterrevolution entgegensetzen. Sie schrieb: "Der Einfall von Radek z. B., ›die Bourgeoisie abzuschlachten‹ oder auch nur eine Drohung in diesem Sinn, das ist doch Idiotie summo grado; nur Kompromittierung des Sozialismus, nichts weiter."

Linke Radikalität misst sich weder an der Gewaltsamkeit der Sprache, auch nicht an der Zahl der Toten, der Schnelligkeit der Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse, sondern daran, ob durch sozialistische Politik ein tatsächlicher Beitrag geleistet wird zur Beseitigung von Verhältnissen der Ausbeutung, Unterdrückung und Entmündigung. Jeder praktische Schritt dahin ist human und radikal zugleich. Dabei steht linke Politik im Wettbewerb, dies unter den gegebenen Möglichkeiten und mit den vorhandenen Kräften umfassender und vollständiger, in der Einheit der Durchsetzung der politischen, sozialen und kulturellen Menschenrechte zu tun.

Radikalität unterscheidet sich dadurch von Extremismus, dass Radikalität die Mittel dem menschlichen Zweck unterordnet, während der Extremismus in seiner Verachtung für Demokratie und für "Verweise auf Menschenrechtsfragen", die nur von den eigentlich wichtigen Dingen ablenken würden, die Mittel, den Kampf gegen den Feind, die Durchsetzung einer anderen politischen und Eigentumsordnung, über das Recht von Menschen auf Leben und demokratische Selbstbestimmung stellt. Extremisten sind jene, die anderen wegen ihrer Auffassungen, gewaltfreien Meinungsäußerungen, ihrer Herkunft oder Abstammung, ein geringeres Recht auf Leben zugestehen als sich selbst und ihren politischen Freunden. Extremismus bildet den tiefsten und direktesten Gegensatz zu einem sozialistischen Radikalismus. Das System des Extremismus ist die Diktatur, ob rechts oder links, das System eines sozialistischen Radikalismus ist eine soziale Demokratie.

Für eine solche linke Radikalität hat die Geschichte eine Reihe von Maßstäben entwickelt. Der erste Maßstab ist der der Präferenz von demokratischen und friedlichen Methoden. Der Bruch der Bolschewiki mit sozialistischer Politik war nicht der bewaffnete Putsch im Oktober 1917, der nur wenige Opfer verlangte, die Agonie der Provisorischen Regierung beendete und sich auf eine linke Mehrheit in den frei gewählten Räten stützte, sondern die Auflösung der Verfassunggebenden Versammlung Russlands mit polizeilichen Mitteln im Januar 1918. Der Sprecher der Bolschewiki, Nikolai Bucharin, erklärte von der Bühne dieser Versammlung aus "der bürgerlich-parlamentarischen Republik einen Kampf auf Leben und Tod". Dies beendete auch die Ära der demokratischen Räte, denn auch diese wurden von da an nicht mehr frei gewählt. Das Verbot von politischen Parteien, selbst jenen, die den Oktoberaufstand mitgetragen hatte, folgte fast unmittelbar. Damit wurden die Möglichkeiten einer friedlichen, legalen Austragung der inneren Konflikte beseitigt, so dass nur der offene Bürgerkrieg oder aber die Unterordnung unter die Diktatur der Bolschewiki als Alternative blieben. Dieser Konflikt kostete 10 Millionen Menschenleben.

Die Abwägung zwischen den Erwartungen und Hoffnungen auf die Durchsetzung einer neuen sozialistischen Wirtschafts- und Staatsordnung und den Gefahren, die sich durch die Errichtung einer Diktatur ergaben, wurde von den Bolschewiki schnell getroffen. Hintergrund sind einerseits die Erfahrungen von Zarismus, imperialistischem Krieg und der Formierung gegenrevolutionärer Kräfte sowie andererseits ein Verständnis von Revolution, das in der Phase der "Schreckensherrschaft" der Jakobiner den Höhepunkt der Französischen Revolution, als der Revolution schlechthin, sah.14 Anders aber als die Jakobiner unterwarfen sich die Bolschewiki nicht einem Votum der vom Volke gewählten Versammlung, sondern lösten diese auf.

Tyrannis und Diktatur 15 haben in ihren frühen historischen Formen oft starke progressive Züge getragen und brachten zum Beispiel unter Peisistratos (607 bis 528 v. u. Z.) Interessen vor allem der kleinen Landeigentümer Athens zur Geltung und stärkten damit sozialegalitäre Tendenzen. Unabhängig von diesem Gehalt ist ihnen die personale Herrschaft eines einzelnen außerhalb der historisch überkommenen oder aus dem Willen anderer abgeleiteter Verfahren (Wahl, Ernennung usw.) eigen. In diesem Sinne war Lenin kein Tyrann. Seine Macht beruhte auf der Diktatur einer Partei, durch die er bis zu seinem Tode regelmäßig gewählt wurde. Mit dem X. Parteitag wurde durch das Fraktionsverbot die freie Meinungsbildung in der bolschewistischen Partei unmöglich gemacht und spätestens Anfang der 30er Jahre hatte J. Stalin seine persönliche Tyrannei durchgesetzt.

Die Präambel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 beginnt mit den klaren Worten: "Da die Anerkennung der allen Mitglieder der menschlichen Familie innewohnende Würde und ihrer gleichen und unveräußerlichen Rechte die Grundlage der Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt bildet, da Verkennung und Missachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei führten, die das Gewissen der Menschheit tief verletzt haben, und da die Schaffung einer Welt, in der den Menschen, frei von Furcht und Not, Rede und Glaubensfreiheit zuteil wird, als das höchste Bestreben der Menschheit verkündet worden ist, da es wesentlich ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechts zu schätzen, damit der Mensch nicht zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung als letztem Mittel gezwungen wird Â…"16

Das Attentat auf Lenin durch linke Sozialrevolutionäre war die zwangsläufige Folge der Unterdrückung demokratischer Ausdrucksformen - war versuchter Tyrannenmord. Und Tyrannenmord ist der einzige Mord, der vom Standpunkt der Demokratie legitim ist, da es der Tyrann ist, der sich zum Herrn über Leben und Tod erklärt und über das Leben anderer außerhalb von rechtsstaatlichen Bedingungen verfügt. Gleichzeitig entzieht er jedem anderen die Möglichkeit, dem Menschen, der der Tyrann auch ist, gewaltlos die Macht, andere zu töten, zu nehmen. Da es um Leben und Tod geht, beendet auch oft erst der Tod die Herrschaft von Tyrannen. Demokratie dagegen schützt auch das Leben der Inhaber demokratischer Positionen, da sie diese Positionen nur auf Zeit einnehmen und ihre Stellung davon abhängig ist, ob sie direkt durch die Bürgerinnen und Bürger bzw. durch von diesen gewählten Vertretern ein- bzw. abgesetzt werden. Außerdem sind ihre Machtbefugnisse eingeschränkt, sind Leben und Freiheit der einzelnen nicht von der Willkür der Herrschenden abhängig. Genau deshalb aber muss Demokratie, will sie ihrem Anspruch gerecht werden, soziale Demokratie werden.

Der zweite Maßstab eines radikalen sozialistischen Ansatzes ist die Gerichtetheit der gesellschaftlichen Transformation und die Unteilbarkeit der Menschenrechte. Es ist klar, dass jede Veränderung einer Gesellschaft immer von den gegebenen Bedingungen ausgeht und die Verhältnisse, die der universellen Erfüllung der politischen, sozialen und kulturellen Menschenrechte entgegenstehen, nur schrittweise überwunden werden können. Gleichzeitig ist es mit einer Politik des demokratischen Sozialismus unvereinbar, wenn deshalb dauerhaft die elementarsten Grundrechte auf welchem Gebiet auch immer nicht durchgesetzt werden, weil damit Menschen die allerwichtigsten Bedingungen auf ein Leben in Würde verlieren. Der Ausschluss von Wohnung, Arbeit, Gesundheitsversorgung, Bildung wird durch freie Wahlen nicht akzeptabler, und der Zugang zu ersteren legitimiert nicht die dauerhafte Unterdrückung des Rechts auf freie Rede.

Es kann für erforderlich angesehen werden, nach revolutionären Umwälzungen, die einen Zustand der Tyrannei beendeten, zwei oder sogar vier Jahre vergehen zu lassen, bis die Bedingungen für freie Wahlen geschaffen sind. Wichtig sind der gerichtete Prozess und ein überschaubares Ende des politischen Ausnahmezustandes. Wird dieser Zustand aber auf Dauer gestellt oder sogar zur Verfassungsnorm, nimmt eine Partei oder Parteiführung für sich außerdemokratisch die Führung in Anspruch, wird sie vom Standpunkt eines Rosa-Luxemburgschen Sozialismus illegitim.

Illegitim ist von diesem Standpunkt aber auch eine Demokratie, die nicht sozial ist. Dazu aber muss sie mit "energischen, entschlossenen Eingriffen in die wohlerworbenen Rechte und wirtschaftlichen Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft"17 verbunden werden und bringt damit Interessen der Arbeiterklasse und der großen Bevölkerungsmehrheit gegenüber Klassenprivilegien der Kapitaleigentümer zur Geltung. Während im Kapitalismus, so Rosa Luxemburg, unabhängig von der politischen Form, das Interesse der Kapitaleigentümer letztlich über alle anderen dominiert und so eine faktische Diktatur ausübt, so sollen im Sozialismus soziale Gleichheit und Freiheit die Eigentumsordnung dominieren, aber eben als Werk der Mehrheit, hervorgehend "aus der aktiven Teilnahme der Massen", stehend "unter ihrer unmittelbaren Beeinflussung" und der "Kontrolle der gesamten Öffentlichkeit"18.

Es gab in der Linken immer eine Strömung, die um der Erreichung sozialer Ziele (Herstellung einer bestimmten Eigentumsordnung, Durchsetzung sozialer Gleichheit, Umverteilung nach unten) bereit war, die politische Freiheit einzuschränken oder ganz zu unterdrücken. Dies ist die Tendenz zu einem sozial orientierten Autoritarismus, die in eine sich sozial legitimierende Diktatur übergehen kann und historisch auch übergegangen ist. Und diese Diktatur ist dann wiederum unter bestimmten Bedingungen in eine totalitäre Herrschaft umgeschlagen, die die Menschenvernichtung im Namen des Sozialismus einschloss. Demokratischer Sozialismus, und in dieser Frage ist er tatsächlich gleich weit von einer liberalen Demokratie wie einem sozial orientierten Autoritarismus entfernt, strebt an, zugleich die Möglichkeiten, an demokratischen Entscheidungen teilzuhaben, zu erhöhen, wie solche Eigentumsverhältnisse zu schaffen, die die Produktion und gleiche Verteilung derjenigen Güter, die die Menschenrechtserfüllung erst ermöglichen, der Freiheitsgüter, an die erste Stelle zu setzen. Also nicht Luxus, sondern Wasser, Brot, Bildung und Gesundheit, nicht Villen, sondern Wohnungen, nicht exorbitante Gewinnmargen der Shareholder und gigantische Managergehälter, sondern ein auskömmliches Einkommen für alle. Dem System einer demokratischen Machtlosigkeit des Neoliberalismus, in dem weder Eigentums-, noch Verteilungsfragen mehr zur demokratischen Disposition stehen, in der die Sicherung von grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen abhängig gemacht wird von der Bezahlung von Schulden und der Beachtung des freien Wettbewerbs mit den internationalen Oligopolen, stellt der demokratische Sozialismus die Demokratisierung der Entscheidung über die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse und die Stärkung eines sozialen Gemeinwesens gegenüber. Dies und nichts anderes ist Kampf für eine soziale Demokratie.19

Im Parteiprogramm der PDS heißt es dazu: "Alle Eigentumsformen - genossenschaftliche, kommunale, private, staatliche und andere -, die die natürlichen, sozialen und kulturellen Lebensgrundlagen entwickeln und den Zugang zu den Grundbedingungen menschlichen Lebens erleichtern, sollten gefördert, andere, die Lebensgrundlagen untergraben, vernichten und diesen Zugang erschweren oder verhindern, sollten zurückgedrängt und überwunden werden. Wir halten an der durch das Grundgesetz gegebenen Möglichkeit von Vergesellschaftung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln und ihrer Überführung in Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft fest und sind dafür, diese Möglichkeit umzusetzen, wenn dies nach Ansicht der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zu sozialer Gerechtigkeit und wirksamer Bereitstellung der sozialen Grundgüter beiträgt. Wir wollen das weltweite Diktat von Welthandelsorganisation (WTO) und Internationalem Währungsfonds (IWF) über die Rahmenbedingungen von Wirtschaft überwinden und die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen und Wissen stoppen."

Anders als viele Linke meinen, gibt es ein demokratisch wie sozialistisch begründetes Primat der politischen Menschenrechte. Solange die Bereitstellung jener Güter und Bedingungen, die die sozialen und kulturellen Menschenrechte sichern, durch ein undemokratisches System erfolgt, sind es keine Rechte, sondern vom Willen und den Interessen der Machthaber abhängige Gratifikationen und Zugeständnisse. Sie können auch wieder entzogen werden und werden in Willkür selektiv gegeben. Dieses Primat der politischen Rechte relativiert die sozialen und kulturellen Menschenrechte nicht, sondern macht sie erst zu unveräußerlichen Rechten, weil es die politischen Menschenrechte sind, deren Wahrung den demokratischen Kampf um eine menschenrechtskonforme Eigentumsordnung erst ermöglichen, erst sichern, dass man ohne Angst um Leib und Leben dafür eintreten kann, dass Eigentum wirklich sozial verpflichtet.

Beachtet die Machtungleichheit
Eine sozialistische Radikalität betrachtet den Menschen nicht als ein Abstraktum, sondern als konkrete, unwiederholbare Individualität, verwundbar, sterblich, empfindlich und vernünftig. Es ist die leidenschaftliche Revolutionärin Rosa Luxemburg, die mitten in den sich zuspitzenden Ereignissen des November 1918, gerade selbst schwer gezeichnet mehrjährigem Gefängnis entronnen, schrieb: "Blut ist in den vier Jahren des imperialistischen Völkermordes in Strömen ... geflossen. Jetzt muss jeder Tropfen des kostbaren Saftes mit Ehrfurcht in kristallenen Schalen gehütet werden. Rücksichtsloseste revolutionäre Tatkraft und weitherzigste Menschlichkeit - dies allein ist der wahre Odem des Sozialismus. Eine Welt muss umgestürzt werden, aber jede Träne, die geflossen ist, obwohl sie abgewischt werden konnte, ist eine Anklage, und ein zu wichtigem Tun eilender Mensch, der aus roher Unachtsamkeit einen armen Wurm zertritt, begeht ein Verbrechen."20 Sie nannten die Abschaffung der Todesstrafe eine "Ehrenpflicht" der Revolution. Worte wie diese sind selten in der kommunistischen Bewegung gewesen.

Diese Worte verkörpern einen Anspruch an sozialistische Politik, Zweck und Mittel, Ziel und Weg nicht in einen antagonistischen Gegensatz geraten zu lassen und vom Standpunkt der Schwachen zu urteilen. Geschrieben sind sie wenige Wochen, bevor die rechte Sozialdemokratie Bluthunde auf das rote Berlin los ließ, die - "Schlagt ihre Führer tot!" - auch Rosa Luxemburg ermordeten. Wie einer der Täter später gestand: "Die Ereignisse dieses Abends spielten sich wie im Rausch ab. Wir hatten vier Jahre einander getötet, es kam auf einen mehr nicht an."21 Verzweifelt begann Paul Levi seine Totenrede auf Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg mit den Worten: "Es ist, als ob die Erde nicht satt würde des Blutes. Sie hat vier Jahre lang Blut getrunken, Blut um Blut."22

Die Linke ist nur links, wenn sie vom Standpunkt derer auf die Gesellschaft blickt, die durch die herrschenden Verhältnisse unterdrückt, ausgebeutet, ausgegrenzt und entwürdigt werden. Von einem solchen Standpunkt stellt sie ihre Forderungen vor allem an jene, die politisch, ökonomisch, geistig und militärisch in der Übermacht sind, kämpft für die Veränderung vor allem des Verhaltens dieser Kräfte bzw. für ihre Zurückdrängung und letztlich für die Überwindung dieser Übermacht. Dies betrifft auch das Verhältnis einer demokratisch- sozialistischen Linken zu Kuba.

Die USA-Blockade, die auf die Verfügung der revolutionären Regierung Kubas über Eigentum auf Kuba (Verstaatlichung einer Reihe großer US-amerikanischer Wirtschaftsunternehmen und kubanischer Großgrundbesitzer) folgte, griff in das legitime Recht jedes Staates ein, die Eigentumsordnung entsprechend den eigenen Interessen zu gestalten. Über die Jahrzehnte ist daraus ein erklärter Krieg der USA mit militärischen, geheimdienstlichen, ökonomischen, politischen und kulturellen Mitteln geworden. Die Hauptkritik an den damit verbundenen Verletzungen staatlicher Rechte Kubas und der Menschenrechte der Kubaner muss deshalb die USA treffen.

Aber, und darauf hat Christoph Spehr in einer Diskussion verwiesen, gibt es ein anderes Machtungleichgewicht, das die Linke nicht nur deshalb ignorieren darf, weil es vom Standpunkt der weltpolitischen Zusammenhänge geringer zu sein scheint - das zwischen der Führung Kubas und der Bevölkerung und vor allem jenen, die abweichende Vorstellungen über die politische und Eigentumsordnung Kubas haben.

In den letzten Jahren wurden in Kuba eine Reihe von Gesetzen erlassen, die es u. a. verbieten,

  • US- oder anderen ausländischen Medien Interviews zu geben, die Kritik an der wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Ordnung üben,
  • mit internationalen Menschenrechtsorganisationen zu kommunizieren,
  • sich in Gruppen zu betätigen, die durch die kubanischen Autoritäten nicht anerkannt sind oder der konterrevolutionären Aktivität verdächtigt werden.23

Dies alles sind Gesetze, wie wir sie aus der DDR, der Sowjetunion und anderen staatssozialistischen Ländern kennen. Da gibt es keinerlei grundlegenden Unterschied. Nun ist es zweifelsohne das Recht jedes Staates, sich ausländische Einmischung zu verbitten. Solange aber das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinsfreiheit nicht gewährleistet ist, solange die Bürgerinnen und Bürger nicht selbst Ressourcen frei bereitstellen und nutzen können für die Wahrnahme dieser Rechte, solange im eigenen Land kein Rechtsstaat wacht über die Unverletzbarkeit dieser Rechte, führt die Unterdrückung jeder Außenkontakte nur dazu, dass das interne Machtungleichgewicht zugunsten der Regierung weiter erhöht wird, ihr Spielraum sich steigert für massive politische Verfolgung. Vom Standpunkt des Parteiprogramms der PDS kann einer solchen Politik nicht der Name "sozialistisch" gegeben werden.

Eine Partei, die sich nach 1989 für die Rehabilitierung der Dissidenten der DDR eingesetzt hat, deren Fraktionsvorsitzender schon Ende der siebziger Jahre im Falle Bahro mit enormem Mut den Freispruch forderte, kann und darf nicht schweigen, wenn andere Staaten mit den gleichen Mitteln eine gleiche Verfolgung politisch Andersdenkender vornimmt. Es handelt sich auch nicht um einzelne Menschenrechtsverletzungen, sondern um die dauerhafte strukturelle Außerkraftsetzung aller wesentlichen politischen Freiheitsrechte. In diesen Fällen, anders als bei sozialen Grundrechten, bedeutet die Einschränkung der Freiheitsrechte der Andersdenkenden das direkte Verbot zu freiem Denken jedes anderen Bürgers, jeder anderen Bürgerin überhaupt.

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Was hätte Rosa gesagt? Drei mögliche Antworten habe ich genannt. Sie fordern uns auf, uns in den komplexen Widersprüchen unserer Zeit keine einfachen Antworten zu geben, uns nicht zu flüchten in die Bequemlichkeit der Anpassung an Stimmungen, verlangen von uns, den Urgrund des Sozialismus, Freiheit und Gleichheit jeder und jedes Einzelnen, die Solidarität mit allen, die davon ausgeschlossen werden, nie zu vergessen. Für Rosa Luxemburg war der Kampf für den Sozialismus vor allem ein Kampf gegen die Barbarei. Sozialismus war für sie die notwendige Bedingung, um dem Untergang in die Barbarei zu entgehen. Niemals wäre es für sie hinnehmbar gewesen, selbst zu den Mitteln der Barbarei zu greifen.

Rosa Luxemburg war Sozialistin, weil sie radikale Humanistin war. Dieser Bezug ist es, der sie über so viele andere ihrer sozialistischen Zeitgenossen stellt. Es bleibt auch für die heutigen Sozialistinnen und Sozialisten dabei, was Walter Jens sagte: "Die Humanität in unserer Gesellschaft wird sich auch danach bemessen, inwieweit wir das Erbe Rosa Luxemburgs in Ehren halten."

Michael Brie - Jg. 1954, Prof. Dr., Philosoph, stellvertretender Vorsitzender der Rosa-Luxemburg- Stiftung; zuletzt in UTOPIE kreativ: Der Funken der Hoffnung im Vergangenen. In Erinnerung an den Herbst 1989, Heft 172 (Februar 2005)

Beitrag für die Rosa-Luxemburg-Konferenz der RLS, 4. März 2006

1 Rosa Luxemburg: Die Krise der Sozialdemokratie, in: Gesammelte Werke, Bd. 4, S. 63.

2 Ebenda, S. 53.

3 Rosa Luxemburg: Gegen den Franktireurkrieg, in: Ebenda, Bd. 4, S. 7.

4 Rosa Luxemburg Zur russischen Revolution, in: Ebenda, S. 359.

5 Ebenda.

6 Ebenda, S. 355 f.

7 Ebenda, S. 362.

8 Rosa Luxemburg: Parteidisziplin, in: Ebenda, S. 16.

9 Im Parteiprogramm heißt es auch: "Freiheit ist der Bezugspunkt sozialistischer Politik. Gleichheit ist für diese Politik das Maß der Teilhabe an grundlegenden Freiheitsgütern. Freiheit ohne Gleichheit ist Ausbeutung und bleibt den Mächtigen vorbehalten. Gleichheit ohne Freiheit ist Unterdrückung. Freiheit, Gleichheit und Solidarität bilden den Inhalt von Gerechtigkeit. Gerechtigkeit verlangt, dass die grundlegenden Freiheiten, die soziale Gruppen für sich in Anspruch nehmen, zu Freiheiten aller anderen werden können. Freiheit ist nicht als egoistisches Haben, sondern als solidarisches Tun zu erreichen. So definieren wir die sozialistischen Werte, auf die wir uns in unseren Programmen von 1990 und 1993 geeinigt hatten. Wir legen sie unserer Politik zu Grunde."

10 http://sozialisten.de/partei/strukturen/agigs/kpf/dokumente/view_html?pp=1&n=0&bs=1&zid=3197.

11 Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, in: MEW, Bd. 1, S. 385.

12 Rosa Luxemburg: Was will der Spartakusbund, in: Gesammelte Werke, Bd. 4, S. 450.

13 Ebenda, S. 445.

14 Aus den stenographischen Aufzeichnungen über die Tagung der Konstituierenden Versammlung. 5. bis 6. Januar 1918, in: Die russische Revolution 1917. Wegweiser oder Sackgasse? Herausgegeben, eingeleitet, kommentiert und übersetzt von Wladislaw Hedeler, Horst Schützler, Sonja Striegnitz. Berlin: Karl Dietz Verlag 1997, S. 414.

15 Hermann Klenner: Marxismus und Menschenrechte. Studien zur Rechtsphilosophie. Berlin: Akademie-Verlag 1982, S. 410.

16 Im historisch ursprünglichen Sinne der Römer war die Diktatur der zeitlich befristete Ausnahmezustand, in dem wesentliche Verfassungsorgane ihre ganze Macht an eine einzelne Person abtraten: "Der Begriff Diktator (von lat. der Sprechende, Befehlende) bezeichnet ursprünglich ein politisches Amt des Alten Roms. In besonderen Krisenzeiten ernannten die höchsten politischen Beamten der Republik, die Konsuln, mit der Zustimmung des Senats einen Diktator. Dieser hatte unumschränkte Befehlsgewalt in Staat und Heer (summus imperium). Ihm waren alle anderen Magistrate untergeordnet. Seine Herrschaft war auf 6 Monate begrenzt. Nach Niederlegung seines Amtes konnte er keiner Vergehen angeklagt werden (im Gegensatz zu allen anderen republikanischen Beamten)." http://de.wikipedia.org/wiki/Diktator.

17 Rosa Luxemburg: Zur russischen Revolution, a. a. O., S. 363.

18 Ebenda, S. 363 f.

19 Es gehört zur traurigen Ironie der Geschichte, wenn viele "sozialdemokratische" Parteien ihren Namen behalten haben, in der Sache aber zu Parteien eines sozial eingehegten Kapitalismus geworden sind.

20 Rosa Luxemburg: Eine Ehrenpflicht, in: Gesammelte Werke, Bd. 4, S. 406.

21 Elisabeth Hannover- Drück; Heinrich Hannover (Hrsg.): Der Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Dokumentation eines politischen Verbrechens. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1979, S. 139.

22 Paul Levi: Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg zum Gedächtnis. Rede bei der Trauerfeier am 2. Februar 1919 im Lehrer- Vereinshaus zu Berlin, S. 3.

23 Amnesty International.

 

in: UTOPIE kreativ, H. 189/190 (Juli/August 2006), S. 710-720

 

 

aus dem Inhalt des Heftes 189/190 (Juli/August 2006)

Essay SUSANNA BÖHME-KUBY: Die Nachgeborenen und Tucholsky; Marx-Engels-Gesamtausgabe THOMAS MARXHAUSEN: "MEGA - MEGA" und kein Ende; Gesellschaft - Analyse & Alternativen RAINER RILLING: Eine vergessene Linke? LUIGI WOLF: Neuformierung der Linken - auch in Frankreich? Bericht vom 33. Parteitag der Französischen Kommunistischen Partei vom 23. bis 26. März 2006; Debatte Grundsicherung FRIEDRICH W. SIXEL: Das bedingungslose Grundeinkommen - ein Weg zu einem zeitgemäßen Sozialismus MEINHARD CREYDT: Die Befreiung der Arbeit; Dokumentierte Geschichte HEINZ SCHÄFER: Darmstadt 1950. Ein Stück Vorgeschichte zum KPD-Verbot 1956; JOSEF MALLMANN: Und immer noch Opfer des Kalten Krieges! GÜNTER WIRTH: Der andere Transformationsprozeß. Besichtigung von Autobiographien: Ausstellung HEIDRUN HEGEWALD: Frauenbilder; Jugendkultur DORIS KATHEDER: Vom Girlie zum Görl? Mädchenbilder nichtkommerzieller Jugendmagazine zwischen Anspruch und Wirklichkeit; CHRISTOPH SCHAUB: Die Banlieue und das Feuer. Urbaner Raum und ästhetische Selbstbehauptung in den Rap-Lyrics von La Rumeur; Rosa-Luxemburg-Konferenz 2006 MICHAEL BRIE: Was hätte Rosa gesagt? GEORG FÜLBERTH: Fragen zum Kapitalismus; MICHAEL KRÄTKE: Neun vorläufige Antworten auf neun schwierige Fragen; MANFRED SOHN: Marx, Luxemburg und die Unentbehrlichkeit des Feminismus. Eine kurze Replik zu Evelin Wittich; Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau; Bücher & Zeitschriften Ulrich Maurer, Hans Modrow (Hrsg.): Überholt wird links. Was kann, was will, was soll die Linkspartei (WOLFRAM ADOLPHI); Andreas Heyer: Die Utopie steht links! Ein Essay (MARTIN DÂ’IDLER); Annemarie Türk (Hg.): Grenzverkehr, Literarische Streifzüge zwischen Ost und West Helga Rabenstein et al. (Hg.): Kulturräume. Universitäten Klagenfurt, Koper, Ljubljana, Maribor, Trieste, Udine. Drava Werner Wintersteiner: Poetik der Verschiedenheit. Literatur, Bildung, Globalisierung (JENS LANGER); Paul Windolf (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus, (ULRICH BUSCH); Summaries