(Wann) wird der vorgeburtliche Check Standard?
Schon heute sind verschiedene pränataldiagnostische Untersuchungsmethoden in der Schwangerschaft zur Routine geworden. Was aber, wenn einfache Bluttests zu einem frühen Zeitpunkt in der Schwangerschaft möglich werden? Wird ein umfassender billiger und nichtinvasiver „Gencheck“ dann Standard?
Die Versprechungen der Humangenetik wecken seit einigen Jahrzehnten Erwartungen, denen oft genug wenig an medizinischem „Fortschritt“ gegenübersteht. Die letzten Monate bringen aber eine neue Dynamik in die Pränatal-Diagnostik (PND). Gerade wird in Deutschland die Debatte um die gesetzliche Regelung zur Präimplantations-Diagnostik (PID) geführt, die bislang weltweit insgesamt circa 50.000mal durchgeführt wurde. Davon waren circa 40.000 Fälle Untersuchungen auf Chromosomen-Anomalie (vor allem Trisomie 21).(1) Was aber, wenn bei jeder Schwangerschaft (zumindest in den industrialisierten Ländern) die Schwangere vor die Frage gestellt wird: Will sie durch eine einfache Blutentnahme vor der zwölften oder gar zehnten Schwangerschaftswoche (SSW) mit hoher Sicherheit erfahren, ob der Embryo eine Chromosomen-Anomalie aufweist?
Eine neue Schärfe des eugenischen Blicks
Seit 1997 ist bekannt, dass sich während der Schwangerschaft im Blut der Mutter fötale DNA-Fragmente befinden.(2) Im Zuge von Um- und Abbauprozessen in der Plazenta und der Organentwicklung beim Fötus werden fötale Zellen, und damit auch fötale DNA, in der Leber der Mutter abgebaut. Die fötale DNA wird dorthin über den Blutstrom transportiert. Das pränatal-diagnostische Potential dieser fötalen DNA im Blut der Mutter wurde im vergangenen Jahrzehnt intensiv erforscht. In den letzten Monaten wurden nun drei wissenschaftliche Studien veröffentlicht, die, basierend auf fötaler DNA im Blut der Schwangeren, die vorgeburtliche Gen-Diagnostik umkrempeln könnten - vor allem im Hinblick darauf, dass die bisherigen Methoden zur Pränatal-Diagnostik entweder sehr ungenau (Nackenfaltenmessung per Ultraschall mit einer hohen Rate an falsch positiven Ergebnissen) oder invasiv (Fruchtwasseruntersuchung, Chorionzottenbiopsie) und damit die Schwangerschaft gefährdend sind. Obwohl letztere mit einem Fehlgeburts-Risiko von 0,5 bis einem Prozent verknüpft sind, nehmen trotzdem schon jetzt etwa ein Drittel aller Schwangeren über 35 diese Untersuchungen in Kauf. Was, wenn dieses Risiko entfällt? Allen Fortschritten bei der Gesundheit, Entwicklungsförderung und Lebenserwartung von Menschen mit Trisomie 21 zum Trotz: Die Zahl der Geburten von Kindern mit Trisomie 21 nimmt stetig ab: Der ökonomisierte Blick auf das Leben mit Behinderung nimmt zu.
Drei neue Forschungen zu niedrigschwelliger PND
1) Komplettsequenzierung fötaler DNA aus dem Blut der Mutter:
Mit ungeheurem logistischem Aufwand - entsprechend etwa der 65fachen komplett-Genom-Sequenzierung - hat eine Arbeitsgruppe aus Hongkong aus dem Blut der Schwangeren das Genom des Embryos vollständig rekonstruiert.(3) Das eröffnet die Möglichkeit, nicht-invasiv (also sehr niedrigschwellig) und genomweit (also umfassend) nach „genetischen Störungen“ eines Ungeborenen zu suchen. Zunächst ist dies noch mit erheblichen Kosten und Zeitaufwand verbunden und wohl auch erst im zweiten Schwangerschafts-Trimester (nach der zwölften SSW) anwendbar. Angesichts dieser Einschränkungen ändert sich dadurch also zunächst nicht viel. Dennoch zeichnet sich hier ab, welche eugenischen Potenziale mit fortschreitender Forschung denkbar sind. Absehbar ist, dass die Kosten sinken und umso geringer sein werden, je spezifischer nur nach ausgewählten Gendefekten gesucht wird.
2) Ein hochspezifischer Test zum Nachweis von Trisomie 21 ab der 13. SSW:
Die gleiche Arbeitsgruppe nutzt fötale DNA im Blut der Mutter ab der 13. SSW, um Trisomie 21 beim Embryo nachzuweisen.(4) Die im Januar 2011 veröffentlichte Studie diente vor allem dazu, die Verlässlichkeit eines solchen Tests zu prüfen. Die AutorInnen zeigten, dass eine der Testvarianten es ermöglichte, Trisomie 21 bei 753 Schwangerschaften ohne eine einzige Fehldiagnose auszuschließen (also im Fachjargon: 100 Prozent „Sensitivität“). Zu 97,9 Prozent erlaubte es diese Testvariante, Trisomie 21 richtig zu diagnostizieren, das heißt nur 2,1 Prozent der positiven Befunde wurden zu unrecht ausgestellt, waren „falsch positiv“ (also im Fachjargon: 97,9 Prozent „Spezifität“). Der Test arbeitet mit der bisher noch sehr teuren genomischen DNA-Sequenzierung, nutzt aber die einfache Tatsache, dass die Menge des Chromosom 21 in der fötalen DNA bei Trisomie 21 erhöht ist. Die Einfachheit dieses Nachweisprinzips ermöglicht es, mehrere Proben parallel zu sequenzieren, was die Kosten reduziert.
3) Ein billiger, nicht-invasiver Trisomie 21-Test als Schritt auf dem Weg zur Routine-Untersuchung:
Eine möglicherweise noch folgenreichere Studie wurde jetzt im März 2011 veröffentlicht.(5) Eine ForscherInnen-Gruppe aus Zypern nutzt ebenfalls die fötale DNA im Blut der Schwangeren, um den Embryo auf Trisomie 21 zu testen. Zwei Aspekte sind dabei herausragend: Erstens wird die verschiedene biochemische Markierung (Methylierung) der DNA genutzt, um die DNA der Schwangeren und des Fötus zu unterscheiden und letztere anzureichern, was die Nachweis-Empfindlichkeit steigert. Zweitens erfolgt der Nachweis von Trisomie 21 durch Mengenbestimmung des fötalen Chromosom 21 mit Hilfe der quantitativen Polymerase-Ketten-Reaktion, einer einfach zu handhabenden und relativ preiswerten Standardmethode, die inzwischen von allen diagnostischen Laboratorien angewendet wird. Eine weitere Neuerung, die diese Studie mit sich bringt, ist, dass die verwendeten Proben zwar von Schwangeren in der 11. bis 14. SSW stammen, es der eingefügte DNA-Anreicherungsschritt jedoch erlaubt, darauf zu spekulieren, dass dieser Test vielleicht sogar schon vor der 10. SSW eingesetzt werden könnte. Damit würde eine Diagnose im ersten Schwangerschaftsdrittel und eine Abtreibung noch im Rahmen der 12-Wochenregelung möglich - und eine „Spätabtreibung“ auf der Grundlage einer medizinischen Indikation der Notlage der Schwangeren nach §218 könnte vermieden werden. Wenn sich die bei dieser Pilotstudie festgestellte Sensitivität und Spezifität von 100 Prozent auch nur annähernd in großangelegten Verlässlichkeits-Studien halten lässt, ist das ein zusätzlicher Faktor, der die Bedeutung der Testmethode herausstreicht. In einem Artikel der Wissenschaftszeitschrift Science wird der leitende Forscher Patsalis zitiert: Die Methode „könnte im klinischen Bereich innerhalb von zwei Jahren eingeführt werden“. Ein befragter Genetiker aus den Niederlanden schwärmt gar vom „Heiligen Gral der Pränatal-Diagnostik“.(6)
Es geht auch ums Geld
Ein Aspekt, der nicht vergessen werden sollte, ist auch das kommerzielle Interesse an den oben beschriebenen Forschungen. Bei allen vorgestellten Studien haben die leitenden ForscherInnen Patentanträge gestellt und damit ein finanzielles Interesse an der Entwicklung der Tests, was immer dies auch für die Qualität der vorgestellten Studienergebnisse bedeuten mag. Wie viel Zeit wird noch bis zur Markteinführung vergehen? Das ökonomische Versprechen ist jedenfalls groß: Immerhin ist Trisomie 21 die häufigste aller chromosomalen Anomalien, die bei einer von fünf- bis achthundert Geburten vorkommt. Ein relativ einfacher, nicht-invasiver, hochspezifischer Trisomie 21-Test vor der zwölften SSW würde viel Geld bedeuten, aber auch eine neue Qualität der PND im Sinne einer weiter vor verlagerten und „sichereren“ eugenischen Kontrolle.
Und wohin führt uns das?
In der Auseinandersetzung um Pränatal-Diagnostik werden in Zukunft so vielleicht nicht mehr die heutigen kritischen Argumente zählen, die sich auf die geringe Aussagekraft nichtinvasiver Testmethoden und die Risiken der invasiven Methoden beziehen. Die grundsätzlichen Fragen werden aber erhalten bleiben - und vielleicht auch mehr in den Vordergrund treten: Wollen wir eine Gesellschaft, in der die eugenische Selektion von „unwertem“ Leben der Standard ist? Wieviel gesellschaftlicher Druck lastet auf Eltern, die sich gegen eine Abtreibung von Kindern mit Trisomie 21 entschieden haben? Wie akzeptiert bleibt das Recht auf Nicht-Wissen? Welche Auswirkungen hat es auf Schwangere und ihre PartnerInnen, wenn der Blick auf Schwangerschaft als ein riskanter Zustand sich weiter verallgemeinert - und der Qualitätscheck immer umfassender wird? Und es bleibt als Grundsatzfrage: Mit wem wollen wir leben?
Uwe Wendling ist Mitarbeiter des Gen-ethischen Netzwerk im Bereich Medizin und Humangenetik.
Fußnoten:
(1) So die Zahlen der „Preimplantation Genetic Diagnosis Society“ (www.pgdis.org/present.html).
(2) Lo et al. Lancet 350 S. 485-487 (1997).
(3) Lo et al. Science Translational Medicine 2 (2010).
(4) Chiu et al. BMJ (2011).
(5) Papageorgiou et al. Nature Medicine online 6.3.2011.
(6) http://news.sciencemag.org/sciencenow/2011/03/a-safer-way-to-spot-down-syndrom.html?ref=hp.
Die Versprechungen der Humangenetik wecken seit einigen Jahrzehnten Erwartungen, denen oft genug wenig an medizinischem „Fortschritt“ gegenübersteht. Die letzten Monate bringen aber eine neue Dynamik in die Pränatal-Diagnostik (PND). Gerade wird in Deutschland die Debatte um die gesetzliche Regelung zur Präimplantations-Diagnostik (PID) geführt, die bislang weltweit insgesamt circa 50.000mal durchgeführt wurde. Davon waren circa 40.000 Fälle Untersuchungen auf Chromosomen-Anomalie (vor allem Trisomie 21).(1) Was aber, wenn bei jeder Schwangerschaft (zumindest in den industrialisierten Ländern) die Schwangere vor die Frage gestellt wird: Will sie durch eine einfache Blutentnahme vor der zwölften oder gar zehnten Schwangerschaftswoche (SSW) mit hoher Sicherheit erfahren, ob der Embryo eine Chromosomen-Anomalie aufweist?
Eine neue Schärfe des eugenischen Blicks
Seit 1997 ist bekannt, dass sich während der Schwangerschaft im Blut der Mutter fötale DNA-Fragmente befinden.(2) Im Zuge von Um- und Abbauprozessen in der Plazenta und der Organentwicklung beim Fötus werden fötale Zellen, und damit auch fötale DNA, in der Leber der Mutter abgebaut. Die fötale DNA wird dorthin über den Blutstrom transportiert. Das pränatal-diagnostische Potential dieser fötalen DNA im Blut der Mutter wurde im vergangenen Jahrzehnt intensiv erforscht. In den letzten Monaten wurden nun drei wissenschaftliche Studien veröffentlicht, die, basierend auf fötaler DNA im Blut der Schwangeren, die vorgeburtliche Gen-Diagnostik umkrempeln könnten - vor allem im Hinblick darauf, dass die bisherigen Methoden zur Pränatal-Diagnostik entweder sehr ungenau (Nackenfaltenmessung per Ultraschall mit einer hohen Rate an falsch positiven Ergebnissen) oder invasiv (Fruchtwasseruntersuchung, Chorionzottenbiopsie) und damit die Schwangerschaft gefährdend sind. Obwohl letztere mit einem Fehlgeburts-Risiko von 0,5 bis einem Prozent verknüpft sind, nehmen trotzdem schon jetzt etwa ein Drittel aller Schwangeren über 35 diese Untersuchungen in Kauf. Was, wenn dieses Risiko entfällt? Allen Fortschritten bei der Gesundheit, Entwicklungsförderung und Lebenserwartung von Menschen mit Trisomie 21 zum Trotz: Die Zahl der Geburten von Kindern mit Trisomie 21 nimmt stetig ab: Der ökonomisierte Blick auf das Leben mit Behinderung nimmt zu.
Drei neue Forschungen zu niedrigschwelliger PND
1) Komplettsequenzierung fötaler DNA aus dem Blut der Mutter:
Mit ungeheurem logistischem Aufwand - entsprechend etwa der 65fachen komplett-Genom-Sequenzierung - hat eine Arbeitsgruppe aus Hongkong aus dem Blut der Schwangeren das Genom des Embryos vollständig rekonstruiert.(3) Das eröffnet die Möglichkeit, nicht-invasiv (also sehr niedrigschwellig) und genomweit (also umfassend) nach „genetischen Störungen“ eines Ungeborenen zu suchen. Zunächst ist dies noch mit erheblichen Kosten und Zeitaufwand verbunden und wohl auch erst im zweiten Schwangerschafts-Trimester (nach der zwölften SSW) anwendbar. Angesichts dieser Einschränkungen ändert sich dadurch also zunächst nicht viel. Dennoch zeichnet sich hier ab, welche eugenischen Potenziale mit fortschreitender Forschung denkbar sind. Absehbar ist, dass die Kosten sinken und umso geringer sein werden, je spezifischer nur nach ausgewählten Gendefekten gesucht wird.
2) Ein hochspezifischer Test zum Nachweis von Trisomie 21 ab der 13. SSW:
Die gleiche Arbeitsgruppe nutzt fötale DNA im Blut der Mutter ab der 13. SSW, um Trisomie 21 beim Embryo nachzuweisen.(4) Die im Januar 2011 veröffentlichte Studie diente vor allem dazu, die Verlässlichkeit eines solchen Tests zu prüfen. Die AutorInnen zeigten, dass eine der Testvarianten es ermöglichte, Trisomie 21 bei 753 Schwangerschaften ohne eine einzige Fehldiagnose auszuschließen (also im Fachjargon: 100 Prozent „Sensitivität“). Zu 97,9 Prozent erlaubte es diese Testvariante, Trisomie 21 richtig zu diagnostizieren, das heißt nur 2,1 Prozent der positiven Befunde wurden zu unrecht ausgestellt, waren „falsch positiv“ (also im Fachjargon: 97,9 Prozent „Spezifität“). Der Test arbeitet mit der bisher noch sehr teuren genomischen DNA-Sequenzierung, nutzt aber die einfache Tatsache, dass die Menge des Chromosom 21 in der fötalen DNA bei Trisomie 21 erhöht ist. Die Einfachheit dieses Nachweisprinzips ermöglicht es, mehrere Proben parallel zu sequenzieren, was die Kosten reduziert.
3) Ein billiger, nicht-invasiver Trisomie 21-Test als Schritt auf dem Weg zur Routine-Untersuchung:
Eine möglicherweise noch folgenreichere Studie wurde jetzt im März 2011 veröffentlicht.(5) Eine ForscherInnen-Gruppe aus Zypern nutzt ebenfalls die fötale DNA im Blut der Schwangeren, um den Embryo auf Trisomie 21 zu testen. Zwei Aspekte sind dabei herausragend: Erstens wird die verschiedene biochemische Markierung (Methylierung) der DNA genutzt, um die DNA der Schwangeren und des Fötus zu unterscheiden und letztere anzureichern, was die Nachweis-Empfindlichkeit steigert. Zweitens erfolgt der Nachweis von Trisomie 21 durch Mengenbestimmung des fötalen Chromosom 21 mit Hilfe der quantitativen Polymerase-Ketten-Reaktion, einer einfach zu handhabenden und relativ preiswerten Standardmethode, die inzwischen von allen diagnostischen Laboratorien angewendet wird. Eine weitere Neuerung, die diese Studie mit sich bringt, ist, dass die verwendeten Proben zwar von Schwangeren in der 11. bis 14. SSW stammen, es der eingefügte DNA-Anreicherungsschritt jedoch erlaubt, darauf zu spekulieren, dass dieser Test vielleicht sogar schon vor der 10. SSW eingesetzt werden könnte. Damit würde eine Diagnose im ersten Schwangerschaftsdrittel und eine Abtreibung noch im Rahmen der 12-Wochenregelung möglich - und eine „Spätabtreibung“ auf der Grundlage einer medizinischen Indikation der Notlage der Schwangeren nach §218 könnte vermieden werden. Wenn sich die bei dieser Pilotstudie festgestellte Sensitivität und Spezifität von 100 Prozent auch nur annähernd in großangelegten Verlässlichkeits-Studien halten lässt, ist das ein zusätzlicher Faktor, der die Bedeutung der Testmethode herausstreicht. In einem Artikel der Wissenschaftszeitschrift Science wird der leitende Forscher Patsalis zitiert: Die Methode „könnte im klinischen Bereich innerhalb von zwei Jahren eingeführt werden“. Ein befragter Genetiker aus den Niederlanden schwärmt gar vom „Heiligen Gral der Pränatal-Diagnostik“.(6)
Es geht auch ums Geld
Ein Aspekt, der nicht vergessen werden sollte, ist auch das kommerzielle Interesse an den oben beschriebenen Forschungen. Bei allen vorgestellten Studien haben die leitenden ForscherInnen Patentanträge gestellt und damit ein finanzielles Interesse an der Entwicklung der Tests, was immer dies auch für die Qualität der vorgestellten Studienergebnisse bedeuten mag. Wie viel Zeit wird noch bis zur Markteinführung vergehen? Das ökonomische Versprechen ist jedenfalls groß: Immerhin ist Trisomie 21 die häufigste aller chromosomalen Anomalien, die bei einer von fünf- bis achthundert Geburten vorkommt. Ein relativ einfacher, nicht-invasiver, hochspezifischer Trisomie 21-Test vor der zwölften SSW würde viel Geld bedeuten, aber auch eine neue Qualität der PND im Sinne einer weiter vor verlagerten und „sichereren“ eugenischen Kontrolle.
Und wohin führt uns das?
In der Auseinandersetzung um Pränatal-Diagnostik werden in Zukunft so vielleicht nicht mehr die heutigen kritischen Argumente zählen, die sich auf die geringe Aussagekraft nichtinvasiver Testmethoden und die Risiken der invasiven Methoden beziehen. Die grundsätzlichen Fragen werden aber erhalten bleiben - und vielleicht auch mehr in den Vordergrund treten: Wollen wir eine Gesellschaft, in der die eugenische Selektion von „unwertem“ Leben der Standard ist? Wieviel gesellschaftlicher Druck lastet auf Eltern, die sich gegen eine Abtreibung von Kindern mit Trisomie 21 entschieden haben? Wie akzeptiert bleibt das Recht auf Nicht-Wissen? Welche Auswirkungen hat es auf Schwangere und ihre PartnerInnen, wenn der Blick auf Schwangerschaft als ein riskanter Zustand sich weiter verallgemeinert - und der Qualitätscheck immer umfassender wird? Und es bleibt als Grundsatzfrage: Mit wem wollen wir leben?
Uwe Wendling ist Mitarbeiter des Gen-ethischen Netzwerk im Bereich Medizin und Humangenetik.
Fußnoten:
(1) So die Zahlen der „Preimplantation Genetic Diagnosis Society“ (www.pgdis.org/present.html).
(2) Lo et al. Lancet 350 S. 485-487 (1997).
(3) Lo et al. Science Translational Medicine 2 (2010).
(4) Chiu et al. BMJ (2011).
(5) Papageorgiou et al. Nature Medicine online 6.3.2011.
(6) http://news.sciencemag.org/sciencenow/2011/03/a-safer-way-to-spot-down-syndrom.html?ref=hp.