Im Bildungssystem gibt es weit mehr Probleme.
Meistens ist mit der Floskel „Ökonomisierung des Bildungssystems" nur das Universitätssystem gemeint. In dem Zusammenhang wird dann meistens über Studiengebühren gesprochen. Eigentlich geht es aber um viel mehr.
Auch die Einführung neuer, verkürzter Studiengänge, die mit dem Abschluss Bachelor und dem Nachfolgeabschluss Master enden, gehören in die Diskussion um die Ökonomisierung der Bildung. Und schließlich muss man sich überlegen, ob nicht auch die Schule und sogar der Kindergarten schon irgendwie „ökonomisch" sind.
Studiengebühren
In einigen deutschen Bundesländern gibt es Studiengebühren. Die Leute
zahlen Geld um studieren zu dürfen. Wer kein Geld hat, kann nicht
studieren, hat keinen Zugang zu Bildung. Leute, die nicht genug Geld
zum Studieren haben, können also später auch keine höheren Einkommen
erzielen. So bleiben sie in ihrer gesellschaftlichen Schicht gefangen.
Unterm Strich führt das dazu, dass nur diejenigen später viel Geld
verdienen, deren Eltern jetzt schon viel Geld verdienen. Und die Leute,
deren Eltern wenig verdienen, werden später selber auch weniger
verdienen. Deshalb haben auch sehr viele Studierende mit spektakulären
Aktionen überall in Deutschland versucht, die Einführung von
Studiengebühren zu verhindern. Slogans waren z.B. „Wir kaufen nicht,
was uns gehört!" oder „Bildung ist ein öffentlichen Gut!" In Hessen
wurden die Studiengebühren sogar wieder abgeschafft.
Bachelor und Master
Das Studiensystem wurde in den letzten Jahren so umgestellt, dass man
nun schon nach sechs statt nach elf Semestern einen ersten Abschluss
machen kann, den „Bachelor". Man kann danach einen zweiten Abschluss
dranhängen, den „Master". Man könnte denken: Ist doch gut, so geht's
schneller, man muss nicht soviel Studiengebühren zahlen. Dass die neuen
Abschlüsse fast zeitgleich eingeführt wurden mit den Studiengebühren,
ist jedoch kein Zufall. Die neuen Studiengänge bauen auf Effizienz. Das
heißt, dass in möglichst wenig Zeit möglichst viel Stoff gelernt werden
soll. Auswendig lernen, Ankreuzklausuren und ein kaum zu bewältigender
Stress steht jetzt auf der Tagesordnung. Zum Denken kommen Studis kaum
noch vor lauter Auswendiglernen.
Der Stress soll sie auf den Druck in der Arbeitswelt vorbereiten, heißt
es manchmal. Klar: Ist das Arbeitsleben unmenschlich, so muss man eben
auch unmenschliche Studienbedingungen schaffen, die auf ein
unmenschliches Leben vorbereiten. Es geht also nicht mehr um Wissen, um
Bildung, um eine Erziehung zu kritisch denkenden Menschen, sondern um
Anpassung an die Ideale der Wirtschaft.
Schule und Kindergarten
Auch schon in der Schule oder sogar noch früher wird angefangen, Kinder
auf solche wirtschaftlichen Ideale hin zu erziehen. Disziplin,
Gehorsam, stumpfes Auswendiglernen, bloß nicht zu viel denken, nicht zu
viel fragen. LehrerInnen als Autoritäten akzeptieren, nicht kritisieren
und alles glauben, was sie sagen: Das ist doch Schule, oder?
So etwas muss man Kindern nicht beibringen, wenn man sie zu
demokratisch denkenden Wesen erziehen will. So etwas muss man Kindern
beibringen, wenn man sie zu Idioten erziehen will, die ihrem Chef
später die Füße küssen. Schule und Uni sind Zulieferbetriebe für die
Wirtschaft. Sie machen Kinder und junge Erwachsene kaputt, damit sie
später im Job nicht anecken, auffallen, damit sie sich unterordnen
können.
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