Südafrika: eine Zwischenbilanz

Die letzten dramatischen Ereignisse auf dem ANC-Kongress – die Absetzung der gesamten ANC- Führung um Thabo Mbeki – setzte ein Zeichen für kommende Entwicklungen.

Das Apartheidsystem hatte Ende der achtziger Jahre total abgewirtschaftet. Das Bantustansystem, das den südafrikanischen Minengesellschaften und anderen Industrien Millionen Arbeiter zu Hungerlöhnen geliefert hatte, war politisch zusammengebrochen und drohte zu Zentren revolutionärer Aufstände zu werden. Die Townships waren weitgehend unregierbar geworden. Straßenkomitees entwickelten sich zur bewaffneten Gegenmacht. Weltweite Sanktionen trieben Südafrika in die Isolation, und in weißen Wirtschaftkreisen,  auch unter der weißen Bevölkerung gab es in den achtziger Jahren zunehmend oppositionelle Ansichten. Der Kampf der schwarzen Bevölkerung drohte vom Guerillakampf zum bewaffneten Volksaufstand überzugehen. Dies war die fast klassische revolutionäre Situation Ende der achtziger Jahre. Die Bourgeoisie, die nicht mehr in der Lage war mittels Apartheidgesetzen das Land zu regieren, befand sich ökonomisch in einer ernsthaften Krise, politisch in einer unhaltbaren Situation, militärisch gesehen war das System jedoch nicht geschlagen. Das war die Situation 1990 – 1994, in der die Verhandlungen zwischen dem ANC und dem Apartheidsystem geführt und die Kompromisse ausgehandelt wurden, die bis heute den Realitäten in Südafrika ihren Stempel aufdrücken. Die Grundzüge dieser Kompromisse sahen folgendermaßen aus: der ANC übernimmt die Regierung, freie Wahlen – one man, one vote – und das Wirtschaftssystem bleibt kapitalistisch. Wirtschaft, Regierungsministerien, Militär, Sicherheitsdienste, Justizwesen, Presse und das Establishment werden in ihren wesentlichen Zügen weder reformiert noch transformiert. Die alte Weisheit bewahrheitet sich wieder: am Verhandlungstisch kann man  etwas nicht gewinnen, was man auf dem Schlachtfeld noch nicht gewonnen hat Um diesen unausweichlichen Kompromissen wenigstens in etwa entgegen zu wirken, entwickelte die ANC-Führung unter Präsident Mandela das â€žReconstruction and Development Programme“ (RDP). Unter der Leitung des verstorbenen Genossen Vella Pillay, eines brillanten Ökonomen, wurde dieses Programm entwickelt. Genosse Pillay, Gründer der Anti-Apartheid-Bewegung in Großbritannien, der über viele Jahre hinweg militärische Ausbildung für ANC-Kader organisiert hatte, arbeitete auch in führenden Positionen in London in der Bank von China. Sein Fachgebiet waren finanzielle Transaktionen und das Management der chinesischen Devisen in verschiedenen Währungen. Worum ging es bei RDP, was sollte das Entwicklungsprogramm bewirken?

RDP, Hoffnung auf soziale und wirtschaftliche Veränderungen

RDP beabsichtigte, durch öffentliche Ausgaben und mit Hilfe von Staatsbetrieben Armut und Unterentwicklung in großen Teilen Südafrikas zu bekämpfen. „RDP hat zum Ziel: Eliminierung von Hunger/Bereitstellung von Land und menschenwürdigen Unterkünften für die bedürftige Bevölkerung/Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, Stromversorgung/Beseitigung des Analphabetentums/Entwicklung einer qualitativen Schulerziehung für Kinder/kompetente Erwachsenenbildung/Entwicklung des Gesundheitswesens und Zugang dazu für alle/ Schutz der Umwelt.“ RDP versuchte eine Entwicklung in Gang zu setzen, um zunächst einige der schweren Erblasten aus Apartheidzeiten zu beseitigen, was die elementaren Lebensbedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung anbetraf. Obwohl Zigtausende Toiletten gebaut, Wasser- und Stromanschlüsse erstellt und sozialer Wohnungsbau eingeleitet wurde, verliefen die Umsetzungsmaßnahmen aufgrund bürokratischer Hürden relativ unzureichend. Zudem machte sich in der Zeit nach 1996 in bestimmten Kreisen innerhalb der ANC-Führung eine deutliche prowestliche Linie bemerkbar, die zunehmend neoliberale Ideen annahm, die u. a. auch die Unterstützung der Konzerne und die Entwicklung einer schwarzen Mittelschicht zur zentralen Regierungspolitik machen wollten. Anstelle von RDP trat ein anderes Programm in den Vordergrund: GEAR (Growth, Employment and Redistribution). Wirtschaftswachstum war jetzt angesagt mit dem Argument, dass dies der einzige Weg sei, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Ungerechtigkeiten der Vergangenheit zu beheben sowie diesen Prozess finanzieren zu können. Im Juni 1996 wurde RDP offiziell von Finanzminister Trevor Manuel eingestellt und durch GEAR ersetzt, das den südafrikanischen Markt öffnete, Privatisierungsprozesse von Staatsbetrieben einführte, günstige Bedingungen für internationale Investoren schuf und Investitionen von südafrikanischem Kapital in ausländische Märkte ermöglichte. Die gesamte Wirtschaftspolitik der Republik zeichnete sich in den folgenden Jahren durch Entgegenkommen und Großzügigkeit zugunsten südafrikanischer und ausländischer Großunternehmen aus. Die Unternehmenssteuer wurde über die Jahre schrittweise um 30 Prozent gesenkt. Die Großunternehmen setzten über eine Million Arbeiter auf die Straße, um – wie sie sagten – international wettbewerbsfähig zu werden. Was eine Entlassung von Menschen in diesen Massen für gesellschaftliche Auswirkungen hat, abgesehen von den Leiden und der Verelendung, die sie verursachen, wird ersichtlich, wenn man bedenkt, dass der Arbeitslohn eines afrikanischen Arbeiters die Überlebensgrundlage von  fünf bis seben Personen und oftmals noch weiteren Familien-und Verwandtschaftsmitgliedern bedeutet. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist heute in Südafrika größer als während der Apartheid. Massenelend auf dem Land und in den Wellblechhütten der Elendsviertel schwarzer städtischer Ballungsgebiete ist bittere Alltagsrealität in Südafrika.

Neoliberale Wirtschaftspolitik 1996 – 2007

Die GEAR-Prinzipien haben, abgesehen von einigen Modifizierungen, seit ihrer Einführung 1996 bis heute Gültigkeit, wenn auch nicht offiziell als Regierungslinie ausgegeben. Die wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Tragweite dieser Wirtschaftpolitik auf die Entwicklung des Klassenkampfes ist erheblich. Nach Zeiten eines negativen Wirtschaftswachstums während der letzten Apartheid- Regierungsjahre unter de Klerk führte die  Wirtschaftspolitik GEAR im neuen Südafrika ab 1996 zu Wachstumsraten bis zu 5 Prozent. Ab 2007 ist eine deutliche Verlangsamung erkennbar. Selbst optimistische Kreise setzen für 2008 die Wachstumsrate 2 Prozent unterhalb der Inflationsrate an, d. h. im Klartext, Südafrika steuert auf eine wirtschaftliche Krise zu. Südafrikanische Konzerne, die die größte Kapitalkonzentration weltweit aufweisen, entwickelten sich in diesem Zeitraum zu multi-nationalen Konzernen und werden an den Börsen in New York, London, Frankfurt usw. gehandelt. Der ewige Traum der Großindustriellen Südafrikas, Märkte in den unabhängigen Ländern auf dem afrikanischen Kontinent zu erobern und für sich als „natürliches Hinterland Südafrikas“ zu sichern, dieser Traum schien in den letzten zehn Jahren in Erfüllung zu gehen. Südafrikanisches Kapital ist in vielen Ländern Afrikas zu finden, im südlichen und  östlichen Afrika und in zentralafrikanischen Ländern, vorwiegend im Bergbau, Straßenbau, in den Bereichen IT und Handy, Grundnahrungsmittel, Lebensmittelketten, Chemie. Internationale Konzerne gehen zunehmend Partnerschaften mit südafrikanischen Betrieben ein, um auf diese Weise politisch korrekt zu erscheinen. Im Zuge dieser enormen Expansion in afrikanische Länder hat das  südafrikanische Kapital die dortigen einheimischen Firmen, die nach der Unabhängigkeit dieser Länder aufgebaut wurden, systematisch aufgekauft und sich einverleibt, zum Teil gegen erheblichen Widerstand der kapitalistischen Länder. Einheimische Intelligenz und herangewachsenes Management wurden durch Südafrikaner, mehrheitlich Weiße ersetzt. Einheimische Fachleute wurden zu „internationalen Wanderarbeitern“, qualifizierte Bergleute aus Afrika sind jetzt in den Bergwerken Australiens bis in unzugänglichen Gebieten Chiles zu finden. Diese zehnjährige wirtschaftliche Expansion (1997-2007) führte zu einem Boom auf dem Immobilien-Markt mit Preisen, die auf das Zehn- bis Fünfzehnfache ihres ursprünglichen Wertes (1991) anstiegen. Südafrika bewegt sich auf eine ähnliche Immobilienblase zu, wie sie sich seit Anfang dieses Jahres in den USA beobachten lässt, mit ähnlichen Auswirkungen bis hin zu einer wirtschaftlichen Rezession. Die sozialpolitischen Auswirkungen dieser Krise werden mit Sicherheit eine größere Tragweite haben und es ist absehbar, dass der relative Burgfrieden im Klassenkampf einer neuen Situation mit neuen Realitäten Platz machen wird. Die Absetzung der gesamten ANC-Führung um Thabo Mbeki, welche die neoliberale Politik eingeführt und verteidigt hat, ist der Vorbote einer sich aufheizenden bevorstehenden Klassenauseinandersetzung. Die Auseinandersetzungen um Wirtschafts- und Sozialpolitik innerhalb der Regierungspartei, die in der Öffentlichkeit weitgehend um Personalpolitik geführt wurden, jedoch eine tiefe inhaltliche Bedeutung haben, dieselben Auseinandersetzungen werden in unterschiedlicher Intensität innerhalb des Gewerkschaftsbundes COSATU und seiner Einzelgewerkschaften und auch innerhalb der südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) geführt. Weitgehende Positionsveränderungen haben schon begonnen, andere stehen noch an. Bisher noch ungelöste wirtschaftliche und soziale Widersprüche aus der Apartheidzeit und die zunehmenden Widersprüche der neo-liberalen Realität lassen sich nicht mehr länger verdrängen und zudecken. Die Tragweite dieser Widersprüche kann man am besten an Hand konkreter Beispiele verstehen.

Die Landfrage – eine Existenzfrage für die Hälfte der Bevölkerung

Es ist allgemein bekannt, dass sich seit über 100 Jahren 87 Prozent des Bodens im Besitz von weißen Farmern befinden, zum Teil Großgrundbesitzer und Nahrungsmittelkonzerne. Das betrifft insbesondere alle fruchtbaren Gebiete des Landes mit direktem Frischwasserzugang, Landbesitz im Hinterland von Ballungsgebieten und in der Nähe von Häfen. Nachdem die Regierung Mindestlöhne und Grundrechte für Farmarbeiter per Gesetz festgeschrieben hat, haben weiße Farmer während der letzten Jahre über eine Million Farmarbeiter, die seit Generationen auf diesen Großfarmen gelebt, gearbeitet und die Gräber ihrer Verstorbenen dort haben, von ihren Farmen verjagt, teilweise unter Androhung von Gewalt oder auch unter direkter Gewaltanwendung. Ersetzt wurden sie durch Teilzeitarbeiter aus den Elendsvierteln, die nur tageweise angeheuert und unter dem Mindestlohn bezahlt werden, auch ohne krankenversichert zu sein. Zur Erntezeit werden oft zusätzlich illegale Landarbeiter z. B. aus Mosambik beschäftigt. Es ist dann schon vorgekommen, dass sie zwei oder drei Monate gearbeitet hatten und als sie nach Einbringung der Ernte ihren verdienten Lohn forderten, von den Farmern bei der Polizei als Illegale angezeigt und dann über die Grenze gejagt wurden – ohne Lohn. Zur gleichen Zeit sind die Preise für Farmen um das 10-bis 20-fache gestiegen, was sich u. a. auf Kaufangebote und – aktionen im Rahmen der Bodenreform sehr ungünstig auswirkt. Nahrungsmittelkonzerne kontrollieren den Nahrungsmittelanbau mittlerweile weitgehend mit genmanipuliertem Saatgut. Sie kontrollieren sowohl die Verarbeitung wie auch den Vertrieb und die Lebensmittelketten. Sie sorgen dafür, dass die Lebensmittelpreise zwei bis drei Mal pro Jahr angehoben werden und im Durchschnitt um 12 Prozent jährlich wachsen. Preisabsprachen zwischen zwei Großkonzernen, die diese Industrien beherrschen, wurden kürzlich in aller Öffentlichkeit aufgedeckt und auch von Regierungsseite bestätigt. Die verhängten Bußgelder hatten eine geradezu lächerliche Höhe, die nicht einmal dem Profitgewinn entsprach, den sie an einem einzigen Tag erwirtschaften. Die Regierung hat in den letzten 14 Jahren 4 Prozent des Bodens an schwarze Farmer verteilt, Land, das ausnahmslos Staatseigentum war, vor 40 Jahren gewaltsam verstaatlicht von der damaligen südafrikanischen Armee, die diese Ländereien als Truppenübungsplätze benutzten und natürlich durch Artilleriegeschosse und Chemikalien kontaminiert haben. Diese Flächen wurden nicht an einzelne Bauern, sondern an die damals von dort vertriebenen Gemeinden „zurückgegeben“. Ohne Zugang zu finanziellen Ressourcen wird auf diesen Bodenflächen nur Subsistenzwirtschaft mit sehr niedriger Produktivität betrieben, und der wirtschaftliche Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt ist gleich Null. Weiße Farmer weigern sich ihre Farmen zu Marktpreisen zu verkaufen, oft verlangen sie horrende Summen, die niemand imstande ist zu finanzieren. Kaum eine weiße Farm ist in den letzten 14 Jahren von Schwarzen übernommen worden. Die neuesten strategischen Pläne der Regierung sehen vor, 25 Millionen  Hektar fruchtbaren „weißen“ Farmlandes an 60 000 schwarze Bauern zu verteilen. Niemand weiß jedoch wie das geschehen soll ohne umfassende Enteignungsmaßnahmen und ohne die enge Verzahnung von Lebensmittelkonzernen mit  dem allmächtigen weißen Bauernverband aufzubrechen. Der Druck der Hunderttausenden landlosen Familien wird deutlicher spürbar und entwickelt sich zunehmend zu einem sozialpolitischen Faktor, der nicht mehr ignoriert werden kann.

HIV und Knoblauch – ein explosives Gemisch

Die HIV/Aids-Infektion betrifft über 5 Millionen Südafrikaner, eine der höchsten Infektionsraten weltweit. Lange Jahre wurde das Problem HIV/Aids von Regierungsseite bagatellisiert. Erst massiver Widerstand von Betroffenen, die sich in landesweiten Netzwerken organisiert haben und auch schon vor Gericht die offizielle Position der Regierung zu dieser Pandemie in Frage stellten und ein umfassendes Konzept sowie eine Versorgung mit Medikamenten vor Gericht eingeklagt haben, brachte größere Aktivitäten in Gang. HIV/Aids hat die Bevölkerung seit vielen Jahren in einen fortwährenden Zustand schrecklichen physischen und psychischen Leidens versetzt, mit tiefgreifenden Konsequenzen durch das Hinwegsterben jüngerer und mittlerer Generationen und der Hinterlassenschaft von vielen Hunderttausenden Waisenkindern, was nicht nur ein humanitäres, sondern auch ein gesellschaftspolitisches Drama von höchstem Ausmaß ist, wie es in Europa nur zu Zeiten großer Seuchen im Mittelalter bekannt war. Armut fördert die Ausbreitung der Pandemie und verursacht neue Armut. Erst durch die oben erwähnte Infragestellung der Regierungsposition, verbunden mit internationalen Solidaritätsaktionen und einem Gerichtsverfahren, das TAC (Treatment Action Campaign), eine landesweite Bewegung der Betroffenen gegen die Regierung anstrengte, – zeigte das Gesundheitsministerium die Bereitschaft HIV/Aids-Patienten lebensverlängernde anti-retrovirale Medikamente zur Verfügung zu stellen, was bisher jedoch nur etwa 10 Prozent der Patienten in staatlichen Krankenhäusern und Abgabestellen zugute kommt. Es muss aber auch erwähnt werden, dass die Preis- und Patentpolitik der internationalen Pharmakonzerne das Gesundheitsbudget Südafrikas für Millionen Infizierter überfordert, zudem auch von diesen Multis der Import billiger Generika aus der Pharmaproduktion Indiens und Brasiliens verhindert wird, um ihre lukrativen anti-retroviralen Absatzmärkte, die Milliarden Dollar Profit erbringen, nicht zu verlieren. Menschenleben scheinen dabei keine Rolle zu spielen, oder sollte man besser sagen, schwarze Menschenleben? Andererseits soll auch nicht verschwiegen werden, dass in Südafrika selbst zahlreiche Leute am Thema HIV/Aids mitmischen die durch sehr widersprüchliche Informationen, die im Gegensatz zu den üblichen, verbreiteten Präventionsmaßnahmen stehen, die Bevölkerung verwirren und desorientieren. So die von einigen US-Dissidenten kolportierte und leider vor längerer Zeit in Südafrika von offizieller Stelle übernommene Information, dass HIV kein Virus wäre, sondern die als Folgeerscheinung auftretenden Krankheiten Symptome von Armutszuständen seien und diese bekämpft werden müssten und, wie die südafrikanische Gesundheitsministerin, selber Ärztin, bei jeder Gelegenheit propagiert, dass Erkrankte mit täglichem Zusatz von Roter Bete und Knoblauch ihre Infektion bekämpfen können. Außerdem sind noch viele Scharlatane am Werke, die mit Heilkräutern, Säften, Vitaminpillen und mit der Angst und dem Leiden der Menschen ihre Geschäfte machen. So auch der deutsche Arzt Dr. Rath, der in Südafrika sein Unwesen treibt, Patienten von Medikamenteneinnahme abrät und stattdessen verzweifelten und armen Menschen seine teuren Vitaminpillen andreht. Die HIV/Aids-Situation in Südafrika ist eine Widerspiegelung des Gesundheitswesens im Land: es hat die besten Krankenhäuser, hervorragende Operationsmethoden und Behandlungsresultate – für Privatpatienten. Die Widersprüche innerhalb des Gesundheitssystems reflektieren das vorherrschende Klassensystem, und diese Widersprüche sind unerträglich geworden, werden zunehmend unhaltbar. Seit die neoliberalen Kriterien sich in die staatlichen Krankenhäuser eingeschlichen haben – mit Managern, die Hospitäler nach Konzernregeln leiten, mit drastischen Kürzungen beim Pflegepersonal und von Krankenhausaufenthalten, Verlängerungszeiten auf sowieso schon langen Wartelisten, Privatbetten, Vergabe von ärztlichen Tätigkeiten außerhalb und dergleichen mehr – steuert das Gesundheitswesen auf eine ernsthafte Strukturkrise zu, nach der Devise: je größer die Krise des Gesundheitswesens, desto größer die Gewinnspanne der privaten Krankenkassen.

Ausweg aus der Krise

Allein die beiden Beispiele, der Stand der sogenannten Bodenreform und die Lage im Gesundheitswesen, sind charakteristisch für den strukturellen und krisenhaften Zustand des gegenwärtigen Südafrikas und typisch für den gesamten Kapitalismus. Die letzten dramatischen Ereignisse auf dem ANC-Kongress – die Absetzung der gesamten ANC- Führung um Thabo Mbeki – setzte ein Zeichen für kommende Entwicklungen. Die anti-kapitalistischen und antiimperialistischen Kräfte formieren sich angesichts der neuen Herausforderungen. Erst kürzlich gab es auch einen Aktionsaufruf afrikanischer Nichtregierungsorganisationen „Stopp der Rekolonisierung Afrikas!“ Zivilgesellschaftliche Organisationen von Bauern, Arbeitern, Frauen, religiösen und studentischen Gruppen und Organisationen riefen zum verstärkten Widerstand gegen die Selbstbedienungs-Freihandelsabkommen auf, die unter der irreführenden Bezeichnung von „Wirtschaftspartnerschaftsabkommen“ (EPAs) von Europa mit manipulativen und erpresserischen Taktiken angewandt werden und eindeutig Europas kommerziellen und globalwirtschaftlichen Interessen dienen, jedoch die Wirtschaft der AKP, der afrikanischen, karibischen und pazifischen Länder, zerstören. Das hundertmal totgesagte System des Sozialismus bleibt nicht nur erstrebenswert, sondern ist unsere einzige Alternative zur anarchistischen Produktionsweise unter kapitalistischen Bedingungen, unser einziger Ausweg aus dem menschenverachtenden System der Ausbeutung und Lohnsklaverei, unsere einzige Hoffnung für eine Beendigung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Angesichts der weltweiten imperialistischen Barbarei – insbesondere in Afghanistan, im Irak, in Palästina, Somalia und im Kongo – ist die sozialistische Zukunft eine Notwendigkeit und historisch unabdingbar.

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