Rubrik Recht Kurz
Soweit die EmpfängerInnen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Ansprüche auf Schmerzensgeldzahlungen hatten, konnten sie davon bislang nicht profitieren.
Dieses Geld zählte zu ihrem anrechenbaren Einkommen, das nach § 7 Abs. 1 S. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) "vor Eintritt von Leistungen" aufzubrauchen war. Mit Beschluss vom 2. November 2006 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diese Vorschrift endlich für verfassungswidrig erklärt (Az.: 1 BvR 293/05).
Der aus Bosnien-Herzegowina stammende Beschwerdeführer und seine Familie erhielten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Im August 1997 wurden die Ehefrau und ein Kind des Beschwerdeführers Opfer eines Verkehrsunfalls. Sie erhielten ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 DM. Daraufhin lehnte der Leistungsträger die weitere Gewährung von Leistungen ab, da das Schmerzensgeld als Vermögen im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 AsylbLG angerechnet werden müsse. Die hiergegen erhobene Klage des Beschwerdeführers blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Auf seine Verfassungsbeschwerde hin stellte BVerfG fest, dass es mit dem Gleichheitssatz unvereinbar ist, dass AsylbewerberInnen anders als SozialhilfeempfängerInnen Schmerzensgeld für ihren Lebensunterhalt einsetzen müssen, bevor sie staatliche Leistungen erhalten. Insoweit sei § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG verfassungswidrig.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Regelung bewirkt, dass Asylbewerber anders behandelt werden als Personen, die Sozialhilfe erhalten. Diese unterschiedliche Behandlung ist nach Ansicht des BVerfG nicht hinreichend gerechtfertigt. Zwar stehe es im sozialpolitischen Ermessen des Gesetzgebers, für AsylbewerberInnen ein eigenes Konzept zur Sicherung ihres Lebensbedarfs zu entwickeln und dabei auch Regelungen über die Gewährung von Leistungen abweichend vom Recht der Sozialhilfe zu treffen. Die dem Schmerzensgeld eigene Funktion verleihe ihm indes eine Sonderstellung innerhalb der sonstigen Einkommens- und Vermögensarten, der auch in der übrigen Rechtsordnung durchweg durch den Ausschluss der Anrechnung auf staatliche Fürsorgeleistungen Rechnung getragen werde. Warum dies für AsylbewerberInnen anders sein soll, ist in der Tat nicht einzusehen.
Dem Gesetzgeber hat das BVerfG aufgegeben, bis zum 30. Juni 2007 eine Neuregelung zu treffen. Das sollte ihm nicht allzu schwer fallen, kann er sich doch am Wortlaut des § 83 Abs. 2 Sozialgesetzbuch zwölftes Buch (SGB XII) orientieren: "Eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen."