Ohne Papiere Rechtlos

Recht auf Legalisierung

in (01.12.2005)

In Deutschland leben ungefähr eine Millionen MigrantInnen ohne Papiere. Ohne Papiere wird alles zum Problem: Krankheit, Arbeit, Alltag.

In Deutschland leben ungefähr eine Millionen MigrantInnen ohne Papiere. Ohne Papiere zu sein, bedeutet beispielsweise, dass jede kleine Krankheit zum Problem werden kann und keinerlei Recht auf Schutz vor Ausbeutung oder Lohnraub durch ArbeitgeberInnen besteht, weil man immerzu von Entdeckung und Abschiebung bedroht ist. Es gibt viele Wege in die Illegalität, und sie alle fußen auf dem repressiven Migrationsregime in Deutschland.

Trotz der immer lückenloser werdenden Abschottung der Festung Europa und der engen Möglichkeiten zu Erwerbung eines regulären Aufenthaltstitels findet selbstverständlich Migration statt und die Grenzen werden trotz Schengen mithilfe unabhängiger Netzwerke tagtäglich überschritten.
Die meisten der "illegalen" MigrantInnen kommen nicht rechtlos in dieses Land, sondern werden entrechtet und illegalisiert. Regelmäßig werden MigrantInnen durch die repressiven ausländerrechtlichen Bestimmungen in die Illegalität gedrängt: Etwa durch Scheidungen von ihren deutschen EhepartnerInnen, durch Ablehnung ihres Asylgesuchs oder durch den Verlust des Aufenthaltstatus durch Inanspruchnahme sozialer Leistungen, Verletzung der Residenzpflicht oder anderer rassistischer Sondergesetze.

Illegal leben und arbeiten
Ohne reguläre Papiere in Deutschland zu leben bedeutet, dass jeder Schritt im falschen Moment zu einer Entdeckung führen kann: Nonkonformes Verhalten wie Schwarzfahren, Verwicklung in Unfälle und die tagtäglichen rassistischen Kontrollen von Polizei und Bundesgrenzschutz an Bahnhöfen, in Zügen und in Fußgängerzonen können jederzeit zur Abschiebung führen.
In der Illegalität zu leben bedeutet unter anderem auch, keine regulären Jobs oder Wohnungen annehmen zu können, und aus dem Bildungsystem ausgeschlossen zu sein. Die meisten illegalisierten MigrantInnen sind gezwungen, unqualifizierte Arbeiten anzunehmen, die von deutschen ArbeitnehmerInnen verschmäht werden. Viele illegalisierte Frauen machen beispielsweise schlecht bezahlte "Putz-Jobs". Illegalisierte anzustellen kommt ArbeitgeberInnen auch zugute, da sie nicht so viel Lohn fordern können und vermeintlich rechtlich auch keine Möglichkeit haben, diesen bei Lohnraub einzufordern. An diese irregulären Jobs ist außerdem auch die fehlende Möglichkeit geknüpft, sich in irgendeiner Form zu versichern. Durch die auf der repressiven Migrationspolitik Deutschlands basierende Illegalisierung entsteht eine Raum, in dem Kapitalismus in seiner Reinform funktionieren kann: Ohne soziale Rechte und Gewerkschaften, auf die man sich stützen kann.

Illegalisierung staatlich produziert
Von staatlicher Seite wird dieses Problem entweder komplett ausgeblendet oder höchstens in Verquickung mit der Bekämpfung des "Menschenhandels" und der "Schlepperbanden" medienwirksam aufgegriffen. Hierbei geht es PolitikerInnen jedoch nicht darum, die Situation von Illegalisierten zu verbessern, sondern die rassistische Abschottung Deutschlands und Europas weiter voranzutreiben.
Der Kampf um das Recht auf Legalisierung geht jedoch über die punktuelle (Stichtags-) Legalisierung der papierlosen MigrantInnen hinaus. Von Illegalisierung können alle hier lebenden Menschen ohne deutschen Pass betroffen sein, da die Grenzen zwischen "illegal" und legal fließend sind. Daher geht es auch um die Abschaffung der ökonomischen Ausbeutung und Hierarchisierung von MigrantInnen im Arbeitsmarkt und die Beendigung der Entrechtung von MigrantInnen durch rassistische Sondergesetze gehen. Das Recht auf Legalisierung muss daher auch die Forderung nach sozialen und politischen Rechten unabhängig vom Aufenthaltsstatus beinhalten.