Teilzeit für alle

Zu Frigga Haugs Buch „Die Vier-in-einem-Perspektive - Politik von Frauen für eine neue Linke“

Die Vier-in-einem-Perspektive - Politik von Frauen für eine neue Linke
by
Frigga Haug
Publisher:
Argument
Published 2008 in
Hamburg
ISBN-13:
978-3-88619-336-3
„Es ist an der Zeit [...] aus den falschen Alternativen, die Politik lähmen und langweilig machen, herauszukommen und die Fragen anders zu stellen“ schreibt Frigga Haug im Vorwort ihres Buches. Mit der „Vier-in-einem-Perspektive“ stellt sie einen Entwurf für eine andere linke Politik vor. Dieser Entwurf soll zugleich als Utopie und als Kompass für die Bestimmung von Nahzielen dienen. Eben jene „Utopie von Frauen, die eine Utopie für alle ist“, bündelt die politischen Projekte, in denen es um Gerechtigkeit bei der Verteilung von Erwerbsarbeit, Familienarbeit, Gemeinwesenarbeit und Entwicklungschancen geht, auf einen Zusammenhang hin.
Den Arbeitsbegriff, in politischen und wissenschaftlichen Diskursen meist reduziert auf die Erwerbsarbeit, erweitert Haug auf alle vier Bereiche unseres Lebens: Arbeit in Erwerbsarbeit; Arbeit an uns selber (Lernen, kulturelle Entwicklung, Bildung); Arbeit an anderen, mit der damit verbundenen Verallgemeinerung der Reproduktionsarbeit und schließlich politische Arbeit, also Gestaltung der Gesellschaft von unten. In der Verknüpfung der vier Bereiche liege die Kunst, eine kritische und revolutionäre Politik weiter zu entwickeln und umzusetzen. Das isolierte Verfolgen der einzelnen Bereiche hingegen, kann nicht nur im langweiligen Reformismus enden, sondern „geradezu reaktionär werden“.
Und so wird vorgeschlagen, den Arbeitstag modellhaft in vier mal vier Stunden zu teilen und eine Politik und Lebensführung anzuvisieren, die „umfassend wäre, lebendig, sinnvoll, eingreifend und lustvoll genießend“. Die im Buch folgende Aufsatzsammlung darf als Vorarbeit zur „Vier-in-einem-Perspektive“ verstanden werden. Sie bietet einen allgemeinverständlich und teilweise sehr vergnüglich zu lesenden Überblick über die Forschungsresultate der Autorin in den zunächst getrennten Schwerpunkten ihrer politisch-wissenschaftlichen Arbeit.
In den Kapiteln Erwerbsarbeit, Reproduktionsarbeit, Kulturelle Entwicklung und Politik von unten finden sich empirische Berichte aus Projekten zu den Umbrüchen in der Arbeit, Untersuchungen über Ursachen und über Orte von Frauenunterdrückung. Ebenso enthält das Buch Artikel, die den autobiographisch bestimmten Fragen nach Selbstentwicklung und dem Kulturellen nachgehen, sowie Aufsätze, die die „nie endenden Versuche, Politik von unten zu entwickeln und zu praktizieren“, widerspiegeln. Alle Beiträge nutzen Widersprüche als methodisches wie politisches Instrument. Die Artikel machen Lernprozesse sichtbar und fordern die Lesenden zum Lernen und Handeln auf. Erkennbar sind auch die bereits enthaltenen Vorschläge für eine die verschiedenen Bereiche vernetzende Politik. Mit dem letzten Beitrag zum Utopischen schließt sich der Kreis zur „Vier-in-einem-Perspektive“ Er soll zum erfinderischen Traum anstiften und das für die Veränderung von Gesellschaft unverzichtbare utopische Potential stärken. Insgesamt ist das Buch ein Muss für alle, für die es jetzt an der Zeit ist, für eine andere linke Politik zu kämpfen.

„Die Vier-in-einem-Perspektive - Politik von Frauen für eine neue Linke“ von Frigga Haug, erschienen beim Argument Verlag (Hamburg), ISBN-Nr. 978-3-88619-336-3.