Generalstreik und Direkte Aktion in Spanien
Im Rahmen des ersten europäischen Generalstreiks im November vergangenen Jahres kam in Portugal und Spanien das öffentliche Leben praktisch zum Stillstand. Die große Mehrheit der Lohnabhängigen – nach Schätzungen bis zu 90 Prozent in Portugal und 70-80 Prozent in Spanien – beteiligten sich an den Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen. Studierende, Jugendliche und zahlreiche soziale Bewegungen schlossen sich den verschiedenen Aktionen an.
Die spanische Guardia Civil ging brutal und drastisch gegen die DemonstantInnen vor. Eine Frau, die in Barcelona von einem Gummigeschoss getroffen wurde, verlor ihr Augenlicht.
Trotz der großen Mobilisierungskraft, die N14 besonders in Spanien hatte, verebbte der Schwung des Massenaufstandes jedoch schnell wieder. Statt dessen gewannen die lokalen Kämpfe gegen den allgemeinen Verelendungsprozess der Bevölkerung und insbesondere gegen die Zwangsräumungen an Fahrt.
Bereits im Sommer vergangenen Jahres machte die andalusische SAT (siehe Spanisch einkaufen und Die Bewegung ist zurück) mit direkten Aktionen von sich reden.
An den Enteignungen in Filialen der Supermarktketten Carrefour und Mercadona hatten sich unter anderem SAT-Generalsekretär Diego Cañamero sowie der Bürgermeister von Marinaleda und Abgeordnete der Vereinigten Linken im andalusischen Regionalparlament, Juan Manuel Sánchez Gordillo, medienwirksam beteiligt. Im andalusischen Arcos de la Frontera hatten rund 200 AktivistInnen ihre Einkaufswagen mit Grundnahrungsmitteln wie Nudeln, Reis, Milch, Zucker und Eiern gefüllt und die Lebensmittel später verteilt. Die Repressionen folgten auf dem Fuße. Miguel Sanz von der SAT in Sevilla sagte der DA damals : „Momentan versuchen sowohl die Regierungen der PSOE als auch der PP der SAT durch sehr hohe Geldstrafen bei allen Protesten finanziell die Luft zu nehmen.“
Nachdem aber nun vor allem SAT-Generalsekretär Diego Cañamero zu einer gefeierten Berühmtheit wurde, trifft die Repression auch ihn persönlich. Allerdings geht es diesmal weder um den solidarischen Einkauf, noch um den Generalstreik. Ihm wird vorgeworfen bei einer Demonstration im Jahr 2009 mit einem Stein bewaffnet gewesen zu sein. Die Gerichte fordern nun eine Geldstrafe von 3.600 Euro und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Cañamero selbst hat sich bereits zu den Vorwürfen geäußert. An der Demonstration habe er in der Tat teilgenommen. Statt eines Steines hatte er allerdings ein Megafon in der Hand.
„Ein Generalstreik für einen Tag in ganz Spanien reicht nicht mehr aus: wir müssen den KapitalistInnen zeigen, dass sie sich, wenn das alles so weitergeht, mit der Perspektive einer sozialen Revolution auseinandersetzen werden müssen.“ bemerkt Sanz zum Verhältnis zwischen Streik und Aktion.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Direkten Aktion #215 - Januar / Februar 2013