ABC des Aktionismus

Die utopia stelltdie kreativsten Aktionsformen vor: A wie Aktionsklettern, C wie Clowns Army, F wie Front Deutscher Äpfel, K wie Kreativ gegen Kriegspropaganda, O wie Online-Protest

A wie Aktionsklettern

„Kurios" murmelt ein im Auftrag einer Gentechfirma eingesetzter Sicherheitsmensch. Damit meint er den 12 Meter hohen Turm, den BesetzerInnen auf dem Feld errichtet und erklommen haben.

Zwei Tage später: „Kommen Sie darunter", schreit ein verzweifelter Polizist. Die Kletterin denkt nicht daran, sie protestiert gegen Atomtransporte über die Bahnlinie. Stunden später rücken Spezialkräfte per Hubschrauber an.
Eine Woche danach: „Nein zum Kahlschlag!" steht auf einem riesigen Transparent am Flughafen. Währenddessen werden Bäume im Wald besetzt. Kletteraktivismus ist vielfältig.
Aktionsklettern vermittelt politische Botschaften mit kräftigen Bildern, und bereitet dem Gegner viele Problemen. Es ist gar subversiv (umstürzlerisch), wenn man sich an der Aufregung um solchen Aktionen bei der Polizei orientiert. Bequem ist, dass AktivistInnen selten der Polizeigewalt ausgeliefert sind. Diese muss sich nämlich zunächst überlegen, wie sie an die AktivistInnen herankommt. Aktionsklettern verlangt aber eine solide Ausbildung und Selbstbeherrschung im Umgang mit stressigen Situationen.

Eichhörnchen

 

C wie Clowns Army

Bei dem G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 sorgte die etwas andere Armee zum ersten Mal in Deutschland für größeres Aufsehen. Anstatt mit Waffen zu kämpfen, demonstrieren sie mit provokantem Verhalten und ihrem kreativen Aussehen. Mit bunten Clownsanzügen, roten Nasen und geschminkten Gesichtern setzt die Clowns Army auf gewaltfreie Proteste. Im Gegensatz zu anderen Aktionsformen zieht sie das Kritisierte ins Lächerliche. Die Spaßvögel bepusten zum Beispiel Polizeiketten mit Seifenblasen oder machen die Polizisten und ihre Autos mit Klobürsten und Staubwedel sauber. Mit diesen phantasievollen Aktionen und Protesten gelangt so manche Polizeieinheit in einen Konflikt, da sich die Clowns haarscharf an der Grenze des Gesetzes bewegen. Ob Clownskostüme und das geschminkte Gesicht mit Perücken gegen das Vermummungsverbot verstoßen, ist oft diskutiert worden. In vielen Protestforen wird sogar dazu aufgerufen, es zu einer Festnahme der Clowns kommen zu lassen, sollte viel Presse anwesend sein. Denn Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen ist das Ziel der Clowns, damit möglichst viele Menschen von ihrer gewaltfreien Protestform erfahren. Wenn dabei die Polizei in spöttischem Gelächter versinkt, ist ihnen das nur recht.

Ana Mari M.

 

F wie Front Deutscher Äpfel

Satire ist die beste Waffe: Die Front Deutscher Äpfel ist eine Organisation, die sich 2004 gegründet hat und mit satirischen Aktionen rechtsextreme Verbände und Parteien, vor allem die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) nachahmt und sie somit ins Lächerliche zieht. Die Aktivistinnen und Aktivisten des Äpfel-Vereins übertragen die Propaganda der rechten Verbände auf Obst. Ihre Forderungen beinhalten die Reinhaltung des deutschen Obstbestandes, wofür die Grenzen für Fremdobst geschlossen werden müssten. Zudem rufen sie dafür auf, dass faules Fallobst einem nützlichem Zwecke für die Volkgemeinschaft zugeführt werden müsse und zu Mus verarbeitet werden solle. Auf ihrer Fahne in den Farben der Reichsflagge, tragen sie das Logo eines Apfels, der für die “Reinheit des deutschen Volkes“ stehen soll.
Bei Neonaziaufmärschen demonstrieren die Mitglieder der FDÄ meist in Anzügen unter ihrer Fahne. Dabei tragen sie Armbinden mit dem Apfellogo, welche stark an die Armbinden mit dem Hakenkreuz aus der Zeit des Nationalsozialismus erinnern.
Manchmal werden ihre Parodien falsch verstanden und lösen Irritationen aus, doch das ist gewünscht. Solche Aktionen sollen auf das Problem aufmerksam machen, dass rechtsradikale Gruppierungen immer häufiger auf linke Symbole oder Erkennungsmerkmale zurückgreifen.

Ana Mari M.

 

K wie Kreativ gegen Kriegspropaganda

Die Bundeswehr ist nicht mehr nur auf den Kriegsschauplätzen der Welt zu finden, sondern immer öfter auch in Schulen, Arbeitsagenturen, auf Messen oder Marktplätzen. Mit ihren Jugendoffizieren und Propagandaveranstaltungen wie Konzerten der Bundeswehr-Bigband versucht die Bundeswehr Nachwuchs für ihre Kriegseinsätze zu ködern und ihre Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern. Die neue Kampagne „kehrt marsch" hat sich vorgenommen „Den Bundeswehr Werbefeldzug [zu] stoppen!"

Auf ihrer Website veröffentlichen die AntimilitaristInnen rund 2000 Propagandatermine des Militärs. Mit wenigen Klicken kann man sich dort in einer interaktiven Landkarte anzeigen lassen, ob und wann die Häscher der Bundeswehr in der eigenen Stadt sind.

Außerdem stellen die AktivistInnen kreative Aktionsideen vor und stellen Materialien zum Download bereit.

Infos: http://www.kehrt-marsch.de

 

O wie Online-Protest

Alles wird digital – auch der Protest. Längst gibt es Online-Demos, E-Mail-Aktionen und elektronische Petitionen. Das Online-Netzwerk „campact“ hat sich auf Protestschreiben im Netz spezialisiert und möchte damit Bürgerinnen und Bürgern eine Stimme geben. Einmal angemeldet, reichen ein paar Klicks und die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker haben eine Protest-E-Mail im Posteingang.
Die Themen reichen von Bahnprivatisierung bis Gentechnik, eine Kampagne wird immer dann gestartet, wenn eine wirkliche Veränderung realistisch scheint. Mitmachen sollen vor allem diejenigen, die kaum Zeit für politisches Engagement haben, aber trotzdem ihren Protest kundtun möchten. Für alle anderen gibt „campact“ aber auch Hinweise, wie man sich über das Internet hinaus engagieren kann.
Die Idee kommt anscheinend gut an: Über 100.000 Menschen erhalten den Newsletter von „campact“, in dem über die neuesten Kampagnen informiert wird. Der Appell „Atomkraftwerke jetzt abschalten“ wurde bereits über 60.000 Mal unterzeichnet.

Infos: http://www.campact.de

Felix Werdermann

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