Tiere unter Kontrolle: eine Chronologie

1980 wurden transgene Bakterien und damit weltweit die ersten Lebewesen patentiert, 1988 folgten in den USA und 1992 in Europa Patente auf die ersten transgenen Säugetiere. Zur Disposition stehen heute letztlich alle wirtschaftlich interessanten Tiere - Schmuse-, Sport- und Wildtiere eingeschlossen. So nimmt die Verfügbarkeit von Tieren für eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung durch eigentumsrechtliche Strategien dramatisch ab.

Anything under the sun made by man", urteilten die Richter des US-Supreme Court 1980 in ihrer Fünf-zu-vier-Entscheidung, sei künftig patentfähig. Damit verurteilte das oberste amerikanische Gericht das US-Patentamt (United States Patent and Trademark Office - USPTO) dazu, dem Antrag der Firma General Electric auf Patentierung eines transgenen Bakteriums stattzugeben. Durch diese Grundsatzentscheidung, Lebewesen und ihre Nachkommen für patentfähig zu erklären, wurde auch der ursprüngliche Impetus aufgeweicht, wonach Patente die Ergebnisse von Erfindern schützen sollten. Denn es waren ja keine Erfindungen, die seit Anfang der 1980er Jahre zuerst vom USPTO und dann auch vom Europäischen Patentamt (EPA) patentiert wurden. Es waren Gene, Gensequenzen und ganze Lebewesen wie Bakterien, Viren, Pilze, Pflanzen und Tiere sowie deren Nachkommen. Zudem war die Erteilung von Patenten von Anfang an nicht auf transgene Lebewesen beschränkt. Sie erstreckte sich auch auf Lebewesen, bei denen durch patentierte Tests das Vorhandensein einer natürlichen Gensequenz nachgewiesen werden kann, und deren Nachkommen.

Das erste Patent auf Säugetiere

Obwohl der Rechtsrahmen des EPA im Unterschied zum US-Patentamt Tierrassen und Pflanzensorten explizit als nicht patentfähig einstuft (1), entsprach die Patentierungspraxis des EPA keineswegs dieser vermeintlichen Einschränkung, sondern steht der Vergabe grenzenloser Patente durch das USPTO letztlich nicht nach. 1988 erhielt die Harvard-Universität das erste US-Patent auf Säugetiere, das einen fast unbegrenzten Anspruch auf alle Säugetiere enthielt. Den gleichen Antrag lehnte das EPA 1989 zunächst ab, vergab aber auf Beschwerde der Antragsteller 1992 dieses erste europäische Patent auf Säugetiere. Patent EP 169 672 umfasste Ansprüche auf alle Mäuse, alle Nagetiere und letztlich alle Säugetiere (außer dem Menschen), die durch gentechnische Manipulation eine menschliche, für Krebs sensibilisierende Gensequenz in ihrem Erbgut haben ­ sowie alle deren Nachkommen. Damit verstieß das EPA mehrfach gegen Beschränkungen nach dem EPÜ, dem Europäischen Patentübereinkommen.(1) Um gezielte Aktionen dagegen starten zu können, erfolgte 1992 mit "Kein Patent auf Leben" quasi eine Ausgründung des 1986 gegründeten "Gen-ethischen Netzwerkes". Kein Patent auf Leben legte 1993 zusammen mit über 100 weiteren europäischen Organisationen Einspruch gegen das Patent EP 169 672 ein. 1994, 2001 und 2004 verhandelte das EPA öffentlich über die Einsprüche, die letztlich zurückgewiesen wurden. Gleichzeitig wurden die Ansprüche von Patent EP 169 672 auf alle mit dem entsprechenden Transgen manipulierten Tiere "der Art Maus" eingeschränkt.(2) Mit dieser Entscheidung hat das EPA die Missachtung des Grundsatzes, wonach Tierarten und Pflanzensorten nach europäischem Recht nicht patentfähig sind, dauerhaft festgeschrieben und inzwischen über 200 teilweise sehr weit reichende Tierpatente erteilt, zirka 5.000 stehen derzeit zur Entscheidung an.

Anything under the sun made by man...

Die meisten Tierpatente sind bisher auf transgene Tiere und deren Nachkommen vergeben worden. Damit wird ein weiteres Wesensmerkmal des ursprünglichen Patentrechts negiert - die Wiederholbarkeit, wonach die Anwendung der patentierten Technik jeweils zum gleichen Ergebnis führt. Denn transgene Tiere sind Zufallsprodukte, da kein Einfluss darauf besteht, ob und wenn ja wo und mit welchen Folgen sich fremde Gene in das Erbgut einfügen. Bei der verwendeten Technik, der Mikromanipulation, werden 500 bis 1.000 Gene unmittelbar nach der Befruchtung blind in einen der beiden Vorkerne - das väterliche oder mütterliche Genom - eingespritzt, was in den meisten Fällen zum Absterben der Embryonen führt. Entsprechend niedrig liegen die so genannten Erfolgsquoten: im einstelligen Prozentbereich. Hinzu kommen Deformationen und Krankheitsanfälligkeit bei den lebend Geborenen. Die bis heute gängige Technik der Mikromanipulation galt einigen Forschern schon bald nach den ersten transgenen Mäusen 1980 als nicht optimierbar. 1983 begann die Forschung zur Weiterentwicklung der Klontechniken, um Investitionen in die Gentechnik doch noch Gewinn bringend nutzen zu können. Das Ziel lautet damals wie heute: In den Fällen, in denen ein gentechnisch manipuliertes Individuum die gewünschten (und möglichst wenig ungewünschte) Eigenschaften zeigt, soll es massenhaft vervielfältigt werden, so dass Tierställe dann nur noch mit Tieren aus einem Klon bestückt werden können, um Aufwand für individuelle Fütterung und Behandlung einzusparen.

"Dolly" - geklonte Unikate statt Massenware

Nach unzähligen Versuchsdurchgängen mit jeweils Hunderten Embryonen gelang den Forschern vom Roslin-Institut in Edinburgh 1996 mit dem geklonten Schaf "Dolly" der Durchbruch. 2001 vergab das EPA ein Patent auf das "Dolly-Verfahren", den Transfer von Zellkernen - und damit der DNA - aus Körperzellen erwachsener Tiere in entkernte Eizellen (somatic cell nuclear transfer - SCNT). Auch mit diesem weit reichenden Patent verstößt das EPA gegen seine eigenen Grundregeln. Einerseits weil das "Dolly-Patent" (EP 849 990) natürlich entstandene Nachkommen in den Patentschutz einschließt. Andererseits führt auch dieses Verfahren nicht zu wiederholbaren Ergebnissen. Bis heute gibt es keine massenweise Produktion erbgleicher Tiere. Ganz im Gegenteil: "Dolly" blieb ­ ebenso wie die meisten der überlebenden geklonten Tiere ­ ein Unikat. Zudem ist das Klonen wie die gentechnische Manipulation häufig mit gravierenden gesundheitlichen Schäden verbunden. Die frü-hembryonale Aktivierung so genannter Entwicklungsgene wird durch das "Dolly-Verfahren" so sehr gestört, dass die meisten Klone vor der Geburt absterben, viele missgebildet zur Welt kommen und nur ein noch kleinerer Teil erwachsen wird. Die meisten leiden in Folge des Klonens unter fötalem Riesenwuchs, dem "Large offspring syndrom". 1998 stellte die US-Firma "Advanced Cell Technology" (ACT) der Öffentlichkeit erstmals ein geklontes Kalb vor. Aber über hunderttausend Kerntransfers führten inzwischen nur zu wenigen Hundert geklonten Kälbern. Ähnlich ist es auch bei anderen Spezies wie Schaf und Schwein. Deshalb macht auch das Klonen transgener Tiere für das Gene-Pharming, die Bildung von Medikamenten, zum Beispiel im Euter, oder für die Xenotransplantation, die Herstellung von Herzen und anderen Organen für den Menschen, wenig Fortschritte. Theoretisch können mehr Tiere das Klonen überleben, wenn Stammzellen statt Körperzellen genutzt werden. Wie schwierig aber auch das ist, offenbar-te der bislang größte Betrug in der Wissenschaftsgeschichte, mit dem der koreanische Forscher Hwang Woo-Suk 2005 aufflog. Im Gegensatz zur Massenproduktion sind bei "Haustieren auf Bestellung" Unikate das Ziel, deren Hauptaufgabe meist darin liegt, ihrem verstorbenen Vorgänger auf's Haar zu gleichen. Aber auch das potentiell sehr gewinnträchtige Klonen von "Wunsch-Pets" bereitet große Probleme: Die erste kommerziell geklonte Katze war schlank, aktiv und grau-weiß gescheckt, während die, die sie ersetzen sollte, goldbraun und mollig, war.(3) Bereits Ende 2006 gab das Unternehmen "Genetic Savings & Clone", das Katzen kommerziell klonen wollte, wieder auf.

Substanzielle Äquivalenz - die Macht der Definition

Zehn Jahre nach "Dolly" wird mit diesen Misserfolgen Politik gemacht. Dass das "Dolly-Verfahren" der Durchbruch sei, mit dem es möglich wäre, Säugetiere in beliebiger Zahl zu vervielfältigen, war keine Erfindung der Medien, sondern war und ist auf Pressekonferenzen von Klonforschern propagiertes Ziel. Die Panikmache der Medien, galt geklonten Menschen, wurde aber weder dem Dilemma einzelner menschlicher Unikate noch der Problematik massenhafter menschlicher Klone gerecht. Heute kolportieren die selben Medien die anfänglichen Befürchtungen seien maßlos übertrieben, weil das Klonen ja gar nicht zu den angekündigten vielen Gleichen führen würde. Das trifft wiederum nicht den Kern und lenkt zudem sträflich von den sehr unterschiedlichen Gefahren bei Mensch und Tier ab. Im Jahr 2002 leitete die Food and Drug Administration (FDA), die US-amerikanische Zulassungs- und Überwachungsbehörde für Lebensmittel und Pharmaprodukte, einen Bewertungsprozess ein und verlautbarte bereits 2003, der Konsum von Produkten geklonter Nutztiere sei unbedenklich.(4) So lautet auch das Fazit des Ende Dezember 2006 veröffentlichten 700 Seiten starken Abschlussberichtes. Die FDA stützt sich auf Forschungsprojekte, die allein auf die Inhaltsstoffe der Produkte und nicht auf den Prozess orientiert sind. Diese seien denen nicht geklonter Tiere "substanziell äquivalent" und somit gleichzusetzen. Folglich bedürfe es keiner Zulassung und auch keiner Kennzeichnung. Und das, obwohl verschiedene Studien genetische und phy-siologische Abweichungen bei geklonten Tieren belegen. Während einer 90-tägigen Frist konnte der Abschlussbericht nun kommentiert werden. Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt hat auch die EU-Kommission das Thema Klonen in den vergangenen Jahren bearbeiten lassen, zuletzt mit dem Projekt "Farm Animal Cloning and the Public" durch das Dänische Zentrum für Bioethik und Risikoabschätzung (CeBRA). Während sein Team teilweise sehr differenzierte und prozessorientierte Ansätze vertrat, resümierte Projektleiter Peter Sandoe, Professor für Bioethik an der königlichen veterinärmedizinischen und agrarwissenschaftlichen Universität in Kopenhagen, Ende 2006 ebenfalls, dass Produkte geklonter Tiere denen der nicht geklonten gleichzustellen seien.(5)

Klonen ist keine Gentechnik, ist keine Gentechnik, ist keine...

Dass die erhoffte Entwicklung bislang nur schleichend vorankommt, wird zum wichtigsten Werbeargument, wenn es um die öffentliche Akzeptanz geht. Ob Forscher oder Politiker: Öffentliche Statements zum Klonen heben stets hervor, Klonen sei keine Gentechnik. Tatsächlich erzielt die Kombination aus Klonen und gentechnischer Manipulation derzeit noch geringere Erfolgsquoten als Klonen oder gentechnische Manipulation als isolierte Techniken. Bis zu einer endgültigen Entscheidung gilt eine 2001 von der Industrie erklärte "freiwillige Selbstverpflichtung", keine Produkte geklonter Tiere oder von deren Nachkommen auf den Markt zu bringen. Das fällt nicht wirklich schwer angesichts Tausender elender Wesen, deren Anblick man schnell wieder vergessen und deren Schinken man mitnichten probieren wollte. Nichtsdestotrotz hat das Klonen aber nicht nur das Potenzial zur massenhaften Vervielfältigung ganzer Tiere, sondern gemessen an der Mikromanipulation auch zu erheblicher Effizienzsteigerung gentechnischer Manipulationen. An den Zielen hat sich nichts gerändert. Es kostet nur Hunderte Forschungs- und Werbe-Millionen mehr, sie zu erreichen. Die Akzeptanzstrategie von FDA und EU folgt für die Markteinführung geklonter Tierprodukte als Lebensmittel dem Motto "step by step": Erster Schritt - bis zum Jahr 2010 Markteinführung von Produkten von Tieren, deren Vater oder Mutter ein Klon ist (kein GVO) Zweiter Schritt - 2010 bis 2015 Markteinführung von Produkten geklonter Tiere (kein GVO) Noch gibt es keinen Zeitplan für den letzten Schritt - die Markteinführung von Produkten geklonter und transgener Tiere (GVO).(6)

Nachkommen geklonter Tiere

Bereits heute bestehen keine Handelsbeschränkungen bezüglich des Handels mit Sperma oder Eiern und Embryonen geklonter Tiere. Die Industrie klassifiziert ihre kommerziellen Erwartungen an die Vermarktung von Sperma der Klone von Spitzenebern mit "hoch bis sehr hoch", die an geklonte Spitzenbullen mit "mittel bis gering" und die an Embryonen von geklonten Elitekühen mit "gering".(6) Bereits heute ermöglichen Fortpflanzungstechniken dramatische Inzuchtentwicklungen: Das Erbgut von Bullen kann massenhaft und weltweit gehandelt werden - aufgrund des Spermienreichtums des Ejakulats und der Möglichkeit, dieses portioniert einzufrieren. Deshalb gibt es bereits Bullen mit mehr als einer Million Nachkommen. Das Ejakulat von Ebern ist weniger spermienreich und verliert durch Einfrieren seine Befruchtungskapazität. Deshalb soll das Spermaangebot durch Kloneber erhöht werden. Am 11. Januar 2007 wurde die Geburt eines weiblichen Kalbes im englischen Shropshire vom Dezember 2006 bekannt, das von der Kuh "Vandyk K Integ Paradise 2", einem Klon der Championkuh "Vandyk K Integ Paradise" stammt. Englische Behörden betonten, der vorangegangene Import von "Dundee Paradiese" und vier weiteren tiefgefrorenen Embryonen sei völlig legal gewesen; denn die EU-Richtlinien würden beim Import nicht zwischen geklonten Tieren oder Embryonen und deren Nachkommen sowie nicht geklonten unterscheiden. Des weiteren hätten die Vertreter der 27 EU-Mitgliedsstaaten entschie-den, dass Milch und Fleisch geklonter Tiere durch die Novel-Food-Verordnung geregelt seien. Die EU-Kommission konstatiert, dass geklonte Tiere phänotypische Unterschiede zu ihren Ursprungstieren aufweisen, erwartet aber, dass die FDA "grünes Licht" für alle tierischen Klon-Produkte geben wird. Am 15. Februar hat sie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die EFSA, bis zum 1. August um eine Stellungnahme gebeten zu Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit sowie Tier- und Umweltschutzaspekten im Zusammenhang mit geklonten Tieren sowie Nachkommen weiblicher und männlicher Klone (Samen und Embryonen).(7)

Sicherung des Eigentums

Gemessen an den Vorhersagen aus mehr als zwei Jahrzehnten muss die Tierzuchtforschung nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus der Perspektive des Tierschutzes als ein Millionengrab angesehen werden. Transgene Tiere waren als der zukünftige Normalfall der Landwirtschaft beworben worden, bleiben aber auch 25 Jahre nach den ersten transgenen Schweinen Ausnahmen - ebenso wie geklonte Tiere zehn Jahre nach "Dolly". Derweil wird immer noch mehr Geld in die Entwicklung dieser und weiterer Tierzuchttechniken investiert. Dazu zählen so genannte Fortpflanzungstechniken - insbesondere die Reifung von Eierstöcken in vitro und das Tieffrieren von Spermien, Eiern und Embryonen aller wirtschaftlich interessanten Spezies. Aber als zentrale Strategie der Industrie erweist sich die Sicherung des Eigentums an Tieren und ihren sämtlichen Nachkommen durch Patente. Neben Genen und Teilen des Genoms spielen deshalb inzwischen Patente auf Gentests eine zunehmende Rolle - unter anderem für die so genannte Marker gestützte Selektion. Gentests bezogen sich bisher auf (die Wahrscheinlichkeit für) das Vorhandensein einer gewünschten beziehungsweise nicht gewünschten Eigenschaft von Tieren. Zunehmend werden aber über die Tests hinaus Eigentumsrechte an den damit positiv getesteten Tieren und deren Nachzucht beansprucht. Greenpeace demonstrierte neben der grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Leben und Patenten die Grenzenlosigkeit eingereichter Ansprüche am Beispiel der Firma Monsanto. Patent EP 165 1777 aus dem Jahr 2005 beschreibt einen Gentest, der Schweine mit einem erhöhten Wachstumspotenzial identifizieren soll. Neben dem Test selbst wurden die positiv getesteten Schweine und alle ihre Nachkommen beansprucht. Nach Greenpeace-Recherchen wäre ein großer Teil der Schweine in Deutschland davon betroffen. Auf öffentliche Kritik hin schwächte das EPA die gewährten Ansprüche so ab, dass keine Schweine mehr erfasst wurden.

Konzentrationsprozesse in der Zuchtindustrie

So erfreulich dieser Erfolg von Greenpeace ist, zeigt er letztlich doch nur, dass selbst das Patentieren von "anything under the sun made by man" noch nicht das Ende der Begehrlichkeiten markiert, denn der entscheidende Angriff gilt jeglichen genetischen Ressourcen - ob gezüchtetes oder wildes Tier. Züchterische Entscheidungsfindungen (über Zuchtziele und -methoden) und Patente konzentrieren sich in immer weniger Zuchtunternehmen. In den vergangenen zehn Jahren hat das Aufkaufen kleinerer durch große Tierzuchtfirmen (vertikale Integration) bereits zu enormer Konzentration in der Tierzucht geführt. Gleichzeitig zielt die Strategie der Industrie auf das Aufkaufen von oder Beteiligungen an Firmen, die Erbgut sequenzieren. Die Ergebnisse - Gene und Gensequenzen mit bekannten oder auch nur vermuteten Eigenschaften - werden grundsätzlich patentiert. Die Verfügungsgewalt über einen Großteil der weltweiten tiergenetischen Ressourcen haben inzwischen Europäer und Nordamerikaner, darunter Lebensmittelkonzerne, die auch die Weiterverarbeitung und die Vermarktungswege bestimmen. Dazu zählen die Paul Heinz Wesjohann-Gruppe (PHW) aus Deutschland, die Grimaud-Gruppe aus Frankreich, Hendrixs Genetics/Nutreco aus den Niederlanden sowie aus den USA Smithfield/Tyson Foods Inc. und Monsanto.(8) Die Schere zwischen den zunehmend auf industrielle Erfordernisse orientierten Zuchtzielen und den Standortbedingungen in weniger intensiven Haltungssystemen klafft deshalb immer weiter auseinander und macht das Engagement für die Ökologisierung der Tierzucht - eine Züchtung auf standortbezogene Kriterien und geringeren Energie-Input - letztlich (über-) lebensnotwendig. Da die Zahl der Tiere, die für eine nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung geeignet und verfügbar ist, bedrohlich abnimmt, sind Kooperationen jenseits von Monopolstrategien erforderlich. Dazu arbeitet seit 2002 das Netzwerk Ökologische Tierzucht.(9) Um so erschreckender ist die millionenschwere Klon-Promotion. Vor allem die allgegenwärtige Barbara Glenn, die Leiterin der Biotechnologieabteilung für Tiere des US-Biotech-Lobbyverbandes "BIO", lockt mit Wundern: "Wir sprechen über ,unterstützende Fortpflanzungstechniken'". Diese erlaubten Landwirten, zuverlässigere und gesundere Tiere zu entwickeln, die fähig seien, mehr und gehaltvollere(s) Milch und Fleisch zu produzieren und die resistent gegen Seuchen - wie die Maul- und Klauenseuche - seien. Dr. Anita Idel ist Tierärztin und leitet das Projektmanagement Tiergesundheit & Agrobiodiversität. Im Verbundprojekt "Agrobiodiversität entwickeln" leitete sie die Bereiche "Tierzucht" und "Gender". Anita Idel ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Gen-ethischen Netzwerk e.V.. Seit 1986 hat sie einen Lehrauftrag für Gentechnik in der Landwirtschaft an der Universität Kassel.

Fußnoten:

  1. Zum Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) und zur EU-Patentrichtlinie siehe zum Beispiel: Entdecker und Erfinder, Beitrag des Beirates des Gen-ethischen Netzwerkes, Gen-ethischer Informationsdienst 143, Dezember 2000/Januar 2001, im Netz unter: www.gen-ethisches-netzwerk.de >>> GID >>> Archiv >>> GID 143. Das EPÜ im Netz unter: www.european-patent-office.org/legal/epc/d/ma1.html#CVN. Das Europäische Patentamt (EPA) ist das Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation (EPO). Mitglieder der EPO sind nicht automatisch Mitglieder der Europäischen Union und umgekehrt.
  2. Dabei handelt es sich um das so genannte "Krebsmaus-Patent". Siehe zum Beispiel im Netz unter: www.keinpatent.de.
  3. First cloned cat definitely not the spit of her mother; Roger Highfield, Telegraph 23.01.03.
  4. Im Netz unter: www.fda.gov/bbs/topics/NEWS/2003/NEW00968.html.
  5. Im Netz unter: www.sl.kvl.dk/cloninginpublic.
  6. Dolly for dinner? Assessing commercial and regulatory trends in cloned livestock: J Suk, A Bruce, R Gertz, C Warkup, C B A Whitelaw, A Braun, C Oram, E Rodríguez-Cerezo & I Papatryfon: Nature Biotechnology, Vol. 25, Nr. 1, 2007.
  7. Nachricht vom 8. März 2007 auf der Internet-Seite der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Im Netz unter: www.efsa.europa.eu/en >>> Press Room >>> News >>> 8th March 2007 "European Commission request to EFSA for advice on the implications of animal cloning on food safety, animal health and welfare and the environment".
  8. Siehe www.agrobiodiversitaet.net; dort unter "Downloads". Es stehen Fallstudien zu Rind, Schwein und Huhn zur Verfügung. Informationen zu Patenten auf Nutztiere auf der Internetseite von Greenpeace: www.greenpeace.de >>> Themen >>> Patente >>> Publikationen; zum Beispiel: 26.02.07 Greenpeace und die Liga für Hirtenvölker: Livestock Genetics Companies.
  9. Siehe www.netzwerk-tierzucht.de.

Literatur:

  • Idel, Anita (2007): Zweinutzung ist ein Muss. In: Ökologie & Landbau, 142, Schwerpunkt: Züchtung ist Zukunft ­ Tiere für den Ökolandbau, Hrsg. Stiftung Ökologie und Landbau (SÖL; Bad Dürkheim, in Druck.
  • Idel, Anita (2005): Biologische Vielfalt und Agrarkultur. In: Gen-ethischer Informationsdienst (GID) Nr. 169, Schwerpunkt Gentechnikfrei, S. 12-16.