Standpunkte des Arbeitslosenverband Deutschland e. V.

zur Pressekonferenz am 30.06.2003

in (30.06.2003)

Der Arbeitslosenverband Deutschland e. V. vertritt seit 1990 die Interessen der Erwerbslosen in Deutschland und verfolgt mit seinen Aktivitäten den Zweck, ...

... von Erwerbslosigkeit Betroffenen und Bedrohten und ihren Familien Hilfe zur Selbsthilfe bei allen aus der Erwerbslosigkeit auftretenden Problemen zu geben. Dazu hat sich der Arbeitslosenverband Deutschland e. V. in den neuen Bundesländern Landesverbände geschaffen, die sich in Kreis- und Ortsvereine untergliedern und in denen die Mitglieder des Arbeitslosenverbandes Deutschland e. V. für sich und andere Erwerbslose ehrenamtlich tätig sind. Das ehrenamtliche Engagement erstreckt sich auf das Tätigwerden in Selbsthilfegruppen vor Ort, in gesellschaftlichen Gremien in den Gemeinden, Städten, Ländern und im Bund sowie auf allen anderen gesellschaftlichen Ebenen sowie auf die Mitarbeit in Zusammenschlüssen, wie dem Bundesweiten Runden Tisch der Erwerbslosen, als auch anderen Gremien und Bündnissen sowie Gewerkschaften und Parteien, derer Ziel es ist, sich für die Interessen der Erwerbs-losen und ihrer Familien in der Bundesrepublik Deutschland, in unseren Nachbarstaaten sowie in Europa einzusetzen. Um den Erwerbslosen und ihren Familien auch ganz konkrete Hilfe zugeben, hat der Arbeitslosenverband Deutschland e. V. in allen Landesverbänden und ihren Untergliederungen Projekte, wie zum Beispiel Arbeitslosenzentren und -serviceeinrichtungen, Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen, Frauenprojekten, Computerkabinetten, Kleiderkammern, Projekten der Kinder- und Jugendarbeit, Gärtnereien u.v.a.m. geschaffen, in denen neben den zahlreichen individuellen Gesprächen auch Bewerbungstrainings, Existenzgründerseminare und Gesprächsrunden zu Fragen aus dem Arbeits- und Sozialrecht sowie aus dem Insolvenzrecht durchgeführt werden. Der Arbeitslosenverband Deutschland e. V. hat sich zum Ziel gesetzt, politischer Interessenvertreter der Erwerbslosen, der von Erwerbslosigkeit Bedrohten und ihrer Familien zu sein und hat dies in den letzten Jahren immer wieder durch verschiedene Aktionen, Demonstrationen und Einzelaktivitäten deutlich gemacht. Erst am 17.05.2003 war der Arbeitslosenverband Deutschland e. V. mit der Gewerkschaft ver.di und der Koordinierungsstelle der gewerkschaftlichen Erwerbsloseninitiativen ( KOS Bielefeld ) Mitaufrufer zu einer Demonstration gegen den weiteren Sozialabbau in Deutschland und hat am 27.06.2003 im Deutschen Bundestag an die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Frau Sehn die ersten ca. 33.940 Petitionen übergeben, die sich mit den bereits gesetzlich verankerten und weiter geplanten Verschlechterungen für Erwerbslose auseinandergesetzt haben. Auch diese Aktion wurde durch ehrenamtliche Mitglieder und Freunde aus anderen Organisationen sowie von Erwerbslosen unterstützt, die durch unzählige persönliche Gespräche diese hohe Anzahl an einzelnen Petitionen zusammengetragen haben. Einige wenige Erwerbslose haben stellvertretend für die Unterzeichner der Petitionen an dieser Übergabe im Deutschen Bundestag teilgenommen. Die Petitionen, wie auch unsere gegenwärtige sozialpolitische Arbeit, zeigen auf, wie sich die Situation der Erwerbslosen nach den ersten Gesetzen zu Jahresbeginn bis zur nun in der Diskussion befindlichen Agenda 2010 verschlechtert haben oder noch verschlechtern werden:
  • Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld: Diese Verkürzung der Bezugsdauer verschlechtert die finanzielle Lage der Erwerbslosen und ihrer Familien wesentlich und hat Auswirkungen bis hin zu einer später zu erlangenden Rente, weil damit auch der Rentenanspruch wesentlich verringert wird. Die Diskussion der Regierung, dass die Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld zu einer schnelleren Vermittlung in den Arbeitsmarkt führt, wird durch die Zahlen der tatsächlich Arbeitslosen und der freien Stellen auf dem Arbeitsmarkt überzeugend widerlegt.
  • Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe: Dies könnte aus unserer Sicht ein richtiger Schritt sein, wenn damit gemeint wäre, die Kräfte der Arbeits- und Sozialämter zu bündeln, um die Bemühungen der Erwerbslosen in Arbeit zu kommen, erfolgreich zu unterstützen. Doch das ist nicht gemeint. Der Regierung geht es auch hier nur um die Kürzung der an die Betroffenen gezahlten Gelder, um damit angeblich den Haushalt der Regierung zu stärken. Tatsächlich verschlechtert sich hier erneut die finanzielle Situation der betroffenen Arbeitslosenhilfe-empfängerinnen und -empfänger und ihrer Familien, indem ihnen die laufenden Bezüge gekürzt werden und gleichzeitig von ihnen verlangt wird, die mühsam zusammengesparten Altersvorsorgen, bereits jetzt zu verbrauchen und erst danach erhalten sie wieder - unter bestimmten Bedingungen - Leistungen der Ämter. Auch dies hat wieder eine direkte Auswirkung auf die Höhe der später zu zahlenden Rente, die durch die Streichung von Leistungen der Arbeitslosenhilfen massiv gekürzt werden. Dieser Zustand wird dann noch durch die nicht mehr vorhandene private Altersvorsorge verschärft.
  • Dynamisierung der Arbeitslosenunterstützung wird abgeschafft, aber die Kürzung der Arbeitslosenunterstützung um 3 % bleibt: Dies ist nun wieder ein doppelter Griff der Regierung in die Taschen der Erwerbslosen. Konkret wirkt sich dies erneut auf die finanzielle Situation der Betroffenen sofort und in Zukunft aus und ist eine weitere Schlechterstellung der Betroffenen.
  • Herabsetzung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau: Die Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf die Höhe der Sozialhilfe bedeutet eine weitere finanzielle Schlechterstellung der Betroffenen und verschärft damit die Gefahr in Armut zu kommen, da das Sozialhilfeniveau in der Bundesrepublik nicht mehr bedarfsdeckend und armutsverhindernd ist. Ist die Arbeitslosenhilfe geringer als der Sozialhilfesatz, so wird es zukünftig voraussichtlich keine Zahlungen von ergänzender Sozialhilfe geben, so dass die Betroffenen weit unter dem Sozialhilfesatz leben werden.
  • Neuregelungen zur Arbeitslosmeldung ab Juli 2003: Hier wird deutlich gemacht, dass nur mit einer rechtzeitigen Arbeitslosmeldung eine schnelle Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt möglich ist - was, wenn es denn tatsächlich funktioniert eine gute Sache ist und Einzelnen die Arbeitslosigkeit ersparen wird - aber eigentlicher Grund ist auch hier wieder der Griff in die Taschen der Erwerbslosen. Wer diese Regelung nicht kennt oder aus anderen Gründen nicht rechtzeitig beim Arbeitsamt erscheint bekommt bis zu einem Monat die Arbeitslosenunterstützung gekürzt.
  • Verschärfung der Zumutbarkeit für Bezieher der Arbeitslosenunterstützung: Hier wird jetzt vom ersten Tag der Arbeitslosmeldung eine bundesweite Arbeitssuche voraus gesetzt, wenn keine Arbeitsaufnahme in den ersten drei Monaten zu erwarten ist oder keine wichtigen familiären Gründe vorliegen. Bis zu 6 Monaten ist eine doppelte Haushaltsführung zumutbar. Das Recht auf freie Wahl des Wohnortes wird hier völlig ausgehebelt, ebenso wie das Recht auf freie Wahl des Berufes, den nun ist die Annahme jeder Arbeit zumutbar.

Zusammenfassend müssen wir feststellen:

Aus unserer Sicht werden die hier dargestellten Vorhaben der Regierung nicht zu einer Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt führen, sondern die soziale Not und Armut in Deutschland weiter verschärfen und die Zahl der Betroffenen wesentlich erhöhen. Die Schere zwischen Arm und Reich wird weiter auseinander gehen. Besonders wird dies zu einer Verarmung der in Haushalten mit Erwerbslosen lebenden Kinder und Jugendlichen und zur Verschärfung der Altersarmut führen. Lösungsmöglichkeiten könnten die bundesweit einzuführende Grundsicherung sein, für deren Höhe der Bundesweite Runde Tisch der Erwerbslosen bereits im März 2002 eine Höhe von 800,00 EUR + Warmmiete vorgeschlagen hat oder die Umwandlung von Überstunden in neue Arbeitsplätze sowie die ernsthafte Einführung einer Zwangsabgabe von Unternehmen, die nicht ausbilden - obwohl sie es könnten und die keine neuen Arbeitsplätze schaffen - obwohl sie es können.