Kürzung der Sozialhilfe zwischen nichtehelichen PartnerInnen

Erneut hat ein Gericht beschlossen, dass eine Sozialhilfeempfängerin sich das Einkommen ihres Partners anrechnen lassen muss, wenn beide Partner miteinander in einer sog. eheähnlichen Gemeinschaft..

Erneut hat ein Gericht beschlossen, dass eine Sozialhilfeempfängerin sich das Einkommen ihres Partners anrechnen lassen muss, wenn beide Partner miteinander in einer sog. eheähnlichen Gemeinschaft leben.
Dieser Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Mainz reiht sich in die bisher ständige Rechtsprechung bezüglich der Gewährung von Sozialhilfe ein. Neu an der Entscheidung ist, dass für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft kein vollständiger Beweis erbracht werden müsse, sondern vielmehr auch Indizien dazu ausreichen würden.
Schon der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg ist zuvor von einer solchen Beweislastumkehr ausgegangen.
Personen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, dürfen gemäß § 122 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. Beantragt einE PartnerIn einer solchen eheähnlichen Gemeinschaft Sozialhilfe, so wird das Einkommen und Vermögen der anderen PartnerIn berücksichtigt, mit der Konsequenz, dass die Sozialhilfe entfällt oder gemindert wird.
Entscheidend ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft, welcher sich nach den Umständen des Einzelfalles beurteilt. Dem Träger der Sozialhilfe obliegt bei Anwendung des § 122 BSHG die Beweislast für das Vorliegen der eheähnlichen Gemeinschaft.
Nach der Rechtsprechung des BVerwG liegt eine eheähnliche Gemeinschaft dann vor, wenn sie über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht und von den Partnern einer solchen Gemeinschaft ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann.
Der VGH hat die Ansicht vertreten, dass bei Schwierigkeiten der Feststellung von Indizien aus den im persönlichen, intimen Bereich liegenden Umständen, die für die eheähnliche Gemeinschaft sprechen können, die Beweislast neu zu bestimmen sei.
Denn dem Träger der Sozialhilfe könne dabei nichts aufgebürdet werden, was er schlechterdings nicht erfüllen könne.
Die Neubestimmung der Beweislast, die zu Lasten der SozialhilfeempfängerInnen geht, welche dann das Nichtbestehen der eheähnlichen Gemeinschaft zu beweisen hätten, wurde jedoch in Rechtsprechung und Literatur überwiegend abgelehnt.
Daher ist zweifelhaft, ob der oben genannte Beschluss vom VG Mainz Bestandskraft erlangen wird.
Eine Beweislastumkehr wäre unverantwortbar, da den potentiellen SozialhilfempfängerInnen damit leicht der ohnehin schon schwache finanzielle Boden unter den Füssen weggezogen werden könnte und zwar nur aufgrund von Indizien, die sich aus einer sozialen Bindung zum anderen Geschlecht ergibt. Zudem werden der "wilden Ehe" wieder nur Nachteile aufgebürdet, nicht aber die Vorteile die den Ehegatten gewährt wird.

Astrid Kalkbrenner, Berlin

Quellen:
Beschluss des VG Mainz: Az 1 L 856/02.MZ;
Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 14. 4. 1997: FEVS 48, 29.