Selbst schuld?

,,Alle die wollen, bekommen einen Ausbildungsplatz. Wer keinen bekommt, ist selber schuld, weil er zu faul oder zu dumm ist.''

Solche Sätze hören wir immer wieder, allen voran von Bundeskanzler Schröder (SPD) oder den Bossen vom Bund der Deutschen Industrie (BDI).

Wir aber meinen nicht, dass die Jugend am Ausbildungsmangel und der Jugendarbeitslosigkeit schuld ist. Vielmehr ist das Grundrecht auf freie Berufswahl und Wahl des Ausbildungsplatzes noch immer nicht umgesetzt.

Schmalspurausbildung: Schule, Lehre, Feierabend?

Die berufliche Erstausbildung ist durch eine abnehmende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe gekennzeichnet. Arbeitgeberverbände versuchen, den Weg für weitere kürzere Ausbildungsberufe mit niedrigen theoretischen Anforderungen zu ebnen. Diese Berufe seien dann vor allem für "praktisch begabte" Jugendliche gedacht, die im theoretischen Bereich weniger leistungsfähig seien. Diese Schmalspurausbildung schafft jedoch keine zukunftsfähige Qualifikation, weder für die Jugendlichen, noch für die Betriebe. Zweijährige "theorie-geminderte" Ausbildungsberufe schaffen auch keine zusätzlichen Ausbildungsplätze. Sie brachten le-diglich eine Spaltung der Auszubildenden in Facharbeiter der ersten und zweiten Klasse hervor.

Bei der Bewerbung für einen bestimmten Beruf entscheidet die Ausbildungsqualität. Wichtige Hinweise für den Arbeitergeber bezüglich des Qualifikationsniveaus sind dabei Umfang und Dauer der Aus-bildung. Doch die Arbeitgeberverbände fahren weiter die Linie der Kostensenkung, der Verbilligung betrieblicher Ausbildung und der konzeptionslosen Verkürzung des Berufschulunterrichtes, ganz im Sinne der maximalen Ausbeutung der Auszubildenden als billige Arbeitskräfte in den Unternehmen.

Übernahme in den Beruf: Träum weiter!

Wer seine Ausbildung nicht in einem Berieb absolviert, hat nach Abschluss der Lehre kaum Chancen auf Übernahme in eine reguläre Beschäftigung und findet sich nach den Abschlussprüfungen nicht selten auf dem Arbeitsamt wieder. Die gut gemeinten, öffentlich finanzierten "Sofortprogramme" haben nicht wirklich zum Durchbruch auf dem Ausbil-dungsmarkt geführt. Jugendliche werden in Warteschleifen gesteckt und in schulische Ausbildungsmaßnahmen gedrängt. Ähnlich geht es den jungen Menschen, die eine betriebliche Ausbildung absolvieren. Rationalisierung und Umstrukturierung von Unternehmen erhöhen das Risiko, nach der Ausbildung nicht übernommen zu werden. Die Praxis zeigt, dass der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz für Jugend und Auszubildendenvertretungen nicht ausreicht. Die Arbeitgeber unterlaufen häufig ihre gesetzlichen Verpflichtungen. So entbinden sie sich zum Beispiel von der Übernahmepflicht, selbst wenn freie Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

Der Markt hat versagt, nicht die jungen Menschen!

Es fehlen die Rahmenbedingungen für ein tatsächlich auswahlfähiges und qualitativ hochwertiges Ausbildungsangebot. Bisher orientiert sich das Angebot weder an den Interessen des Jugendlichen, noch an den langfristigen Erfordernissen des Arbeitsmarktes. Es richtet sich vielmehr nach der kurzfristigen Profit-Logik der sog. freien Marktwirtschaft. Diese profitiert vom Mangel an Ausbildungsstellen und Arbeitsplätzen, betreibt Lohndumping und zieht sich aus der Verantwortung. Besonders große Unternehmen und Konzerne bilden wenig oder gar nicht aus. Während kleine Betriebe sich mehr Auszubildende oft nicht leisten können.

Richtig katastrophal ist die Situation in den neuen Bundesländern: Hier standen im letzten Ausbildungsjahr den 120.000 Suchenden gerade einmal 30.000 Ausbildungsplätze gegenüber. Nicht die jungen Menschen sind also schuld an der Ausbildungsmisere, sondern die Unternehmen, die nicht, schlecht oder ungenügend ausbilden. Also laßt Euch bloß nicht zum Gärtner machen!