Die Wahlen im Saarland: Der Wechsel bleibt aus

Bei den Wahlen im Saarland ist die CDU als klarer Sieger hervorgegangen. Mit 40,7% hat sie ein wohl von ihr selbst nicht erwartetes herausragendes Ergebnis erzielt und gegenüber den letzten Wahlen noch einmal deutlich zugelegt. Bemerkenswert ist die auf knapp 70% angestiegene Wahlbeteiligung.

Die CDU konnte davon am stärksten profitieren. Die SPD konnte ihr letztes Ergebnis mit 29,6% nicht ganz erreichen, nahm aber absolut an Stimmen zu und schnitt erheblich besser ab, als ihr noch vor dem Rücktritt Gabriels prognostiziert worden war.

DIE LINKE musste mit einem Rückgang von gut 3% und einem Ergebnis von 12,9% merkbar Federn lassen. Die Grünen, im Saarland ohnehin recht schwach, flogen aus dem Landtag, die FDP verfehlte den Wiedereinzug. Die AfD zog zwar in den Landtag ein, erzielte aber mit 6,2% ein schwaches Ergebnis.

Insgesamt ist festzustellen, dass die bislang regierende große Koalition klar bestätigt wurde, was sich vor allem im Resultat der CDU ausdrückt. Bei der SPD hat sich zwar durchaus auch der Schulz-Effekt bemerkbar gemacht, aber eben nicht in dem prognostizierten und erhofften Ausmaß. Das herbeigesehnte und auch herbeigeschriebene, aber nie realistische Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU fand nicht statt. Im Gegenteil, die SPD bleibt ein schwacher Junior-Partner. Zu dem besonders von der LINKEN gewünschten Regierungsbündnis Rot-Rot kommt es nicht.

Der Erfolg der CDU verdankt sich insbesondere der Beliebtheit der Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, auf deren Person der CDU-Wahlkampf ganz und gar ausgerichtet war. Sie ist offensichtlich eine Identifikationsfigur für viele Saarländerinnen und Saarländer. Ihr und der CDU wird am ehesten zugetraut, dass sie die Probleme des Landes lösen und für eine stabile Zukunft sorgen könnne. Dabei fällt die Regierungsbilanz alles andere als gut aus.

 

Die Sorgen und Nöte im Saarland

Das Saarland ist ein Haushaltsnotlageland mit einem Schuldenberg von über 14 Mrd. Euro. Der neu verhandelte Bund-Länder-Finanzausgleich verschafft dem Land etwas Luft, löst aber die Probleme bei weitem nicht. Das Saarland erhält damit zwar 500 Mio. Euro mehr, zieht man jedoch die bisher gezahlte Konsolidierungsbeihilfe in Höhe von 260 Mio. Euro ab, so ist der Spielraum doch sehr begrenzt.

Dies gilt vor allem für den auch von der Industrie- und Handelskammer beklagten Investitionsstau. Die Infrastruktur weist erhebliche Defizite aus, worunter auch die zunehmende Verschlechterung im Schienenverkehr gehört. Die Hochschulen werden durch die Sparmaßnahmen stark eingeschränkt.

Auch die sozialen Probleme sind enor­m. Die Armutsquote liegt über dem Bundesdurchschnitt, prekäre Arbeit ist weit verbreitet, bei den Einkommen und Verdiensten hinkt das Saarland hinterher. Hinzu kommen einige spektakuläre Pannen im Baubereich, die zum Teil in den persönlichen Verantwortungsbereich Kramp-Karrenbauers fallen. Zu nennen ist vor allem der Museumsneubau der Galerie Moderne Kunst, der mehr als dreimal so teuer wird wie zuvor angegeben. Nachweislich wurde die Öffentlichkeit über das Ausmaß der Kosten getäuscht. Missmanagement war an der Tagesordnung. All dies hat das Vertrauen der Bevölkerung nicht zu erschüttern vermocht.

Die Wirtschaft ist durch ein hohes Gewicht der Industrie gekennzeichnet. Diese nachhaltig zu sichern, ist sowohl ein Anliegen der Regierungsfraktionen als auch der LINKEN. So verfügt das Saarland über einen ausgeprägten Automotive-Sektor mit dem Produktionswerk von Ford und großen Werken von Zulieferern wie ZF und Bosch sowie einer ganzen Reihe kleinerer Zulieferfirmen. Industrie 4.0 ist ein Kernthema, auf das vor allem die SPD setzt.

Mit dem Ausbau der Autoindustrie hat das Saarland den Strukturwandel von der Montanregion zur verarbeitenden Industrie relativ erfolgreich bewältigt, doch ist damit eine neue Abhängigkeit entstanden. Bedingt durch den in diesem Sektor zu erwartenden enormen Strukturwandel (neue Antriebstechniken, E-Mobilität) wird das Saarland vor große Herausforderungen gestellt werden.

Es verfügt über eine leistungsfähige Stahlindustrie, die sich zurzeit allerdings mit erheblichen Problemen des Weltstahlmarktes konfrontiert sieht. Angesichts der Bedrohung durch billige Stahlimporte und hohe Emissionsauflagen durch Brüssel kam es zu umfangreichen Aktionen der Stahlbelegschaften, die breit unterstützt wurden. Politisch kam dies vor allen der SPD zugute, die ihren höchsten Stimmenanteil unter den Arbeitern erreichte. DIE LINKE schnitt hier ebenfalls überdurchschnittlich ab. Bei den Arbeitslosen ist sie im Übrigen deutlich stärkste Partei.

 

Vom viel zitierten »Schulz-Effekt« wenig Spur

Insgesamt ist festzustellen, dass das Saarland für die Kontinuität der bisherigen Regierungsarbeit gestimmt hat, obwohl von einer nachhaltigen Zukunftssicherung dieses kleinen Bundeslandes nicht die Rede sein kann. Dies kam in erster Linie der CDU und weniger der SPD zugute. Dies liegt auch daran, dass die SPD sich kaum als eigenständige Gestaltungsmacht zu profilieren vermochte – trotz einiger Ansätze im Bildungsbereich und in der Industriepolitik.

Es war letztlich der Schulz-Effekt, der sie überhaupt in die Größenordnung von knapp 30% brachte. Dabei hat sie, wie ja Martin Schulz selbst, die soziale Gerechtigkeit ins Zentrum gerückt, blieb aber in ihren Aussagen schwammig. Obwohl durchaus bereit für eine Koalition mit der LINKEN, weil nur so realistischerweise die Übernahme des Ministerpräsidentenamtes möglich war, macht sie inzwischen die Option Rot-Rot mitverantwortlich für ihren nur mäßigen Wahlerfolg. Nach wie vor ist die SPD politisch ambivalent.

DIE LINKE hat mit knapp 13% letztlich ein ordentliches, deutlich über dem Schnitt der westdeutschen Flächenländer liegendes Wahlergebnis erreicht. Dies ist nach wie vor mit der Popularität von Oskar Lafontaine verbunden, auf dessen Person auch der Wahlkampf zugeschnitten war. Positiv ist zu vermerken, dass zwar der Einzug der AfD in den Landtag nicht verhindert werden konnte, ihr Aufstieg aber gestoppt wurde.

Das Saarland hat den Auftakt bei den Wahlen im Jahr 2017 gemacht. Hätte es hier zu einer rot-roten Koalition und damit zu einem Regierungswechsel gereicht, hätte dies enorme Bedeutung für die folgenden Wahlen in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und im Bund gehabt. Es hätte die politische Landschaft weiter in Bewegung gebracht und die Wechselstimmung angeheizt.

Aber auch ohne diesen Wechsel ist der Ausgang der Saarlandwahl politisch bedeutsam. Es zeigt sich, dass der Schulz-Effekt begrenzt ist und allzu große Euphorie bei der SPD nicht angebracht ist. Will sie das soziale Terrain wirklich besetzen, muss sie deutlich klarer und konkreter werden.

Zwar war die Lage der Grünen im Saarland schon immer schwierig, doch dürfte ihr Misserfolg das strategische Dilemma der Partei weiter befördern. Und auch wenn die saarländische AfD ein besonders zerrütteter und extrem rechtslastiger Haufen ist, so zeigt das magere Resultat, dass ihr Zenit überschritten ist, was jedoch nicht zu ihrer politischen Unterschätzung führen sollte.

Für DIE LINKE ist das Wahlergebnis ein guter Ausgangspunkt, was sie zum Anlass nehmen sollte, ihr soziales Profil weiter zu schärfen, möglichst konkret zu sein bei der Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen und sich damit insgesamt als politische Alternative zum neoliberalen »Mainstream« zu profilieren.

Heinz Bierbaum ist Vorsitzender der Internationalen Kommission beim Parteivorstand der LINKEN und parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Landtag des Saarlandes.