Im Zuge eines Arbeitskonfliktes wurden ein schwedischer Syndikalist und seine Familie gewaltsam bedroht
In Schweden setzen sich die Angriffe auf Mitglieder der syndikalistischen SAC (Sveriges Arbetares Centralorganisation) fort. Zwei Jahre nach dem Brandanschlag auf die Wohnung einer in der SAC engagierten Familie und dreizehn Jahre nach dem Mord an Björn Söderberg wurde am 2. Juli ein Mitglied der Ortsgruppe Stockholm-Västerort von sechs Personen in seiner Wohnung überfallen, misshandelt und mit dem Tode bedroht. Seine Frau und ihr Kind wurden in einem anliegenden Raum eingesperrt.
Hintergrund des Angriffs ist die Organisierung migrantischer ArbeiterInnen. Diese ist seit mehreren Jahren die Haupttätigkeit der SAC-Ortsgruppe Stockholm-Västerort, die sich vor allem aus lateinamerikanischen MigrantInnen zusammensetzt. Diese sind zum größten Teil auf prekäre Anstellungen in der Serviceindustrie und auf Leiharbeitsfirmen angewiesen. Widerrechtliche Arbeitsbedingungen, gebrochene Arbeitsabkommen und ausbleibende Löhne gehören zu ihrem Alltag.
Zum Angriff vom 2. Juli kam es im Zusammenhang mit Protesten gegen eine Leiharbeitsfirma, die Reinigungskräfte vermittelt. Das angegriffene Mitglied wurde mit Waffengewalt und unter Morddrohungen aufgefordert, alle Klagen im Namen der SAC zurückzuziehen. Darüber hinaus wurde ihm eine einmonatige Frist für eine Zahlung von 50.000 Euro gegeben, um die Firma für Einkommensverluste zu kompensieren.
Die SAC zog ihre Klagen nicht zurück. Stattdessen startete sie eine Solidaritätskampagne, in deren Rahmen bisher rund 10.000 Euro gesammelt werden konnten. Das Geld wird verwendet, um das bedrohte Mitglied und dessen Familie zu verstecken. Außerdem wurde ein Fonds eingerichtet, um auf ähnliche Fälle unmittelbar reagieren zu können. Da sich die SAC immer wieder in Bereiche vorwagt, die andere Gewerkschaftsorganisationen ignorieren, etwa die Thematisierung extrem rechter Organisierung am Arbeitsplatz oder die Ausbeutung migrantischer Arbeitskraft, sind ihre Mitglieder bevorzugtes Ziel anti-gewerkschaftlicher Kampagnen.
Der Konflikt mit der Leiharbeitsfirma bleibt ungelöst. Auf dem Arbeitsmarkt ist es jedoch zu ersten Folgen gekommen. Zumindest ein Hotel hat seine Zusammenarbeit mit der Firma eingestellt. Die SAC hofft, dass mehrere Unternehmen diesem Beispiel folgen werden.
Am 18. August findet in Stockholm eine Großdemonstration statt, um die Solidaritätskampagne auszuweiten und auf die Bedrohung von GewerkschaftsaktivistInnen aufmerksam zu machen. Der schwedische Gewerkschaftsbund LO (Landsorganisationen) hat zu den Vorfällen bisher nicht deutlich Stellung bezogen.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Direkte Aktion 213 – September/Oktober 2012