Zentrale SchülerInnendatei, SchülerIn-ID, SchülerInnenkartei, Schülerregister oder Schülerinnendatenbank - viele Namen für ein und die selbe Sache: Die Schaffung der gläsernen Schülerin/des gläsernen Schülers als Teil der Ausweitung des Überwachungsstaates.
Auf der Kultusministerkonferenz (KMK) 2006 wurde beschlossen, eine zentrale Datenbank über Schülerinnen und Schüler einzuführen. Enthalten soll diese u.a. Name, Adresse, Herkunftssprache, Informationen über die Inanspruchnahme von staatlichen Hilfsgeldern, unentschuldigte Fehlstunden, Noten und sonstige Auffälligkeiten. Jeder Schüler und jede Schülerin erhält eine Identifikationsnummer - die sogenannte SchülerIn-ID. Die Polizei begrüßte dieses Projekt sofort, denn zukünftig sollen ihr, wie auch dem Jugendamt und einigen anderen Institutionen, diese Datenbanken zum Abgleich zur Verfügung stehen. Dann kann die Polizei demnächst spontan überprüfen, ob jemand zur Tatzeit auch im Mathe-Unterricht saß oder ein auffälliges Sozialverhalten an den Tag legt.
So erhärtet sich der Verdacht, dass hier noch mehr dahinter steckt, als die offizielle Begründung verlauten lässt. Demnach gehe es lediglich um die bessere statistische Erfassung von Daten im Allgemeinen, um z. B die Verteilung von Lehrerstellen an Schulen zu verbessern. Momentan seien viele SchülerInnen an mehreren Schulen gleichzeitig angemeldet. und Dadurch gäbe es eine ungleiche Verteilung der LehrerInnen an den Schulen - an einigen zu viel und anderen zu wenig. Es ist fraglich, ob dafür personenbezogene Daten sowie etliche andere persönliche Informationen zentral gespeichert werden müssen und nicht eine anonymisierte Statistik ausreicht. Die Sicherheit der Daten ist jedenfalls nicht ausreichend gewährleistet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass der Kreis derer, die auf die Daten zurück greifen können ausgeweitet wird und so z. B Universitäten eine dementsprechende Selektion betreiben könnten.
Eine, 16 oder 3 ...
Eine bundeseinheitliche Regelung für die zentrale SchülerInnendatei gibt es momentan nicht. Die KMK teilte auf Anfrage der Landesschülervertretung Hessen mit, dass sie im November 2009 einen Bericht über die Umsetzung in den einzelnen Bundesländern erhielt. Einige haben die Grundsatzentscheidung über die SchülerInnenkartei noch nicht getroffen. Daraufhin wurden die Bundesländern noch einmal von der KMK zur Umsetzung des Beschlusses aufgefordert.
Berlin hat zum Schuljahr 2009/2010 an einigen Versuchsschulen eine - von der Beschlusslage der KMK abweichende - Regelung eingeführt. In Bayern wurde am 19. Mai 2010 gesetzlich der Weg für die SchülerInnendatenbank frei gemacht. Die bayerische Landeselternvertretung will dagegen mit einer Verfassungsklage oder einem Volksbegehren vorgehen. Hessen ist seit dem Schuljahr 06/07 durch die sogenannte Lehrer- und Schülerdatenbank (LUSD) in das landesweite Schulverwaltungsnetz eingebunden. In Nordrhein-Westfalen wurde das Projekt wegen des Widerstands der Landesdatenschutzbehörde ausgesetzt. Niedersachsen lehnte ein solches Vorhaben von vornherein ab.Die unterschiedlichen Entwicklungsstände führen glücklicherweise zu einer Verzögerung und Erschwerung des gesamten Vorhabens. Informationen darüber, wie genau die aktuelle Planung in den speziellen Bundesländern aussieht, durften nicht herausgegeben werden. Mitte 2011 soll die nächste Umfrage zum Umsetzungsstand stattfinden.
... gegen die Kartei
Das einzige Rechtsmittel, um gegen die zentralen Karteien vorzugehen, ist eine Verfassungsklage, die sich auf das Recht der informationellen Selbstbestimmung stützt. Dieses leitet sich u. a. aus der EU-Menschenrechtskonvention ab:„Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs."EMRK Art. 8 (1)
Die Möglichkeit Widerstand durch falsche Angaben zu leisten, besteht leider nicht, da einerseits über einige Daten Auskunftspflicht gegenüber der Schule besteht - etwa, Geburtsdatum, Adresse etc. und andererseits Daten durch die Schule erstellt werden z.B. Noten, Verhaltensbemerkungen, Fehlzeiten etc. . Alternativ besteht die Möglichkeit eine Petition an deinen Landtag zurichten um politischen Widerstand zu mobilisieren. Unterstützung findest du dabei bei deiner Landesschülervertretung sowie bereits bestehenden Bündnissen gegen die SchülerInnenkartei.