Die Kinkel-Anweisung

Ewiggestrige zur „Delegitimierung“ ihrer DDR

Der Umgang mit einem Klaus-Kinkel-Zitat verrät mehr über dessen Kritiker als über jenen einstigen Bundesjustizminister. Daher seien diesem Mentalitäten-Strip-tease verbitterter DDR-Apologeten einige Worte gewidmet. Denn in diesen Kreis gehört es inzwischen zum Kult, mit diesem Zitat das schlechte Image des DDR-Rechtsstaats zu erklären.

„Neues Deutschland“, das einstige SED-„Zentralorgan“ ist gemäß Untertitel inzwischen eine „Sozialistische Tageszeitung“, läßt in einer Beilage zur Leipziger Buchmesse 2005 in - wohl unfreiwilliger – Komik Peter-Michael Diestel, den von der CDU gestellten DDR-Innenminister nach der Wende von 1989, die „Memoiren des Star-Anwalts Friedrich Wolff“ (Überschrift) rezensieren. So mutieren die ehemaligen Kader der Arbeiterbewegung, deren Verteidigung bei der juristischen Abrechnung nach dem Untergang der DDR Wolff nicht selten übernahm, zu „Stars“, die nun auf Talk-Show-Sofas der nicht mehr vom Schild und Schwert der kommunistischen Partei abgesicherten Leipziger Messe zum netten Geplauder Platz nehmen könnten. In der Form eines Briefes unter Rechtsanwälten bespricht Diestel für die ND-Leserschaft, deren Großteil im Rentenalter steht, Wolffs Buch „Einigkeit und Recht / Die DDR und die deutsche Justiz“, und auch hier: „Lieber Kollege, auch ich empfinde die unsägliche Aussage des Herrn Kinkel: »Ich baue auf die deutsche Justiz. Es muß gelingen, daß SED-System zu delegitimieren«, bis heute schockierend.“

Der Irrsinn hat Methode: Nur einmal umgeblättert in der ND-Buchmessenbeilage, findet man zwei Seiten weiter die Besprechung eines Buchs von Heinz Düx über national-sozialistische Kontinuitäten im Rechtssystem der frühen BRD. Düx konnte immerhin in diesem Justizwesen sich mit eben der NS-Vergangenheit beschäftigen, wie es in der Rezension heißt: „Er war viele Jahre Richter in Wiedergutmachungsverfahren, hat als Uuntersuchungsrichter an der Vorbereitung und Durchführung des Auschwitz-Prozesses (1963-1965) teilgenommen und war Untersuchungsrichter im Ermittlungsverfahren gegen Mediziner, die beteiligt waren an Euthanasieverbrechen“. Dafür wird er gelobt – was in den Bereichen die Justiz an Aufklärung über ein System bzw. für dessen Delegitimierung getan hat...