Der Anarchosyndikalismus stellt einen Zusammenschluss der anarchistischen Theorie mit der gewerkschaftlichen Praxis dar.
Rudolf Rocker, einer der bekanntesten TheoretikerInnen des
Anarchosyndikalismus, stellte in seinem Aufsatz „Der Syndikalismus und
seine Aufgaben" den Anarchosyndikalismus als eine Klassenbewegung dar
(siehe Artikel „Arbeitszwang? Ich hab' besseres zu tun!"auf dieser
Seite), welche sich auf den revolutionären Klassenkampf und direkte
Aktionen als Mittel des Kampfes bezieht. Seine Aufgabe sei eine
doppelte: Zum einen sollen die Lebensverhältnisse der
ArbeiterInnenklasse innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft durch
direkte Aktionen (z.B. Streiks, Besetzungen, Sabotage usw.) bestmöglich
verändert werden. Da diese im wirtschaftlichen Bereich liegen, liegt
eine Organisation in Gewerkschaften auf der Hand. Zum anderen soll
gleichzeitig der Kampf für eine grundsätzliche Veränderung der
Gesellschaft geführt und vorbereitet werden. Denn der
Anarchosyndikalismus tritt für eine Gesellschaft ein, in der alle Teile
des Lebens in Selbstverwaltung, von den Betroffenen, geleitet wird.
Deshalb gilt ihm nicht nur der Betrieb als Bezugspunkt von Kämpfen
sondern auch die Schule, die Uni, der Stadtteil usw. Der
Anarchosyndikalismus lehnt die Trennung des wirtschaftlichen und des
politischen Kampfes ab, wie er insbesondere von SozialdemokratInnen
propagiert wird, er fordert statt dessen einen Kampf ums ganze.
AnarchosyndikalistInnen wollen aber nicht auf den großen Tag der Revolution warten, sondern schon jetzt ihr Leben aktiv zum Besseren verändern, gleichzeitig aber nicht das Ziel aus den Augen verlieren. Kurz: Der Weg ist das Ziel.
Dabei lehnt der Anarchosyndikalismus Parteien und Parlamentarismus
ab. Darum sind anarchosyndikalistische Gewerkschaften auch
basisdemokratisch organisiert und haben keine FunktionärInnen.
Unter diesen Prinzipien organisieren sich seit Anfang des 20.
Jahrhunderts Menschen in allen Ländern der Welt in
anarchosyndikalistischen Gewerkschaften, welche sich in der
„Internationalen ArbeiterInnen Assoziation" (IAA) zusammenschlossen.
Insbesondere in den romanischen Ländern wurden die Ideen sehr positiv
aufgenommen. In Spanien organisierten sich 2 Mio. Mitglieder in der
„Confederación Nacional del Trabajo" (CNT), welche maßgeblich an der
Bekämpfung von faschistischen Kräften im spanischen Bürgerkrieg
(1936-1939) beteiligt war und in dieser Zeit viele Veränderungen
durchsetzen konnte. In Deutschland organisierte die „Freie Arbeiter
Union Deutschland" (FAUD) zu Hochzeiten mehr als 100.000 Menschen. Nach
den „Erfolgen" der Nazis in Deutschland und dem Sieg der Faschisten in
Spanien wurden die anarchosyndikalistischen Organisationen mit aller
Härte bekämpft, dennoch blieben viele AnarchosyndikalistInnen im
Untergrund aktiv.
Die Idee des Anarchosyndikalismus hat die Nazi-Diktatur überlebt. In
Deutschland gibt es seit Ende der 1970er Jahre mit der „Freien
ArbeiterInnen Union" wieder eine, wenn auch kleine,
anarchosyndikalistische Gewerkschaft. Ihre lebendige Geschichte und
Gegenwartspraxis sowie ihre Langlebigkeit zeichnen sie, die
Anarchosyndikalistischen Gewerkschaften, bis heute aus.
Weitere Informationen:
www.fau.org
www.syndikalismusforschung.info
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