Die demokratisch-kulturelle Revolution. Betrachtungen aus Lateinamerika

Angesichts der Realität und Existenzweise des Kapitals erhebt sich die Frage: Ist es wirklich möglich, eine andere Welt zu errichten? Wie soll man sich die gesellschaftliche Transformation vorstelle

Die Problematik
Die soziopolitischen, ökonomischen und Umwelt-Bedingungen, die in der kapitalistischen Welt heute vorherrschen, stellen der Menschheit, wenn sie überleben will, zwingend die Aufgabe, die Zivilisation unter neuen Leitmustern neu zu begründen, sie im Prozess des Suchens selbst neu zu schaffen und aufzubauen. Das schließt verschiedene tiefe und neuartige Prozesse der sozialen Transformation ein, die unaufschiebbar sind. Diese Prozesse setzen unterschiedliche, komplizierte und lange Wege zum Neuen voraus. Im Ganzen bilden sie eine lange Periode, die dadurch gekennzeichnet ist, dass derWeg über Gewissheiten und Ungewissheiten, über Veränderungen, Vorstöße und Gegenvorstöße, über Suchprozesse und Arbeit am Aufbau des Neuen - in seiner umfassendsten Weise - führt. Diese Periode wird traditionell als Übergang definiert, aber um was für einen Übergang handelt es sich? Übergang wohin? Wie und von wem soll er durchgeführt werden?

Die Option für die Transformation der Gesellschaft (Macht) von unten - jene konkrete politische Dimension, in die ich diese Betrachtungen stelle - wirft die Frage nach den Inhalten, den Aufgaben und den Wegen des Übergangs zum Neuen auf.1 Die historischen Erfahrungen der Errichtung einer Gesellschaft, die die Übel des Kapitalismus überwindet, das Bewusstsein, dass es notwendig ist, neue Paradigmen der Entwicklung herauszubilden, die auf soziale Gerechtigkeit und Gleichheit, Achtung und Erhaltung der Natur, den Aufbau solidarischer und brüderlicher Beziehungen zwischen denMenschen gerichtet sind, dazu die wachsenden und permanenten sozialen Kämpfe gegen den gegenwärtigen neoliberalen Kapitalismus, die in den verschiedenen Gegenden der Erde geführt werden, hat gründliche Überlegungen aufkeimen lassen, wie diese Problematik anzugehen sei. Sich ihnen zuzuwenden, das ist eine vorrangige und notwendige Arbeit.

Es geht um eine radikale Aktualisierung der Paradigmen, die bis vor kurzem das revolutionäre Denken und die revolutionäre Aktion für die Umgestaltung der Gesellschaft leiteten. Da klar ist, dass es sich um einenWandel handelt, der sich weder automatisch noch mechanisch herstellen wird, bedeutet diese Herausforderung für unsere Generation, theoretisch und praktisch zu definieren, wie der Übergang zum Neuen zu bewerkstelligen ist. Ohne dem Schöpfertum des gesellschaftlichen Lebens denWeg versperren zu wollen, drängt sich auf, die Debatte über die ersten Schritte, die verschiedenen Formen und Modalitäten, die sich in der Realität zeigen, vor allem in Lateinamerika, und über die Protagonisten, das heißt über den Sinn und die Zielrichtung jener Veränderungen zu führen. Im Weiteren führe ich Elemente aus, die ich als zentral ansehe, um die kollektive Reflexion darüber anzuregen.

Nach Marx schaffe der entwickelte Kapitalismus die Grundvoraussetzungen für den Sozialismus. Im Zuge der kapitalistischen Entwicklung formiere sich eine umfangreiche und starke Arbeiterklasse, die sich in großen Industriezentren konzentriere und organisiere. Deshalb würde im entwickelten Kapitalismus mit einer politisch reifen, klassenbewussten, das heißt ihrer historischen Befreiungsmission bewussten Arbeiterklasse, die sozialistische Revolution nur die Dinge vom Kopf auf die Füße zu stellen haben: die Kapitalisten hinauswerfen und die Betriebe in die Hände der Produzenten geben, dann auf dieser Basis den revolutionären Staat und die revolutionäre Regierung errichten. Im Weiteren würde sich ein Prozess der ununterbrochenen Revolution zum Kommunismus eröffnen. Nach der Überwindung der partikularen Interessen des Kapitals würden die besonderen Interessen der Arbeiterklasse als hegemoniale Klasse und damit der Staat und sein ganzer Kontroll- und Zwangsapparat zunehmend unnötig.

Marx hat aber die Reife des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium nicht mehr erlebt. So konnte er die Polarisierung des Reichtums auf Weltebene wie Samir Amin nicht berücksichtigen und setzte voraus, dass die europäische Entwicklung sich in den anderen Teilen der Welt wiederholen würde, was er als eine allgemeine Bedingung für den revolutionären sozialistischen Wandel betrachtete. Seine Konzeption der Entwicklung, zusammen mit dem Glauben, die Naturressourcen seien unerschöpflich, veranlasste Marx, den Reichtum und den Überfluss als Bedingung für die menschliche Befreiung anzusehen.

Aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts modifizierten sich mit dem Aufkommen des Imperialismus die sozialen und politischen Bedingungen in Europa. Lenin hatte die Marxsche Vorstellung des sozialen Wandels zu überdenken, besonders im Hinblick auf die oben erwähnten Voraussetzungen.

Es waren konkrete Wege für den revolutionären Wandel zu finden in einer Gesellschaft, in der der Kapitalismus noch nicht seine höchste Entwicklungsstufe erlangt hatte, in der die materiellen und geistigen Bedingungen für den Sozialismus deshalb noch nicht "reif" waren. Eine dem Sozialismus vorgelagerte Etappe war für Lenin zwingend, um die materiellen Voraussetzungen für den Sozialismus zu schaffen.

So begründete er, dass der revolutionäre Wandel eine Periode des Übergangs zum Sozialismus einleiten müsse: eine Periode, die durch eine ökonomische Entwicklung kapitalistischerArt ohne Kapitalisten gekennzeichnet sein (im Wettbewerb mit dem Kapitalismus) und, unter Führung einer revolutionären Partei, in die sozialistische Entwicklung münden würde.

Damit begab sich Lenin nicht in Widerspruch zu Marx, im Gegenteil, er akzeptierte dessen Prämissen für eine sozialistische Revolution: 1. dass die kapitalistische Entwicklung die Bedingungen für den Sozialismus vorbereite; 2. dass es innerhalb des Kapitalismus unmöglich sei, die Transformation der Gesellschaft zum Sozialismus zu beginnen.

Lenins Position in Bezug auf die Macht war eine Schlüsselfrage, die den Bolschewismus von den reformistischen Positionen der Sozialdemokratie der II. Internationale unterschied. Diese wollte nur graduelle Veränderungen mittels Reformen, ohne die Macht des Kapitals und seiner Vertreter in Frage zu stellen, wobei auf jede Möglichkeit (und Notwendigkeit) seiner Überwindung verzichtet wurde.

Das 21. Jahrhundert fällt mit dem Beginn einer neuen historischen Epoche zusammen, die sich mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Weltlagers und dem Verschwinden der Ost-West-Konfrontation auftat. Die neue Situation, die mit der technologischen Revolution zusammenfällt, ist charakterisiert durch die globale Offensive des Kapitals unter Hegemonie des USA-Imperialismus.

Angesichts der Realität und Existenzweise des Kapitals erhebt sich eine Frage: Ist es wirklich möglich, eine andere Welt zu errichten? Wie soll man sich die gesellschaftliche Transformation vorstellen? Welcher Typ von Macht muss aufgebaut werden, um den demokratischen partizipativen und emanzipatorischen Bedürfnissen der Unterdrückten Rechnung zu tragen?Welche Rolle kommt den sozialen Bewegungen, den Völkern und ihren Organisationen bei der Verwirklichung dieser strategischen Option zu?

Eine neue Art sozialer Transformation: von unten und aus dem Innern des Kapitalismus heraus
Die Einführung des neoliberalen Modells und dieAnwendung seiner "strukturellen Anpassungspläne" entfesselten in Lateinamerika heftige Aktionen des Volkswiderstandes, in denen soziale Akteure an der Spitze standen, die die Situation, in die das System sie brachte, entlarvten und anklagten. Zahlreiche neuartige und unterschiedliche soziale Bewegungen nahmen den Kampf auf, darunter die Bewegung der Landlosen in Brasilien, die der Kokabauern des Chapare, die der Indigenen in Chiapas, Ekuador, Bolivien und anderen Ländern, die Bewegung der Arbeitslosen und Rentner in Argentinien, Wohngebietsbewegungen der armen Stadtviertel in der Dominikanischen Republik, Kolumbien, Brasilien, Mexiko. Die sozialen Bewegungen, die sich als autonom betrachteten, stellten, wenn auch in unterschiedlichen Dimensionen und unterschiedlichem Schrittmaß je nach den Akteuren, die sie zusammenführten, die Vertiefung der umfassenden Partizipation der organisierten Volksschichten und die Verknüpfung der Widerstandsprozesse und sozialen Kämpfe sektoriellen Charakters mit übergreifenden Prozessen für die Umgestaltung der Gesellschaft auf die Tagesordnung. Die Volksrebellionen auf dem Kontinent, getragen von sozialen Bewegungen, die sich untereinander vernetzten, stimulierten die Diskussionen unter den sozialen Akteuren über die Möglichkeit, die Realität in der sie lebten, zu verändern, über die Richtung und die Tragweite solcher Veränderungen (das alternative Projekt) und darüber, wer die Subjekte sein würden, die sie voranbrachten. Das schloss ein, dass Überlegungen zum Problem der Macht angestellt wurden: Worin besteht sie, wie bildet sie sich heraus, welche Mechanismen stellen sie her und reproduzieren sie, wie wird sie transformiert und durch welche Mittel?2

So schufen und entwickelten in langen Widerstandsprozessen und sozialen Kämpfen während der letzten 30 oder 40 Jahre die sozialen Bewegungen Schlüsselelemente dessen, was sich heute bereits als eine neue strategische Konzeption der sozialen Transformation, des Aufbaus eigener Macht, des Aufbaus der sozial-kulturellen Kraft der Befreiung abzeichnet. Diese strategische Konzeption, die für den Beginn des gesellschaftsumgestaltenden Prozesses nicht die Übernahme der Macht als Voraussetzung ansieht, die nicht die Veränderung der sozialen Beziehungen zwischen Männern und Frauen von Direktiven abhängig macht, die vom staatlichen Überbau, von der Regierung mittels der Aktionen einer Partei (als Avantgarde) ausgehen, ist das, was ich den Aufbau der Macht von unten nenne. Diese Konzeption beinhaltet eine neue Weise, die soziale Transformation im 21. Jahrhundert zu begreifen und zu verwirklichen. Sie schließt deshalb neue Wege und Modalitäten des Übergangs zum Neuen ein.

Notwendige konzeptionelle Präzisierungen
Der Ausdruck "unten" verweist unmittelbar auf einen Bereich, der unten angesiedelt ist im Verhältnis zu seiner Entsprechung "oben", oder auf eine politische, soziale und kulturelle Situation, die traditionell dem, was "oben" ist, untergeordnet ist. Der Begriff von unten gibt eine politisch-soziale Positionierung an, von der aus die Umgestaltung stattfindet, in dem die bewusste und freiwillige Beteiligung "derer von unten" einen wichtigen zentralen Platz einnimmt. Der Begriff verweist direkt auf diese Logik, die ein spezifisches Wie einschließt, unterschieden von dem, was man oben, auf der Ebene des Überbaus und der Apparate denkt und tut.

Von unten aufbauen ist deshalb als praktisch-methodologische Positionierung für die Analyse und die praktische Politik der sozialen und politischen Bewegungen des Kontinents sehr wertvoll. Das fasst eine Konzeption und eine Logik zusammen, wie man der Macht des Kapitals Widerstand leisten, sie zerstören oder umgestalten will und wie die eigene Macht zu errichten ist. Die organisierende institutionelle Rolle, die in dem Umgestaltungsprozess zum Ausdruck kommt, kann oben, unten oder in der Mitte angesiedelt sein; von unten aufbauen zeigt immer und jederzeit einen logisch-methodischen Weg an, wie etwas gemacht wird, welche Kräfte es denken, entscheiden und realisieren und schließt daher immer eine kollektive Herausforderung an seine Verwirklichung ein.

Unter den Hauptachsen dieser Transformation möchte ich die folgenden herausstellen:

  • Die Überwindung der menschlichen Entfremdung, die individuelle und kollektive Befreiung stellt den ersten und letzten Sinn der sozialen Transformation dar.
  • Die Transformation der Gesellschaft (ihrer Männer und Frauen) ist Teil eines gleichzeitigen Prozesses der Partizipation, Aneignung und kollektiven Ermächtigung, ausgehend von der aktiven Rolle jedes der sozialen Akteure.
  • Es gibt nicht Subjekte a priori in den historisch-konkreten Momenten und Praktiken. Das (soziale, politische, historische) Subjekt desWandels (der kollektive Akteur) bildet sich als solches im Transformationsprozess selbst heraus.
  • Die demokratische Partizipation ist ein Merkmal sine qua non der Transformation und der neuen Gesellschaft. Ihr Kern verbindet die Partizipation von unten des bewussten und organisierten Volkes, den Pluralismus (die Akzeptanz von und das Zusammenleben mit Unterschieden und Unterschiedlichen) und die Horizontalität.
  • Sie vertieft die soziokulturelle Dimension der Demokratie, indem sie in diese das notwendige Streben nach der Gleichheit der Geschlechter integriert und auf dieser Basis die Kritik an der herrschenden hegemonialen Macht radikal vertieft, zu ihrer sozialen, historischen und kulturellen Demontage, ihrer Transformation und zum Aufbau neuer demokratischer partizipativer Entwicklungspfade beiträgt.
  • Sie basiert auf einer anderen Logik der Verbindung der sozialen Kämpfe und ihrer Akteure, der Wege zur Reife des politischen Bewusstseins, der Definition und Organisation des politischen Instruments und der Errichtung und Akkumulation eigener Macht: Zielstellung ist die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft, indem sie aus ihrem Inneren heraus umgestaltet wird, im gleichen Maße, wie Fragmente dessen aufgebaut werden, was eines Tages eine neue Gesellschaft sein wird. Zusammen damit, in diesem Prozess, (auto)konstituieren sich auch die Subjekte, die diese neue Gesellschaft entwerfen und für ihre Verwirklichung kämpfen, in ihren täglichen Errungenschaften, mit denen sie den herrschenden Kreisen die Hegemonie und Macht streitig machen, territorial, aus ihren Gemeinden heraus, Macht gewinnen und akkumulieren, in Richtung auf den strategischen Kurs, den sie kollektiv definieren.
  • Das alternative strategische Projekt ist das Glied, das die sozialen Widerstandsaktionen, die Kämpfe der einzelnen Sektoren und ihre unmittelbaren Forderungen verbindet und zusammenhält und ihnen einen revolutionären kritisch-transformatorischen Sinn verleiht, indem es sie auf das lenkt, was eines Tages die neue Zivilisation sein wird.
  • Die Prozesse und Wege beim Aufbau des Projekts, bei der Errichtung eigener Macht, bei der (Auto)Konstituierung sozialer Akteure in Subjekte der Transformation sind strukturell interdependent und durchdringen sich gegenseitig. Die Hauptachse wurzelt in den Akteuren-Subjekten, in ihrer Fähigkeit, sich zum kollektiven Akteur des Wandels (Volkssubjekt) zu entwickeln und (selbst) zu konstituieren, und damit in ihrer Fähigkeit, das Projekt zu entwerfen und zu definieren, ihre Macht aufzubauen und gleichzeitig sich die organisatorischen Formen zu schaffen, die der Prozess erfordert.
  • Für eine tiefgehenden Neuerschaffung der Gesamtheit der sozialen Beziehungen und Machtverhältnisse einer gegebenen Gesellschaft im Sinne des Aufbaus eines neuen (alternativen) sozialen Projekts, das den Kapitalismus und seine Übel überwindet, muss diese Transformation die gegenwärtigen Geschlechterverhältnisse in Frage stellen, bis an die Fundamente der Kultur der patriarchalen Macht vorstoßen und sie umwälzen. Zu versuchen, das Wesen und die Dimension der Macht zu analysieren, ohne die Geschlechterverhältnisse einzubeziehen, die sie stützen, heißt den theoretischen und praktischen Wert der Schlussfolgerungen und Vorschläge zu schmälern. Und ebenso umgekehrt, wenn man die Geschlechterfrage behandelt, ohne sie mit der Infragestellung der (ökonomischen, kulturellen, sozialen, familiären usw.) Machtverhältnisse zu verbinden.
  • Eine neue menschliche Zivilisation zu begründen und aufzubauen bedeutet eine neue Lebensweise zu begründen und aufzubauen. Das schließt ein, dass die Prozesse der Transformation der Gesellschaft, ihrer Produktions- und Reproduktionsweisen, der Transformation und Autotransformation der Männer und Frauen, die diese Umgestaltungen verwirklichen, und der sozialen (öffentlichen und privaten) Wechselbeziehungen zwischen ihnen nebeneinander, gleichzeitig und miteinander verbunden vor sich gehen.3

Neue Wege und Formen des Übergangs
Wenn man die gegenwärtige internationale globale Situation berücksichtigt und im Besonderen unsere Lage in Lateinamerika, die durch ein fortdauernde und wachsende abhängige Unterentwicklung gekennzeichnet ist, kann man nicht davon ausgehen, dass die Feststellungen von Marx über die objektiven und subjektiven, ökonomischen, sozialen und politischen Bedingungen für eine soziale Revolution, die den Kapitalismus überwindet (die sozialistische Revolution) unter diesen Verhältnissen Gültigkeit besitzen. Ebensowenig ist es möglich, die Vorstellungen Lenins über die "zurückgebliebenen" Länder unkritisch zu übernehmen - für die er, den Gedanken von Marx folgend, vorschlug, die Machtergreifung zu einem politischen Instrument für die Beschleunigung der Herausbildung oder Reife jener Voraussetzungen zu machen. Es erwies sich, dass die "Machtergreifung " per se nicht die Probleme löst, dass die bisher gültigen Paradigmen der Entwicklung, des Wohlstandes und des Fortschritts von den Völkern schöpferisch umgestülpt und erneuert werden müssen im Einklang mit den gegenwärtigen Bedingungen des Planeten Erde und den Erfordernissen des Überlebens der Menschheit. Dafür gibt es keine Rezepte. Es geht darum, kollektiv und von unten die Alternativen aufzubauen, unter den unterschiedlichen Bedingungen, sie im Prozess ihres Aufbaus selbst zu schaffen und zu entwerfen, wie auch die konkretenWege, auf denen die Transformation vor sich gehen wird.

Die kapitalistische Entwicklung, die im Norden erreicht ist, kann nicht, weder theoretisch noch praktisch, als Bedingung oder paradigmatische Voraussetzung für denWandel und den sozialen Fortschritt aufrechterhalten werden. Das ist heute für die peripheren Regionen unerreichbar und auch nicht wünschenswert. Folglich gilt es unter unseren Bedingungen nicht auf ein sogenanntes "Modell" der nationalen (nicht abhängigen) kapitalistischen Entwicklung zu hoffen; worum es sich handelt, ist, die neuen Gesellschaften auf der Grundlage neuer Konzeptionen der Entwicklung, desWohlstandes und des Fortschritts zu schaffen und aufzubauen, zu beachten, dass alles das mit der sozialen Gerechtigkeit und Gleichheit und der Bewahrung der Menschheit verknüpft wird.

Es gilt auch nicht darauf zu warten, dass die Arbeiterklasse wächst und sich entwickelt, bis sie sich als das einzige revolutionäre Subjekt des Wandels konstituiert, weil die Arbeiterklasse heute in heterogener, atomisierter und verstreuter Form existiert (die Beschäftigten und Arbeitslosen, die formal und informell Beschäftigten, die Zeitarbeiter, die Schwarzarbeiter u. a.). Die Ausgebeuteten in der Stadt und auf dem Lande unterscheiden sich nach allen Seiten hin. Die Urvölker fordern ihren Platz im gegenwärtigen Gang der Geschichte ein. Die Verbindung aller dieser sozialen Akteure mit ihren unterschiedlichen Existenz- und Organisationsweisen, Identitäten, Problemen und Interessen drängt sich immer mehr als der einzige Weg auf, zu dem kollektiven Akteur zu gelangen, der in der Lage ist, die politischen Veränderungen der Gegenwart zu planen und zu verwirklichen und den Prozess zu größeren Umgestaltungen voranzustoßen. Die neuen Akteure, die sich in den letzten Jahrzehnten herausgebildet haben, erweisen sich zusammen mit der Arbeiterklasse, wie sie heute existiert, als die potenziellen Subjekte der sozialen Veränderungen mit gleichen Rechten und Fähigkeiten. Es zeichnet sich deutlich ab, dass es ein plurales Subjekt ist, konstituiert auf der Grundlage der horizontalen, freiwilligen und bewussten Verknüpfung der verschiedenen Akteure, die als Vorkämpfer der Transformationsprozesse zu einer neuen Gesellschaft in einem historisch bestimmten Moment auftreten. Einen wichtigen Schritt dahin stellt die Herausbildung des kollektiven Akteurs dar, der politisch-sozialen Kraft, die fähig ist, den Prozess der Veränderungen im Übergang zum Neuen, der angestrebten Utopie, zu planen, zu nähren und voranzubringen.

Der kollektive Akteur des sozialen Wandels wird sich nicht spontan als solcher konstituieren, ihn zusammenzufügen ist ein bewusstes, systematisches und kollektives politisch-organisatorisches Werk. In den Widerstandsaktionen und Kämpfen gegen die Grausamkeiten und Diskriminierungen des Kapitalismus stehen unterschiedliche soziale Akteure und Akteurinnen an der Spitze, und das erfordert, an den Übereinstimmungen und gemeinsamen Verbindungen zu ihrer (Selbst)Konstituierung als kollektiver Akteur zu arbeiten.

So entstehen eine Reihe von Aufgaben und Herausforderungen auf politischem, kulturellem und organisatorischem Gebiet, deren Lösung bewusst in Angriff genommen werden muss. Die Suche nach konkreten Antworten auf diese Aufgaben und Herausforderungen charakterisiert die gegenwärtigen alternativen politischen Prozesse in Lateinamerika in Form der politischen Konfrontation mit den Interessenvertretern des transnationalen Kapitals auf lokaler Ebene, sei es aus der Opposition heraus oder, wie in einigen Ländern, aus der nationalen Regierung, was den Prozessen der sozialen Kräfteakkumulation für den Wandel immer größere Kraft und neue Möglichkeiten verleiht und Impulse gibt für den Aufbau eigener Volksmacht (die kollektive Ermächtigung) von unten.

In Regierungsbereiche vorzudringen und zur Regierung selbst zu gelangen, kann ein Schritt vorwärts von unschätzbarem Wert sein, um soziale Prozesse der kollektiven Ermächtigung auszulösen. In der Strategie der sozialen Transformation von unten ist die Regierung ein Schlüsselinstrument, um auf diesem Weg und durch die Öffnung und/oder Erweiterung demokratischer partizipativer Prozesse die Herausbildung des kollektiven Akteurs für den Wandel zu aktivieren und damit - von unten - die Umgestaltung der Regierung selbst und ihrer institutionellen Tätigkeit und sozialen Kontrolle und der Kontrolle der Macht oder, besser gesagt, der Mächte, die das Kapital instituiert hat, zu fördern.

Das schließt eine Modifizierung der Konzeption des Staates und seiner Rolle in den Prozessen des gesellschaftlichenWandels, in seinem Verhältnis zur sogenannten Zivilgesellschaft und umgekehrt, zu den zentralen und bundesstaatlichen, Provinz-, Departementsregierungen usw., auf juristisch-institutionellem und demokratisch-partizipativem Gebiet ein. Deshalb ist ein zentrales Vorhaben in den gegenwärtigen Prozessen des demokratischen Neuaufbaus die Einberufung und Durchführung von verfassunggebenden Versammlungen als Grundlage der neuen Institutionalität, die durch die sozialen Prozesse des Widerstandes, des Drucks und der historischen Forderungen der Völker Lateinamerikas (und ihrer sozialen und politischen Organisationen) hervorgebracht worden ist.

Die Regierung, ein mögliches Instrument der gesellschaftlichen Umgestaltung
Nach dem, was heute in Venezuela und Bolivien geschieht, gibt es keine Berechtigung zu behaupten, es sei unmöglich, strategische Umgestaltungen durchzuführen, wenn man an der Regierung ist, weil der Staat in den Händen von feindlichen Sektoren sei und man noch nicht die notwendigen Kräfte habe, um die vorgesehenen Veränderungen anzustoßen.Wenn auch das Gewicht des bürokratischen und oligarchischen Staates zunächst überwiegt, so lehren die Erfahrungen, dass es möglich ist, sich darüber hinwegzusetzen und das zu tun, was getan werden muss, um die eigenen Kräfte aufzubauen, zu entwickeln und zu stärken: die Beteiligung des Volkes als Protagonist in diesem Prozess und damit den Aufbau der Macht des Volkes, was zugleich das Erwachsen des kollektiven Akteurs ist, seiner revolutionären Bewusstheit und Organisation. Genau deshalb nötigt die Praxis in Venezuela und Bolivien heute zu einer großen kulturellen und politischen (praktisch-erzieherischen) Umgestaltung; diese bildet die ständige und unerlässliche Basis und Plattform für die Veränderungen. Die Errungenschaften liegen auf der Hand, ebenso die Herausforderungen.

Das alles bestätigt eine Hypothese: Unter den gegenwärtigen Bedingungen in Lateinamerika wird der Kampf um die Regierung auf wahlpolitischer Ebene eine Schlüsselfrage für den Veränderungsprozess. Sich der Teilnahme an solchen Kampagnen zu verweigern, kommt der Negation aller Politik gleich und nimmt dem Klassenkampf, den Prozessen der Kräfteakkumulation, der sozialpolitischen Aufbauarbeit den Sinn, da ihnen ja von vornherein eine Grenze gesetzt wird, die man ausdrücklich nicht zu überschreiten beabsichtigt. "Die Bedeutung des politischen Feldes zu verkennen, Â… ist reiner Selbstbetrug. Bestenfalls können wir von Utopismus im schlimmsten Sinne sprechen. Schlimmstenfalls entspricht es dem neoliberalen Projekt: die Macht des Staates zu verringern, um ihn gegenüber dem Markt zu entwerten und damit die Gesellschaften zu entpolitisieren. Wir können weder die politischen Mächte noch die Parteien ignorieren, um die wesentlichen sozialen Transformationen zu erreichen. Wie sollte man sonst eine Agrarreform durchführen, wie die Umsetzung der Freihandelsverträge verhindern? Wie sollte man zu einer Erdölpolitik kommen ohne die Ausübung der politischen Macht?"4

Das Problem ist einerseits, wie man das tiefverwurzelte Misstrauen bei der Mehrheit des Volkes gegenüber den politischen Parteien, den Politikern und der Staatspolitik überwinden kann, und damit verbunden zum anderen: wie kann man Politik in einer Art und mit einem Inhalt machen, die sich vom Traditionellen unterscheidet. Denn Politik zu machen ist unverzichtbar und grundlegend, sowohl um einen positiven Ausweg für die Kämpfe um soziale Forderungen zu finden, als auch für die politische Entwicklung der Protagonisten. "Es reicht nicht aus, gegen die Ungerechtigkeiten zu protestieren. Es ist nicht genug, zu proklamieren, dass eine andere Welt möglich ist. Es geht darum, die Lage zu verändern und wirkungsvolle Beschlüsse zu fassen. Und daraus ergibt sich die Frage der Macht."5

Aus dieser Sicht ist die Beteiligung an Parlamenten und Provinz-, bundesstaatlichen und nationalen Regierungen eine zentrale Aufgabe. Was man als Weg der Wahlen zur Verwirklichung der gesellschaftlichen Umgestaltungen verstehen könnte, erweist sich heute als ein Hauptweg für den Aufbau, die Kräfteakkumulation und das Anwachsen von Bewusstsein. Das ist eine grundlegende und erstrangige strategische Definition. An Wahlen teilzunehmen, an die Regierung eines Landes zu gelangen, mit allen Herausforderungen, die das einschließt, ist Teil eines Weges, der dazu beitragen kann, der sozialen Transformation für weiter gesteckte Ziele enormeAnstöße zu geben. In der Regierung zu sein, das gibt den transformatorischen sozialen Kräften ein politisches Instrument ersten Ranges in die Hand, das zusammen mit dem Einsatz der außerparlamentarisch aktiven sozialen Volkskräfte Türen für größere Umgestaltungen öffnen kann. Weder die Wahlbeteiligung noch die Beteiligung an einer Provinzoder der Zentralregierung bilden jedoch den letzten Zweck der politischen Aktion.

Einerseits definiert das die Methoden und/oder die Instrumente, die anzuwenden, zu schaffen usw. sind. Zum anderen zeigt es den Beginn eines langen Prozesses von Veränderungen an, der genau das ist, was die gesellschaftlichen Umgestaltungen in der gegenwärtigen Epoche charakterisiert, denn der Übergang zu einer anderen Gesellschaft setzt notwendigerweise die Verknüpfung der lokalen, nationalen und/oder regionalen Prozesse mit dem globalen Übergang zu einer anderen Welt (und die Herausbildung des globalen revolutionären Subjekts) voraus.

Man kann voranschreiten - tatsächlich geschieht das auch - im Rahmen eines Landes, aber es ist notwendig, gleichzeitig regionale und internationale Konsense zu schaffen, sich mit anderen sozialtransformatorischen Prozessen ähnlicher Orientierung zu verbinden. In Lateinamerika eröffnen sich heute große Möglichkeiten dafür, da eine historische Übereinstimmung von Regierungen gegeben ist, die zumindest kritisch dem globalen neoliberalen System gegenüberstehen. Es ist eine Situation, die als Resultat derAkkumulation vonWiderstand und Kämpfen des Volkes entsteht, die das Vorherrschen der Tendenz zu Umgestaltungen kennzeichnet, die sich inmitten (und mittels) von Zufälligkeit den Weg bahnt.

Die Herausforderung besteht in diesem Sinne darin, das Überraschungsmoment zu überwinden und konkrete Projekte in Gang zu setzen, die auf der einen Seite ermöglichen, die sozialen Volksorganisationen zu stärken und zu vernetzen, und auf der anderen Seite die Prozesse zu vertiefen, die die regressiven Maßnahmen des Neoliberalismus in Frage stellen, ihre Durchsetzung bremsen und sie möglichst annullieren. Auf dieser Grundlage und gleichzeitig damit ist das Ziel, konkrete Alternativen, Regierungsprogramme zu entwickeln, die unter Berücksichtigung des bestehenden Kräfteverhältnisses und der Möglichkeiten seiner günstigen Modifizierung im größtmöglichen Maße die sozialtransformatorischen Prozesse vorantreiben.

Die Hauptherausforderung läuft darauf hinaus, eine breite soziopolitische Bewegung aufzubauen, die die parlamentarischen und außerparlamentarischen Kräfte der Werktätigen und des Volkes verbindet, im Gegensatz und in der Auseinandersetzung mit den parlamentarischen und außerparlamentarischen Kräften der Herrschaft des (lokalen/globalen) Kapitals. Im ersten Augenblick kann sich diese Kraft formieren durch die Verständigung verschiedener Akteure darüber, was sie nicht wollen: den Kapitalismus. Allmählich wird man von der negativen Identität abkommen, und der Antikapitalismus wird - im Ergebnis der Arbeit der politisch-kulturellen Erziehung der soziopolitischen Organisationen - dem Aufbau des alternativen Projekts von unten zur Überwindung des Kapitalismus Platz machen, das heißt: dem Aufbau des patriotischen, indo-afro-lateinamerikanischen und mit den Völkern der Welt verbundenen solidarischen Befreiungsprojekts. Darin wurzelt das revolutionäre Wesen dieser strategischen Option.

Es ist nicht zu rechtfertigen, wenn die Beteiligung der Linken an lokalen oder nationalen Regierungen damit endet, dass sie die Politik des Neoliberalismus akzeptieren oder sogar selbst betreiben. Das führt nicht nur zum Verlust des transformatorischen strategischen politischen Sinns, den die Regierungsbeteiligung für die Linke hat, sondern endet auch im allgemeinen damit, den sozialen Prozess um persönlicher Positionsvorteile willen aufzugeben. Die augenscheinlichsten Fälle sind jene von Parlamentariern der Linken, die im Auftrag von sozialen Bewegungen und politischen Organisationen in ihr Amt gelangen und dann alle Verbindungen abbrechen und sich nur noch der Aufgabe widmen, aus dem Parlamentssitz ein Feld für ihre persönlichen Ambitionen und einen lukrativen Arbeitsplatz zu machen. Und das kann auch mit Linksparteien geschehen, die an die Regierung gelangen.

In solchem Falle, mögen auch noch so guteAbsichten dahinter stehen, werden die Wahlen dazu führen, dass die Perspektive der gesellschaftlichen Umgestaltung bei denen, die in der Regierung sind, verloren geht. Beispiele dafür gibt es übergenug in Lateinamerika und in der Welt, im einen wie im anderen Sinne. Es ist das Spiel der Macht; eben deshalb stellt die Entscheidung für diesen Weg eine immense Herausforderung für die sozialen und politischen Volksorganisationen dar. In jedem Moment des Prozesses gilt es zu entscheiden und zu bestätigen (oder zu berichtigen), zu wessen Gunsten und mit welcher Politik man handelt, und das ist immer eine bewusste individuelle und kollektive Entscheidung. Um zu ihr zu gelangen oder sie aufrechtzuerhalten, muss man sie täglich von unten aufbauen.

Es ist daher von grundlegender Bedeutung, dass die Wahlbeteiligung in Verbindung mit einem politischen Prozess größerer Reichweite diskutiert, aufgebaut und im Prozess des Aufbaus einer breiten außerparlamentarischen sozialen Kraft entwickelt wird, die sich Umgestaltungen zum Ziel stellt, welche über den Kapitalismus hinausführen, zu einer nationalen - und zugleich kontinentalen - Alternative der Befreiung der Werktätigen und des Volkes; einer Alternative, die auf einen neuen Sozialismus gerichtet ist, der kollektiv - von unten und Tag für Tag - geschaffen und aufgebaut wird.

Das ist der Sinn und die zentrale politische Bedeutung des Aufbaus einer politisch-sozialen Bewegung als horizontal verbindender Kern einer breiten parlamentarischen und außerparlamentarischen sozialen Kraft der Werktätigen und des Volkes. "Ohne eine außerparlamentarische Herausforderung, die strategisch ausgerichtet und gestützt ist, können die Parteien, die sich an der Regierung ablösen, weiter gegenüber der Arbeit als wechselseitiges nützliches Alibi für das strukturelle Scheitern des Systems funktionieren und so wirksam der Arbeiterbewegung die Rolle als zweitrangige, unbequeme, aber zu vernachlässigende Größe im parlamentarischen System des Kapitals zuweisen. Folglich ist in Beziehung auf das Gebiet der materiellen Reproduktion und des Politischen die Konstituierung einer außerparlamentarischen sozialistischen Massenbewegung mit strategisch realistischer Orientierung - in Verbindung mit den traditionellen Formen der politischen Organisation der Arbeit, die in der Gegenwart heillos vom Wege abgekommen sind und dringend des Drucks und der Unterstützung der außerparlamentarischen Kräfte zu ihrer Radikalisierung bedürfen - eine vitale Bedingung, um der ungeheuren außerparlamentarischen Macht des KapitalsWiderstand zu leisten."6

Neue Grundlagen und Voraussetzungen des Übergangs
Wenn man akzeptiert, dass der Gesellschaftstyp, den man aufbauen will, eine tiefgehende Neuschöpfung erfordert, dann umfasst das einerseits eine radikale Veränderung der Konzeption der ökonomischen Entwicklung und desWohlstandes, die auf solidarischen, gleichen und nachhaltigen Grundlagen neu gedacht und entworfen werden müssen, und gleichzeitig andererseits eine radikale Veränderung des politischen, sozialen und kulturellen Modells, das bisher von der Menschheit verfolgt wurde, zusammen mit der Schaffung neuer Maßstäbe des Wohlstandes und des Fortschritts, die sich auf die organisierte und bewusste demokratische soziale Teilhabe der Mehrheiten gründen. Wenn man akzeptiert, dass sich die Herausbildung des kollektiven sozialen Akteurs des Wandels und die Auseinandersetzung um die Macht und die Hegemonie heute in den demokratisch- parlamentarischen Prozessen entwickelt, wird man damit übereinstimmen, dass die Suche nach neuen Parametern - gestärkt durch die neuen politischen Wege und Horizonte, die heute auf dem Kontinent existieren - dazu auffordert, den Übergang zur neuen Gesellschaft mit neuen Ausgangspunkten und Voraussetzungen zu überdenken: ausgehend vom Aufbau der Macht, der Subjekte und des alternativen Projekts von unten, der umfassenden demokratischen Beteiligung der Bürgerschaft in allen Bereichen des sozialen Lebens, die vom Heutigen aus in ihrer weiteren Entwicklung zu sehen ist, und unter Vorantreiben der kulturellen Transformation der Völker auf ihre (Selbst)Konstituierung als revolutionäres Subjekt hin.

Es geht dabei nicht mehr um eine Etappe, die mit der "Machtübernahme" beginnt; ihre Aufgaben bestehen auch nicht darin, die "materiellen Grundlagen" für den Sozialismus zu errichten, das sozialökonomische System, das angeblich im historischen Prozess auf den Kapitalismus folgt. Tatsächlich können der konkrete Inhalt und die Entwicklungswege dieses Prozesses nicht im Voraus definiert werden. Von der sozialistischen Orientierung eines sozialen Wandlungsprozesses kann man ausgehen, wenn man den Sozialismus als Ideal der Gesellschaft versteht, die die Übel des Kapitalismus und seine Irrationalität überwinden wird. Aber die konkrete Definition und die spezifischen Charakteristika, die dieser Sozialismus in jeder Gesellschaft annehmen wird, werden kollektiv von jedem Volk geschaffen und entschieden, indem es zum Schöpfer seiner Geschichte heranreift, oder das, was aufgebaut wird, wird nicht in Wahrheit ein befreiendes Werk sein.

Es ist klar, dass es im Kapitalismus nicht nur keine Lösungen für die sozialen und Umweltprobleme geben wird, sondern dass diese sich ständig verschlimmern werden. Es besteht kein Zweifel, dass es alternative Wege zu suchen gilt, und auch nicht daran, dass die Lösungen nicht auf magische Weise von "irgendeiner" Seite außerhalb unserer täglichen Praxis und unseres Schaffens kommen werden. Heute mehr denn je erweist sich die Transformation der Gesellschaft als ein permanenter Prozess, in dem sich Transformation und Schöpfung des Neuen (der neuen Macht) verbinden, des Neuen, das sich von unten und aus dem Innern der kapitalistischen Gesellschaften entwickelt und das in erster Linie das Werk der Männer und Frauen ist, die, ob auf dem Lande oder in der Stadt, von ihrer Arbeit leben. Sie sind und bleiben es - die kulturelle Transformation und die Herausbildung des kollektiven revolutionären Akteurs vorausgesetzt -, die in jeder Gesellschaft Inhalt und Orientierung des Transformationsprozesses prägen in demMaße, wie sie fähig sind, ihn vorwärtszudrängen. Ihnen diese Möglichkeit aus den Händen zu nehmen, gleich unter welcher politischen oder ideologischen Begründung, bedeutet den Kampf für die Aufhebung der Entfremdung der Unterdrückten und Diskriminierten, nach Marx Wesen und Sinn der gigantischen Befreiungsaufgabe, zu verraten.

Die Überwindung des Kapitalismus, die, wenn man seine Übel beseitigen will, die Überwindung der Kapitallogik erfordert, bedingt, dass die soziale Transformation einen langen Übergang notwendig macht. Dieser beginnt im Innern der Gesellschaften des Kapitals, aber nicht von sich aus, in dem Sinne, dass er sich weder spontan noch durch die "notwendige" Reife von Bedingungen herstellt; er erfordert Organisation und bewusste politische Aktion. Er zeichnet sich aus durch den "Aufbau von politisch-kultureller Macht von unten " als Schlüssel und gleichzeitig als Weg für die Herausbildung des kollektivenAkteurs (der revolutionären sozialen Kraft) desWandels und seiner politischen Organisation, die durch die demokratische Partizipation Impulse erhalten. Den Zusammenhalt stellen anfangs strategische programmatische Definitionen her, die die Entwicklung auf lokaler Ebene leiten und gleichzeitig dazu beitragen, das Zusammenfließen dieser Kampfprozesse mit denen in anderen Bereichen zu lenken und zu organisieren.

Die Aufgabe besteht darin, kollektiv ein alternatives Projekt zu definieren, das den unterschiedlichen Widerstandsprozessen, Kämpfen und Überlebensstrategien in den verschiedenen Sektoren, die sich scheinbar isoliert voneinander entwickeln, eine gemeinsame Ausrichtung verleihen kann. Das nährt den Prozess der (Selbst)Konstituierung der soziopolitischen Akteure zum kollektiven Akteur des Wandels (historisches Subjekt) als Erbauer seiner Hegemonie (seiner politischen, kulturellen und sozialen Macht) auf neuen Grundlagen. Er verkörpert die Gesellschaft, die den Kapitalismus überwindet, und ihre Funktionsweise, in dem Maße, wie er daran geht, sie in der alternativen Praxis der Gegenwart zu errichten. Die Reife dieses Prozesses, der Moment, in dem eine solche Kraft entstanden ist, die für diese umfassendste Transformation der Gesamtheit des Sozialen ausreicht, kann nicht a priori definiert werden und wird auch nicht der gleiche sein in allen Gesellschaften und historischen Momenten. In diesem Bemühen ist das wichtigste definitorische Element die Entwicklung der demokratischen und bewussten Partizipation aller sozialen und politischen Akteure und Akteurinnen und die Entfaltung der Schlacht auf kulturellem Gebiet, die diese möglich und wirklich macht, das heißt die Entfremdung aufhebt. Den gesellschaftlichen Wandel erreicht man nicht automatisch, indem man die Eigentumsverhältnisse, die Strukturen, die Gesetze und die Institutionen verändert; von grundlegender Bedeutung ist, von der Veränderung der Menschen auszugehen. Daher ist es unverzichtbar, den gesellschaftsumgestaltenden Prozess in seiner Integralität und Vieldimensionalität aufzufassen.

Die politische Organisation: ein Schlüsselinstrument
Nichts von alldem erreicht man spontan, man braucht eine politische Organisation, die fähig ist, die notwendigen politischenAufgaben zu erfüllen, das heißt den sozialen und politischen Akteuren zu ermöglichen, die notwendigen und möglichen Übereinstimmungen und Verknüpfungen der verschiedenen Elemente der politisch-kulturellen Auseinandersetzung mit der herrschenden Hegemonie aufzubauen.

Die Neukonzipierung der sozialen Transformation und damit auch des Übergangs, den diese erfordert, verlangt auch eine Neudefinition des Typs der politischen Organisation, die dafür notwendig ist, und ihrer politisch-sozialen Rolle, wobei man ihren Charakter als politisches Instrument der Völker betonen muss, das dazu bestimmt ist, ihre eigenschöpferische Rolle und ihre politische Partizipation für die bestmögliche Verwirklichung der gestellten Ziele zu organisieren und zu lenken, nicht als ein Apparat des Überbaus, der sie ersetzen soll.

Die politische Organisation ist nicht das "politische Subjekt" des Wandels, sondern das politische Instrument der Völker, um die von ihnen definierten Ziele zu erreichen. Übereinstimmend damit erscheint es zumindest beschränkt, sich die organisatorischen Alternativen zu denken, indem man die Politik und das Politische der Aktion der Parteien zuschreibt, ob sie sich nun als "Avantgarde" betrachten oder nicht. Die soziale und politische Situation, die den Kontinent in Bewegung bringt, fordert eine Erneuerung der Sicht und der Überlegungen über die sozialtransformatorischen Prozesse, ihre Perspektiven, die Dimension des politischen Handelns unterschiedlicher sozialer Akteure, das Verhältnis zwischen den sozialen Volksbewegungen und den linken Parteien, die noch überlebt haben. Ebenso wie seine Akteure ergibt sich auch der Weg des politischen Handelns aus der Verkettung der sektoriellen und intersektoriellen politischen Kämpfe für nächstliegende Forderungen. Alles das steht in direkter Beziehung zu der Ausarbeitung alternativer Vorschläge, der Praxis, die sie verwirklicht, und dem Denken, das sie kritisch reflektiert und ihnen die Richtung weist.

Es geht nicht darum, die vorhandene Macht zu übernehmen
Im Prozess der Konfrontation mit der herrschenden hegemonialen Macht des Kapitals entfalten die Volkssektoren zugleich ihre Fähigkeiten zum Aufbau von Macht (Wissen, Organisation, Bewusstsein), zur Sammlung und territorialen Positionierung der Kräfte, zur Entwicklung ihrer Kultur, politischen Organisation und eigenen Projekte. Sie entwickeln in diesen Prozessen ihre Fähigkeiten zur Handhabung und Verwaltung des Eigenen (Regierung), bauen eigene Macht auf und beginnen sie im gleichen Maße auszuüben. Das heißt: Die Macht wird in dem Maße übernommen, wie sie aufgebaut wird; man übernimmt das, was man aufbaut. Es handelt sich, kurz gesagt, um einen Prozess der kollektiven Ermächtigung und zugleich der des Einzelnen.

Aus dieser Sicht erscheinen Aufbau der Macht oder Übernahme der Macht nicht als einander ausschließende Wege. Es ist freilich eine in Windungen verlaufende und komplizierte Vorwärtsbewegung, in der die Macht aufgebaut und in diesem Sinne erobert wird, indem man so viel Macht ausübt, wie man ausüben kann, und alles verändert, was möglich ist: Gesetzgebung, Institutionen, Funktionsweise und Entscheidungsübernahme, wobei neue demokratische Formen und demokratische, partizipative Inhalte entwickelt werden, die es ermöglichen, kollektiv und bewusst zum Neuen zu gelangen, in dem Maße, wie es aufgebaut wird.7

Das setzt die Herausbildung eines sozialen Prozesses voraus, der untereinander verbunden und auf die Überwindung des Kapitalsystems gerichtet ist und der sich auf eine (neue) eigene alternative Logik gründet, die ebenfalls aufgebaut werden muss. Er erfordert den organisiertenWillen und die bewusste Beteiligung aller sozialen Akteure. Erstens, weil ihre kritische und umgestaltende Tätigkeit den Prozess selbst ausmacht, und zweitens, weil die angestrebte Gesellschaft mit der schöpferischen Partizipation des ganzen Volkes, das sich als kollektiver kteur, als Protagonist des Prozesses (Subjekt) konstituiert, entworfen und errichtet werden muss.

Daraus ergibt sich der revolutionäre Inhalt und die Reichweite der Konzeption für die Transformation der Gesellschaft und den Aufbau der (neuen)Macht, der neuen Gesellschaft von unten und vom Heute aus: Es gibt kein Nachher in Bezug auf die Aufgaben, Herangehensweisen und Haltungen. Das Neue, wenn auch noch in bruchstückhafter und keimhafter Form, wird vom Heute aus in Angriff genommen und aufgebaut, in jeder Widerstandsaktion und jedem sozialen Kampf, mit dem man sich dem Kapital entgegenstellt, und es entwickelt und vertieft sich im ganzen Prozess der Transformation. Dabei spielt das Beispiel die zentrale politisch-pädagogische Rolle. Es ist entscheidend, dass diejenigen, die politische und soziale Führungsverantwortung übernehmen, nicht vergessen: Ihre politische und soziale Handlungs- und Verhaltensweise wiegt mehr als tausend Worte.

Eine neue politische Kultur ist notwendig
Ein Punkt ist klarzustellen: Es geht weder darum, die Macht, die existiert, zu übernehmen noch sich darauf zu beschränken, sie auszuüben, durch Wahlen in ihre parlamentarischen und Regierungsbereiche auf nationaler oder lokaler Ebene zu gelangen; der gesellschaftliche Wandel erfordert, mit der Kapitalmacht und ihrer Funktionslogik, ihren Mechanismen der Hegemonie und Beherrschung Schluss zu machen. Und diese Möglichkeiten schafft man sich, wenn man eine neue Kultur, neue soziale, kollektive, kommunitäre Wechselbeziehungen herausbildet und auf dieser Basis eigene Macht heranwächst, die mit der Beteiligung aller geschaffen und entwickelt wird, so dass sich ihre Unabhängigkeit im Denken und Handeln entfalten kann, die so zur individuellen und kollektiven Befreiung führt.

Wenn man mit der gleichen Kultur, die das Kapital charakterisiert, zur Macht gelangt, dann reproduzieren sich über kurz oder lang seine Funktionsweisen, seine vertikalistische, autoritäre, ausbeuterische, diskriminierende, ausschließende und entfremdende Logik. Es ist daher lebenswichtig, zu verstehen, dass der Aufbau eigener Macht die Schaffung und den Aufbau einer neuen Kultur bedingt; die neue Macht kann sich nicht darauf beschränken, eine "Gegenmacht" darzustellen. Es ist ein Weg des Heranreifens neuer und in diesem Sinne befreiender Werte und Beziehungen. Daraus ergibt sich der zentrale Stellenwert, den in diesem Prozess die gleichzeitige und ständige Austragung der politisch-kulturellen Auseinandersetzung besitzt. Diese stellt einen komplexen Prozess der Transformation- Schöpfung-Reifung-Herausbildung der neuen Volksmacht (der verschiedenen Erscheinungsformen von Volksmacht) dar. Und genau deshalb, neben anderen Gründen, umfasst die Überwindung des Kapitalismus einen langen Prozess des Übergangs zum Neuen.

Es handelt sich um einen umfassenden Transformationsprozess: auf sozialer, ökonomischer, politischer, kultureller, ethischer, juristischer Ebene usw., alles wird untereinander verbunden umgestaltet in einem Prozess, der durch die bewusste Haltung und Aktivität des kollektiven Akteurs gekennzeichnet ist, der diesen Wandel vorantreibt. Es geht nicht darum, zuerst eine Etappe zu planen (und zu durchschreiten), die dazu bestimmt ist, die ökonomischen Grundlagen aufzubauen, dann eine andere, die dem kulturellen Wandel gewidmet ist. Es gibt keine voneinander getrennten Etappen, die nach ihrem Durchschreiten - in zeitlicher Reihenfolge - als Ergebnis die neue Gesellschaft ergeben; im Sozialen ist das Ganze nicht die Summe der Teile, außer wenn man es in dialektischer Weise als untereinander verbunden versteht, als gegenseitig bedingt, wechselseitig voneinander abhängig, wechselseitig bestimmt.

Nur auf einem integralen Wege wird man vorankommen können (in integraler Weise) zu einer befreienden, die Entfremdung aufhebenden Gesellschaft - die das nur sein kann, wenn sie die Selbstentfremdung aufhebt -, eine Gesellschaft, die neue Männer und Frauen formt, die die angestrebte Utopie entwerfen und aufbauen.

Literatur

  • SamirAmin: Miradas a un medio siglo, 1945-1990. (Blick auf ein halbes Jahrhundert, 1945-1990, span.), Plural-Iepala, La Paz 1999.
  • Antonio Gramsci: Cuadernos de la cárcel. Edición crítica completa a cargo de Valentino Gerratana. (Gefängnishefte, vollst. Ausgabe, kritisch hrsg. v. Valentino Gerratana, span.), Ediciones ERA-Universidad Autónoma de Puebla, México 2001.
  • Carlos Marx y Federico Engels: La ideología alemana. Obras Escogidas en tres Tomos, Tomo I, Editorial Progreso, Moscú (1976). (Marx/Engels, Die deutsche Ideologie, Ausgew. Werke in 3 Bd., Bd. 1, span., Verlag Progreso, Moskau 1976)
  • István Mészáros: Más allá del capital. (Über das Kapital hinaus, span.) Vadell Hermanos Editores, Caracas 2001.
  • Isabel Rauber: Sujetos Políticos. (Politische Subjekte, span.) Desde Abajo, Bogotá 2006.
  • Dieselbe: Movimientos sociales, género y alternativas populares en Latinoamérica y El Caribe (Soziale Bewegungen, Geschlecht und Volksalternativen in Lateinamerika und der Karibik, span.), in: Itinéraires, No. 77, 2005, IUED, Ginebra.
  • Dieselbe: Movimientos sociales y representación política. Articulaciones. Ciencias Sociales, La Habana 2004.
  • Dieselbe: Caminos de la transformación, pensarlos y construirlos desde abajo (Wege der Transformation denken und von unten aufbauen, span.), in: Archivo de Pasado y Presente XXI, Santo Domingo 2004.
  • Dieselbe: Actores sociales, luchas reivindicativas y política popular (Soziale Akteure, Kämpfe für Tagesforderungen und Politik für das Volk, span.), Ediciones UMA, Buenos Aires 1997.

Isabel Rauber - Jg. 1953, Dr. phil., Herausgeberin der in Santo Domingo erscheinenden Zeitschrift "Pasado y Presente XXI" (Vergangenheit und Gegenwart XXI), ist eine argentinische Philosophin und Forscherin am Zentrum für Studien über Amerika in Kuba, wo sie seit der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien viele Jahre im Exil lebte. Sie arbeitete u. a. als Dozentin für Philosophie am der Universität Havanna und als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der kubanischen Gewerkschaftszentrale CTC.

1 Bis jetzt als unmittelbarer Übergang zum Sozialismus (Marx) oder als Übergang zum Sozialismus nach einer Zwischenetappe, die an Sozialismus heranführt (Lenin) aufgefasst.

2 Die politische Macht ist keineswegs das Zentrum der sozialen Transformation, sondern eines ihrer Instrumente. Die Diskussion auf die Frage zu konzentrieren, ob die Macht übernommen oder aufgebaut werden soll, heißt das Denken zu verarmen und die Flügel derer zu beschneiden, die kämpfen und das Aufbauwerk leisten, inspiriert von der Möglichkeit, die Träume von einem besseren Morgen Wirklichkeit werden zu lassen. Die Positionen zum Thema der Macht und der sozialen Transformation unter den sozialen und politischen Bewegungen des Kontinents haben sich polarisiert durch den Einfluss des dogmatischen Denkens bei Sektoren des politischen und intellektuellen Lagers der lateinamerikanischen Linken, die in der politischen Kultur der Mitgliedschaft noch vorherrschend sind. Dieses Denken identifiziert nach wie vor die Möglichkeit, die Gesellschaft umzugestalten mit der "Machtübernahme" und stellt diese Auffassung der praktischen konkreten Suche der sozialen Bewegungen gegenüber, die ausgehend von ihren täglichen Widerstandsaktionen und Kämpfen darauf abzielen, die Gesellschaft im permanenten Prozess des Aufbaus und des Abbaus von Macht, Bewusstsein, Organisation und Kultur umzugestalten. Diese Gegenüberstellung wirkt wie eine Barriere, die die Fähigkeiten blockiert, die komplizierte und unterschiedliche, vielfarbige und vielfältige soziale Realität von heute neu zu erkennen, um von ihr ausgehend zu denken und zu handeln, zusammen mit dem Überdenken und der kritischen Neuaneignung der Erfahrungen der Befreiungskämpfe auf unserm Kontinent und derer, die sich aus dem Sozialismus, der im 20. Jahrhundert existierte, ableiten.

3 Die strukturelle Abhängigkeit der Länder des Südens, der Peripherie oder der Dritten Welt, die durch die Plünderung vonseiten der sogenannten Ersten Welt verursacht wird, die Erschöpfung der Naturressourcen, die sozialen Übel wie Hunger, Analphabetismus, heilbare Krankheiten sind Plagen, die durch die schrankenlose kapitalistische Entwicklung hervorgebracht wurden und die wir heute angehen und lösen müssen, indem ein Universum des Menschen mit der Natur zurückgewonnen wird und die zerstörerische Ambition der großen transnationalen Gesellschaften, die imperialistische Kriegsbereitschaft im Streben nach Überleben auf Kosten der Annexion von Territorien und Naturschätzen zum Scheitern gebracht werden, damit das Gleichgewicht, der Ausgleich, die Ethik, der Frieden und die kollektive Sicherheit und der demokratische Pluralismus die Vorherrschaft gewinnen. Zu diesen Zielen muss man sich auf den Weg machen, das ist der Kurs der gegenwärtigen Transformationen im Übergang zu dem, was in der Zukunft eine neue menschliche Zivilisation sein wird.

4 François Houtart: Convergencia de movimientos sociales: un ensayo de análisis, texto presentado a la Conferencia Internacional "La obra de Carlos Marx y los desafíos para el Siglo XXI", La Habana 2003. (Konvergenz der sozialen Bewegungen: ein Analyseversuch, span., Beitrag auf der Internationalen Konferenz "Das Werk von Karl Marx und die Herausforderungen für das 21. Jahrhundert", Havanna 2003), S. 3.

5 Ebenda, S. 3.

6 István Mészáros: La teoría de la enajenación en Marx. (Die Theorie der Entfremdung bei Marx, span.) Ediciones Era, México 1978, S. 849.

7 Im Kapitalismus ist die Macht eine Art makrosoziale Wechselbeziehung (Wechselbeziehung von Wechselbeziehungen), die politisch und sozial die gesellschaftlichen Beziehungen, die sich aus der strukturellen Gegenüberstellung Kapital- Arbeit ergeben, zugunsten der Interessen des Kapitals synthetisiert. Diese Gegenüberstellung bestimmt von Grund auf den Klassencharakter der Wechselbeziehungen zwischen den Polen, die diesen Widerspruch bilden, der Kämpfe um die Hegemonie und die Herrschaft wie auch des Widerstandes und der Opposition dagegen. In diesem konkreten Antagonismus entwickeln sich Dynamiken, die in jedem Moment ein bestimmtes Kräfteverhältnis zugunsten des einen oder des anderen Pols darstellen und definieren, ein Kräfteverhältnis, das in der gesamten Gesellschaft wirkt (empfunden wird).

in: UTOPIE kreativ, H. 206 (Dezember 2007), S. 1112-1127

aus dem Inhalt:
Essay DAVID BORISOWITSCH RJASANOW: Vorwort zur MEGA 1927; Transformation und Revolution ISABEL RAUBER: Die demokratisch-kulturelle Revolution. Betrachtungen aus Lateinamerika; WINFRIED ROTH: "So können wir nicht länger leben!" Zum 100. Jahrestag der demokratischen Revolution in Russland 1905-1907; Gesellschaft - Analysen & Alternativen JÜRGEN MEIER: Scientology ist weder Kirche noch Sekte! Scientology, eine spätbürgerliche Science-Fiction-Ideologie; MICHAEL WOLF: Sozialpolitik und Soziale Arbeit jenseits des Wohlfahrtsstaats: Leben auf eigenes Risiko; Standorte GÜNTER WIRTH: Kurella und die Wartburgtagung; Festplatte WOLFGANG SABATH: Die Wochen im Rückstau; Bücher & Zeitschriften Ronald Friedmann: Ulbrichts Rundfunkmann. Eine Gerhart-Eisler-Biographie (HORST HELAS); Matthias Steinbach, Sven Schlotter (Hg.): Zweimal Amerika. Deutsche Reisetagebücher 1926 und 1990 (KAI AGTHE); Peter Zimmermann: Geschichte wird uns zugefügt. Ein Ostdeutscher erinnert sich an das 20. Jahrhundert (ULRICH RAMM); Rudolph Herzog: Heil Hitler, das Schwein ist tot! Lachen unter Hitler - Komik und Humor im Dritten Reich (ECKART SCHÖRLE); Ernst Kistler: Die Methusalem-Lüge. Wie mit demografischen Mythen Politik gemacht wird (KARL-HEINZ STRECH)